Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Antonio Fogazzaro Fogazzaro bedingungslos mit ihnen befreunden konnte. Und so hat er denn, Als drittes Buch veröffentlichte Fogazzaro Nistsro nisi xosta,**) den schlichten Deutsch von A. Dult-Scheu in Engelhorns Romanbibliothek. Deutsch von E. Müller-Roter. Verlag von Hüpeden und Merzyn, Berlin. Die Kleinwelt unsrer Väter, deutsch von E, Gagliardiz Die Kleinwelt unsrer
Zeit, deutsch von M, v. Weißenthurn, beide bei Joseph Kösel, Kempten. Antonio Fogazzaro Fogazzaro bedingungslos mit ihnen befreunden konnte. Und so hat er denn, Als drittes Buch veröffentlichte Fogazzaro Nistsro nisi xosta,**) den schlichten Deutsch von A. Dult-Scheu in Engelhorns Romanbibliothek. Deutsch von E. Müller-Roter. Verlag von Hüpeden und Merzyn, Berlin. Die Kleinwelt unsrer Väter, deutsch von E, Gagliardiz Die Kleinwelt unsrer
Zeit, deutsch von M, v. Weißenthurn, beide bei Joseph Kösel, Kempten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0153" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299194"/> <fw type="header" place="top"> Antonio Fogazzaro</fw><lb/> <p xml:id="ID_607" prev="#ID_606"> Fogazzaro bedingungslos mit ihnen befreunden konnte. Und so hat er denn,<lb/> sein innerstes Doppelwesen versöhnend, in seinen unter dem Titel ^svönsimü<lb/> mrmr>6 gesammelten ethischen Abhandlungen sowohl als auch insbesondre durch<lb/> das lebendige Beispiel der in seinen Romanen gestalteten Charaktere den<lb/> Menschen eine höhere Auffassung von der Liebe zu geben versucht, die nichts<lb/> herabziehendes, des menschlichen Adels unwürdiges an sich hat. In belletristischer<lb/> Form ethische Werte ins Volk zu tragen, ist also das tiefere Motiv von Fogazzaros<lb/> Schaffen. Ziehn wir nun die angesetzte gegensätzliche Parallele zu d'Annuuzio<lb/> aus: dort ästhetische, hier ethische Kultur. Und die literarische Methode?<lb/> Von Fogazzaro führt eine Linie zurück zum Naturalismus. Auch für ihn ist<lb/> die genaue Lebensbeobachtung die Quelle, aus der er schöpft. Nur daß er den<lb/> seelischen Dingen, den psychologischen Tatsachen besondre Beachtung schenkt, im<lb/> höchsten und wahrsten Sinne also ein Lebensgestalter genannt werden muß.<lb/> Sein erster Roman Naloinor», ein künstlerisch nicht einwandfreies, allzu phan¬<lb/> tastisches Werk, bleibt als die erste Stufe dieses Entwicklungsgangs wichtig.<lb/> Hier kämpft der geistig hochstehende Schriftsteller Cormdo Silla gegen die an<lb/> hysterischer Überreizung kränkende Marina den Kampf um seiue Manneswürde.<lb/> Psychologisch tiefer und menschlich größer ist vainsle Lortis.*) Hier finden<lb/> wir Mann und Weib in derselben hohen geistigen Auffassung von der Liebe<lb/> versöhnt zu gemeinschaftlichem Kampfe gegen die ehebrecherische Versuchung.<lb/> „Schau, sagt Cortis, ich bedarf der Liebe und des Leids um meiner Liebe<lb/> willen. Dann bin ich glücklich, dann fühl ich in mir wie eine Lebensflamme,<lb/> wie einen Gottessegen, ich werde mir bewußt meiner Manneswürde, meiner<lb/> Kraft. . . . Und wenn ich dich liebe, Elena, wie sollte mein höchstes Glück nicht<lb/> ewige Dauer dieser Liebe heißen, Opfer alles dessen, was wir opfern müssen<lb/> heute und immer, nur im Bewußtsein, daß auch du mich liebst, und daß deine<lb/> Liebe ebenso stark, ebenso edel ist wie die meine." Und die biblischen Schlu߬<lb/> worte, in denen Fogazzaros Idealismus erschöpfenden Ausdruck findet und<lb/> mit der Gewalt des brausenden Bergstroms ausruft: „Unvermühlt sind sie<lb/> vereint im Geiste, nicht im Fleisch. So einen sich Gestirne und Planeten in<lb/> ihrem Lichte, so paaren sich Palmen nicht mit der Wurzel, sondern mit der<lb/> Krone!"</p><lb/> <p xml:id="ID_608" next="#ID_609"> Als drittes Buch veröffentlichte Fogazzaro Nistsro nisi xosta,**) den schlichten<lb/> Roman zweier Seele», die das Schicksal auseinanderreißt, als sie sich nach<lb/> langem, analvollem Suchen ebeu gefunden haben. Hier haben wir keine Sinnen¬<lb/> versuchung mehr, die den Geist zum Kampfe herausfordert; hier ist alles Seele,<lb/> leises Ausklingen in Todesschmerz, über den hinaus die Liebe weiterlebt. Die<lb/> drei folgenden Romane sind ein zusammenhängendes Ganze.***) ?iovolo mondo<lb/> antico ist ein Eheroman. In der Kleinwelt eines oberitalienischen Städtchens<lb/> lebt das liebenswürdige junge Paar Franco und Luisa Mciironi. Er ist ein<lb/> Schwärmer für alles Hohe und Schöne, Dichter, Musiker und Patriot zugleich,</p><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> Deutsch von A. Dult-Scheu in Engelhorns Romanbibliothek.</note><lb/> <note xml:id="FID_9" place="foot"> Deutsch von E. Müller-Roter. Verlag von Hüpeden und Merzyn, Berlin.</note><lb/> <note xml:id="FID_10" place="foot"> Die Kleinwelt unsrer Väter, deutsch von E, Gagliardiz Die Kleinwelt unsrer<lb/> Zeit, deutsch von M, v. Weißenthurn, beide bei Joseph Kösel, Kempten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0153]
Antonio Fogazzaro
Fogazzaro bedingungslos mit ihnen befreunden konnte. Und so hat er denn,
sein innerstes Doppelwesen versöhnend, in seinen unter dem Titel ^svönsimü
mrmr>6 gesammelten ethischen Abhandlungen sowohl als auch insbesondre durch
das lebendige Beispiel der in seinen Romanen gestalteten Charaktere den
Menschen eine höhere Auffassung von der Liebe zu geben versucht, die nichts
herabziehendes, des menschlichen Adels unwürdiges an sich hat. In belletristischer
Form ethische Werte ins Volk zu tragen, ist also das tiefere Motiv von Fogazzaros
Schaffen. Ziehn wir nun die angesetzte gegensätzliche Parallele zu d'Annuuzio
aus: dort ästhetische, hier ethische Kultur. Und die literarische Methode?
Von Fogazzaro führt eine Linie zurück zum Naturalismus. Auch für ihn ist
die genaue Lebensbeobachtung die Quelle, aus der er schöpft. Nur daß er den
seelischen Dingen, den psychologischen Tatsachen besondre Beachtung schenkt, im
höchsten und wahrsten Sinne also ein Lebensgestalter genannt werden muß.
Sein erster Roman Naloinor», ein künstlerisch nicht einwandfreies, allzu phan¬
tastisches Werk, bleibt als die erste Stufe dieses Entwicklungsgangs wichtig.
Hier kämpft der geistig hochstehende Schriftsteller Cormdo Silla gegen die an
hysterischer Überreizung kränkende Marina den Kampf um seiue Manneswürde.
Psychologisch tiefer und menschlich größer ist vainsle Lortis.*) Hier finden
wir Mann und Weib in derselben hohen geistigen Auffassung von der Liebe
versöhnt zu gemeinschaftlichem Kampfe gegen die ehebrecherische Versuchung.
„Schau, sagt Cortis, ich bedarf der Liebe und des Leids um meiner Liebe
willen. Dann bin ich glücklich, dann fühl ich in mir wie eine Lebensflamme,
wie einen Gottessegen, ich werde mir bewußt meiner Manneswürde, meiner
Kraft. . . . Und wenn ich dich liebe, Elena, wie sollte mein höchstes Glück nicht
ewige Dauer dieser Liebe heißen, Opfer alles dessen, was wir opfern müssen
heute und immer, nur im Bewußtsein, daß auch du mich liebst, und daß deine
Liebe ebenso stark, ebenso edel ist wie die meine." Und die biblischen Schlu߬
worte, in denen Fogazzaros Idealismus erschöpfenden Ausdruck findet und
mit der Gewalt des brausenden Bergstroms ausruft: „Unvermühlt sind sie
vereint im Geiste, nicht im Fleisch. So einen sich Gestirne und Planeten in
ihrem Lichte, so paaren sich Palmen nicht mit der Wurzel, sondern mit der
Krone!"
Als drittes Buch veröffentlichte Fogazzaro Nistsro nisi xosta,**) den schlichten
Roman zweier Seele», die das Schicksal auseinanderreißt, als sie sich nach
langem, analvollem Suchen ebeu gefunden haben. Hier haben wir keine Sinnen¬
versuchung mehr, die den Geist zum Kampfe herausfordert; hier ist alles Seele,
leises Ausklingen in Todesschmerz, über den hinaus die Liebe weiterlebt. Die
drei folgenden Romane sind ein zusammenhängendes Ganze.***) ?iovolo mondo
antico ist ein Eheroman. In der Kleinwelt eines oberitalienischen Städtchens
lebt das liebenswürdige junge Paar Franco und Luisa Mciironi. Er ist ein
Schwärmer für alles Hohe und Schöne, Dichter, Musiker und Patriot zugleich,
Deutsch von A. Dult-Scheu in Engelhorns Romanbibliothek.
Deutsch von E. Müller-Roter. Verlag von Hüpeden und Merzyn, Berlin.
Die Kleinwelt unsrer Väter, deutsch von E, Gagliardiz Die Kleinwelt unsrer
Zeit, deutsch von M, v. Weißenthurn, beide bei Joseph Kösel, Kempten.
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