Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Im alten Brüssel an bis zum lieben Gott hinauf. Und auf den Zehenspitzen schlich Fintje nach der Sie kroch die dunkle Kellertreppe hinauf und wollte durch die Schenkstube Fintje, komm her! Du kommst mir eben recht! rief es mit gewaltiger Baßstimme Hier, das klebst du mir draußen an die Kellertür, aber hoch, hörst du, höher Wichtig nahm Fintje Zettel und Pinsel und machte sich draußen auf der Ä68 Marollss! Lesen konnte Fintje noch nicht, aber sie wußte genau, was da auf dem Zettel Grenzboten I 190S 7
Im alten Brüssel an bis zum lieben Gott hinauf. Und auf den Zehenspitzen schlich Fintje nach der Sie kroch die dunkle Kellertreppe hinauf und wollte durch die Schenkstube Fintje, komm her! Du kommst mir eben recht! rief es mit gewaltiger Baßstimme Hier, das klebst du mir draußen an die Kellertür, aber hoch, hörst du, höher Wichtig nahm Fintje Zettel und Pinsel und machte sich draußen auf der Ä68 Marollss! Lesen konnte Fintje noch nicht, aber sie wußte genau, was da auf dem Zettel Grenzboten I 190S 7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87534"/> <fw type="header" place="top"> Im alten Brüssel</fw><lb/> <p xml:id="ID_137" prev="#ID_136"> an bis zum lieben Gott hinauf. Und auf den Zehenspitzen schlich Fintje nach der<lb/> Tür, leise wie eine Maus, um ja die Großmutter nicht aufzuwecken. Denn die<lb/> würde sie bei irgendeiner unangenehmen Beschäftigung zurückgehalten haben, und<lb/> Fintje wollte nicht zurückgehalten werden, denn es war Kirmes heute.</p><lb/> <p xml:id="ID_138"> Sie kroch die dunkle Kellertreppe hinauf und wollte durch die Schenkstube<lb/> auf die Straße laufen. Aber hinter dem Schenktisch stand Papa Toone. Sie<lb/> sah ihn zuerst nicht, denn es war dunkel in dem häßlichen Raum, und ein übler<lb/> Dunst von abgestandnem Bier, Spirituosen und altem Tabak lagerte schwer in der<lb/> Luft. Auf den Tischen standen geleerte Gläser und klebrige Bierlachen, und der<lb/> Boden war ekelhaft anzusehen, weil er seit dem vergangnen Abend noch nicht aus¬<lb/> gewaschen worden war. In diesen Raum getraute sich der Morgen nicht hinein,<lb/> es war immer noch Abend hier, sehr später häßlicher Abend. Und bald, in drei,<lb/> vier Stunden, würde es schon wieder Abend hier sein, sehr früher Abend dann.<lb/> Fintje kannte das Wohl. Sie wunderte sich auch nicht über den schnarchenden<lb/> Menschen, der mit dem Oberkörper über einem der Tische lag. Der gehörte noch<lb/> zum späten Abend.</p><lb/> <p xml:id="ID_139"> Fintje, komm her! Du kommst mir eben recht! rief es mit gewaltiger Baßstimme<lb/> hinter dem Schenktisch vor. Da stand Papa Toone mit seinem vergnügten Gesicht<lb/> und hielt einen weißen Zettel in der einen und einen in Kleister getauchten Pinsel<lb/> in der andern Hand.</p><lb/> <p xml:id="ID_140"> Hier, das klebst du mir draußen an die Kellertür, aber hoch, hörst du, höher<lb/> als deine Nase geht, du Knirps!</p><lb/> <p xml:id="ID_141"> Wichtig nahm Fintje Zettel und Pinsel und machte sich draußen auf der<lb/> Straße an die Arbeit. So hoch das kurze, magere Ärmchen reichte, strich sie den<lb/> Kleister auf die altersgeschwärzte Tür, und dann drückte sie den langen Zettel an.</p><lb/> <quote> Ä68 Marollss!<lb/> LI «vir, quklisqu'i formeront 9 Iioures »l ?ort' et'ZIltl tous<lb/> vlivü 1'vvwe<lb/> a> pouclisnsllskslcisr<lb/> S^NDA IZ.D^I^LANI'^.I'ION<lb/> SU 1'd,on!isru7 <z.o 1» Xsrrriösss.<lb/> Or> ponrrs, voir ^ulss Ossa' psrlanr äilrors c^no los xonsos ä'si<lb/> Ah,roIIss vtaisur los x'us bravss as s'n'arrQss.<lb/> LrsddsKosvhven, sotioorslivxs», lutvksl w»ukors, smoutodollsn msrolumät'»,<lb/> »ok<rios>xors, trllitvijvon, asuvsl wkrolumäts, voääsu vu bsousu se los»<lb/> Iss 3.ut,'Sö, otw2 ?s>x» ?vous voir si xrsnä Syst.<lb/> ^.xrös Is rsprsssutAtion on pourra prsnärs snssinols un strsopjs<lb/> se pour Lr>ir on of voir Msssr äavs Is HooMtrsst<lb/> 1'Srs,nÄ?s.xtos<lb/> as tons los trooraoloors o"ol Mräo oiviguo in bsurKor Klosrou n^ni toront<lb/> rav soi-es-vo äikors avso äos votpottou alkrwos xar ?isso?ottolcss.<lb/> VvNltxo tous, o'est xou^ sür am'on V» s'»musor!</quote><lb/> <p xml:id="ID_142" next="#ID_143"> Lesen konnte Fintje noch nicht, aber sie wußte genau, was da auf dem Zettel<lb/> angekündigt wurde. Denn sie selbst hatte ja den wichtigen Vorbereitung»! für die<lb/> Vorstellung im Marionettentheater beigewohnt. Die niedlichen Gliederpuppen lagen<lb/> schon wartend in Reih und Glied in ihrem Kasten, und heute Abend würden sie<lb/> gespreizt über die kleine Bühne stolzieren und mit den dünnen Holzarmen schlägeln<lb/> und bedächtig mit den Köpfen nicken, alles, weil Papa Toone hinter den Kulissen<lb/> an den Drähten zog. Diese Puppen hieß er seine Kinder, und sie gehörten ihm<lb/> alle. Und das ganze Theater gehörte ihm, und der Keller, worin die Zuschauer</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 190S 7</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
Im alten Brüssel
an bis zum lieben Gott hinauf. Und auf den Zehenspitzen schlich Fintje nach der
Tür, leise wie eine Maus, um ja die Großmutter nicht aufzuwecken. Denn die
würde sie bei irgendeiner unangenehmen Beschäftigung zurückgehalten haben, und
Fintje wollte nicht zurückgehalten werden, denn es war Kirmes heute.
Sie kroch die dunkle Kellertreppe hinauf und wollte durch die Schenkstube
auf die Straße laufen. Aber hinter dem Schenktisch stand Papa Toone. Sie
sah ihn zuerst nicht, denn es war dunkel in dem häßlichen Raum, und ein übler
Dunst von abgestandnem Bier, Spirituosen und altem Tabak lagerte schwer in der
Luft. Auf den Tischen standen geleerte Gläser und klebrige Bierlachen, und der
Boden war ekelhaft anzusehen, weil er seit dem vergangnen Abend noch nicht aus¬
gewaschen worden war. In diesen Raum getraute sich der Morgen nicht hinein,
es war immer noch Abend hier, sehr später häßlicher Abend. Und bald, in drei,
vier Stunden, würde es schon wieder Abend hier sein, sehr früher Abend dann.
Fintje kannte das Wohl. Sie wunderte sich auch nicht über den schnarchenden
Menschen, der mit dem Oberkörper über einem der Tische lag. Der gehörte noch
zum späten Abend.
Fintje, komm her! Du kommst mir eben recht! rief es mit gewaltiger Baßstimme
hinter dem Schenktisch vor. Da stand Papa Toone mit seinem vergnügten Gesicht
und hielt einen weißen Zettel in der einen und einen in Kleister getauchten Pinsel
in der andern Hand.
Hier, das klebst du mir draußen an die Kellertür, aber hoch, hörst du, höher
als deine Nase geht, du Knirps!
Wichtig nahm Fintje Zettel und Pinsel und machte sich draußen auf der
Straße an die Arbeit. So hoch das kurze, magere Ärmchen reichte, strich sie den
Kleister auf die altersgeschwärzte Tür, und dann drückte sie den langen Zettel an.
Ä68 Marollss!
LI «vir, quklisqu'i formeront 9 Iioures »l ?ort' et'ZIltl tous
vlivü 1'vvwe
a> pouclisnsllskslcisr
S^NDA IZ.D^I^LANI'^.I'ION
SU 1'd,on!isru7 <z.o 1» Xsrrriösss.
Or> ponrrs, voir ^ulss Ossa' psrlanr äilrors c^no los xonsos ä'si
Ah,roIIss vtaisur los x'us bravss as s'n'arrQss.
LrsddsKosvhven, sotioorslivxs», lutvksl w»ukors, smoutodollsn msrolumät'»,
»ok<rios>xors, trllitvijvon, asuvsl wkrolumäts, voääsu vu bsousu se los»
Iss 3.ut,'Sö, otw2 ?s>x» ?vous voir si xrsnä Syst.
^.xrös Is rsprsssutAtion on pourra prsnärs snssinols un strsopjs
se pour Lr>ir on of voir Msssr äavs Is HooMtrsst
1'Srs,nÄ?s.xtos
as tons los trooraoloors o"ol Mräo oiviguo in bsurKor Klosrou n^ni toront
rav soi-es-vo äikors avso äos votpottou alkrwos xar ?isso?ottolcss.
VvNltxo tous, o'est xou^ sür am'on V» s'»musor!
Lesen konnte Fintje noch nicht, aber sie wußte genau, was da auf dem Zettel
angekündigt wurde. Denn sie selbst hatte ja den wichtigen Vorbereitung»! für die
Vorstellung im Marionettentheater beigewohnt. Die niedlichen Gliederpuppen lagen
schon wartend in Reih und Glied in ihrem Kasten, und heute Abend würden sie
gespreizt über die kleine Bühne stolzieren und mit den dünnen Holzarmen schlägeln
und bedächtig mit den Köpfen nicken, alles, weil Papa Toone hinter den Kulissen
an den Drähten zog. Diese Puppen hieß er seine Kinder, und sie gehörten ihm
alle. Und das ganze Theater gehörte ihm, und der Keller, worin die Zuschauer
Grenzboten I 190S 7
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |