Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Die Aussichten der Morogorobahn aussichtslos erscheint, Ansiedler können nach dem Gesagten in größern Mengen Ein Feld ungemein interessanter und belehrender Studien werden die Er¬ Was nun endlich die dritte Existenzmöglichkeit für die Kolonie, den Export Will man einen Massenexport von Produkten ins Auge fassen, um den Die Aussichten der Morogorobahn aussichtslos erscheint, Ansiedler können nach dem Gesagten in größern Mengen Ein Feld ungemein interessanter und belehrender Studien werden die Er¬ Was nun endlich die dritte Existenzmöglichkeit für die Kolonie, den Export Will man einen Massenexport von Produkten ins Auge fassen, um den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0072" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87549"/> <fw type="header" place="top"> Die Aussichten der Morogorobahn</fw><lb/> <p xml:id="ID_268" prev="#ID_267"> aussichtslos erscheint, Ansiedler können nach dem Gesagten in größern Mengen<lb/> in Deutsch-Ostafrika nur, dann aber freilich gut fortkommen, wenn einmal nach<lb/> Entdeckung reicher Minen sehr viele Europäer in die Kolonie kommen sollten.<lb/> In solchem Falle kann man aber schließlich beinahe aus einer Wüste eine<lb/> blühende Kolonie machen; dieser Fall wird also bei Abmessung der Aussichten<lb/> für Deutsch-Ostafrika nicht in Betracht zu ziehn sein. Man muß deshalb, so<lb/> schwer es fallen mag, das Fazit ziehn, daß man eine Hebung der Kolonie durch<lb/> europäische Ansiedler in absehbarer Zeit nicht erwarten darf.</p><lb/> <p xml:id="ID_269"> Ein Feld ungemein interessanter und belehrender Studien werden die Er¬<lb/> fahrungen und das Schicksal einer größern Anzahl von Burenfamilien abgeben,<lb/> die jüngst über Tanga-Korogwe nach der Gegend des Kilimandscharo aufge¬<lb/> brochen sind, um dort auf südafrikanische Weise ihr Leben weiter zu führen.<lb/> Bekannt ist ja, daß der ärmere Bur, im wesentlichen die Feldarbeit und Vieh¬<lb/> zucht ohne fremde Hilfe besorgend und ungemein bedürfnislos, es in Südafrika<lb/> verstanden hat, in verhältnismäßiger Unabhängigkeit von der Küste und von<lb/> europäischen Provenienzen sein Leben zu fristen. Gelingt ihm dies auch in<lb/> Ostafrika trotz der beschränkten Möglichkeit, mit Vieh zu handeln, und der an¬<lb/> nähernden Unmöglichkeit, Korn zu verkaufen, so kann er für die Kolonie großen<lb/> Nutzen stiften durch Heranziehung weiterer Nachschübe seiner Landsleute, und<lb/> wenn auch in bescheidnen Maße, durch Kolonisation des Nordens unsers<lb/> Schutzgebiets, besonders aber auch als erziehendes Vorbild für europäische An¬<lb/> siedler, die vielleicht von ihm die ihnen bisher versagte Kunst lernen könnten,<lb/> im Innern Afrikas bei beschränkten Absatzmöglichkeiten auf eignen Füßen zu<lb/> stehn. Es würden ja auch in diesem Falle fürs erste keine bedeutenden Handels¬<lb/> werte produziert werden, immerhin würde die Kolonisierung von Teilen des<lb/> Hinterlandes durch Europäer, die dann ja denkbar wäre, von unberechenbarem<lb/> Wert für die spätere Zukunft der Kolonie sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_270"> Was nun endlich die dritte Existenzmöglichkeit für die Kolonie, den Export<lb/> von Landesprodukten, anlangt, so muß man zwischen Auflauf und Ausfuhr<lb/> vvrhandner Güter einerseits und der Anregung der Eingebornen zum Anbau<lb/> und dem Handel mit landwirtschaftlichen Produkten andrerseits unterscheiden.<lb/> Der erstgenannte Handel beschränkt sich in der Hauptsache auf den schon jetzt<lb/> recht unbedeutenden und jährlich abnehmenden Auflauf von Elfenbein und<lb/> Kautschuk, auf dessen Steigerung nicht gerechnet werden kann, und daneben auf<lb/> den neuerdings mehr in Aufschwung gekommnen Handel mit Fellen. Wird<lb/> dieser auch noch an Umfang zunehmen und durch die Eisenbahn recht lohnend<lb/> werden, so ist doch von diesem einen immerhin beschränkten Geschäfts¬<lb/> zweig kein allgemeiner Aufschwung des Handels zu erwarten. Das um so<lb/> weniger, als die Viehbestände der Kolonien nicht unerschöpflich sind, und der<lb/> Eingeborne im allgemeinen sein Vieh ungern verkauft und nicht mehr von ihm<lb/> schlachtet, als er nötig braucht. Wildfelle werden immer nur einen kleinen<lb/> Bruchteil der Exportmenge ausmachen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_271" next="#ID_272"> Will man einen Massenexport von Produkten ins Auge fassen, um den<lb/> Handel zu heben, so wird er sich auf die Erträge der Feldarbeit des Negers<lb/> zu richten haben. Die wertvollen dieser Produkte, das sind die ölhaltigen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0072]
Die Aussichten der Morogorobahn
aussichtslos erscheint, Ansiedler können nach dem Gesagten in größern Mengen
in Deutsch-Ostafrika nur, dann aber freilich gut fortkommen, wenn einmal nach
Entdeckung reicher Minen sehr viele Europäer in die Kolonie kommen sollten.
In solchem Falle kann man aber schließlich beinahe aus einer Wüste eine
blühende Kolonie machen; dieser Fall wird also bei Abmessung der Aussichten
für Deutsch-Ostafrika nicht in Betracht zu ziehn sein. Man muß deshalb, so
schwer es fallen mag, das Fazit ziehn, daß man eine Hebung der Kolonie durch
europäische Ansiedler in absehbarer Zeit nicht erwarten darf.
Ein Feld ungemein interessanter und belehrender Studien werden die Er¬
fahrungen und das Schicksal einer größern Anzahl von Burenfamilien abgeben,
die jüngst über Tanga-Korogwe nach der Gegend des Kilimandscharo aufge¬
brochen sind, um dort auf südafrikanische Weise ihr Leben weiter zu führen.
Bekannt ist ja, daß der ärmere Bur, im wesentlichen die Feldarbeit und Vieh¬
zucht ohne fremde Hilfe besorgend und ungemein bedürfnislos, es in Südafrika
verstanden hat, in verhältnismäßiger Unabhängigkeit von der Küste und von
europäischen Provenienzen sein Leben zu fristen. Gelingt ihm dies auch in
Ostafrika trotz der beschränkten Möglichkeit, mit Vieh zu handeln, und der an¬
nähernden Unmöglichkeit, Korn zu verkaufen, so kann er für die Kolonie großen
Nutzen stiften durch Heranziehung weiterer Nachschübe seiner Landsleute, und
wenn auch in bescheidnen Maße, durch Kolonisation des Nordens unsers
Schutzgebiets, besonders aber auch als erziehendes Vorbild für europäische An¬
siedler, die vielleicht von ihm die ihnen bisher versagte Kunst lernen könnten,
im Innern Afrikas bei beschränkten Absatzmöglichkeiten auf eignen Füßen zu
stehn. Es würden ja auch in diesem Falle fürs erste keine bedeutenden Handels¬
werte produziert werden, immerhin würde die Kolonisierung von Teilen des
Hinterlandes durch Europäer, die dann ja denkbar wäre, von unberechenbarem
Wert für die spätere Zukunft der Kolonie sein.
Was nun endlich die dritte Existenzmöglichkeit für die Kolonie, den Export
von Landesprodukten, anlangt, so muß man zwischen Auflauf und Ausfuhr
vvrhandner Güter einerseits und der Anregung der Eingebornen zum Anbau
und dem Handel mit landwirtschaftlichen Produkten andrerseits unterscheiden.
Der erstgenannte Handel beschränkt sich in der Hauptsache auf den schon jetzt
recht unbedeutenden und jährlich abnehmenden Auflauf von Elfenbein und
Kautschuk, auf dessen Steigerung nicht gerechnet werden kann, und daneben auf
den neuerdings mehr in Aufschwung gekommnen Handel mit Fellen. Wird
dieser auch noch an Umfang zunehmen und durch die Eisenbahn recht lohnend
werden, so ist doch von diesem einen immerhin beschränkten Geschäfts¬
zweig kein allgemeiner Aufschwung des Handels zu erwarten. Das um so
weniger, als die Viehbestände der Kolonien nicht unerschöpflich sind, und der
Eingeborne im allgemeinen sein Vieh ungern verkauft und nicht mehr von ihm
schlachtet, als er nötig braucht. Wildfelle werden immer nur einen kleinen
Bruchteil der Exportmenge ausmachen können.
Will man einen Massenexport von Produkten ins Auge fassen, um den
Handel zu heben, so wird er sich auf die Erträge der Feldarbeit des Negers
zu richten haben. Die wertvollen dieser Produkte, das sind die ölhaltigen
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