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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Der gerichtliche Zwang5vergleich außerhalb des Konkurses

würde. Der Deutsche Handelstag hat nämlich für den "Präventivakkord"
folgende Leitsätze aufgestellt:

"1. Ein Verfahren, welches im Falle der Überschuldung einen gerichtlichen
Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses und zur Abwendung des Konkurses
ermöglicht, ist trotz der Vorzüge der deutschen Konkursordnung ein dringendes
Bedürfnis:

a) um durch ein billiges, beschleunigtes Verfahren und durch Vermeidung
der erzwungnen Realisierung der Masse die durch den Konkurs regelmäßig
eintretenden erheblichen Verluste der Gläubiger zu verringern,

b) um den Schuldner ohne Benachteiligung der Gläubiger in seiner
wirtschaftlichen Existenz zu erhalten,

<z) um einer Schädigung des reellen Handels durch das Angebot der
Masse zu Schleuderpreisen -- Konkursverkäufe u. tgi. in. -- vorzubeugen.

2. Das Verfahren zur Herbeiführung eines gerichtlichen Zwangsvergleichs
außerhalb des Konkurses ist vom Gericht zu eröffnen und in kürzester Frist
durchzuführen.

Dem darauf bezüglichen Antrage des Gemeinschuldners ist beizufügen:

a) ein Verzeichnis der Gläubiger,

b) ein Vermögensverzeichnis,

o) ein bestimmter Vergleichsvorschlag mit der Angabe, in welcher Weise
die Erfüllung des Angebots gesichert werden soll.

Der Vergleichsvorschlag muß, falls die zurückgesetzten Gläubiger nicht
ausdrücklich einwilligen, allen nichtbevorrechtigten Gläubigern gleiche Rechte
gewähren.

Der Zwangsvergleich bedarf der gerichtlichen Bestätigung.

3. Um einer unredlichen Inanspruchnahme des Zwangsvergleichs und
einer Schädigung der Gläubiger durch Hinausschiebung eines darauf bezüg¬
lichen Antrags vorzubeugen, ist das Verfahren nicht zuzulassen und ein ge¬
schlossener Zwangsvergleich nicht zu bestätigen:

wenn einer der Fälle der Z§ 239, 240, 241 KO. vorliegt,

b) wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, daß die Überschuldung
oder der Vergleichsvorschlag auf ein unredliches Verhalten des Gemeinschuldners
zurückzuführen ist oder einzelne Gläubiger in unlauterer Weise begünstigt
werden sollen,

o) wenn der Gemeinschuldner durch unredliches oder leichtsinniges Ver¬
halten den Antrag auf Einleitung des Verfahrens über Gebühr verzögert hat,

6) wenn der Gemeinschuldner den Gläubigern nicht eine Mindestquote
ihrer Forderungen (50 Prozent) gewährt.

4. Der Gemeinschuldner behält bei Eröffnung des Verfahrens die Ver¬
waltung und Verfügung über die Masse unter der Aufsicht des Gerichts und
den von diesem im einzelnen Falle anzuordnenden Sicherungsmaßregeln.
Neue Verpflichtungen dürfen von ihm nur mit Zustimmung des Gerichts,
eines von ihm bestellten Verwalters oder Glüubigerausschusses eingegangen
werden.


Der gerichtliche Zwang5vergleich außerhalb des Konkurses

würde. Der Deutsche Handelstag hat nämlich für den „Präventivakkord"
folgende Leitsätze aufgestellt:

„1. Ein Verfahren, welches im Falle der Überschuldung einen gerichtlichen
Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses und zur Abwendung des Konkurses
ermöglicht, ist trotz der Vorzüge der deutschen Konkursordnung ein dringendes
Bedürfnis:

a) um durch ein billiges, beschleunigtes Verfahren und durch Vermeidung
der erzwungnen Realisierung der Masse die durch den Konkurs regelmäßig
eintretenden erheblichen Verluste der Gläubiger zu verringern,

b) um den Schuldner ohne Benachteiligung der Gläubiger in seiner
wirtschaftlichen Existenz zu erhalten,

<z) um einer Schädigung des reellen Handels durch das Angebot der
Masse zu Schleuderpreisen — Konkursverkäufe u. tgi. in. — vorzubeugen.

2. Das Verfahren zur Herbeiführung eines gerichtlichen Zwangsvergleichs
außerhalb des Konkurses ist vom Gericht zu eröffnen und in kürzester Frist
durchzuführen.

Dem darauf bezüglichen Antrage des Gemeinschuldners ist beizufügen:

a) ein Verzeichnis der Gläubiger,

b) ein Vermögensverzeichnis,

o) ein bestimmter Vergleichsvorschlag mit der Angabe, in welcher Weise
die Erfüllung des Angebots gesichert werden soll.

Der Vergleichsvorschlag muß, falls die zurückgesetzten Gläubiger nicht
ausdrücklich einwilligen, allen nichtbevorrechtigten Gläubigern gleiche Rechte
gewähren.

Der Zwangsvergleich bedarf der gerichtlichen Bestätigung.

3. Um einer unredlichen Inanspruchnahme des Zwangsvergleichs und
einer Schädigung der Gläubiger durch Hinausschiebung eines darauf bezüg¬
lichen Antrags vorzubeugen, ist das Verfahren nicht zuzulassen und ein ge¬
schlossener Zwangsvergleich nicht zu bestätigen:

wenn einer der Fälle der Z§ 239, 240, 241 KO. vorliegt,

b) wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, daß die Überschuldung
oder der Vergleichsvorschlag auf ein unredliches Verhalten des Gemeinschuldners
zurückzuführen ist oder einzelne Gläubiger in unlauterer Weise begünstigt
werden sollen,

o) wenn der Gemeinschuldner durch unredliches oder leichtsinniges Ver¬
halten den Antrag auf Einleitung des Verfahrens über Gebühr verzögert hat,

6) wenn der Gemeinschuldner den Gläubigern nicht eine Mindestquote
ihrer Forderungen (50 Prozent) gewährt.

4. Der Gemeinschuldner behält bei Eröffnung des Verfahrens die Ver¬
waltung und Verfügung über die Masse unter der Aufsicht des Gerichts und
den von diesem im einzelnen Falle anzuordnenden Sicherungsmaßregeln.
Neue Verpflichtungen dürfen von ihm nur mit Zustimmung des Gerichts,
eines von ihm bestellten Verwalters oder Glüubigerausschusses eingegangen
werden.


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[0694] Der gerichtliche Zwang5vergleich außerhalb des Konkurses würde. Der Deutsche Handelstag hat nämlich für den „Präventivakkord" folgende Leitsätze aufgestellt: „1. Ein Verfahren, welches im Falle der Überschuldung einen gerichtlichen Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses und zur Abwendung des Konkurses ermöglicht, ist trotz der Vorzüge der deutschen Konkursordnung ein dringendes Bedürfnis: a) um durch ein billiges, beschleunigtes Verfahren und durch Vermeidung der erzwungnen Realisierung der Masse die durch den Konkurs regelmäßig eintretenden erheblichen Verluste der Gläubiger zu verringern, b) um den Schuldner ohne Benachteiligung der Gläubiger in seiner wirtschaftlichen Existenz zu erhalten, <z) um einer Schädigung des reellen Handels durch das Angebot der Masse zu Schleuderpreisen — Konkursverkäufe u. tgi. in. — vorzubeugen. 2. Das Verfahren zur Herbeiführung eines gerichtlichen Zwangsvergleichs außerhalb des Konkurses ist vom Gericht zu eröffnen und in kürzester Frist durchzuführen. Dem darauf bezüglichen Antrage des Gemeinschuldners ist beizufügen: a) ein Verzeichnis der Gläubiger, b) ein Vermögensverzeichnis, o) ein bestimmter Vergleichsvorschlag mit der Angabe, in welcher Weise die Erfüllung des Angebots gesichert werden soll. Der Vergleichsvorschlag muß, falls die zurückgesetzten Gläubiger nicht ausdrücklich einwilligen, allen nichtbevorrechtigten Gläubigern gleiche Rechte gewähren. Der Zwangsvergleich bedarf der gerichtlichen Bestätigung. 3. Um einer unredlichen Inanspruchnahme des Zwangsvergleichs und einer Schädigung der Gläubiger durch Hinausschiebung eines darauf bezüg¬ lichen Antrags vorzubeugen, ist das Verfahren nicht zuzulassen und ein ge¬ schlossener Zwangsvergleich nicht zu bestätigen: wenn einer der Fälle der Z§ 239, 240, 241 KO. vorliegt, b) wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, daß die Überschuldung oder der Vergleichsvorschlag auf ein unredliches Verhalten des Gemeinschuldners zurückzuführen ist oder einzelne Gläubiger in unlauterer Weise begünstigt werden sollen, o) wenn der Gemeinschuldner durch unredliches oder leichtsinniges Ver¬ halten den Antrag auf Einleitung des Verfahrens über Gebühr verzögert hat, 6) wenn der Gemeinschuldner den Gläubigern nicht eine Mindestquote ihrer Forderungen (50 Prozent) gewährt. 4. Der Gemeinschuldner behält bei Eröffnung des Verfahrens die Ver¬ waltung und Verfügung über die Masse unter der Aufsicht des Gerichts und den von diesem im einzelnen Falle anzuordnenden Sicherungsmaßregeln. Neue Verpflichtungen dürfen von ihm nur mit Zustimmung des Gerichts, eines von ihm bestellten Verwalters oder Glüubigerausschusses eingegangen werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/694>, abgerufen am 24.07.2024.