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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Im alten Brüssel

Wenn Ovale oder die Großmutter wüßten, daß sie mit dem Gedanken um¬
geht, Jan zu warnen, wie wurden sie entrüstet sein. Es ist wohl auch töricht
von ihr. Aber ihr Herz empört sich dagegen, gemütsruhig zuzusehen, wie Jan
ungewarnt in die klüglich gestellte Falle geht. Aber im Zwiespalt mit ihrer
Herzensregung klagt ihr Gewissen: Er wird später viele Arme verraten, er gehört
zu den Reichen und zu denen vom Gericht, die die Großmutter haßt, zu denen,
die Mieter unbarmherzig gerichtet haben!

Zornig wallt es bei diesem Gedanken in ihr auf. Verächtliche Blicke schießen
ihre Augen auf den ahnungslosen Schläfer. Nein, sie wird ihn der Rache über¬
lassen!

Sie kam geräuschlos hinter demi Schenktische vorgeschlichen, um sich ihn ganz
aus der Nähe anzusehen, den erbärmlichen Spion, den Reichen! Er schlief fest.
Eine Hand lag ausgestreckt auf der Tischplatte. Sie war schmal, an den schlanken
Fingern glänzte kein Ring, doch mußte sich Fintje vorstellen, wie gut sich an dieser
feinen Herrenhand ein kostbarer Ring ausnehmen würde.

Ein Mossieu! So aus nächster Nähe hatte sie noch keinen Mossieu ange¬
schaut. Und es war doch Jan, der Jan, den sie gut kannte, der immer freund¬
lich wie mit einer jüngern Schwester mit ihr umgegangen war, der sie nie ver¬
letzt, nie ihren Stolz oder ihr Zartgefühl beleidigt hatte. Dieses vornehme, feinfühlige
Wesen hatte ihr so sehr an ihm gefallen. Kein Wunder, da er ein richtiger Herr
war! Unbewußt hatte sie das wohl herausgefühlt, er ist ihr immer anders als
die übrigen Burschen und Männer ihrer Bekanntschaft erschienen. Sie hat größeres
Vertrauen zu ihm gehabt. Sie hat sich bemüht, leiser und feiner zu reden, hä߬
liche Worte zu umgehn, sie ist stiller und ruhiger geworden, besser ist sie geworden
in Jans Gegenwart. Ach, wundersam hat sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, sie,
die armselige Kellerratte, zu dem vornehmen Herrn.

Sie liebte ja alles, was schön und vornehm und unerreichbar war, sie streckte
die Hände begehrlich aus nach allem, was da leuchtete und glänzte und süßen Duft
hatte. Aber das alles war nicht für sie, sagte die Großmutter. Sie hatte auf
nichts ein Recht im Leben. Sie war nur ein armes kleines Mädchen, und der
da vor ihr war ein vornehmer Herr -- aber morgen um diese Zeit sollte er tot
in seinem Blute liegeu. Der Gedanke machte sie erschauern. Sie brauchte ja nnr
ein Wort zu sagen, um ihn zu retten. Aber das durfte sie nicht, denn das wäre
einem Verrat an den Armen gleichgekommen, einem Verrat an Mieter! Nein, sie
durfte nicht. Morgen mußte er Gericht über sich ergehn lassen, und sie würde kalt
dabeistehn, denn: Mädchen müssen Herzen haben wie Stein, sagte die Großmutter.

Wie magnetisch angezogen hob sich ihre Hand, um mit einer mütterlichen
Liebkosung sacht über den blonden Kopf des Schläfers zu streichen. Alles Blut
flutete ihr zum Herzen, wie ihre zaghaften Finger sein Haar berührten. Sie
beugte sich tiefer auf den Schläfer hinab. Die Versuchung wurde immer größer.
Nur einen leisen Kuß auf das Haar! Den vornehmen Herrn einmal küssen in
ihrem Leben -- er schlief und merkte es nicht, und morgen war er tot!

Die sehnsüchtigen Mädchenlippen preßten sich schon in das Haar, und damit
verließ auch die letzte Widerstandskraft das leidenschaftliche junge Geschöpf. Wild
aufschluchzend sank sie neben ihm in die Kniee, die heiße Wange um seine Schulter
lehnend.

Jan!

Er richtete sich auf und starrte ihr einen Augenblick verwirrten Auges in das
glühende Gesicht.

Fintje?

Nun brach es alles in überstürzter Rede hervor. Daß Ovale herausbekommen
habe, wer er sei, und ihn morgen der gerechten Wut der Marolliens, die keinen
Mossieu, geschweige denn einen gerichtlichen Spion in ihrer Mitte duldeten, über¬
liefern wolle.


Im alten Brüssel

Wenn Ovale oder die Großmutter wüßten, daß sie mit dem Gedanken um¬
geht, Jan zu warnen, wie wurden sie entrüstet sein. Es ist wohl auch töricht
von ihr. Aber ihr Herz empört sich dagegen, gemütsruhig zuzusehen, wie Jan
ungewarnt in die klüglich gestellte Falle geht. Aber im Zwiespalt mit ihrer
Herzensregung klagt ihr Gewissen: Er wird später viele Arme verraten, er gehört
zu den Reichen und zu denen vom Gericht, die die Großmutter haßt, zu denen,
die Mieter unbarmherzig gerichtet haben!

Zornig wallt es bei diesem Gedanken in ihr auf. Verächtliche Blicke schießen
ihre Augen auf den ahnungslosen Schläfer. Nein, sie wird ihn der Rache über¬
lassen!

Sie kam geräuschlos hinter demi Schenktische vorgeschlichen, um sich ihn ganz
aus der Nähe anzusehen, den erbärmlichen Spion, den Reichen! Er schlief fest.
Eine Hand lag ausgestreckt auf der Tischplatte. Sie war schmal, an den schlanken
Fingern glänzte kein Ring, doch mußte sich Fintje vorstellen, wie gut sich an dieser
feinen Herrenhand ein kostbarer Ring ausnehmen würde.

Ein Mossieu! So aus nächster Nähe hatte sie noch keinen Mossieu ange¬
schaut. Und es war doch Jan, der Jan, den sie gut kannte, der immer freund¬
lich wie mit einer jüngern Schwester mit ihr umgegangen war, der sie nie ver¬
letzt, nie ihren Stolz oder ihr Zartgefühl beleidigt hatte. Dieses vornehme, feinfühlige
Wesen hatte ihr so sehr an ihm gefallen. Kein Wunder, da er ein richtiger Herr
war! Unbewußt hatte sie das wohl herausgefühlt, er ist ihr immer anders als
die übrigen Burschen und Männer ihrer Bekanntschaft erschienen. Sie hat größeres
Vertrauen zu ihm gehabt. Sie hat sich bemüht, leiser und feiner zu reden, hä߬
liche Worte zu umgehn, sie ist stiller und ruhiger geworden, besser ist sie geworden
in Jans Gegenwart. Ach, wundersam hat sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, sie,
die armselige Kellerratte, zu dem vornehmen Herrn.

Sie liebte ja alles, was schön und vornehm und unerreichbar war, sie streckte
die Hände begehrlich aus nach allem, was da leuchtete und glänzte und süßen Duft
hatte. Aber das alles war nicht für sie, sagte die Großmutter. Sie hatte auf
nichts ein Recht im Leben. Sie war nur ein armes kleines Mädchen, und der
da vor ihr war ein vornehmer Herr — aber morgen um diese Zeit sollte er tot
in seinem Blute liegeu. Der Gedanke machte sie erschauern. Sie brauchte ja nnr
ein Wort zu sagen, um ihn zu retten. Aber das durfte sie nicht, denn das wäre
einem Verrat an den Armen gleichgekommen, einem Verrat an Mieter! Nein, sie
durfte nicht. Morgen mußte er Gericht über sich ergehn lassen, und sie würde kalt
dabeistehn, denn: Mädchen müssen Herzen haben wie Stein, sagte die Großmutter.

Wie magnetisch angezogen hob sich ihre Hand, um mit einer mütterlichen
Liebkosung sacht über den blonden Kopf des Schläfers zu streichen. Alles Blut
flutete ihr zum Herzen, wie ihre zaghaften Finger sein Haar berührten. Sie
beugte sich tiefer auf den Schläfer hinab. Die Versuchung wurde immer größer.
Nur einen leisen Kuß auf das Haar! Den vornehmen Herrn einmal küssen in
ihrem Leben — er schlief und merkte es nicht, und morgen war er tot!

Die sehnsüchtigen Mädchenlippen preßten sich schon in das Haar, und damit
verließ auch die letzte Widerstandskraft das leidenschaftliche junge Geschöpf. Wild
aufschluchzend sank sie neben ihm in die Kniee, die heiße Wange um seine Schulter
lehnend.

Jan!

Er richtete sich auf und starrte ihr einen Augenblick verwirrten Auges in das
glühende Gesicht.

Fintje?

Nun brach es alles in überstürzter Rede hervor. Daß Ovale herausbekommen
habe, wer er sei, und ihn morgen der gerechten Wut der Marolliens, die keinen
Mossieu, geschweige denn einen gerichtlichen Spion in ihrer Mitte duldeten, über¬
liefern wolle.


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[0243] Im alten Brüssel Wenn Ovale oder die Großmutter wüßten, daß sie mit dem Gedanken um¬ geht, Jan zu warnen, wie wurden sie entrüstet sein. Es ist wohl auch töricht von ihr. Aber ihr Herz empört sich dagegen, gemütsruhig zuzusehen, wie Jan ungewarnt in die klüglich gestellte Falle geht. Aber im Zwiespalt mit ihrer Herzensregung klagt ihr Gewissen: Er wird später viele Arme verraten, er gehört zu den Reichen und zu denen vom Gericht, die die Großmutter haßt, zu denen, die Mieter unbarmherzig gerichtet haben! Zornig wallt es bei diesem Gedanken in ihr auf. Verächtliche Blicke schießen ihre Augen auf den ahnungslosen Schläfer. Nein, sie wird ihn der Rache über¬ lassen! Sie kam geräuschlos hinter demi Schenktische vorgeschlichen, um sich ihn ganz aus der Nähe anzusehen, den erbärmlichen Spion, den Reichen! Er schlief fest. Eine Hand lag ausgestreckt auf der Tischplatte. Sie war schmal, an den schlanken Fingern glänzte kein Ring, doch mußte sich Fintje vorstellen, wie gut sich an dieser feinen Herrenhand ein kostbarer Ring ausnehmen würde. Ein Mossieu! So aus nächster Nähe hatte sie noch keinen Mossieu ange¬ schaut. Und es war doch Jan, der Jan, den sie gut kannte, der immer freund¬ lich wie mit einer jüngern Schwester mit ihr umgegangen war, der sie nie ver¬ letzt, nie ihren Stolz oder ihr Zartgefühl beleidigt hatte. Dieses vornehme, feinfühlige Wesen hatte ihr so sehr an ihm gefallen. Kein Wunder, da er ein richtiger Herr war! Unbewußt hatte sie das wohl herausgefühlt, er ist ihr immer anders als die übrigen Burschen und Männer ihrer Bekanntschaft erschienen. Sie hat größeres Vertrauen zu ihm gehabt. Sie hat sich bemüht, leiser und feiner zu reden, hä߬ liche Worte zu umgehn, sie ist stiller und ruhiger geworden, besser ist sie geworden in Jans Gegenwart. Ach, wundersam hat sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, sie, die armselige Kellerratte, zu dem vornehmen Herrn. Sie liebte ja alles, was schön und vornehm und unerreichbar war, sie streckte die Hände begehrlich aus nach allem, was da leuchtete und glänzte und süßen Duft hatte. Aber das alles war nicht für sie, sagte die Großmutter. Sie hatte auf nichts ein Recht im Leben. Sie war nur ein armes kleines Mädchen, und der da vor ihr war ein vornehmer Herr — aber morgen um diese Zeit sollte er tot in seinem Blute liegeu. Der Gedanke machte sie erschauern. Sie brauchte ja nnr ein Wort zu sagen, um ihn zu retten. Aber das durfte sie nicht, denn das wäre einem Verrat an den Armen gleichgekommen, einem Verrat an Mieter! Nein, sie durfte nicht. Morgen mußte er Gericht über sich ergehn lassen, und sie würde kalt dabeistehn, denn: Mädchen müssen Herzen haben wie Stein, sagte die Großmutter. Wie magnetisch angezogen hob sich ihre Hand, um mit einer mütterlichen Liebkosung sacht über den blonden Kopf des Schläfers zu streichen. Alles Blut flutete ihr zum Herzen, wie ihre zaghaften Finger sein Haar berührten. Sie beugte sich tiefer auf den Schläfer hinab. Die Versuchung wurde immer größer. Nur einen leisen Kuß auf das Haar! Den vornehmen Herrn einmal küssen in ihrem Leben — er schlief und merkte es nicht, und morgen war er tot! Die sehnsüchtigen Mädchenlippen preßten sich schon in das Haar, und damit verließ auch die letzte Widerstandskraft das leidenschaftliche junge Geschöpf. Wild aufschluchzend sank sie neben ihm in die Kniee, die heiße Wange um seine Schulter lehnend. Jan! Er richtete sich auf und starrte ihr einen Augenblick verwirrten Auges in das glühende Gesicht. Fintje? Nun brach es alles in überstürzter Rede hervor. Daß Ovale herausbekommen habe, wer er sei, und ihn morgen der gerechten Wut der Marolliens, die keinen Mossieu, geschweige denn einen gerichtlichen Spion in ihrer Mitte duldeten, über¬ liefern wolle.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/243>, abgerufen am 23.07.2024.