Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Genealogisches Fleiß in der Sammlung des ihm notwendig scheinenden Materials ließ er es Es geht aus dem Vorstehenden hervor, daß sich die neue Genealogie Auf genealogische Forschungen, wie zum Beispiel, daß Kaiser Wilhelm der Grenzboten II 1906 83
Genealogisches Fleiß in der Sammlung des ihm notwendig scheinenden Materials ließ er es Es geht aus dem Vorstehenden hervor, daß sich die neue Genealogie Auf genealogische Forschungen, wie zum Beispiel, daß Kaiser Wilhelm der Grenzboten II 1906 83
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Genealogisches
Fleiß in der Sammlung des ihm notwendig scheinenden Materials ließ er es
wahrlich nicht fehlen, auch mangelte ihm keineswegs die Gabe, scharfsinnige
Schlüsse zu ziehn — aber weiter hat er es trotz aller Anerkennung seiner
Forschungen nicht gebracht, als nur zu der wahrscheinlichen Annahme, daß die
Zollern von den Burkhardingern abstammen. Und weshalb nicht? Weil wir
aus jener Zeit keine urkundlichen Nachweise haben. Wo sind die deutschen
Adelsgeschlechter, deren Urkunden über das elfte Jahrhundert zurückgehn? Daß
damals viele schon bestanden haben, daß sie bedeutenden Güterbesitz innehalten,
daran zweifelt niemand, aber wir wissen es urkundlich nicht, und vor allem
standen in jener Zeit die Namen der Familien noch gar nicht fest. Der Name
Burkhardinger ist ein mutmaßlicher Name, geformt nach mehreren Trägern des
Namens Burkhard. Wahr ist, daß manche Anzeichen dafür vorhanden sind,
daß die spätern Zollern im Besitzstande der sogenannten Burkhardinger und ihrer
Sippe waren, aber weiter kann man doch nichts behaupten als die Wahr¬
scheinlichkeit dieser Abstammung. Die neue Genealogie des Gesamthauses Hohen-
zollern hält sich von allen hypothetischen Annahmen fern, sie tritt mit Burk¬
hard und Wezel de Zolorin 1061 wuchtig und fest auf — denn sie verwendet
keine Hypothese, sondern urkundlich beglaubigte Nachrichten. Als Großmann,
einer der Verfasser der vorliegenden Genealogie, Kaiser Friedrich diesen Stand-
Punkt der zollerischen Genealogie darlegen durfte, da entgegnete der damalige
Kronprinz: „Und das ist auch genug." Eine wie interessante Etappe stellen
diese genealogischen Äußerungen der drei Hohenzollern von 1466, 1750 und
vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts dar!
Es geht aus dem Vorstehenden hervor, daß sich die neue Genealogie
durchaus an die Gesetze der neuern geschichtlichen Forschungen hält: Nichts
behaupten, was nicht bewiesen werden kann. Und da ist es nun von Interesse,
in die wissenschaftliche Rüstkammer der Bearbeiter der Genealogie schauen zu
können; denn sie haben uns alle Quellen, die sie benutzen konnten, aufgedeckt.
Sie haben ferner die Zollern (1015 Mitglieder des Zollernhauses) mit 1546 An¬
merkungen versehen, die teilweise geschichtliche Abhandlungen für sich bilden,
besonders für die ältere Zeit, die mehr Anlaß gibt zu kritischen Erörterungen.
Liegt hierin schon eine Besonderheit einer Genealogie, so ist es noch mehr der
Fall in den weitern Beigaben eines Familienkalenders des Gesnmthauses, einer
Übersicht der Grabstätten der Hohenzollern, wobei die Merkwürdigkeit zutage
tritt, daß überall in Europa Zollern ruhn mit alleiniger Ausnahme der Türkei.
Mehrere Stammtafeln, Personen- und Ortsregister vollenden das Werk, das es
eine Seltenheit für solche Bücher — auf 622 Quartseiten bringt.
Auf genealogische Forschungen, wie zum Beispiel, daß Kaiser Wilhelm der
Zweite mit dein Cid verwandt ist, daß König Alfons von Spanien mit der
deutschen Kronprinzessin versippt ist, daß von der Gemahlin Rudolfs von Habs¬
burg. Anna (Gertrud Gräfin von Zollern-Hohenberg), sämtliche heute in Europa
regierenden christlichen Fürsten in direkter Linie abstammen, mit Ausnahme des
Königs von Serbien, des Fürsten von Monaco und des Fürsten von Montenegro,
und manche andre genealogische Untersuchungen und Entdeckungen geht die
Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern nicht ein. Das ist auch gar nicht
Grenzboten II 1906 83
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