Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Lin deutsches Raiserschlosz in Apulien Versehen. Es ist möglich, daß dem Erbauer dabei das Prinzip des normannischen Dagegen hat Bernich bei den letzten Nachgrabungen gerade hier eine Büste Lin deutsches Raiserschlosz in Apulien Versehen. Es ist möglich, daß dem Erbauer dabei das Prinzip des normannischen Dagegen hat Bernich bei den letzten Nachgrabungen gerade hier eine Büste <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0577" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300364"/> <fw type="header" place="top"> Lin deutsches Raiserschlosz in Apulien</fw><lb/> <p xml:id="ID_2226" prev="#ID_2225"> Versehen. Es ist möglich, daß dem Erbauer dabei das Prinzip des normannischen<lb/> Donjons vorgeschwebt hat. Im Charakter dem deutschen Bergfried verwandt,<lb/> sind diese Donjons bedeutend weiträumiger und größer augelegt, weil sie den<lb/> Normannen zugleich als Wohnstätte und als Schutz gegen aufständische Unter¬<lb/> tanen dienen mußten. Wir finden sie noch heute in allen von ihnen beherrschten<lb/> Ländern, so z. B. zu Domfront, Beaugency, Arques und Chcimbois in Frankreich,<lb/> Zu Colchester und Heddingham in England und auch auf Sizilien vor. Ursprünglich<lb/> ein einfacher, gedrungner, flachgedeckter, viereckiger Bau, an dessen Kanten die<lb/> Wände turmartig vorspringen, wurden sie später in reicherer Gliederung, mit<lb/> rundem oder auch achteckigen Grundriß und mit Ecktürmen versehen aufgeführt.<lb/> Gerade die achteckige Form kehrt auf Sizilien an der von Friedrich häufig be¬<lb/> suchten Feste Castrogiovanni, dem Enna der Alten, wieder, deren Donjon auch<lb/> im Innern große Ähnlichkeit mit den Türmen von Castel del Monte in der<lb/> Anordnung der Gewölbe zeigt. Läßt sich so auch zwischen diesem und dem<lb/> normannischen Bergfried ein gewisser Zusammenhang nachweisen, so hat doch<lb/> Schöpfer von Castel del Monte das schwerfällige seines mittelalterlichen<lb/> Vorbildes in einer Weise überwunden, daß mau fast glauben könnte, ein Werk<lb/> Frührenaissance vor sich zu sehen. Im Geiste der spätern Florentiner<lb/> Paläste, die ein Markstein in der Geschichte der Kunst sind, ist der starke Quader¬<lb/> bau nur im obern Geschoß durch ein einfaches Gesims gegliedert. Allerdings<lb/> sitzt auf diesem in den Mauern zwischen den Türmen je ein gotisches Fenster<lb/> ""t zierlichem Maßwerk auf, dem im Untergeschoß kleinere Rundbogenfenster<lb/> entsprechen, während die Türme schießschartenartige Öffnungen zeigen. Auch<lb/> prachtvolle Portal mit dem spitzen Giebel an der Südostseite hat schou<lb/> "durch, daß bei ihm roter Marmor im Gegensatz zu dem Gelb des Mauer¬<lb/> werks in Anwendung kam, etwas vom Geiste der Frührenaissance an sich;<lb/> "och mehr aber macht sich der Einfluß eines Studiums der Antike in der An-<lb/> ^'dnung des Ganzen, das einer römischen Triumphpforte nachgebildet erscheint,<lb/> an den Pfeilern, Halbsäulen, Kapitellen und in den Gesimsen geltend. Doch<lb/> l^ud alle diese Bauglieder in ihrer Ausführung noch durchaus in gotischen<lb/> formen befangen. Besonders können die auf den Säulenschäften über dem<lb/> Eingang ruhenden Löwen ihre Verwandtschaft mit den Löwenportalen nicht ver¬<lb/> leugnen, die eine Hauptzierde nicht nur der Kirchenbauten Apuliens, sondern<lb/> "und der Oberitaliens und Deutschlands im elften und im zwölften Jahrhundert<lb/> Sewesen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_2227" next="#ID_2228"> Dagegen hat Bernich bei den letzten Nachgrabungen gerade hier eine Büste<lb/> gefunden, die, obgleich des Kopfes beraubt, in der togaartigen Anordnung der<lb/> Gewandung wieder den engen Anschluß an antike Vorbilder verrät. Da sich<lb/> daran aber auch eine gewisse Ähnlichkeit der Arbeit mit dem zu Capua auf¬<lb/> bewahrten Torso Friedrichs von der Voltnrnusbrücke nachweisen läßt, so glaubt<lb/> '"an in ihr, die im Provinzialmuseum zu Bari Aufstellung gefunden hat, ein<lb/> leider bis zur Unkenntlichkeit verstümmeltes Bild des kaiserlichen Schloßherrn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0577]
Lin deutsches Raiserschlosz in Apulien
Versehen. Es ist möglich, daß dem Erbauer dabei das Prinzip des normannischen
Donjons vorgeschwebt hat. Im Charakter dem deutschen Bergfried verwandt,
sind diese Donjons bedeutend weiträumiger und größer augelegt, weil sie den
Normannen zugleich als Wohnstätte und als Schutz gegen aufständische Unter¬
tanen dienen mußten. Wir finden sie noch heute in allen von ihnen beherrschten
Ländern, so z. B. zu Domfront, Beaugency, Arques und Chcimbois in Frankreich,
Zu Colchester und Heddingham in England und auch auf Sizilien vor. Ursprünglich
ein einfacher, gedrungner, flachgedeckter, viereckiger Bau, an dessen Kanten die
Wände turmartig vorspringen, wurden sie später in reicherer Gliederung, mit
rundem oder auch achteckigen Grundriß und mit Ecktürmen versehen aufgeführt.
Gerade die achteckige Form kehrt auf Sizilien an der von Friedrich häufig be¬
suchten Feste Castrogiovanni, dem Enna der Alten, wieder, deren Donjon auch
im Innern große Ähnlichkeit mit den Türmen von Castel del Monte in der
Anordnung der Gewölbe zeigt. Läßt sich so auch zwischen diesem und dem
normannischen Bergfried ein gewisser Zusammenhang nachweisen, so hat doch
Schöpfer von Castel del Monte das schwerfällige seines mittelalterlichen
Vorbildes in einer Weise überwunden, daß mau fast glauben könnte, ein Werk
Frührenaissance vor sich zu sehen. Im Geiste der spätern Florentiner
Paläste, die ein Markstein in der Geschichte der Kunst sind, ist der starke Quader¬
bau nur im obern Geschoß durch ein einfaches Gesims gegliedert. Allerdings
sitzt auf diesem in den Mauern zwischen den Türmen je ein gotisches Fenster
""t zierlichem Maßwerk auf, dem im Untergeschoß kleinere Rundbogenfenster
entsprechen, während die Türme schießschartenartige Öffnungen zeigen. Auch
prachtvolle Portal mit dem spitzen Giebel an der Südostseite hat schou
"durch, daß bei ihm roter Marmor im Gegensatz zu dem Gelb des Mauer¬
werks in Anwendung kam, etwas vom Geiste der Frührenaissance an sich;
"och mehr aber macht sich der Einfluß eines Studiums der Antike in der An-
^'dnung des Ganzen, das einer römischen Triumphpforte nachgebildet erscheint,
an den Pfeilern, Halbsäulen, Kapitellen und in den Gesimsen geltend. Doch
l^ud alle diese Bauglieder in ihrer Ausführung noch durchaus in gotischen
formen befangen. Besonders können die auf den Säulenschäften über dem
Eingang ruhenden Löwen ihre Verwandtschaft mit den Löwenportalen nicht ver¬
leugnen, die eine Hauptzierde nicht nur der Kirchenbauten Apuliens, sondern
"und der Oberitaliens und Deutschlands im elften und im zwölften Jahrhundert
Sewesen sind.
Dagegen hat Bernich bei den letzten Nachgrabungen gerade hier eine Büste
gefunden, die, obgleich des Kopfes beraubt, in der togaartigen Anordnung der
Gewandung wieder den engen Anschluß an antike Vorbilder verrät. Da sich
daran aber auch eine gewisse Ähnlichkeit der Arbeit mit dem zu Capua auf¬
bewahrten Torso Friedrichs von der Voltnrnusbrücke nachweisen läßt, so glaubt
'"an in ihr, die im Provinzialmuseum zu Bari Aufstellung gefunden hat, ein
leider bis zur Unkenntlichkeit verstümmeltes Bild des kaiserlichen Schloßherrn
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