Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Lin Sommerntt auf den Pik von Teneriffa des Feuergottes, in der sie geschaffen sind, der "Berg der Hölle," der mit Die Schrecken des Pik sind von alters her nicht unbekannt geblieben. So Er hat inzwischen viel von seinen Schrecken verloren, und die Leute wissen Lin Sommerntt auf den Pik von Teneriffa des Feuergottes, in der sie geschaffen sind, der „Berg der Hölle," der mit Die Schrecken des Pik sind von alters her nicht unbekannt geblieben. So Er hat inzwischen viel von seinen Schrecken verloren, und die Leute wissen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0672" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88150"/> <fw type="header" place="top"> Lin Sommerntt auf den Pik von Teneriffa</fw><lb/> <p xml:id="ID_2802" prev="#ID_2801"> des Feuergottes, in der sie geschaffen sind, der „Berg der Hölle," der mit<lb/> seiner Höhe von elftausendvierhundert Fuß, den breitern Teil der Insel Tene¬<lb/> riffa ausfüllend, fast unmittelbar ans dem Meere emporsteigt, wie die schaum-<lb/> geborne Aphrodite, aber nicht lieblich wie sie, sondern furchtbar und mächtig.<lb/> Er muß in vergangnen Zeiten, als er noch Feuer, Lava und Schlacken nach<lb/> allen Seiten auswarf, doppelt furchtbar gewesen sein und wohl einer Hölle ans<lb/> Erden geglichen haben. In unendlicher Höhe stand damals seine Feuersäule<lb/> am Himmel, ähnlich einem Unheil verkündenden Meteor, und beleuchtete bei<lb/> Nacht weithin die Meeresfläche über die Inseln hinweg bis zu dem fernen<lb/> Wüstengestade Afrikas, und lange feurig glänzende oder in Rauch gehüllte<lb/> Lavabänder zogen sich an seinen Flanken herab, sodaß sie bei größern Aus¬<lb/> brüchen sogar die Küstenstüdte Orotava und Jcod erreichten und ihre äußersten<lb/> Vorläufer in Gestalt gewaltiger schwarzer Blöcke bis weit in das zischende<lb/> Meer hinausschleuderten; dort liegen die ungefügen Gesellen noch in der<lb/> Brandung, bald im Schaum verschwindend, bald düster aus ihm auftauchend,<lb/> ein Schrecken der Schiffahrt. Und die großen Ausbrüche folgten oft Schlag<lb/> auf Schlag: in dem stundenbreiten Felsenringe der „Canadas," der den Krater¬<lb/> kegel umgibt, sammelten sich die Massen an, bis sie hier und dort die Fels-<lb/> umwandung durchbrachen und sich unaufhaltsam nach unten in die Kastanien¬<lb/> wälder, Rebenhänge und Palmenhaine ergossen; diese Ausfallstore sind auch<lb/> heute noch deutlich erkennbar und dienen jetzt als Eingangspässe in das eigent¬<lb/> liche Gebiet des Vulkans.</p><lb/> <p xml:id="ID_2803"> Die Schrecken des Pik sind von alters her nicht unbekannt geblieben. So<lb/> berichtet denn schon Plinius, der eine Expedition des Königs Juba vou Maure¬<lb/> tanien beschreibt, daß am äußersten Ende der Welt unbewohnte Eilande auf¬<lb/> gefunden worden seien, deren eins „ganz in Feuer gehüllt" gewesen sei; er<lb/> nennt die Gruppe gleichwohl die „glücklichen Inseln" (insulao torturmws);<lb/> und dieser Name ist ihnen seitdem geblieben, obschon sich ihre Kenntnis ini<lb/> frühern Mittelalter wieder verlor. Genuesische Seefahrer, die zuerst wieder bis<lb/> in die Nähe des Archipels vordrangen, erzählten mit Schaudern, daß sie die<lb/> Insel der Hölle (isoig, ac-11' interno) aufgefunden hätten, und noch Sebastian<lb/> Münster schreibt um 1544 von Teneriffa, daß dort „ein Kegel, wohl 8 oder<lb/> 9 teutscher Meilen hoch, sich hoch in den Himmel aufrichte, auch stäts eine<lb/> Flamme daraus schien, gleichwie aus dem Berg Etna, und mag wol 50 teutscher<lb/> Meilen weit gesehen werden." In den Märchen der Araber an der Westküste<lb/> Afrikas ist von einem bösen Zauberer die Rede, der weit draußen im Welt¬<lb/> meere seine Höllenschmiede hat; und wenn er besonders stark auf den Amboß<lb/> schlägt, um ein Teufelswerk zustande zu bringen, sprühen die Funken so hoch<lb/> auf, daß man sie in dunkler Nacht vom Strande aus über den Wellen leuchten<lb/> sehen kann! Die Ureingebornen der Inseln selbst, die Guanchen, nannten den<lb/> Berg ebenfalls „Hölle" (soKsMö), woraus dann die spanischen Eroberer<lb/> IsMk gemacht haben, und nur als si ?ioo äeä IsMo oder kurzweg si le^as<lb/> (sprich „Te-i-de") ist der Pik auch jetzt noch der Bevölkerung der Inseln<lb/> bekannt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2804" next="#ID_2805"> Er hat inzwischen viel von seinen Schrecken verloren, und die Leute wissen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0672]
Lin Sommerntt auf den Pik von Teneriffa
des Feuergottes, in der sie geschaffen sind, der „Berg der Hölle," der mit
seiner Höhe von elftausendvierhundert Fuß, den breitern Teil der Insel Tene¬
riffa ausfüllend, fast unmittelbar ans dem Meere emporsteigt, wie die schaum-
geborne Aphrodite, aber nicht lieblich wie sie, sondern furchtbar und mächtig.
Er muß in vergangnen Zeiten, als er noch Feuer, Lava und Schlacken nach
allen Seiten auswarf, doppelt furchtbar gewesen sein und wohl einer Hölle ans
Erden geglichen haben. In unendlicher Höhe stand damals seine Feuersäule
am Himmel, ähnlich einem Unheil verkündenden Meteor, und beleuchtete bei
Nacht weithin die Meeresfläche über die Inseln hinweg bis zu dem fernen
Wüstengestade Afrikas, und lange feurig glänzende oder in Rauch gehüllte
Lavabänder zogen sich an seinen Flanken herab, sodaß sie bei größern Aus¬
brüchen sogar die Küstenstüdte Orotava und Jcod erreichten und ihre äußersten
Vorläufer in Gestalt gewaltiger schwarzer Blöcke bis weit in das zischende
Meer hinausschleuderten; dort liegen die ungefügen Gesellen noch in der
Brandung, bald im Schaum verschwindend, bald düster aus ihm auftauchend,
ein Schrecken der Schiffahrt. Und die großen Ausbrüche folgten oft Schlag
auf Schlag: in dem stundenbreiten Felsenringe der „Canadas," der den Krater¬
kegel umgibt, sammelten sich die Massen an, bis sie hier und dort die Fels-
umwandung durchbrachen und sich unaufhaltsam nach unten in die Kastanien¬
wälder, Rebenhänge und Palmenhaine ergossen; diese Ausfallstore sind auch
heute noch deutlich erkennbar und dienen jetzt als Eingangspässe in das eigent¬
liche Gebiet des Vulkans.
Die Schrecken des Pik sind von alters her nicht unbekannt geblieben. So
berichtet denn schon Plinius, der eine Expedition des Königs Juba vou Maure¬
tanien beschreibt, daß am äußersten Ende der Welt unbewohnte Eilande auf¬
gefunden worden seien, deren eins „ganz in Feuer gehüllt" gewesen sei; er
nennt die Gruppe gleichwohl die „glücklichen Inseln" (insulao torturmws);
und dieser Name ist ihnen seitdem geblieben, obschon sich ihre Kenntnis ini
frühern Mittelalter wieder verlor. Genuesische Seefahrer, die zuerst wieder bis
in die Nähe des Archipels vordrangen, erzählten mit Schaudern, daß sie die
Insel der Hölle (isoig, ac-11' interno) aufgefunden hätten, und noch Sebastian
Münster schreibt um 1544 von Teneriffa, daß dort „ein Kegel, wohl 8 oder
9 teutscher Meilen hoch, sich hoch in den Himmel aufrichte, auch stäts eine
Flamme daraus schien, gleichwie aus dem Berg Etna, und mag wol 50 teutscher
Meilen weit gesehen werden." In den Märchen der Araber an der Westküste
Afrikas ist von einem bösen Zauberer die Rede, der weit draußen im Welt¬
meere seine Höllenschmiede hat; und wenn er besonders stark auf den Amboß
schlägt, um ein Teufelswerk zustande zu bringen, sprühen die Funken so hoch
auf, daß man sie in dunkler Nacht vom Strande aus über den Wellen leuchten
sehen kann! Die Ureingebornen der Inseln selbst, die Guanchen, nannten den
Berg ebenfalls „Hölle" (soKsMö), woraus dann die spanischen Eroberer
IsMk gemacht haben, und nur als si ?ioo äeä IsMo oder kurzweg si le^as
(sprich „Te-i-de") ist der Pik auch jetzt noch der Bevölkerung der Inseln
bekannt.
Er hat inzwischen viel von seinen Schrecken verloren, und die Leute wissen
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