Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Anastasius Grün heit kündet dem Dichter seine eindringende Naturbetrachtung. So zum Beispiel Einige dieser Gedichte von 1837 sind ganz volkstümlich geworden, wie zum [Beginn Spaltensatz]
Aufs Meer bin ich gefahren, Zu schwören festen Eid, Beständiges hier inmitten Der Unbeständigkeit! [Spaltenumbruch] Dem Wahren, Rechten, Schönen Zum Banner treu zu stehn! Kann ich zu den Besten nicht klimmen, Doch nie zu den Schlechten zu gehn! [Ende Spaltensatz] Wo edel der Kampf, zu kämpfen, Doch fern, wo Wahnwitz ficht! Und Herz und Mund und Leben Für Freiheit, Recht und Licht! Prächtig sind die fünf Bilder "Aus Gastein," von erhabnen Schwunge der [Beginn Spaltensatz]
O Preis und Ruhm der Wissenschaft! Es gibt der sonst so armen Der Thron selbst heut als Ehrenwacht Dragoner und Gendarmen! [Spaltenumbruch] Fürwahr, wo solche Männer sort Verbanne, landflüchtig reisen, Müßt strafend ihr nicht aus dem Land, Nein, in das Land sie weisen! [Ende Spaltensatz] Wie taucht da der deutsche Jammer wieder empor! -- Als Romantiker Anastasius Grün heit kündet dem Dichter seine eindringende Naturbetrachtung. So zum Beispiel Einige dieser Gedichte von 1837 sind ganz volkstümlich geworden, wie zum [Beginn Spaltensatz]
Aufs Meer bin ich gefahren, Zu schwören festen Eid, Beständiges hier inmitten Der Unbeständigkeit! [Spaltenumbruch] Dem Wahren, Rechten, Schönen Zum Banner treu zu stehn! Kann ich zu den Besten nicht klimmen, Doch nie zu den Schlechten zu gehn! [Ende Spaltensatz] Wo edel der Kampf, zu kämpfen, Doch fern, wo Wahnwitz ficht! Und Herz und Mund und Leben Für Freiheit, Recht und Licht! Prächtig sind die fünf Bilder „Aus Gastein," von erhabnen Schwunge der [Beginn Spaltensatz]
O Preis und Ruhm der Wissenschaft! Es gibt der sonst so armen Der Thron selbst heut als Ehrenwacht Dragoner und Gendarmen! [Spaltenumbruch] Fürwahr, wo solche Männer sort Verbanne, landflüchtig reisen, Müßt strafend ihr nicht aus dem Land, Nein, in das Land sie weisen! [Ende Spaltensatz] Wie taucht da der deutsche Jammer wieder empor! — Als Romantiker <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299185"/> <fw type="header" place="top"> Anastasius Grün</fw><lb/> <p xml:id="ID_577" prev="#ID_576"> heit kündet dem Dichter seine eindringende Naturbetrachtung. So zum Beispiel<lb/> heißt es im „Pfaffen vom Kahlenberg":</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_24" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_578"> Einige dieser Gedichte von 1837 sind ganz volkstümlich geworden, wie zum<lb/> Beispiel „Das Blatt im Buche," „Die Brücke," „Der letzte Dichter," „Die<lb/> Mannestreue," „Der Ring," „Goethes Heimgang" u. a. Anklänge an Heimische<lb/> Art fehlen nicht, zum Beispiel im „Vogclflug im Winter." Am lebhaftesten<lb/> aber schlägt des Dichters Herz immer für das Vaterland, das Recht und die<lb/> Freiheit. Wie edel zum Beispiel ist sein ethisches Glaubensbekenntnis:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_25" type="poem"> <l><cb type="start"/> Aufs Meer bin ich gefahren,<lb/> Zu schwören festen Eid,<lb/> Beständiges hier inmitten<lb/> Der Unbeständigkeit! <cb/> Dem Wahren, Rechten, Schönen<lb/> Zum Banner treu zu stehn!<lb/> Kann ich zu den Besten nicht klimmen,<lb/> Doch nie zu den Schlechten zu gehn! <cb type="end"/><lb/> Wo edel der Kampf, zu kämpfen,<lb/> Doch fern, wo Wahnwitz ficht!<lb/> Und Herz und Mund und Leben<lb/> Für Freiheit, Recht und Licht! </l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_579"> Prächtig sind die fünf Bilder „Aus Gastein," von erhabnen Schwunge der<lb/> „Sturmvogel" aus dem „Romanzero der Vögel." Gedichte wie „Maria<lb/> Grün," „Der alte Komödiant," „Das Musikantendorf," „Lubomirsti" suchen<lb/> ihresgleichen in der gesamten Literatur. Ein herrliches Zeitgedicht widmet der<lb/> Dichter dem großen Jakob Grimm. Darin heißt es:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_26" type="poem"> <l><cb type="start"/> O Preis und Ruhm der Wissenschaft!<lb/> Es gibt der sonst so armen<lb/> Der Thron selbst heut als Ehrenwacht<lb/> Dragoner und Gendarmen! <cb/> Fürwahr, wo solche Männer sort<lb/> Verbanne, landflüchtig reisen,<lb/> Müßt strafend ihr nicht aus dem Land,<lb/> Nein, in das Land sie weisen! <cb type="end"/> </l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_580"> Wie taucht da der deutsche Jammer wieder empor! — Als Romantiker<lb/> ging Anastasius Grün, wenn ihn auch manches mit den Nachkommen der<lb/> eigentlichen Schule verbindet, ganz eigne neue Wege, und gerade darauf be¬<lb/> ruht zum Teil sein Erfolg. Visher hatte sogar der Liberalismus einen<lb/> Unterschied zwischen der Überzeugung des Verstandes und den Neigungen des<lb/> Herzens gemacht. Im hellen Lichte des Tages waren Verstand und Wille<lb/> tätig, aber das Gemüt sehnte sich nach wie vor nach den Schauern der „mond-<lb/> beglünzten Zaubernacht." Ganz anders Anastasius Grün. Er wagte es zuerst,<lb/> die Interessen des modernen Lebens und dessen Gedanken in die Dichtung<lb/> einzuführen und auch im Sonnenschein des Tageslebens die Romantik zu<lb/> suchen. Sogar Eisenbahnen lind Fabriken ging seine Dichtkunst nicht aus dem<lb/> Wege. Seine „Poesie des Dampfes" verherrlicht machtvoll den Menschengeist<lb/> und den Beruf des modernen Dichters.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
Anastasius Grün
heit kündet dem Dichter seine eindringende Naturbetrachtung. So zum Beispiel
heißt es im „Pfaffen vom Kahlenberg":
Einige dieser Gedichte von 1837 sind ganz volkstümlich geworden, wie zum
Beispiel „Das Blatt im Buche," „Die Brücke," „Der letzte Dichter," „Die
Mannestreue," „Der Ring," „Goethes Heimgang" u. a. Anklänge an Heimische
Art fehlen nicht, zum Beispiel im „Vogclflug im Winter." Am lebhaftesten
aber schlägt des Dichters Herz immer für das Vaterland, das Recht und die
Freiheit. Wie edel zum Beispiel ist sein ethisches Glaubensbekenntnis:
Aufs Meer bin ich gefahren,
Zu schwören festen Eid,
Beständiges hier inmitten
Der Unbeständigkeit!
Dem Wahren, Rechten, Schönen
Zum Banner treu zu stehn!
Kann ich zu den Besten nicht klimmen,
Doch nie zu den Schlechten zu gehn!
Wo edel der Kampf, zu kämpfen,
Doch fern, wo Wahnwitz ficht!
Und Herz und Mund und Leben
Für Freiheit, Recht und Licht!
Prächtig sind die fünf Bilder „Aus Gastein," von erhabnen Schwunge der
„Sturmvogel" aus dem „Romanzero der Vögel." Gedichte wie „Maria
Grün," „Der alte Komödiant," „Das Musikantendorf," „Lubomirsti" suchen
ihresgleichen in der gesamten Literatur. Ein herrliches Zeitgedicht widmet der
Dichter dem großen Jakob Grimm. Darin heißt es:
O Preis und Ruhm der Wissenschaft!
Es gibt der sonst so armen
Der Thron selbst heut als Ehrenwacht
Dragoner und Gendarmen!
Fürwahr, wo solche Männer sort
Verbanne, landflüchtig reisen,
Müßt strafend ihr nicht aus dem Land,
Nein, in das Land sie weisen!
Wie taucht da der deutsche Jammer wieder empor! — Als Romantiker
ging Anastasius Grün, wenn ihn auch manches mit den Nachkommen der
eigentlichen Schule verbindet, ganz eigne neue Wege, und gerade darauf be¬
ruht zum Teil sein Erfolg. Visher hatte sogar der Liberalismus einen
Unterschied zwischen der Überzeugung des Verstandes und den Neigungen des
Herzens gemacht. Im hellen Lichte des Tages waren Verstand und Wille
tätig, aber das Gemüt sehnte sich nach wie vor nach den Schauern der „mond-
beglünzten Zaubernacht." Ganz anders Anastasius Grün. Er wagte es zuerst,
die Interessen des modernen Lebens und dessen Gedanken in die Dichtung
einzuführen und auch im Sonnenschein des Tageslebens die Romantik zu
suchen. Sogar Eisenbahnen lind Fabriken ging seine Dichtkunst nicht aus dem
Wege. Seine „Poesie des Dampfes" verherrlicht machtvoll den Menschengeist
und den Beruf des modernen Dichters.
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