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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Im alten Brüssel

Der Knabe hinter dem Tisch legte seine Arbeit nieder, seine blaßblauen
Augen glühten. Doch, doch, sagte er, mich kümmerts. Wenn ich meine Stücke
schreibe, sollen sie in der alten Zeit spielen, ehe der Justizpalast stand, als die
Herzogin von Arenberg und die Grafen von Merode noch zwischen uns wohnten,
und alle Leute sollen da hören, wie es damals so anders war bei den Marvlles,
so ganz anders, so viel schöner!

Die Hexe schüttelte den Kopf, als gebe sie wenig auf die Versprechungen des
Knaben. Sie hockte etwas abseits vom Tisch auf dem dreibeinigen Schemel. Der
Schirm der Lampe warf einen grünen Schein auf ihr grotesk häßliches Gesicht,
aus dem die rotumränderten Augen scheel und böse schauten. So bot sie einen
Anblick dar, der wohl geeignet war, abergläubische Hexenfurcht wachzurufen, die
beiden Kinder aber waren längst an ihre abstoßende Häßlichkeit und an ihre
sibyllenhafte Art des Erzählens gewöhnt.

Weiter, Großmutter, das war der Justizpalast, aber nun von dir und den
kleinen Schwestern! Von dir selber, Großmutter, wie du noch jung warst!

Nun lachte die Alte aus heiserer Kehle, indem sie den Oberkörper dazu wie
im Schmerz hin und her wiegte.

Wie ich jung war! Jawohl, jung bin ich gewesen! Und Eltern habe ich
gehabt. Einen Vater! Und was für einen Vater! Und eine Mutter. Ja. Ver¬
dauen und mißhandelt hat er sie, jedesmal wenn er besoffen heimkam, und besoffen
kam er immer heim. Mich schlug und stieß er auch, nur die zwei Kleinen nicht,
denn die steckten wir weg, wenn wir ihn kommen hörten, Mutter und ich. Ich
war die Älteste. Mutter war ein schwaches Weib. Eines Nachts ist sie weg¬
gestorben, verlöscht wie ein Licht. Ich war die Älteste, zwölf Jahre war ich alt;
ich habe die zwei Kleinen an der Hand genommen und bin aufs Polizeibureau ge¬
gangen und habe sie gebeten, Vater festzunehmen wegen der Kleinen, damit er sie
nicht zuschanden schlüge. Allein wolle ich wohl für die Kinder sorgen, wenn sie
mir nur den Vater vom Halse hielten, so sagte ich ihnen. Sie aber fragten mich,
ob denn Vater und Mutter nach dem Gesetz getraut worden seien. Ja, das waren
sie, im Rathaus sowohl wie in der Eglise de la Chapelle. Ja, dann hat euer
Vater Macht über euch, dann macht, daß ihr heimkommt, sagten sie.

Aber er hat Mutter geschlagen, bis sie gestorben ist, sagte ich.

Da fragten sie: Ist sie an seinen Schlägen gestorben?

Nein, am Kummer, sagte ich.

Als eure Mutter euern Vater heiratete, stellte sie sich freiwillig unter seine
Macht, erklärten sie mir, aber ich wollte mich nicht zufrieden geben.
Aber nun wird er die Kleinen schlagen!

Der Vater hat Gewalt über seine Kinder, sagten sie wieder. Wenn er einem
von euch aber einen ernstlichen körperlichen Schaden zufügt, könnt ihr wieder
kommen und Klage gegen ihn einreichen.

Dazu wirds dann zu spät sein; wenn er die Kleinen zu fassen bekommt,
bringt er sie um, gab ich ihnen zur Antwort, und weil ich so häßlich war und
noch so klein und so frech dazu, lachten sie und schüttelten die Köpfe über mich.
Dann wiesen sie einen Schutzmann an, uns nach Hause zu bringen und dem
Vater eine Mahnung zu erteilen, uns gut zu behandeln. Ich aber wußte wohl:
Nachher, wenn der Schutzmann wieder aus dem Hause ist, bringt dich der Vater
um, und dann haben die Kleinen niemand mehr. Denn ich war die Älteste.

Aber der Vater war nicht zuhause und kam nicht heim die ganze Nacht.
Der Schutzmann hat lange bei uns in der Stube gesessen und ans ihn gewartet,
und die Kleinen haben mit den blanken Knöpfen an seinem Rock gespielt, und
dann ist er gegangen und hat versprochen, am nächsten Tage wiederzukommen.
Das hat der liebe Gott extra so eingerichtet wegen der Kleinen, dachte ich, denn
damals glaubte ich noch, der Herrgott halte ein freundliches Auge über die
Schwachen und die Wehrlosen. Ich habe dann die Schwestern an der Hand ge¬
nommen und bin mit ihnen davon gegangen. Weit, weit hatten wir zu gehn,


Im alten Brüssel

Der Knabe hinter dem Tisch legte seine Arbeit nieder, seine blaßblauen
Augen glühten. Doch, doch, sagte er, mich kümmerts. Wenn ich meine Stücke
schreibe, sollen sie in der alten Zeit spielen, ehe der Justizpalast stand, als die
Herzogin von Arenberg und die Grafen von Merode noch zwischen uns wohnten,
und alle Leute sollen da hören, wie es damals so anders war bei den Marvlles,
so ganz anders, so viel schöner!

Die Hexe schüttelte den Kopf, als gebe sie wenig auf die Versprechungen des
Knaben. Sie hockte etwas abseits vom Tisch auf dem dreibeinigen Schemel. Der
Schirm der Lampe warf einen grünen Schein auf ihr grotesk häßliches Gesicht,
aus dem die rotumränderten Augen scheel und böse schauten. So bot sie einen
Anblick dar, der wohl geeignet war, abergläubische Hexenfurcht wachzurufen, die
beiden Kinder aber waren längst an ihre abstoßende Häßlichkeit und an ihre
sibyllenhafte Art des Erzählens gewöhnt.

Weiter, Großmutter, das war der Justizpalast, aber nun von dir und den
kleinen Schwestern! Von dir selber, Großmutter, wie du noch jung warst!

Nun lachte die Alte aus heiserer Kehle, indem sie den Oberkörper dazu wie
im Schmerz hin und her wiegte.

Wie ich jung war! Jawohl, jung bin ich gewesen! Und Eltern habe ich
gehabt. Einen Vater! Und was für einen Vater! Und eine Mutter. Ja. Ver¬
dauen und mißhandelt hat er sie, jedesmal wenn er besoffen heimkam, und besoffen
kam er immer heim. Mich schlug und stieß er auch, nur die zwei Kleinen nicht,
denn die steckten wir weg, wenn wir ihn kommen hörten, Mutter und ich. Ich
war die Älteste. Mutter war ein schwaches Weib. Eines Nachts ist sie weg¬
gestorben, verlöscht wie ein Licht. Ich war die Älteste, zwölf Jahre war ich alt;
ich habe die zwei Kleinen an der Hand genommen und bin aufs Polizeibureau ge¬
gangen und habe sie gebeten, Vater festzunehmen wegen der Kleinen, damit er sie
nicht zuschanden schlüge. Allein wolle ich wohl für die Kinder sorgen, wenn sie
mir nur den Vater vom Halse hielten, so sagte ich ihnen. Sie aber fragten mich,
ob denn Vater und Mutter nach dem Gesetz getraut worden seien. Ja, das waren
sie, im Rathaus sowohl wie in der Eglise de la Chapelle. Ja, dann hat euer
Vater Macht über euch, dann macht, daß ihr heimkommt, sagten sie.

Aber er hat Mutter geschlagen, bis sie gestorben ist, sagte ich.

Da fragten sie: Ist sie an seinen Schlägen gestorben?

Nein, am Kummer, sagte ich.

Als eure Mutter euern Vater heiratete, stellte sie sich freiwillig unter seine
Macht, erklärten sie mir, aber ich wollte mich nicht zufrieden geben.
Aber nun wird er die Kleinen schlagen!

Der Vater hat Gewalt über seine Kinder, sagten sie wieder. Wenn er einem
von euch aber einen ernstlichen körperlichen Schaden zufügt, könnt ihr wieder
kommen und Klage gegen ihn einreichen.

Dazu wirds dann zu spät sein; wenn er die Kleinen zu fassen bekommt,
bringt er sie um, gab ich ihnen zur Antwort, und weil ich so häßlich war und
noch so klein und so frech dazu, lachten sie und schüttelten die Köpfe über mich.
Dann wiesen sie einen Schutzmann an, uns nach Hause zu bringen und dem
Vater eine Mahnung zu erteilen, uns gut zu behandeln. Ich aber wußte wohl:
Nachher, wenn der Schutzmann wieder aus dem Hause ist, bringt dich der Vater
um, und dann haben die Kleinen niemand mehr. Denn ich war die Älteste.

Aber der Vater war nicht zuhause und kam nicht heim die ganze Nacht.
Der Schutzmann hat lange bei uns in der Stube gesessen und ans ihn gewartet,
und die Kleinen haben mit den blanken Knöpfen an seinem Rock gespielt, und
dann ist er gegangen und hat versprochen, am nächsten Tage wiederzukommen.
Das hat der liebe Gott extra so eingerichtet wegen der Kleinen, dachte ich, denn
damals glaubte ich noch, der Herrgott halte ein freundliches Auge über die
Schwachen und die Wehrlosen. Ich habe dann die Schwestern an der Hand ge¬
nommen und bin mit ihnen davon gegangen. Weit, weit hatten wir zu gehn,


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[0118] Im alten Brüssel Der Knabe hinter dem Tisch legte seine Arbeit nieder, seine blaßblauen Augen glühten. Doch, doch, sagte er, mich kümmerts. Wenn ich meine Stücke schreibe, sollen sie in der alten Zeit spielen, ehe der Justizpalast stand, als die Herzogin von Arenberg und die Grafen von Merode noch zwischen uns wohnten, und alle Leute sollen da hören, wie es damals so anders war bei den Marvlles, so ganz anders, so viel schöner! Die Hexe schüttelte den Kopf, als gebe sie wenig auf die Versprechungen des Knaben. Sie hockte etwas abseits vom Tisch auf dem dreibeinigen Schemel. Der Schirm der Lampe warf einen grünen Schein auf ihr grotesk häßliches Gesicht, aus dem die rotumränderten Augen scheel und böse schauten. So bot sie einen Anblick dar, der wohl geeignet war, abergläubische Hexenfurcht wachzurufen, die beiden Kinder aber waren längst an ihre abstoßende Häßlichkeit und an ihre sibyllenhafte Art des Erzählens gewöhnt. Weiter, Großmutter, das war der Justizpalast, aber nun von dir und den kleinen Schwestern! Von dir selber, Großmutter, wie du noch jung warst! Nun lachte die Alte aus heiserer Kehle, indem sie den Oberkörper dazu wie im Schmerz hin und her wiegte. Wie ich jung war! Jawohl, jung bin ich gewesen! Und Eltern habe ich gehabt. Einen Vater! Und was für einen Vater! Und eine Mutter. Ja. Ver¬ dauen und mißhandelt hat er sie, jedesmal wenn er besoffen heimkam, und besoffen kam er immer heim. Mich schlug und stieß er auch, nur die zwei Kleinen nicht, denn die steckten wir weg, wenn wir ihn kommen hörten, Mutter und ich. Ich war die Älteste. Mutter war ein schwaches Weib. Eines Nachts ist sie weg¬ gestorben, verlöscht wie ein Licht. Ich war die Älteste, zwölf Jahre war ich alt; ich habe die zwei Kleinen an der Hand genommen und bin aufs Polizeibureau ge¬ gangen und habe sie gebeten, Vater festzunehmen wegen der Kleinen, damit er sie nicht zuschanden schlüge. Allein wolle ich wohl für die Kinder sorgen, wenn sie mir nur den Vater vom Halse hielten, so sagte ich ihnen. Sie aber fragten mich, ob denn Vater und Mutter nach dem Gesetz getraut worden seien. Ja, das waren sie, im Rathaus sowohl wie in der Eglise de la Chapelle. Ja, dann hat euer Vater Macht über euch, dann macht, daß ihr heimkommt, sagten sie. Aber er hat Mutter geschlagen, bis sie gestorben ist, sagte ich. Da fragten sie: Ist sie an seinen Schlägen gestorben? Nein, am Kummer, sagte ich. Als eure Mutter euern Vater heiratete, stellte sie sich freiwillig unter seine Macht, erklärten sie mir, aber ich wollte mich nicht zufrieden geben. Aber nun wird er die Kleinen schlagen! Der Vater hat Gewalt über seine Kinder, sagten sie wieder. Wenn er einem von euch aber einen ernstlichen körperlichen Schaden zufügt, könnt ihr wieder kommen und Klage gegen ihn einreichen. Dazu wirds dann zu spät sein; wenn er die Kleinen zu fassen bekommt, bringt er sie um, gab ich ihnen zur Antwort, und weil ich so häßlich war und noch so klein und so frech dazu, lachten sie und schüttelten die Köpfe über mich. Dann wiesen sie einen Schutzmann an, uns nach Hause zu bringen und dem Vater eine Mahnung zu erteilen, uns gut zu behandeln. Ich aber wußte wohl: Nachher, wenn der Schutzmann wieder aus dem Hause ist, bringt dich der Vater um, und dann haben die Kleinen niemand mehr. Denn ich war die Älteste. Aber der Vater war nicht zuhause und kam nicht heim die ganze Nacht. Der Schutzmann hat lange bei uns in der Stube gesessen und ans ihn gewartet, und die Kleinen haben mit den blanken Knöpfen an seinem Rock gespielt, und dann ist er gegangen und hat versprochen, am nächsten Tage wiederzukommen. Das hat der liebe Gott extra so eingerichtet wegen der Kleinen, dachte ich, denn damals glaubte ich noch, der Herrgott halte ein freundliches Auge über die Schwachen und die Wehrlosen. Ich habe dann die Schwestern an der Hand ge¬ nommen und bin mit ihnen davon gegangen. Weit, weit hatten wir zu gehn,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/118>, abgerufen am 23.07.2024.