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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Die Strafstimde

Bisher hatte man den eleganten Felix verwöhnt, auch im Gymnasium war er
leider etwas verhätschelt worden, bis er schließlich zu dem strengen Ordinarius
der Obertertia kam, der mit ihm erstaunlich wenig Umstände machte. Eine
Weile ging es, bis schließlich Felix doch der Hafer stach; als auf den Verweis
hin eine ungehörige Verteidigung erfolgte, handelte der Ordinarius zunächst
nach dem Grundsatze: "Kurze Justiz, recht gescluehts!" Nunmehr hatte sich
das verwundete Selbstgefühl hoch aufgebäumt, und -- der Rest war die
immerhin noch milde Arreststrafe, die er nunmehr verbissen und mit dem stillen
Vorsatz absaß: "Die Mutter muß es machen, daß ich von hier abgebe und in
die Jakobusschule komme! Bei dem Kerl halte ich es nicht aus!"

So revolutionär waren die Gedanken bei seinem Nachbar nicht, einem
dicken Jungen, der schon einmal "Zweijährig-Unfreiwilliger" gewesen war und
es sich offenbar angelegen sein ließ, sich zur Dauerzierde der Untertertia zu
entwickeln. Da saß er nun still vor seinem griechischen Vokabular, das zu
seiner ganz besondern irdischen Qual erschaffen zu sein schien. Jedoch be¬
schäftigten ihn weder t7<Aix^5^ noch "or"^""", sondern seine Gedanken
weilten schon bei dem häuslichen Vesperbrot. Wie ihm an der Schule im
allgemeinen die Ferien das Liebste waren, und an den nun einmal unvermeid¬
lichen Schultagen die große Pause, so war sein ganzes Denken immer um
den einen Mittelpunkt gruppiert, wie der Leib angenehm gestärkt würde, ohne
sich dabei wesentlich anstrengen zu müssen. Der fette Egon gehörte aus dem
letzten Grunde zu den wohlbekannten "Stammgästen", die im Strafzimmer
schon feste Abonnementplätze hatten. Sein Schicksal trug er heute, wie sonst,
mit würdevoller Gelassenheit. Auch die den Strafstündlern gegenüber ange¬
wandte "besondre Gelegenheitsgrobhcit" trug er als ein Fatum, das doch
vorübergehn müsse. Da das einzige, was ihm genutzt hätte, eine kraftvolle
Beweisführung g. xoLtsriori, nicht verabfolgt werden dürfte, so kam ihm Reue
und vollends Besserung als bloße Zeitverschwendung vor. Wußte er doch,
daß er mit dem Glockenschlag vier Uhr aus der Sansara seiner Schulnöte
wieder in das Nirwana häuslichen Behagens würde untertauchen dürfen. Wozu
also die Aufregung? Er begriff den nervösen Dr. Meier nicht, warum gerade
er besonders fleißig sein solle. Sein Vater war auch rund und dick, erhob
sich spät, tat nicht viel, wandelte um sechs Uhr zum Stammtisch und las dann
Abends den Seinen die Neuesten Nachrichten mit breiter Glossierung vor.
In allein waren der alte und der junge Egon einander gleich; nur das ver¬
mochte der Sproß nicht zu versteh", warum gerade er auf das Gymnasium
sollte, wo es doch der Kornhandel und die Bückerei dem Vater schon im
vierzigsten Jahre ermöglicht hatten, den "Rentier zu machen", ein Ziel, auch
für Egon den Jüngern aufs innigste zu wünschen. Wer weiß, ob er noch
dagewesen wäre, wenn nicht das "elende Einjährige" ersessen werden müßte.
Es war für ihn freilich ein Rennen mit Hindernissen, und darum ging es
am Stammtisch auch nicht ohne Schimpfen ab, daß auch "Kinder besserer
Eltern, die es dazu Hütten", nicht bequemer und für die Söhne angenehmer
dies Ziel erreichen konnten.

Der aus scharfgeschnittnem Gesicht entschlossen schauende Hintermann des
fetten Egon hatte mit solchen Schwierigkeiten nicht zu kämpfen. Er war zwar
auch ein wohlbekanntes "Mitglied des Unterhauses", wie man die Insassen
der im Parterre abgehaltnen Strafstunde nannte. Jedoch "unerhörte Ignoranz"
oder "haarsträubende Faulheit", die sonst so geläufigen Einträge unsers strengen
Obertertianerordinarius waren es nicht, die bei Jsidor die Rubrik des Grundes
mit zornig spritzender Feder füllten. Seine Spezialität bestand vielmehr im
kunstgerechten "Mogeln". Seine Listen waren so tausendfach und so fein wie
die, mit denen sein Ideal, Nathcmael Bumpo, die feindlichen Jrotesenstcimme
beschlich. Sogar der "gewiefte" Dr. Hilde, der so oft eine "Sache kapierte"


Die Strafstimde

Bisher hatte man den eleganten Felix verwöhnt, auch im Gymnasium war er
leider etwas verhätschelt worden, bis er schließlich zu dem strengen Ordinarius
der Obertertia kam, der mit ihm erstaunlich wenig Umstände machte. Eine
Weile ging es, bis schließlich Felix doch der Hafer stach; als auf den Verweis
hin eine ungehörige Verteidigung erfolgte, handelte der Ordinarius zunächst
nach dem Grundsatze: „Kurze Justiz, recht gescluehts!" Nunmehr hatte sich
das verwundete Selbstgefühl hoch aufgebäumt, und — der Rest war die
immerhin noch milde Arreststrafe, die er nunmehr verbissen und mit dem stillen
Vorsatz absaß: „Die Mutter muß es machen, daß ich von hier abgebe und in
die Jakobusschule komme! Bei dem Kerl halte ich es nicht aus!"

So revolutionär waren die Gedanken bei seinem Nachbar nicht, einem
dicken Jungen, der schon einmal „Zweijährig-Unfreiwilliger" gewesen war und
es sich offenbar angelegen sein ließ, sich zur Dauerzierde der Untertertia zu
entwickeln. Da saß er nun still vor seinem griechischen Vokabular, das zu
seiner ganz besondern irdischen Qual erschaffen zu sein schien. Jedoch be¬
schäftigten ihn weder t7<Aix^5^ noch «or«^«»«, sondern seine Gedanken
weilten schon bei dem häuslichen Vesperbrot. Wie ihm an der Schule im
allgemeinen die Ferien das Liebste waren, und an den nun einmal unvermeid¬
lichen Schultagen die große Pause, so war sein ganzes Denken immer um
den einen Mittelpunkt gruppiert, wie der Leib angenehm gestärkt würde, ohne
sich dabei wesentlich anstrengen zu müssen. Der fette Egon gehörte aus dem
letzten Grunde zu den wohlbekannten „Stammgästen", die im Strafzimmer
schon feste Abonnementplätze hatten. Sein Schicksal trug er heute, wie sonst,
mit würdevoller Gelassenheit. Auch die den Strafstündlern gegenüber ange¬
wandte „besondre Gelegenheitsgrobhcit" trug er als ein Fatum, das doch
vorübergehn müsse. Da das einzige, was ihm genutzt hätte, eine kraftvolle
Beweisführung g. xoLtsriori, nicht verabfolgt werden dürfte, so kam ihm Reue
und vollends Besserung als bloße Zeitverschwendung vor. Wußte er doch,
daß er mit dem Glockenschlag vier Uhr aus der Sansara seiner Schulnöte
wieder in das Nirwana häuslichen Behagens würde untertauchen dürfen. Wozu
also die Aufregung? Er begriff den nervösen Dr. Meier nicht, warum gerade
er besonders fleißig sein solle. Sein Vater war auch rund und dick, erhob
sich spät, tat nicht viel, wandelte um sechs Uhr zum Stammtisch und las dann
Abends den Seinen die Neuesten Nachrichten mit breiter Glossierung vor.
In allein waren der alte und der junge Egon einander gleich; nur das ver¬
mochte der Sproß nicht zu versteh«, warum gerade er auf das Gymnasium
sollte, wo es doch der Kornhandel und die Bückerei dem Vater schon im
vierzigsten Jahre ermöglicht hatten, den „Rentier zu machen", ein Ziel, auch
für Egon den Jüngern aufs innigste zu wünschen. Wer weiß, ob er noch
dagewesen wäre, wenn nicht das „elende Einjährige" ersessen werden müßte.
Es war für ihn freilich ein Rennen mit Hindernissen, und darum ging es
am Stammtisch auch nicht ohne Schimpfen ab, daß auch „Kinder besserer
Eltern, die es dazu Hütten", nicht bequemer und für die Söhne angenehmer
dies Ziel erreichen konnten.

Der aus scharfgeschnittnem Gesicht entschlossen schauende Hintermann des
fetten Egon hatte mit solchen Schwierigkeiten nicht zu kämpfen. Er war zwar
auch ein wohlbekanntes „Mitglied des Unterhauses", wie man die Insassen
der im Parterre abgehaltnen Strafstunde nannte. Jedoch „unerhörte Ignoranz"
oder „haarsträubende Faulheit", die sonst so geläufigen Einträge unsers strengen
Obertertianerordinarius waren es nicht, die bei Jsidor die Rubrik des Grundes
mit zornig spritzender Feder füllten. Seine Spezialität bestand vielmehr im
kunstgerechten „Mogeln". Seine Listen waren so tausendfach und so fein wie
die, mit denen sein Ideal, Nathcmael Bumpo, die feindlichen Jrotesenstcimme
beschlich. Sogar der „gewiefte" Dr. Hilde, der so oft eine „Sache kapierte"


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[0445] Die Strafstimde Bisher hatte man den eleganten Felix verwöhnt, auch im Gymnasium war er leider etwas verhätschelt worden, bis er schließlich zu dem strengen Ordinarius der Obertertia kam, der mit ihm erstaunlich wenig Umstände machte. Eine Weile ging es, bis schließlich Felix doch der Hafer stach; als auf den Verweis hin eine ungehörige Verteidigung erfolgte, handelte der Ordinarius zunächst nach dem Grundsatze: „Kurze Justiz, recht gescluehts!" Nunmehr hatte sich das verwundete Selbstgefühl hoch aufgebäumt, und — der Rest war die immerhin noch milde Arreststrafe, die er nunmehr verbissen und mit dem stillen Vorsatz absaß: „Die Mutter muß es machen, daß ich von hier abgebe und in die Jakobusschule komme! Bei dem Kerl halte ich es nicht aus!" So revolutionär waren die Gedanken bei seinem Nachbar nicht, einem dicken Jungen, der schon einmal „Zweijährig-Unfreiwilliger" gewesen war und es sich offenbar angelegen sein ließ, sich zur Dauerzierde der Untertertia zu entwickeln. Da saß er nun still vor seinem griechischen Vokabular, das zu seiner ganz besondern irdischen Qual erschaffen zu sein schien. Jedoch be¬ schäftigten ihn weder t7<Aix^5^ noch «or«^«»«, sondern seine Gedanken weilten schon bei dem häuslichen Vesperbrot. Wie ihm an der Schule im allgemeinen die Ferien das Liebste waren, und an den nun einmal unvermeid¬ lichen Schultagen die große Pause, so war sein ganzes Denken immer um den einen Mittelpunkt gruppiert, wie der Leib angenehm gestärkt würde, ohne sich dabei wesentlich anstrengen zu müssen. Der fette Egon gehörte aus dem letzten Grunde zu den wohlbekannten „Stammgästen", die im Strafzimmer schon feste Abonnementplätze hatten. Sein Schicksal trug er heute, wie sonst, mit würdevoller Gelassenheit. Auch die den Strafstündlern gegenüber ange¬ wandte „besondre Gelegenheitsgrobhcit" trug er als ein Fatum, das doch vorübergehn müsse. Da das einzige, was ihm genutzt hätte, eine kraftvolle Beweisführung g. xoLtsriori, nicht verabfolgt werden dürfte, so kam ihm Reue und vollends Besserung als bloße Zeitverschwendung vor. Wußte er doch, daß er mit dem Glockenschlag vier Uhr aus der Sansara seiner Schulnöte wieder in das Nirwana häuslichen Behagens würde untertauchen dürfen. Wozu also die Aufregung? Er begriff den nervösen Dr. Meier nicht, warum gerade er besonders fleißig sein solle. Sein Vater war auch rund und dick, erhob sich spät, tat nicht viel, wandelte um sechs Uhr zum Stammtisch und las dann Abends den Seinen die Neuesten Nachrichten mit breiter Glossierung vor. In allein waren der alte und der junge Egon einander gleich; nur das ver¬ mochte der Sproß nicht zu versteh«, warum gerade er auf das Gymnasium sollte, wo es doch der Kornhandel und die Bückerei dem Vater schon im vierzigsten Jahre ermöglicht hatten, den „Rentier zu machen", ein Ziel, auch für Egon den Jüngern aufs innigste zu wünschen. Wer weiß, ob er noch dagewesen wäre, wenn nicht das „elende Einjährige" ersessen werden müßte. Es war für ihn freilich ein Rennen mit Hindernissen, und darum ging es am Stammtisch auch nicht ohne Schimpfen ab, daß auch „Kinder besserer Eltern, die es dazu Hütten", nicht bequemer und für die Söhne angenehmer dies Ziel erreichen konnten. Der aus scharfgeschnittnem Gesicht entschlossen schauende Hintermann des fetten Egon hatte mit solchen Schwierigkeiten nicht zu kämpfen. Er war zwar auch ein wohlbekanntes „Mitglied des Unterhauses", wie man die Insassen der im Parterre abgehaltnen Strafstunde nannte. Jedoch „unerhörte Ignoranz" oder „haarsträubende Faulheit", die sonst so geläufigen Einträge unsers strengen Obertertianerordinarius waren es nicht, die bei Jsidor die Rubrik des Grundes mit zornig spritzender Feder füllten. Seine Spezialität bestand vielmehr im kunstgerechten „Mogeln". Seine Listen waren so tausendfach und so fein wie die, mit denen sein Ideal, Nathcmael Bumpo, die feindlichen Jrotesenstcimme beschlich. Sogar der „gewiefte" Dr. Hilde, der so oft eine „Sache kapierte"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/445>, abgerufen am 28.12.2024.