Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Anastasius Grün friedigten und vorwärts strebenden Männer des vormärzlichen Wiens. Von Nach dem Abschlüsse seiner Studien lebte er daheim als Privatmann, Schon früher - am 11. Juli 1839 -- hatte er sich mit der Reichs- Anastasius Grün friedigten und vorwärts strebenden Männer des vormärzlichen Wiens. Von Nach dem Abschlüsse seiner Studien lebte er daheim als Privatmann, Schon früher - am 11. Juli 1839 — hatte er sich mit der Reichs- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0025" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299066"/> <fw type="header" place="top"> Anastasius Grün</fw><lb/> <p xml:id="ID_46" prev="#ID_45"> friedigten und vorwärts strebenden Männer des vormärzlichen Wiens. Von<lb/> Dichtern waren dort zu finden: Grillpnrzer, Lenen, Seidl, Bauernfeld,<lb/> Fenchtersleben, Zedlitz, Raimund, Joh. Rep, Bogt, Deinhardstein, L. A. Frank!,<lb/> Stelzhamer u. a., von Gelehrten: Ferd. Wolf, Kaltenböck, Karajan, Ent usw.;<lb/> drzu kam eine Menge von Musikern, Malern und Bühnenkünstlern. Auer-<lb/> sperg schilderte später in herzlicher und dankbarer Erinnerung diese öffentlichen<lb/> Klubsitzuugen in seiner Biographie Lenaus (Vorrede zu seiner Ausgabe der<lb/> sämtlichen Werke Lenaus, Stuttgart, Cottci, 1855).</p><lb/> <p xml:id="ID_47"> Nach dem Abschlüsse seiner Studien lebte er daheim als Privatmann,<lb/> dichtete, wanderte und reiste in glücklicher Muße. Mehrfach weilte er in<lb/> Schwaben, in dem Freundeskreise, den er und Lenen dort hatten, vor allem<lb/> bei Uhland und Paul Pfizer, dem er später seine „Nibelungen im Frack" zu¬<lb/> eignete. Ein Stein auf der Weibertreu bei Weinsberg trägt den Namen<lb/> Anastasius Grün und die Jahreszahl 1837. In diese Zeit der stillen Ent¬<lb/> wicklung fiel die französische Julirevolution von 1830 wie eine Bombe hinein.<lb/> Der Sieg des Freiheitsgedankcus über Reaktion und Klcrikcilismus rief in<lb/> ganz Europa, zumal in dem von Metternich geknebelten Österreich, eine<lb/> stürmische Bewegung der Geister hervor. Auch Auersperg wurde muss tiefste<lb/> vom Geiste der Zeit ergriffen, und gar bald wurde aus dem politischen<lb/> Dichter, von dem später noch die Rede sein wird, ein eifriger aktiver Politiker.<lb/> Seit 1832 wirkte er als Abgeordneter des krainischen Landtags auf der Land-<lb/> stube zu Laibach. Dort erwies sich der junge Parlamentarier als ein allezeit<lb/> unerschrockner Kämpfer für die schwer gefährdeten wirtschaftlichen Interessen<lb/> seiner engern Heimat. Ihm vor allem war es zu verdanken, daß sich die<lb/> krainischen Laudboteu zu der seit den Tagen der Reformation unerhörten<lb/> parlamentarischen Tat aufrafften, die in der Verwahrung von 1843 einen<lb/> herzhaften Ausdruck fand. Sie erklärten nümlich mit aller Festigkeit, „bei<lb/> der beabsichtigten, noch wettern, unerschwinglichen Steuererhöhung nicht mehr<lb/> mit der Regierung gehn zu können." Die Frucht dieses kräftigen Auftretens<lb/> reifte freilich erst nach Jahren, aber sie reifte doch: es war die Einführung<lb/> einer auf gerechten Grundsätzen beruhenden Art der Steuererhebung. Noch<lb/> in späten Jahren seines Lebens hatte Graf Auersperg an diesem Erfolge<lb/> seines Wirkens eine herzliche Freude. Auch die Vorschlüge zur Besserung der<lb/> Waldwirtschaft Krams waren sein Verdienst. Immer und überall trat er den<lb/> offnen und versteckten Angriffen der Oppositionspartei in der Landstube ma߬<lb/> voll aber fest entgegen. Dafür erlangte er auch die höchste Achtung der Mit¬<lb/> stände. Sie äußerte sich zum Beispiel auch darin, daß man ihn 1845 bei der<lb/> Angelegenheit der Steuererhebung als Abgeordneten in die Hofburg schickte, ihn,<lb/> der in seinen politischen Liedern so wuchtige Angriffe gegen die traurige<lb/> Staatskunst des allmächtigen Metternich zu richten gewagt hatte. Und dieser<lb/> selbe liberale Parlamentarier wurde nach einem Menschenalter, ohne seine<lb/> Überzeugungen zum Opfer gebracht zu haben, der Vertraute seines Kaisers in<lb/> sturmbewegter Zeit!</p><lb/> <p xml:id="ID_48" next="#ID_49"> Schon früher - am 11. Juli 1839 — hatte er sich mit der Reichs-<lb/> gräfin Maria von Altens vermählt, einer Tochter des k. k. Geheimen Rats,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
Anastasius Grün
friedigten und vorwärts strebenden Männer des vormärzlichen Wiens. Von
Dichtern waren dort zu finden: Grillpnrzer, Lenen, Seidl, Bauernfeld,
Fenchtersleben, Zedlitz, Raimund, Joh. Rep, Bogt, Deinhardstein, L. A. Frank!,
Stelzhamer u. a., von Gelehrten: Ferd. Wolf, Kaltenböck, Karajan, Ent usw.;
drzu kam eine Menge von Musikern, Malern und Bühnenkünstlern. Auer-
sperg schilderte später in herzlicher und dankbarer Erinnerung diese öffentlichen
Klubsitzuugen in seiner Biographie Lenaus (Vorrede zu seiner Ausgabe der
sämtlichen Werke Lenaus, Stuttgart, Cottci, 1855).
Nach dem Abschlüsse seiner Studien lebte er daheim als Privatmann,
dichtete, wanderte und reiste in glücklicher Muße. Mehrfach weilte er in
Schwaben, in dem Freundeskreise, den er und Lenen dort hatten, vor allem
bei Uhland und Paul Pfizer, dem er später seine „Nibelungen im Frack" zu¬
eignete. Ein Stein auf der Weibertreu bei Weinsberg trägt den Namen
Anastasius Grün und die Jahreszahl 1837. In diese Zeit der stillen Ent¬
wicklung fiel die französische Julirevolution von 1830 wie eine Bombe hinein.
Der Sieg des Freiheitsgedankcus über Reaktion und Klcrikcilismus rief in
ganz Europa, zumal in dem von Metternich geknebelten Österreich, eine
stürmische Bewegung der Geister hervor. Auch Auersperg wurde muss tiefste
vom Geiste der Zeit ergriffen, und gar bald wurde aus dem politischen
Dichter, von dem später noch die Rede sein wird, ein eifriger aktiver Politiker.
Seit 1832 wirkte er als Abgeordneter des krainischen Landtags auf der Land-
stube zu Laibach. Dort erwies sich der junge Parlamentarier als ein allezeit
unerschrockner Kämpfer für die schwer gefährdeten wirtschaftlichen Interessen
seiner engern Heimat. Ihm vor allem war es zu verdanken, daß sich die
krainischen Laudboteu zu der seit den Tagen der Reformation unerhörten
parlamentarischen Tat aufrafften, die in der Verwahrung von 1843 einen
herzhaften Ausdruck fand. Sie erklärten nümlich mit aller Festigkeit, „bei
der beabsichtigten, noch wettern, unerschwinglichen Steuererhöhung nicht mehr
mit der Regierung gehn zu können." Die Frucht dieses kräftigen Auftretens
reifte freilich erst nach Jahren, aber sie reifte doch: es war die Einführung
einer auf gerechten Grundsätzen beruhenden Art der Steuererhebung. Noch
in späten Jahren seines Lebens hatte Graf Auersperg an diesem Erfolge
seines Wirkens eine herzliche Freude. Auch die Vorschlüge zur Besserung der
Waldwirtschaft Krams waren sein Verdienst. Immer und überall trat er den
offnen und versteckten Angriffen der Oppositionspartei in der Landstube ma߬
voll aber fest entgegen. Dafür erlangte er auch die höchste Achtung der Mit¬
stände. Sie äußerte sich zum Beispiel auch darin, daß man ihn 1845 bei der
Angelegenheit der Steuererhebung als Abgeordneten in die Hofburg schickte, ihn,
der in seinen politischen Liedern so wuchtige Angriffe gegen die traurige
Staatskunst des allmächtigen Metternich zu richten gewagt hatte. Und dieser
selbe liberale Parlamentarier wurde nach einem Menschenalter, ohne seine
Überzeugungen zum Opfer gebracht zu haben, der Vertraute seines Kaisers in
sturmbewegter Zeit!
Schon früher - am 11. Juli 1839 — hatte er sich mit der Reichs-
gräfin Maria von Altens vermählt, einer Tochter des k. k. Geheimen Rats,
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