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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Karl der Erst,-, As"la von Rumäineu

Möglichkeit auf dem Fuße folgen lassen will. Uns kam es auch mehr darauf
an, zu zeigen, wie man in Rußland in durchaus richtiger Erkenntnis des
Wichtigsten und des Notwendigsten das Messer sofort an die Wurzel alles
Übels gelegt hat und nicht mit rcglementarischen Neuerungen und dergleichen
begonnen hat, für die die rechte Zeit erst kommt, wenn alle Resultate des
Krieges durch das Sieb gewissenhafter Prüfung gegangen sein werden.




Karl der Erste, König von Rumänien

Mgnm 20. Mai Z866 saß ans dem Dampfer, der von Belgrad kam,
um seine Reisenden donauabwürts zu führen, in der zweiten
Klasse, allein, ohne Reisegefährten, inmitten einer sehr gemischten
und zweifelhaften Gesellschaft, ein junger Mann von siebenund¬
zwanzig Jahren. Der Dampfer war in seiner sonst regelmäßigen
Fahrt gehemmt worden. Österreich machte mobil gegen Preußen, und die
starken Truppenbewegungen nahmen auch die Wasserstraßen in Beschlag. Der
junge Mann, der früh am Morgen -- es war Pfingstsonntag -- in Basiasch
an Bord gekommen war, Hütte inmitten der nichts weniger als feinen Reise¬
gesellschaft der zweiten Klasse durch sein Äußeres Aufmerksamkeit erregen
können, wenigstens an diesem Platze. Er war von gesundem, frischem Aus¬
sehen und von mittlerer Gestalt, die keine besondre Körperkraft verriet, sich
aber in der Folgezeit als von einer ausdauernden Zähigkeit und einer großen
Bedürfnislosigkeit erwies. Das dunkle Haupthaar und der dunkle Bart ließen
kaum auf einen Deutschen schließen. In den regelmüßigen, fast weichen Zügen,
denen die ernsten Augen und die vollen, edel geschwungnen, fast immer ge¬
schlossenen Lippen den Anschein eines höhern Alters verliehen, lag ein Aus¬
druck, der für den Reisenden einnehmen mußte. Es prägte sich viel Menschen¬
liebe, ein starkes Selbstgefühl, aber ohne Hochmut und Überhebung, viel
Entschlossenheit und eine reine Seele darin aus. Der Reisende schrieb, er
schrieb mit sichtbarer Aufmerksamkeit, jedes Wort prüfend und überlegend, er
schrieb inmitten von schmutzigen, recht übelduftendcn Frachtsäcken, er schrieb an
den -- Kaiser Franz Joseph von Österreich. Er schrieb, daß er auf der Reise
nach Rumänien sei, um die ihm angebotne rumänische Krone anzunehmen, und
daß er das keineswegs in feindlicher Absicht gegen Österreich tue, vielmehr
wünsche, die freundlichsten Beziehungen zu dem mächtigen Nachbarstaate zu
unterhalten. Der das schrieb, war Prinz Karl von Hohenzollern, den die
Rumänen am 20. April durch ein Plebiszit zu ihrem Fürsten gewählt hatten.
An Bord des Dampfers waren mehrere deutsche Kavaliere, die den Fürsten
begleiteten, sich aber, um dessen Inkognito zu wahren, fern hielten. Und noch
eine politisch wichtige Persönlichkeit war auf dem Schiffe: Joan Braticmu, der
bedeutendste Politiker, den Rumänien damals hatte, ein für die Zukunft seiner
Heimat glühender Patriot. Aber anch er näherte sich hier noch nicht dem
Prinzen.


Karl der Erst,-, As»la von Rumäineu

Möglichkeit auf dem Fuße folgen lassen will. Uns kam es auch mehr darauf
an, zu zeigen, wie man in Rußland in durchaus richtiger Erkenntnis des
Wichtigsten und des Notwendigsten das Messer sofort an die Wurzel alles
Übels gelegt hat und nicht mit rcglementarischen Neuerungen und dergleichen
begonnen hat, für die die rechte Zeit erst kommt, wenn alle Resultate des
Krieges durch das Sieb gewissenhafter Prüfung gegangen sein werden.




Karl der Erste, König von Rumänien

Mgnm 20. Mai Z866 saß ans dem Dampfer, der von Belgrad kam,
um seine Reisenden donauabwürts zu führen, in der zweiten
Klasse, allein, ohne Reisegefährten, inmitten einer sehr gemischten
und zweifelhaften Gesellschaft, ein junger Mann von siebenund¬
zwanzig Jahren. Der Dampfer war in seiner sonst regelmäßigen
Fahrt gehemmt worden. Österreich machte mobil gegen Preußen, und die
starken Truppenbewegungen nahmen auch die Wasserstraßen in Beschlag. Der
junge Mann, der früh am Morgen — es war Pfingstsonntag — in Basiasch
an Bord gekommen war, Hütte inmitten der nichts weniger als feinen Reise¬
gesellschaft der zweiten Klasse durch sein Äußeres Aufmerksamkeit erregen
können, wenigstens an diesem Platze. Er war von gesundem, frischem Aus¬
sehen und von mittlerer Gestalt, die keine besondre Körperkraft verriet, sich
aber in der Folgezeit als von einer ausdauernden Zähigkeit und einer großen
Bedürfnislosigkeit erwies. Das dunkle Haupthaar und der dunkle Bart ließen
kaum auf einen Deutschen schließen. In den regelmüßigen, fast weichen Zügen,
denen die ernsten Augen und die vollen, edel geschwungnen, fast immer ge¬
schlossenen Lippen den Anschein eines höhern Alters verliehen, lag ein Aus¬
druck, der für den Reisenden einnehmen mußte. Es prägte sich viel Menschen¬
liebe, ein starkes Selbstgefühl, aber ohne Hochmut und Überhebung, viel
Entschlossenheit und eine reine Seele darin aus. Der Reisende schrieb, er
schrieb mit sichtbarer Aufmerksamkeit, jedes Wort prüfend und überlegend, er
schrieb inmitten von schmutzigen, recht übelduftendcn Frachtsäcken, er schrieb an
den — Kaiser Franz Joseph von Österreich. Er schrieb, daß er auf der Reise
nach Rumänien sei, um die ihm angebotne rumänische Krone anzunehmen, und
daß er das keineswegs in feindlicher Absicht gegen Österreich tue, vielmehr
wünsche, die freundlichsten Beziehungen zu dem mächtigen Nachbarstaate zu
unterhalten. Der das schrieb, war Prinz Karl von Hohenzollern, den die
Rumänen am 20. April durch ein Plebiszit zu ihrem Fürsten gewählt hatten.
An Bord des Dampfers waren mehrere deutsche Kavaliere, die den Fürsten
begleiteten, sich aber, um dessen Inkognito zu wahren, fern hielten. Und noch
eine politisch wichtige Persönlichkeit war auf dem Schiffe: Joan Braticmu, der
bedeutendste Politiker, den Rumänien damals hatte, ein für die Zukunft seiner
Heimat glühender Patriot. Aber anch er näherte sich hier noch nicht dem
Prinzen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/186>, abgerufen am 27.12.2024.