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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Vie Entwicklung der Luftschiffahrt

Wegenden Körper trägt die Luft fast schon von selbst, Windstöße haben nicht
so viel Gewalt über ihn, und seine Lenkbarkeit wird eine ganz andre. Wenn
man nun auf das Gewicht der Motore keine Rücksicht zu nehmen brauchte, so
Ware dies bei dem enormen Aufschwung, den gerade diese Industrie genommen
hat, leicht zu erreichen, aber das ist die dritte Schwierigkeit: Motore zu kon¬
struieren, die bei geringem Gewicht dennoch große Leistungsfähigkeit haben.
Trotzdem sich diese in wenig Jahren verzehnfacht hat, ist man darin augen¬
blicklich aber noch weit zurück. Und diese Probleme gilt es beim Bau aller
Flugmaschinen zu lösen.

Bei den Schraubenfliegern vermögen zwar zwei sich entgegengesetzt drehende
Flügelpaare einen Auftrieb zu bewirken, sie sind jedoch nicht imstande, bei großem
Dimensionen einen Menschen und einen Motor emporzuheben.

Bei den Drachenfliegern werden eine oder mehrere drachenförmige, schräg¬
gestellte Flächen durch Schrauben vorwärts bewegt. Einige dieser Maschinen
haben riesige Dimensionen angenommen, wie zum Beispiel die von dem eng¬
lischen Ingenieur Maxim, dem Konstrukteur der Schnellfeuergeschütze, erbaute,
die mehr als 3600 Kilogramm wog. Doch leistete sie ebensowenig wie die von
Langley, Kreß und andern konstruierten Drachenflieger. (Vgl.: Die Luftschiff¬
fahrt von Hauptmann Groß.)

Die meisten Aussichten scheinen noch die Gleitflieger zu haben, wenn man
auch die letzten Nachrichten über Flüge von 17 bis 19 Kilometer Länge, wie sie
zwei Engländer, die bekannten Gebrüder Wright, ausgeführt haben wollen, mi߬
trauisch aufnehmen muß, da sie zu wenig verbürgt sind.

"Wenn man Form und Bau der Unterfläche eines Körpers danach ein¬
richtet, so fällt dieser nicht senkrecht zu Boden, sondern die Luft, welche hierbei
gewissermaßen als Bremskraft wirkt, läßt ihn schräg hinuntergleiten. Um den
Gleitwinkel zu verkleinern, ist ein künstlicher Vortrieb in Gestalt eines Propellers
notwendig, welcher durch einen Motor getrieben wird. Je größer der Vortrieb,
desto mehr nähert sich der schräge Gleitflug der Wagerechten; Auf- und Ab¬
wärtsbewegung muß durch geeignete Steuervorrichtungen oder Propeller erzielt
werden. Doch auch dieser Apparat kann vorläufig nur von erhöhten Punkten
aus in Bewegung gesetzt werden." (Illustrierte Aeronautische Mitteilungen, Jahr¬
gang 1904, Heft 3 und 11, Jahrgang 1905, Heft 3.)

Fragt man sich nun, wie weit ist die Flugmaschine gediehen, und welche
Aussichten bietet sie für die Zukunft, so muß zugegeben werden, daß das Wesen
der Sache richtig erkannt worden ist. Aus den vorher angegebnen Gründen
jedoch, und weil es auf diesem Gebiet noch so sehr an Erfahrung fehlt, ist vor¬
läufig an einen positiven Erfolg kaum zu denken, noch weniger aber an eine
praktische Verwertung der Flugmaschinen. Denn ist es schon so schwierig, eine
solche Maschine bei ruhigem Wetter emporzuheben und fortzubewegen, um wie¬
viel schwieriger muß es sein, sie bei widrigem Winde zu lenken. Trotzdem wird
ein enragierter Anhänger der Flugmaschinen nur diese und nichts andres gelten


Vie Entwicklung der Luftschiffahrt

Wegenden Körper trägt die Luft fast schon von selbst, Windstöße haben nicht
so viel Gewalt über ihn, und seine Lenkbarkeit wird eine ganz andre. Wenn
man nun auf das Gewicht der Motore keine Rücksicht zu nehmen brauchte, so
Ware dies bei dem enormen Aufschwung, den gerade diese Industrie genommen
hat, leicht zu erreichen, aber das ist die dritte Schwierigkeit: Motore zu kon¬
struieren, die bei geringem Gewicht dennoch große Leistungsfähigkeit haben.
Trotzdem sich diese in wenig Jahren verzehnfacht hat, ist man darin augen¬
blicklich aber noch weit zurück. Und diese Probleme gilt es beim Bau aller
Flugmaschinen zu lösen.

Bei den Schraubenfliegern vermögen zwar zwei sich entgegengesetzt drehende
Flügelpaare einen Auftrieb zu bewirken, sie sind jedoch nicht imstande, bei großem
Dimensionen einen Menschen und einen Motor emporzuheben.

Bei den Drachenfliegern werden eine oder mehrere drachenförmige, schräg¬
gestellte Flächen durch Schrauben vorwärts bewegt. Einige dieser Maschinen
haben riesige Dimensionen angenommen, wie zum Beispiel die von dem eng¬
lischen Ingenieur Maxim, dem Konstrukteur der Schnellfeuergeschütze, erbaute,
die mehr als 3600 Kilogramm wog. Doch leistete sie ebensowenig wie die von
Langley, Kreß und andern konstruierten Drachenflieger. (Vgl.: Die Luftschiff¬
fahrt von Hauptmann Groß.)

Die meisten Aussichten scheinen noch die Gleitflieger zu haben, wenn man
auch die letzten Nachrichten über Flüge von 17 bis 19 Kilometer Länge, wie sie
zwei Engländer, die bekannten Gebrüder Wright, ausgeführt haben wollen, mi߬
trauisch aufnehmen muß, da sie zu wenig verbürgt sind.

„Wenn man Form und Bau der Unterfläche eines Körpers danach ein¬
richtet, so fällt dieser nicht senkrecht zu Boden, sondern die Luft, welche hierbei
gewissermaßen als Bremskraft wirkt, läßt ihn schräg hinuntergleiten. Um den
Gleitwinkel zu verkleinern, ist ein künstlicher Vortrieb in Gestalt eines Propellers
notwendig, welcher durch einen Motor getrieben wird. Je größer der Vortrieb,
desto mehr nähert sich der schräge Gleitflug der Wagerechten; Auf- und Ab¬
wärtsbewegung muß durch geeignete Steuervorrichtungen oder Propeller erzielt
werden. Doch auch dieser Apparat kann vorläufig nur von erhöhten Punkten
aus in Bewegung gesetzt werden." (Illustrierte Aeronautische Mitteilungen, Jahr¬
gang 1904, Heft 3 und 11, Jahrgang 1905, Heft 3.)

Fragt man sich nun, wie weit ist die Flugmaschine gediehen, und welche
Aussichten bietet sie für die Zukunft, so muß zugegeben werden, daß das Wesen
der Sache richtig erkannt worden ist. Aus den vorher angegebnen Gründen
jedoch, und weil es auf diesem Gebiet noch so sehr an Erfahrung fehlt, ist vor¬
läufig an einen positiven Erfolg kaum zu denken, noch weniger aber an eine
praktische Verwertung der Flugmaschinen. Denn ist es schon so schwierig, eine
solche Maschine bei ruhigem Wetter emporzuheben und fortzubewegen, um wie¬
viel schwieriger muß es sein, sie bei widrigem Winde zu lenken. Trotzdem wird
ein enragierter Anhänger der Flugmaschinen nur diese und nichts andres gelten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/322>, abgerufen am 28.12.2024.