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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Beziehung. Von wirtschaftlicher Bedeutung nicht nur, sondern auch von politischer
und militärischer ist die Bahn sür die Türkei, der große Länderstrecken dadurch
erschlossen werden, und für die die Bagdadbahn eine gewaltige Beschleunigung
der Mobilmachung sowohl als der Versammlung und Heranziehung der klein-
asiatischen Truppen im Kriegsfalle bedeuten würde, also jedenfalls eine Erstarkung
der mohammedanischen Welt, mit der hauptsächlich England zu rechnen haben
dürfte. Was die Verlegung des Endpunkts in das Euphratdelta auf persisches
Gebiet anlangt, so scheitert die Idee schon an dem Kostenpunkt, weil gerade das
Euphratdelta enorme Brückenbauten notwendig machen würde. Auch weisen die
wirtschaftlichen Interessen, denen die Bagdadbahn dienen soll, nicht auf Persien
und seinen verhältnismäßig viel geringern Güteraustausch.

Praktische Engländer betrachten die Bagdadbahn heute schon als eine Tatsache,
über die sich England mit Dentschland verständigen muß und deshalb auch ver¬
ständigen wird. Es klingt sehr schön, ist aber ohne reale Bedeutung, wenn Redner
und Rednerinnen das Verhältnis beider Nationen auf Shakespeare und Goethe, auf
dem Protestnutismus oder auf der Tatsache basieren wollen, daß zwischen England
und Deutschland noch niemals ein bewaffneter Konflikt bestanden habe. Das ist im
Grunde genommen Stnbengelehrsamkeit, die draußen bei Wind und Wetter nicht
standhält. Was Volker trennt und verbindet, sind nicht ästhetische Empfindsam¬
keiten, sondern praktische Interessen. England schließt seine Freundschaften nicht mit
Poesie oder Rhetorik, sondern mit der harten Seemaunsfanst. Der deutsche Dichter,
Denker und Gelehrte vermag ein englisches Publikum unterhalten und unter¬
richten, das auch für deutsche Kunstwerke gelegentlich ein vör^ dsautitul iuäoscl
übrig haben wird. Aber imponieren -- und darauf kommt es an -- wird
ihm nur der Deutsche, der sich draußen in der Welt als ein höllischer Kerl zeigt,
Eisenbahnen in fremden Weltteilen baut, neue Schiffahrtslinien begründet oder
britische verdrängt und seine Interessen in Handel und Industrie durchzusetzen
weiß. Schafft dieser Deutsche nun auch gnr noch eine tüchtige Kriegsflotte, wie
er über das tüchtigste Kriegsheer und die stärksten und besterzognen Arbeiterheere
verfügt, dann wird sich John Bull beeilen, diesem Deutschen nicht den Krieg zu
machen, sondern die Hand zu drücken. England hat für die Vetternschaft sehr
wenig übrig; was es sucht und was es versteht, ist nüchterne Geschäftsfreundschaft.
Darauf sollten wir nicht mit Sentimentalitäten und Rührung, sondern mit kühler
Überlegung und klarem, festem Wollen antworten und den Engländern zeigen, daß
wir von ihnen gelernt haben, wie man auch auf der See und jenseits der See
politische Geschäfte macht.

Die Lügen des Standard scheinen aber auch die ministerielle Londoner Tribüne
nicht schlafen zu lassen, die zu berichten weiß, es seien in der englisch-deutschen Ver¬
ständigung wegen der Bagdadbahn während der letzten Tage bedeutende Fortschritte
erreicht wordeu. Bis zum Pfingstfest ist das jedenfalls nicht der Fall gewesen.
Politische Verhandlungen haben überhaupt uicht stattgefunden, und finanzielle der
Banken sind schwerlich weit über die erste Fühlung hinaus. Was die Tribune
weiter fabelt von einer Zustimmung der andern Mächte, Anstellung der Türkei und
Teilung Persiens in Interessensphären mag den Wünschen einiger Phantasten ent¬
spreche", ist aber nicht das Papier wert, worauf es gedruckt steht. Sogar die vielleicht
vorhandne Absicht, die Türken wie die Perser gegen Dentschland mißtrauisch zu
machen, wird nicht glücken. Die Bagdadbnhn soll ja der Entwicklung der Türkei
dienen und nicht ihrer Zerstückelung! So klug ist der Türke doch auch noch. An
unsre Leser aber möchten wir bei diesem Anlaß die dringende Bitte richten, doch
endlich das englische Gespenst aus ihrem politischen Vorstellungskreise zu verbannen.
Das Gespenst geht um, aber wer fürchtets am Tag! Mag immerhin die englische Flotte
uns dreifach überlegen sein -- ein seiner selbst bewußtes Volk von sechzig Millionen
hängt nicht von sechzig Kriegsschiffen ab. Fort mit diesem ewigen Geflenne um
Englands Flotte! Sollte es im Notfall nicht auch auf der See ein Leuthen geben


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Beziehung. Von wirtschaftlicher Bedeutung nicht nur, sondern auch von politischer
und militärischer ist die Bahn sür die Türkei, der große Länderstrecken dadurch
erschlossen werden, und für die die Bagdadbahn eine gewaltige Beschleunigung
der Mobilmachung sowohl als der Versammlung und Heranziehung der klein-
asiatischen Truppen im Kriegsfalle bedeuten würde, also jedenfalls eine Erstarkung
der mohammedanischen Welt, mit der hauptsächlich England zu rechnen haben
dürfte. Was die Verlegung des Endpunkts in das Euphratdelta auf persisches
Gebiet anlangt, so scheitert die Idee schon an dem Kostenpunkt, weil gerade das
Euphratdelta enorme Brückenbauten notwendig machen würde. Auch weisen die
wirtschaftlichen Interessen, denen die Bagdadbahn dienen soll, nicht auf Persien
und seinen verhältnismäßig viel geringern Güteraustausch.

Praktische Engländer betrachten die Bagdadbahn heute schon als eine Tatsache,
über die sich England mit Dentschland verständigen muß und deshalb auch ver¬
ständigen wird. Es klingt sehr schön, ist aber ohne reale Bedeutung, wenn Redner
und Rednerinnen das Verhältnis beider Nationen auf Shakespeare und Goethe, auf
dem Protestnutismus oder auf der Tatsache basieren wollen, daß zwischen England
und Deutschland noch niemals ein bewaffneter Konflikt bestanden habe. Das ist im
Grunde genommen Stnbengelehrsamkeit, die draußen bei Wind und Wetter nicht
standhält. Was Volker trennt und verbindet, sind nicht ästhetische Empfindsam¬
keiten, sondern praktische Interessen. England schließt seine Freundschaften nicht mit
Poesie oder Rhetorik, sondern mit der harten Seemaunsfanst. Der deutsche Dichter,
Denker und Gelehrte vermag ein englisches Publikum unterhalten und unter¬
richten, das auch für deutsche Kunstwerke gelegentlich ein vör^ dsautitul iuäoscl
übrig haben wird. Aber imponieren — und darauf kommt es an — wird
ihm nur der Deutsche, der sich draußen in der Welt als ein höllischer Kerl zeigt,
Eisenbahnen in fremden Weltteilen baut, neue Schiffahrtslinien begründet oder
britische verdrängt und seine Interessen in Handel und Industrie durchzusetzen
weiß. Schafft dieser Deutsche nun auch gnr noch eine tüchtige Kriegsflotte, wie
er über das tüchtigste Kriegsheer und die stärksten und besterzognen Arbeiterheere
verfügt, dann wird sich John Bull beeilen, diesem Deutschen nicht den Krieg zu
machen, sondern die Hand zu drücken. England hat für die Vetternschaft sehr
wenig übrig; was es sucht und was es versteht, ist nüchterne Geschäftsfreundschaft.
Darauf sollten wir nicht mit Sentimentalitäten und Rührung, sondern mit kühler
Überlegung und klarem, festem Wollen antworten und den Engländern zeigen, daß
wir von ihnen gelernt haben, wie man auch auf der See und jenseits der See
politische Geschäfte macht.

Die Lügen des Standard scheinen aber auch die ministerielle Londoner Tribüne
nicht schlafen zu lassen, die zu berichten weiß, es seien in der englisch-deutschen Ver¬
ständigung wegen der Bagdadbahn während der letzten Tage bedeutende Fortschritte
erreicht wordeu. Bis zum Pfingstfest ist das jedenfalls nicht der Fall gewesen.
Politische Verhandlungen haben überhaupt uicht stattgefunden, und finanzielle der
Banken sind schwerlich weit über die erste Fühlung hinaus. Was die Tribune
weiter fabelt von einer Zustimmung der andern Mächte, Anstellung der Türkei und
Teilung Persiens in Interessensphären mag den Wünschen einiger Phantasten ent¬
spreche», ist aber nicht das Papier wert, worauf es gedruckt steht. Sogar die vielleicht
vorhandne Absicht, die Türken wie die Perser gegen Dentschland mißtrauisch zu
machen, wird nicht glücken. Die Bagdadbnhn soll ja der Entwicklung der Türkei
dienen und nicht ihrer Zerstückelung! So klug ist der Türke doch auch noch. An
unsre Leser aber möchten wir bei diesem Anlaß die dringende Bitte richten, doch
endlich das englische Gespenst aus ihrem politischen Vorstellungskreise zu verbannen.
Das Gespenst geht um, aber wer fürchtets am Tag! Mag immerhin die englische Flotte
uns dreifach überlegen sein — ein seiner selbst bewußtes Volk von sechzig Millionen
hängt nicht von sechzig Kriegsschiffen ab. Fort mit diesem ewigen Geflenne um
Englands Flotte! Sollte es im Notfall nicht auch auf der See ein Leuthen geben


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[0562] Maßgebliches und Unmaßgebliches Beziehung. Von wirtschaftlicher Bedeutung nicht nur, sondern auch von politischer und militärischer ist die Bahn sür die Türkei, der große Länderstrecken dadurch erschlossen werden, und für die die Bagdadbahn eine gewaltige Beschleunigung der Mobilmachung sowohl als der Versammlung und Heranziehung der klein- asiatischen Truppen im Kriegsfalle bedeuten würde, also jedenfalls eine Erstarkung der mohammedanischen Welt, mit der hauptsächlich England zu rechnen haben dürfte. Was die Verlegung des Endpunkts in das Euphratdelta auf persisches Gebiet anlangt, so scheitert die Idee schon an dem Kostenpunkt, weil gerade das Euphratdelta enorme Brückenbauten notwendig machen würde. Auch weisen die wirtschaftlichen Interessen, denen die Bagdadbahn dienen soll, nicht auf Persien und seinen verhältnismäßig viel geringern Güteraustausch. Praktische Engländer betrachten die Bagdadbahn heute schon als eine Tatsache, über die sich England mit Dentschland verständigen muß und deshalb auch ver¬ ständigen wird. Es klingt sehr schön, ist aber ohne reale Bedeutung, wenn Redner und Rednerinnen das Verhältnis beider Nationen auf Shakespeare und Goethe, auf dem Protestnutismus oder auf der Tatsache basieren wollen, daß zwischen England und Deutschland noch niemals ein bewaffneter Konflikt bestanden habe. Das ist im Grunde genommen Stnbengelehrsamkeit, die draußen bei Wind und Wetter nicht standhält. Was Volker trennt und verbindet, sind nicht ästhetische Empfindsam¬ keiten, sondern praktische Interessen. England schließt seine Freundschaften nicht mit Poesie oder Rhetorik, sondern mit der harten Seemaunsfanst. Der deutsche Dichter, Denker und Gelehrte vermag ein englisches Publikum unterhalten und unter¬ richten, das auch für deutsche Kunstwerke gelegentlich ein vör^ dsautitul iuäoscl übrig haben wird. Aber imponieren — und darauf kommt es an — wird ihm nur der Deutsche, der sich draußen in der Welt als ein höllischer Kerl zeigt, Eisenbahnen in fremden Weltteilen baut, neue Schiffahrtslinien begründet oder britische verdrängt und seine Interessen in Handel und Industrie durchzusetzen weiß. Schafft dieser Deutsche nun auch gnr noch eine tüchtige Kriegsflotte, wie er über das tüchtigste Kriegsheer und die stärksten und besterzognen Arbeiterheere verfügt, dann wird sich John Bull beeilen, diesem Deutschen nicht den Krieg zu machen, sondern die Hand zu drücken. England hat für die Vetternschaft sehr wenig übrig; was es sucht und was es versteht, ist nüchterne Geschäftsfreundschaft. Darauf sollten wir nicht mit Sentimentalitäten und Rührung, sondern mit kühler Überlegung und klarem, festem Wollen antworten und den Engländern zeigen, daß wir von ihnen gelernt haben, wie man auch auf der See und jenseits der See politische Geschäfte macht. Die Lügen des Standard scheinen aber auch die ministerielle Londoner Tribüne nicht schlafen zu lassen, die zu berichten weiß, es seien in der englisch-deutschen Ver¬ ständigung wegen der Bagdadbahn während der letzten Tage bedeutende Fortschritte erreicht wordeu. Bis zum Pfingstfest ist das jedenfalls nicht der Fall gewesen. Politische Verhandlungen haben überhaupt uicht stattgefunden, und finanzielle der Banken sind schwerlich weit über die erste Fühlung hinaus. Was die Tribune weiter fabelt von einer Zustimmung der andern Mächte, Anstellung der Türkei und Teilung Persiens in Interessensphären mag den Wünschen einiger Phantasten ent¬ spreche», ist aber nicht das Papier wert, worauf es gedruckt steht. Sogar die vielleicht vorhandne Absicht, die Türken wie die Perser gegen Dentschland mißtrauisch zu machen, wird nicht glücken. Die Bagdadbnhn soll ja der Entwicklung der Türkei dienen und nicht ihrer Zerstückelung! So klug ist der Türke doch auch noch. An unsre Leser aber möchten wir bei diesem Anlaß die dringende Bitte richten, doch endlich das englische Gespenst aus ihrem politischen Vorstellungskreise zu verbannen. Das Gespenst geht um, aber wer fürchtets am Tag! Mag immerhin die englische Flotte uns dreifach überlegen sein — ein seiner selbst bewußtes Volk von sechzig Millionen hängt nicht von sechzig Kriegsschiffen ab. Fort mit diesem ewigen Geflenne um Englands Flotte! Sollte es im Notfall nicht auch auf der See ein Leuthen geben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/562>, abgerufen am 02.07.2024.