Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Aus dem Unglücksjahre l.307 einander. Am 24. Mai wird die Kapitulation unterzeichnet, und schon öffnen Auch an Oliva findet Percy nichts besondres. Mäßig schön sei der Garten Als in Danzig das Theater wieder geöffnet wird, sieht Percy den Kalifen Aus dem Unglücksjahre l.307 einander. Am 24. Mai wird die Kapitulation unterzeichnet, und schon öffnen Auch an Oliva findet Percy nichts besondres. Mäßig schön sei der Garten Als in Danzig das Theater wieder geöffnet wird, sieht Percy den Kalifen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0436" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299477"/> <fw type="header" place="top"> Aus dem Unglücksjahre l.307</fw><lb/> <p xml:id="ID_1940" prev="#ID_1939"> einander. Am 24. Mai wird die Kapitulation unterzeichnet, und schon öffnen<lb/> sich die Tore, durch die, noch bevor die offizielle Genehmigung erfolgt ist, die<lb/> Belagerer hineinströmen. Percy findet die Stadt nicht besonders schön; man<lb/> wird ihrer bald überdrüssig, denn sie ist im gotischen Stile (!) schlecht gebaut<lb/> und schlecht gepflastert, nach der Weise der alten Iberer. Bis zum Zeughaus<lb/> (vom Tore an) sind die alten häßlichen Häuser mit Kugeln wie gespickt und<lb/> unbewohnbar geworden; keine einzige Fensterscheibe ist hier ganz geblieben.<lb/> Erst hinter dem Arsenal beginnt das schönere Danzig, d. h. das Äußere der<lb/> Gebäude wirkt nach Percys Ansicht durchaus nicht schön; keine Eleganz, kein<lb/> guter Geschmack; aber innen sind sie mit Raffinement kostbar ausgestattet, und<lb/> die reichen Handelsherren, denen sie gehören, haben nichts an Mahagoniholz,<lb/> Kronleuchtern und guten englischen Möbeln gespart; überhaupt kommt alles,<lb/> was man hier sieht, aus England: Stoffe, Bilder, Kamingarnituren usw. Auch<lb/> die Lebensgewohnheiten sind die englischen: man trinkt Porter und spricht die<lb/> Sprache von London. Quartier nimmt Percy in einem der besten Häuser<lb/> Dcmzigs (Ur. 433) bei dem Zuckerrciffineur Weichbrot, der sich mit seinen<lb/> Damen gegen den Fremden sehr artig zeigt. Um Platz für die Kranken zu<lb/> finden, durchmustert Percy in Gesellschaft des Preußischen Stabsarztes Lichten-<lb/> berger mehrere öffentliche Gebäude. Der Justizpalast ist stattlich und kann<lb/> dreihundert Betten fassen; auch die Börse scheint geeignet zu sein; das Zeug¬<lb/> haus bietet nicht viel bemerkenswertes; aus seinen Beständen erlaubt man (wer?)<lb/> dem Herrn Generalchirurgen, einen Helm und Armschienen, einen Schild und<lb/> andre alte Waffenstücke für sich zu entnehmen; als er mehr haben will, ist alles<lb/> andre schon unter die Marschälle verteilt. Der Bau des Zeughauses ist an<lb/> und für sich nicht übel, wenn man Zeit und Ort berücksichtigt. Im Keller<lb/> lagert für anderthalb Millionen Wein (Privatbesitz). Die Hauptkirche (zu<lb/> Se. Marien) imponiert durch ihre Größe, sonst nicht. Beiläufig bemerkt dann<lb/> Percy noch, man trinke hier in Danzig Porterbier und Wein von Oporto;<lb/> wem der, wie meist den Engländern, noch zu schwach sei, der mische Arrak<lb/> hinein. Die Tafeln glänzen von Silberzeug und schneeigem Linnen, man führe<lb/> aber keine feine Küche.</p><lb/> <p xml:id="ID_1941"> Auch an Oliva findet Percy nichts besondres. Mäßig schön sei der Garten<lb/> des Abtes, dessen Haus ja ganz hübsch, aber schlecht möbliert sei. Napoleon<lb/> hatte in der Nacht zum 1. Juni dort geschlafen. Man zeigt ihm hier die<lb/> Marmorplatte mit der sich auf den Friedensschluß von Oliv« beziehenden<lb/> Inschrift und den Tisch, an dem die Unterzeichnung des Vertrags erfolgt war.<lb/> Die Bibliothek ist dürftig wie das Einkommen des Priors. Bemerkenswert ist<lb/> jedoch die Kirche mit ihren vierundsiebzig (?) Kapellen und einigen Pfeilern von<lb/> Marmormosaik, die allerhand menschliche Köpfe darstellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1942" next="#ID_1943"> Als in Danzig das Theater wieder geöffnet wird, sieht Percy den Kalifen<lb/> von Bagdad. (Auch in Berlin hatte man nach dem Einzuge der Franzosen<lb/> trotz dem großen nationalen Unglück von Jena die Theater nicht geschlossen<lb/> gehalten, was dem biedern Percy mit Recht sehr auffallend erschienen war.<lb/> Am 26. Oktober 1806 gab man in Berlin „Iphigenie in Tauris". Die Vor¬<lb/> stellung entzückt Percy; er bemerkt aber zugleich: us rsvions xas as mon</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0436]
Aus dem Unglücksjahre l.307
einander. Am 24. Mai wird die Kapitulation unterzeichnet, und schon öffnen
sich die Tore, durch die, noch bevor die offizielle Genehmigung erfolgt ist, die
Belagerer hineinströmen. Percy findet die Stadt nicht besonders schön; man
wird ihrer bald überdrüssig, denn sie ist im gotischen Stile (!) schlecht gebaut
und schlecht gepflastert, nach der Weise der alten Iberer. Bis zum Zeughaus
(vom Tore an) sind die alten häßlichen Häuser mit Kugeln wie gespickt und
unbewohnbar geworden; keine einzige Fensterscheibe ist hier ganz geblieben.
Erst hinter dem Arsenal beginnt das schönere Danzig, d. h. das Äußere der
Gebäude wirkt nach Percys Ansicht durchaus nicht schön; keine Eleganz, kein
guter Geschmack; aber innen sind sie mit Raffinement kostbar ausgestattet, und
die reichen Handelsherren, denen sie gehören, haben nichts an Mahagoniholz,
Kronleuchtern und guten englischen Möbeln gespart; überhaupt kommt alles,
was man hier sieht, aus England: Stoffe, Bilder, Kamingarnituren usw. Auch
die Lebensgewohnheiten sind die englischen: man trinkt Porter und spricht die
Sprache von London. Quartier nimmt Percy in einem der besten Häuser
Dcmzigs (Ur. 433) bei dem Zuckerrciffineur Weichbrot, der sich mit seinen
Damen gegen den Fremden sehr artig zeigt. Um Platz für die Kranken zu
finden, durchmustert Percy in Gesellschaft des Preußischen Stabsarztes Lichten-
berger mehrere öffentliche Gebäude. Der Justizpalast ist stattlich und kann
dreihundert Betten fassen; auch die Börse scheint geeignet zu sein; das Zeug¬
haus bietet nicht viel bemerkenswertes; aus seinen Beständen erlaubt man (wer?)
dem Herrn Generalchirurgen, einen Helm und Armschienen, einen Schild und
andre alte Waffenstücke für sich zu entnehmen; als er mehr haben will, ist alles
andre schon unter die Marschälle verteilt. Der Bau des Zeughauses ist an
und für sich nicht übel, wenn man Zeit und Ort berücksichtigt. Im Keller
lagert für anderthalb Millionen Wein (Privatbesitz). Die Hauptkirche (zu
Se. Marien) imponiert durch ihre Größe, sonst nicht. Beiläufig bemerkt dann
Percy noch, man trinke hier in Danzig Porterbier und Wein von Oporto;
wem der, wie meist den Engländern, noch zu schwach sei, der mische Arrak
hinein. Die Tafeln glänzen von Silberzeug und schneeigem Linnen, man führe
aber keine feine Küche.
Auch an Oliva findet Percy nichts besondres. Mäßig schön sei der Garten
des Abtes, dessen Haus ja ganz hübsch, aber schlecht möbliert sei. Napoleon
hatte in der Nacht zum 1. Juni dort geschlafen. Man zeigt ihm hier die
Marmorplatte mit der sich auf den Friedensschluß von Oliv« beziehenden
Inschrift und den Tisch, an dem die Unterzeichnung des Vertrags erfolgt war.
Die Bibliothek ist dürftig wie das Einkommen des Priors. Bemerkenswert ist
jedoch die Kirche mit ihren vierundsiebzig (?) Kapellen und einigen Pfeilern von
Marmormosaik, die allerhand menschliche Köpfe darstellen.
Als in Danzig das Theater wieder geöffnet wird, sieht Percy den Kalifen
von Bagdad. (Auch in Berlin hatte man nach dem Einzuge der Franzosen
trotz dem großen nationalen Unglück von Jena die Theater nicht geschlossen
gehalten, was dem biedern Percy mit Recht sehr auffallend erschienen war.
Am 26. Oktober 1806 gab man in Berlin „Iphigenie in Tauris". Die Vor¬
stellung entzückt Percy; er bemerkt aber zugleich: us rsvions xas as mon
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