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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Die Lonimatzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz

ihrer sozialen Ordnung, nnr ein Tribut wurde vom deutschen König gefordert.
Daß die deutsche Herrschaft in Daleminzi während der nächsten Jahrzehnte auf
schwachen Füßen stand, beweist allein schon der Unistand, daß aus dieser Zeit weder
eine kirchliche Gründung noch eine Besitzübertragung aus der Lommatzscher Pflege
in den Urkunden vorkommt. Auch "ach der Einrichtung einer wirkliche" Markgraf¬
schaft (um 965) "ut "ach der Gründung des Bistums Meißen (968) blieben die
Verhältnisse zunächst unsicher genug. Noch im Jahre 1093 verwüsteten die pol¬
nischen Scharen des Boleslav Chrobry von Zehren her einbrechend die ganze aufs
beste angebaute Lommatzscher Pflege bis nach Mügeln hin an einem Tage und
machte sie durch Wegführung der Einwohner zur Einöde, das wiederholte sich 1915.
Erst die kraftvolle Regierung Heinrichs des Dritten (1939 bis 1956) schuf einige
Ruhe und Ordnung.

Seit dieser Zeit waren die fetten Äcker der Lommatzscher Pflege ein Gegen¬
stand der Begehrlichkeit für viele, zumal als mit den Ländereien zugleich auch die
darauf seßhaften wÄueivig, oder smuräi, das sind die zu unfreien Grundhörigen
herabgedrückten Sorben, vergeben wurden. Die erste Anwartschaft ans solche von
den deutschen Königen ausgehende Schenkungen hatten die deutsche" Edel", die bei
der Eroberung und der Verteidigung des Landes de" Blutzoll entrichtet hatte",
denn "Krieger forderte die stürmische Zeit, nicht Bauern, wenn nicht wieder ver¬
loren gehn sollte, was kaum in endlosen blutige" Kämpfen gewonnen war." Solche"
erprobten Kriegern wurden von den Königen vor allem die Verwaltungsbezirke
des Wendenlandes, die sogenannten Bnrgwarte, überwiese". Solche waren in der
Lommatzscher Pflege: Alt-Lommatzsch(?), Mügeln, Chören, Zschaitz, Mochau, Schrebitz,
Lenden, Jahna und Zehren. Mit dem Adel konkurriert die Kirche, und zwar nicht
nur die in den Slawendörfer" gegründeten Pfarreien, sondern auch das Bistum
Meißen. Im Jahre 1954 zum Beispiel bestätigt König Heinrich der Vierte die
von seiner Mutter, der Kaiserin Agnes, vollzogne Schenkung von fünfzig Hufen
im Burgwart Schrebitz (südlich von Mügeln) an die Domkirche in Meißen. Damit
erwarb das Stift Meißen ungefähr fünftausend Morgen des besten Bodens mit¬
samt den dnraufwohnenden unfreien Slawe", eine" Besitz, den es festgehalten und
vermehrt hat; denn noch bei der Auflösung des Bistunis zog sich der letzte
Meißner Bischof Johann der Elfte 1581 "ach Schloß Rugetal bei Mügeln zurück
und starb dort 1595. Dazu erwarben auch zahlreiche Klöster in der "Pflege"
Grundbesitz und Einkünfte. Es ist wohl kein bloßer Zufall, daß sich die Abteien
Altzella, Buch bei Leisnig, Sornzig bei Mügeln, Riesa, Seußlitz, das Heiligekreuz¬
kloster bei Meißen und das Afrakloster in Meißen wie ein Ring gerade um die
Lommatzscher Pflege herumlegen, dazu kommt noch das inmitten dieses Gebiets, in
Staucha, gegründete Nonnenkloster, das später ebenfalls an den Rand der Pflege,
nach Döbeln verlegt wurde.

Die Einzelheiten des interessanten Prozesses, wodurch die slawische Umgegend
von Lommatzsch in eine deutsch redende überging, entziehn sich unsrer Kenntnis.
Aber lauge hat es sicherlich gedauert. Noch 1434 mußte im Meißnischen der Ge¬
brauch des Wendischen vor Gericht ausdrücklich verboten werden. Eine wirkliche
Germanisierung der Pflege began" erst im zwölften Jahrhundert mit der Anlegung
deutscher Bauerndörfer, die zur bessern Ausnutzung des Bodens und zur Erhöhung
der Bodenzinsen und -zehnten neben die alten Sorbendörfer oder an ihre Stelle
geschoben wurden. Das war hier schwieriger als anderwärts wegen der schon vor-
handnen dichten slawischen Besiedlung. Und doch wisse" wir aus einigen gut be¬
zeugten Fällen, daß auch hier deutsche Dorfgründungen stattgefunden haben: mit
den dadurch beeinträchtigten slawischen Unfreien machte man nicht viel Umstände.
So hat uns Jahr 1189 ein Ministeriale des Markgrafen Otto, Conrad Spanseil,
"in nach ihm benanntes Conradesdors gegründet, das heutige Churschütz (?) westlich
von Lenden. Auch die benachbarten Dörfer Albertitz, Umlitz, Berntitz und das
östlich von Döbeln liegende Petersberg scheinen die Namen ihrer deutschen Lokatoren


Die Lonimatzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz

ihrer sozialen Ordnung, nnr ein Tribut wurde vom deutschen König gefordert.
Daß die deutsche Herrschaft in Daleminzi während der nächsten Jahrzehnte auf
schwachen Füßen stand, beweist allein schon der Unistand, daß aus dieser Zeit weder
eine kirchliche Gründung noch eine Besitzübertragung aus der Lommatzscher Pflege
in den Urkunden vorkommt. Auch »ach der Einrichtung einer wirkliche» Markgraf¬
schaft (um 965) »ut »ach der Gründung des Bistums Meißen (968) blieben die
Verhältnisse zunächst unsicher genug. Noch im Jahre 1093 verwüsteten die pol¬
nischen Scharen des Boleslav Chrobry von Zehren her einbrechend die ganze aufs
beste angebaute Lommatzscher Pflege bis nach Mügeln hin an einem Tage und
machte sie durch Wegführung der Einwohner zur Einöde, das wiederholte sich 1915.
Erst die kraftvolle Regierung Heinrichs des Dritten (1939 bis 1956) schuf einige
Ruhe und Ordnung.

Seit dieser Zeit waren die fetten Äcker der Lommatzscher Pflege ein Gegen¬
stand der Begehrlichkeit für viele, zumal als mit den Ländereien zugleich auch die
darauf seßhaften wÄueivig, oder smuräi, das sind die zu unfreien Grundhörigen
herabgedrückten Sorben, vergeben wurden. Die erste Anwartschaft ans solche von
den deutschen Königen ausgehende Schenkungen hatten die deutsche» Edel», die bei
der Eroberung und der Verteidigung des Landes de» Blutzoll entrichtet hatte»,
denn „Krieger forderte die stürmische Zeit, nicht Bauern, wenn nicht wieder ver¬
loren gehn sollte, was kaum in endlosen blutige» Kämpfen gewonnen war." Solche»
erprobten Kriegern wurden von den Königen vor allem die Verwaltungsbezirke
des Wendenlandes, die sogenannten Bnrgwarte, überwiese». Solche waren in der
Lommatzscher Pflege: Alt-Lommatzsch(?), Mügeln, Chören, Zschaitz, Mochau, Schrebitz,
Lenden, Jahna und Zehren. Mit dem Adel konkurriert die Kirche, und zwar nicht
nur die in den Slawendörfer» gegründeten Pfarreien, sondern auch das Bistum
Meißen. Im Jahre 1954 zum Beispiel bestätigt König Heinrich der Vierte die
von seiner Mutter, der Kaiserin Agnes, vollzogne Schenkung von fünfzig Hufen
im Burgwart Schrebitz (südlich von Mügeln) an die Domkirche in Meißen. Damit
erwarb das Stift Meißen ungefähr fünftausend Morgen des besten Bodens mit¬
samt den dnraufwohnenden unfreien Slawe», eine» Besitz, den es festgehalten und
vermehrt hat; denn noch bei der Auflösung des Bistunis zog sich der letzte
Meißner Bischof Johann der Elfte 1581 »ach Schloß Rugetal bei Mügeln zurück
und starb dort 1595. Dazu erwarben auch zahlreiche Klöster in der „Pflege"
Grundbesitz und Einkünfte. Es ist wohl kein bloßer Zufall, daß sich die Abteien
Altzella, Buch bei Leisnig, Sornzig bei Mügeln, Riesa, Seußlitz, das Heiligekreuz¬
kloster bei Meißen und das Afrakloster in Meißen wie ein Ring gerade um die
Lommatzscher Pflege herumlegen, dazu kommt noch das inmitten dieses Gebiets, in
Staucha, gegründete Nonnenkloster, das später ebenfalls an den Rand der Pflege,
nach Döbeln verlegt wurde.

Die Einzelheiten des interessanten Prozesses, wodurch die slawische Umgegend
von Lommatzsch in eine deutsch redende überging, entziehn sich unsrer Kenntnis.
Aber lauge hat es sicherlich gedauert. Noch 1434 mußte im Meißnischen der Ge¬
brauch des Wendischen vor Gericht ausdrücklich verboten werden. Eine wirkliche
Germanisierung der Pflege began» erst im zwölften Jahrhundert mit der Anlegung
deutscher Bauerndörfer, die zur bessern Ausnutzung des Bodens und zur Erhöhung
der Bodenzinsen und -zehnten neben die alten Sorbendörfer oder an ihre Stelle
geschoben wurden. Das war hier schwieriger als anderwärts wegen der schon vor-
handnen dichten slawischen Besiedlung. Und doch wisse» wir aus einigen gut be¬
zeugten Fällen, daß auch hier deutsche Dorfgründungen stattgefunden haben: mit
den dadurch beeinträchtigten slawischen Unfreien machte man nicht viel Umstände.
So hat uns Jahr 1189 ein Ministeriale des Markgrafen Otto, Conrad Spanseil,
«in nach ihm benanntes Conradesdors gegründet, das heutige Churschütz (?) westlich
von Lenden. Auch die benachbarten Dörfer Albertitz, Umlitz, Berntitz und das
östlich von Döbeln liegende Petersberg scheinen die Namen ihrer deutschen Lokatoren


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[0565] Die Lonimatzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz ihrer sozialen Ordnung, nnr ein Tribut wurde vom deutschen König gefordert. Daß die deutsche Herrschaft in Daleminzi während der nächsten Jahrzehnte auf schwachen Füßen stand, beweist allein schon der Unistand, daß aus dieser Zeit weder eine kirchliche Gründung noch eine Besitzübertragung aus der Lommatzscher Pflege in den Urkunden vorkommt. Auch »ach der Einrichtung einer wirkliche» Markgraf¬ schaft (um 965) »ut »ach der Gründung des Bistums Meißen (968) blieben die Verhältnisse zunächst unsicher genug. Noch im Jahre 1093 verwüsteten die pol¬ nischen Scharen des Boleslav Chrobry von Zehren her einbrechend die ganze aufs beste angebaute Lommatzscher Pflege bis nach Mügeln hin an einem Tage und machte sie durch Wegführung der Einwohner zur Einöde, das wiederholte sich 1915. Erst die kraftvolle Regierung Heinrichs des Dritten (1939 bis 1956) schuf einige Ruhe und Ordnung. Seit dieser Zeit waren die fetten Äcker der Lommatzscher Pflege ein Gegen¬ stand der Begehrlichkeit für viele, zumal als mit den Ländereien zugleich auch die darauf seßhaften wÄueivig, oder smuräi, das sind die zu unfreien Grundhörigen herabgedrückten Sorben, vergeben wurden. Die erste Anwartschaft ans solche von den deutschen Königen ausgehende Schenkungen hatten die deutsche» Edel», die bei der Eroberung und der Verteidigung des Landes de» Blutzoll entrichtet hatte», denn „Krieger forderte die stürmische Zeit, nicht Bauern, wenn nicht wieder ver¬ loren gehn sollte, was kaum in endlosen blutige» Kämpfen gewonnen war." Solche» erprobten Kriegern wurden von den Königen vor allem die Verwaltungsbezirke des Wendenlandes, die sogenannten Bnrgwarte, überwiese». Solche waren in der Lommatzscher Pflege: Alt-Lommatzsch(?), Mügeln, Chören, Zschaitz, Mochau, Schrebitz, Lenden, Jahna und Zehren. Mit dem Adel konkurriert die Kirche, und zwar nicht nur die in den Slawendörfer» gegründeten Pfarreien, sondern auch das Bistum Meißen. Im Jahre 1954 zum Beispiel bestätigt König Heinrich der Vierte die von seiner Mutter, der Kaiserin Agnes, vollzogne Schenkung von fünfzig Hufen im Burgwart Schrebitz (südlich von Mügeln) an die Domkirche in Meißen. Damit erwarb das Stift Meißen ungefähr fünftausend Morgen des besten Bodens mit¬ samt den dnraufwohnenden unfreien Slawe», eine» Besitz, den es festgehalten und vermehrt hat; denn noch bei der Auflösung des Bistunis zog sich der letzte Meißner Bischof Johann der Elfte 1581 »ach Schloß Rugetal bei Mügeln zurück und starb dort 1595. Dazu erwarben auch zahlreiche Klöster in der „Pflege" Grundbesitz und Einkünfte. Es ist wohl kein bloßer Zufall, daß sich die Abteien Altzella, Buch bei Leisnig, Sornzig bei Mügeln, Riesa, Seußlitz, das Heiligekreuz¬ kloster bei Meißen und das Afrakloster in Meißen wie ein Ring gerade um die Lommatzscher Pflege herumlegen, dazu kommt noch das inmitten dieses Gebiets, in Staucha, gegründete Nonnenkloster, das später ebenfalls an den Rand der Pflege, nach Döbeln verlegt wurde. Die Einzelheiten des interessanten Prozesses, wodurch die slawische Umgegend von Lommatzsch in eine deutsch redende überging, entziehn sich unsrer Kenntnis. Aber lauge hat es sicherlich gedauert. Noch 1434 mußte im Meißnischen der Ge¬ brauch des Wendischen vor Gericht ausdrücklich verboten werden. Eine wirkliche Germanisierung der Pflege began» erst im zwölften Jahrhundert mit der Anlegung deutscher Bauerndörfer, die zur bessern Ausnutzung des Bodens und zur Erhöhung der Bodenzinsen und -zehnten neben die alten Sorbendörfer oder an ihre Stelle geschoben wurden. Das war hier schwieriger als anderwärts wegen der schon vor- handnen dichten slawischen Besiedlung. Und doch wisse» wir aus einigen gut be¬ zeugten Fällen, daß auch hier deutsche Dorfgründungen stattgefunden haben: mit den dadurch beeinträchtigten slawischen Unfreien machte man nicht viel Umstände. So hat uns Jahr 1189 ein Ministeriale des Markgrafen Otto, Conrad Spanseil, «in nach ihm benanntes Conradesdors gegründet, das heutige Churschütz (?) westlich von Lenden. Auch die benachbarten Dörfer Albertitz, Umlitz, Berntitz und das östlich von Döbeln liegende Petersberg scheinen die Namen ihrer deutschen Lokatoren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/565>, abgerufen am 23.07.2024.