Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Zur Frage der großstädtischen Personalsteuer Zu dieser letzten Kategorie gehören, wie Sombart sagt, sicher heute nur Die zweite Kategorie, die schon gegen die Grundrente unempfindlich ist, Nur auf diesen Teil der Industrie, der schon durch seine wirtschaftliche Die Großstädte werden also trotz der Personalsteuer ihre Industrie im Zur Frage der großstädtischen Personalsteuer Zu dieser letzten Kategorie gehören, wie Sombart sagt, sicher heute nur Die zweite Kategorie, die schon gegen die Grundrente unempfindlich ist, Nur auf diesen Teil der Industrie, der schon durch seine wirtschaftliche Die Großstädte werden also trotz der Personalsteuer ihre Industrie im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0695" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297074"/> <fw type="header" place="top"> Zur Frage der großstädtischen Personalsteuer</fw><lb/> <p xml:id="ID_3211"> Zu dieser letzten Kategorie gehören, wie Sombart sagt, sicher heute nur<lb/> noch wenige, und ihre Zahl wird wiederum in dem Maße geringer, als sich<lb/> die Kultur auch außerhalb der großen Städte verbreitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_3212"> Die zweite Kategorie, die schon gegen die Grundrente unempfindlich ist,<lb/> würde dies in bedeutend höherm Maße gegenüber der viel geringern Personal¬<lb/> steuer sein. Es kommt also für die Übersiedlung aus den Großstädten nur<lb/> die erste Kategorie in Betracht. Diese ist hauptsächlich deswegen in den Gro߬<lb/> städten geblieben, weil ihre Betriebe auf eignem Boden stehn, und weil sie<lb/> aus diesem Grunde die steigende Last der Grundrente nicht empfindet. Sie<lb/> würde auch fernerhin nach Einführung der Personalsteuer in der Großstadt<lb/> bleiben, solange sie nicht zur Erweiterung ihres Betriebes genötigt ist. Sobald<lb/> dieser Fall eintritt, muß der Betrieb wenigstens zu einem Teile seinen bis¬<lb/> herigen Standort verlassen, da das direkt angrenzende Gebiet wegen seines<lb/> hohen Ankaufspreises nicht in Frage kommt. Meist wird der neue Betrieb<lb/> dann auf dem unmittelbar an das großstädtische Weichbild angelagerten Terrain<lb/> errichtet, wo die Bodenpreise noch einigermaßen niedrig sind. Der Grund<lb/> hierfür liegt einerseits darin, daß man nicht gern weiter als nötig geht, und<lb/> andrerseits darin, daß man auf diese Weise mit der Übersiedlung zugleich eine<lb/> vorteilhafte Bodenspekulation verbinden kann. Nach einigen Jahren ist die<lb/> sich weiter ausdehnende Großstadt um den neuen Betrieb wieder herumge¬<lb/> wachsen, und der gesamte Boden in dieser Gegend bedeutend im Werte ge¬<lb/> stiegen. Auf diese Weise bilden sich in der Umgebung der Großstädte neue<lb/> industrielle Vororte.</p><lb/> <p xml:id="ID_3213"> Nur auf diesen Teil der Industrie, der schon durch seine wirtschaftliche<lb/> Entwicklung zur Veränderung seines Standorts genötigt ist, wäre es möglich,<lb/> durch die großstädtische Personalsteuer einzuwirken. Die Bezirke für die Steuer¬<lb/> erhebung müßten so weit ausgedehnt werden, daß die den Großstädten Nächst¬<lb/> liegende Terrainzone mit eingeschlossen würde. Die politischen Stadtgebiete<lb/> sind sehr verschieden abgegrenzt, sodaß die Größe des auf den Kopf der Be¬<lb/> völkerung entfallenden Raumes zwischen weiten Grenzen schwankt. Im<lb/> Jahre 1900 betrug er für Posen 8,4 Quadratmeter, für Straßburg dagegen<lb/> 305 Quadratmeter. Es müßte eine untere Grenze für das großstädtische<lb/> Steuergebiet in angemessener Größe festgesetzt werden. Nimmt man als solche<lb/> etwa 400 Quadratmeter für den Kopf der Bevölkerung, so füllt das Gebiet<lb/> für Groß-Berlin den Raum eines Kreises von 20 Kilometern Radius aus.<lb/> Es würden also die den Großstädten angrenzenden Gemeinden so weit dem<lb/> Steuergebiet anzuschließen sein, bis dieses die vorgeschriebne Größe erreicht.<lb/> Hierbei könnten dann die Gegenden bevorzugt werden, die sich durch landschaft¬<lb/> liche Schönheit auszeichnen, und den Großstädtern blieben diese Gegenden als<lb/> Stätten der Erholung erhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_3214" next="#ID_3215"> Die Großstädte werden also trotz der Personalsteuer ihre Industrie im<lb/> wesentlichen behalten können, nur würde diese sich nicht in demselben Maße<lb/> wie bisher vermehren. Während die neuen Betriebe jetzt etwa 10 Kilometer<lb/> weit vom Orte der alten errichtet werden, würde man in Zukunft vielleicht<lb/> 30 Kilometer oder mehr mit ihnen hinausgehn, eine mehr oder minder große<lb/> Strecke über die Grenze des Steuergebiets hinaus. Dort würde man von der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0695]
Zur Frage der großstädtischen Personalsteuer
Zu dieser letzten Kategorie gehören, wie Sombart sagt, sicher heute nur
noch wenige, und ihre Zahl wird wiederum in dem Maße geringer, als sich
die Kultur auch außerhalb der großen Städte verbreitet.
Die zweite Kategorie, die schon gegen die Grundrente unempfindlich ist,
würde dies in bedeutend höherm Maße gegenüber der viel geringern Personal¬
steuer sein. Es kommt also für die Übersiedlung aus den Großstädten nur
die erste Kategorie in Betracht. Diese ist hauptsächlich deswegen in den Gro߬
städten geblieben, weil ihre Betriebe auf eignem Boden stehn, und weil sie
aus diesem Grunde die steigende Last der Grundrente nicht empfindet. Sie
würde auch fernerhin nach Einführung der Personalsteuer in der Großstadt
bleiben, solange sie nicht zur Erweiterung ihres Betriebes genötigt ist. Sobald
dieser Fall eintritt, muß der Betrieb wenigstens zu einem Teile seinen bis¬
herigen Standort verlassen, da das direkt angrenzende Gebiet wegen seines
hohen Ankaufspreises nicht in Frage kommt. Meist wird der neue Betrieb
dann auf dem unmittelbar an das großstädtische Weichbild angelagerten Terrain
errichtet, wo die Bodenpreise noch einigermaßen niedrig sind. Der Grund
hierfür liegt einerseits darin, daß man nicht gern weiter als nötig geht, und
andrerseits darin, daß man auf diese Weise mit der Übersiedlung zugleich eine
vorteilhafte Bodenspekulation verbinden kann. Nach einigen Jahren ist die
sich weiter ausdehnende Großstadt um den neuen Betrieb wieder herumge¬
wachsen, und der gesamte Boden in dieser Gegend bedeutend im Werte ge¬
stiegen. Auf diese Weise bilden sich in der Umgebung der Großstädte neue
industrielle Vororte.
Nur auf diesen Teil der Industrie, der schon durch seine wirtschaftliche
Entwicklung zur Veränderung seines Standorts genötigt ist, wäre es möglich,
durch die großstädtische Personalsteuer einzuwirken. Die Bezirke für die Steuer¬
erhebung müßten so weit ausgedehnt werden, daß die den Großstädten Nächst¬
liegende Terrainzone mit eingeschlossen würde. Die politischen Stadtgebiete
sind sehr verschieden abgegrenzt, sodaß die Größe des auf den Kopf der Be¬
völkerung entfallenden Raumes zwischen weiten Grenzen schwankt. Im
Jahre 1900 betrug er für Posen 8,4 Quadratmeter, für Straßburg dagegen
305 Quadratmeter. Es müßte eine untere Grenze für das großstädtische
Steuergebiet in angemessener Größe festgesetzt werden. Nimmt man als solche
etwa 400 Quadratmeter für den Kopf der Bevölkerung, so füllt das Gebiet
für Groß-Berlin den Raum eines Kreises von 20 Kilometern Radius aus.
Es würden also die den Großstädten angrenzenden Gemeinden so weit dem
Steuergebiet anzuschließen sein, bis dieses die vorgeschriebne Größe erreicht.
Hierbei könnten dann die Gegenden bevorzugt werden, die sich durch landschaft¬
liche Schönheit auszeichnen, und den Großstädtern blieben diese Gegenden als
Stätten der Erholung erhalten.
Die Großstädte werden also trotz der Personalsteuer ihre Industrie im
wesentlichen behalten können, nur würde diese sich nicht in demselben Maße
wie bisher vermehren. Während die neuen Betriebe jetzt etwa 10 Kilometer
weit vom Orte der alten errichtet werden, würde man in Zukunft vielleicht
30 Kilometer oder mehr mit ihnen hinausgehn, eine mehr oder minder große
Strecke über die Grenze des Steuergebiets hinaus. Dort würde man von der
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