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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Kredit

halten keine andern Preise als der kleine Detaillist, wenn der Fabrikant nicht
auf jede andre Kundschaft verzichten will. In Ländern, die auf einer niedrigem
Kulturstufe als Deutschland stehn, gibt es Kaufleute, die diese durch unsre wirt¬
schaftliche Entwicklung notwendig gewordnen Zwischenhändler umgehn wollen,
weil sie in ihrem eignen Lande nicht vorhanden sind, und weil sie billiger
beim Produzenten einzukaufen hoffen. Abgesehen davon, daß solchen Aus¬
ländern gewöhnlich die Kapitalkraft fehlt, daß sie den Exporteur, der dem
Fabrikanten Barzahlung leistet, umgehn könnten, wird der Lieferant doch zu
demselben Preise verkaufen, da er mit allen seinen Agenten das Abkommen
getroffen hat, ihnen von allen Aufträgen in ihrem Vertretungsbezirk die
Provision zukommen zu lassen.

Ebenso wie die Arbeit verteilt sich das Kreditrisiko auf die einzelnen
Stufen der Organisation unsers Wirtschaftslebens. Der Importeur verkauft
meist gegen Barzahlung, sodaß der erste Kreditgeber der Großhändler ist, der
dem Fabrikanten Rohstoffe liefert. Großindustrielle, die bedeutende Mengen
von Rohstoffen verbrauchen, treten jedoch mit dem Importeur direkt in Ver¬
bindung. Dieser gewährt dem Fabrikanten oft lange Kredite und läßt sie
manchmal bis zu einem vereinbarten Betrag in dem Unternehmen stehn, um
sich einen dauernden Abnehmer zu sichern. Bei der Fabrikation von Waren,
die aus ostasiatischen und aus nordamerikanischen Rohstoffen hergestellt werden,
kommt es auch vor, daß der Fabrikant durch Vermittlung eines überseeischen
Kommissionärs beim Produzenten direkt einkauft; die Regulierung erfolgt in
solchen Füllen durch Banken, die die Barzahlung übernehmen und dem Käufer
ihrerseits einen Dreimonatskredit geben.

Der Produzent von Rohstoffen und Nahrungsmitteln ist selten Kredit¬
geber. An seine Stelle tritt als solcher meist der Händler, der oft Vorschüsse
auf die zukünftige Ernte gibt, da die Landwirte fast immer geldbedürftig find.
Sie können gewöhnlich keinen Kredit geben, nehmen aber selbst oft ein zwölf¬
monatiges Ziel in Anspruch. Im überseeischen Land- und Plantagenbau sind
dieselben Verhältnisse wie in der deutschen Landwirtschaft; schon manches
Hamburger oder Londoner Handelshaus ist infolge des Konkurses eines
Plantagenbesitzers, dem es Vorschüsse gegeben hatte, in den Besitz einer
amerikanischen oder afrikanischen Plantage gekommen. Aus diesem Grunde
haben die preußischen Kornhausgenossenschaften keinen leichten Stand; sie sind
nicht genügend fundiert, daß sie Ernten bevorschussen könnten, und können
höchstens die bei ihnen lagernde Ware mit Hilfe von Bankiers lombardieren.
Der geldbedürftige Landwirt muß sich deshalb immer wieder an den kapital¬
kräftigen Händler wenden f°l°" .




Kredit

halten keine andern Preise als der kleine Detaillist, wenn der Fabrikant nicht
auf jede andre Kundschaft verzichten will. In Ländern, die auf einer niedrigem
Kulturstufe als Deutschland stehn, gibt es Kaufleute, die diese durch unsre wirt¬
schaftliche Entwicklung notwendig gewordnen Zwischenhändler umgehn wollen,
weil sie in ihrem eignen Lande nicht vorhanden sind, und weil sie billiger
beim Produzenten einzukaufen hoffen. Abgesehen davon, daß solchen Aus¬
ländern gewöhnlich die Kapitalkraft fehlt, daß sie den Exporteur, der dem
Fabrikanten Barzahlung leistet, umgehn könnten, wird der Lieferant doch zu
demselben Preise verkaufen, da er mit allen seinen Agenten das Abkommen
getroffen hat, ihnen von allen Aufträgen in ihrem Vertretungsbezirk die
Provision zukommen zu lassen.

Ebenso wie die Arbeit verteilt sich das Kreditrisiko auf die einzelnen
Stufen der Organisation unsers Wirtschaftslebens. Der Importeur verkauft
meist gegen Barzahlung, sodaß der erste Kreditgeber der Großhändler ist, der
dem Fabrikanten Rohstoffe liefert. Großindustrielle, die bedeutende Mengen
von Rohstoffen verbrauchen, treten jedoch mit dem Importeur direkt in Ver¬
bindung. Dieser gewährt dem Fabrikanten oft lange Kredite und läßt sie
manchmal bis zu einem vereinbarten Betrag in dem Unternehmen stehn, um
sich einen dauernden Abnehmer zu sichern. Bei der Fabrikation von Waren,
die aus ostasiatischen und aus nordamerikanischen Rohstoffen hergestellt werden,
kommt es auch vor, daß der Fabrikant durch Vermittlung eines überseeischen
Kommissionärs beim Produzenten direkt einkauft; die Regulierung erfolgt in
solchen Füllen durch Banken, die die Barzahlung übernehmen und dem Käufer
ihrerseits einen Dreimonatskredit geben.

Der Produzent von Rohstoffen und Nahrungsmitteln ist selten Kredit¬
geber. An seine Stelle tritt als solcher meist der Händler, der oft Vorschüsse
auf die zukünftige Ernte gibt, da die Landwirte fast immer geldbedürftig find.
Sie können gewöhnlich keinen Kredit geben, nehmen aber selbst oft ein zwölf¬
monatiges Ziel in Anspruch. Im überseeischen Land- und Plantagenbau sind
dieselben Verhältnisse wie in der deutschen Landwirtschaft; schon manches
Hamburger oder Londoner Handelshaus ist infolge des Konkurses eines
Plantagenbesitzers, dem es Vorschüsse gegeben hatte, in den Besitz einer
amerikanischen oder afrikanischen Plantage gekommen. Aus diesem Grunde
haben die preußischen Kornhausgenossenschaften keinen leichten Stand; sie sind
nicht genügend fundiert, daß sie Ernten bevorschussen könnten, und können
höchstens die bei ihnen lagernde Ware mit Hilfe von Bankiers lombardieren.
Der geldbedürftige Landwirt muß sich deshalb immer wieder an den kapital¬
kräftigen Händler wenden f°l°» .




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/198>, abgerufen am 22.12.2024.