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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

stecken. Es ist nur die Frage, ob wir unsre wirtschaftlichen, politischen und mili¬
tärischen Kräfte inzwischen nicht zu sehr zersplitterten.

Deutschlands Eingreifen nötigt Frankreich, seine Politik anders einzurichten.
Das Kabinett NonVier wird eine Politik nicht fortsetzen wollen, die Frankreich
zur Dienerin des englischen Mißvergnügens gegen Deutschland machte. Aber die
Bürgschaft für die Existenz französischer Ministerien ist nur gering, und das
Kabinett Rouvier wird, um sich die Kammermehrheit zu sichern, eines durch¬
schlagenden Erfolges bedürfen. Nachdem Herr Delcnssö an der von ihm herbei¬
geführten Gefährdung der auswärtigen Beziehungen Frankreichs den Hals ge¬
brochen hat, wäre es nur logisch, wenn das Kabinett Rouvier die Befestigung
seiner parlamentarischen Stellung in der Verbesserung dieser Beziehungen suchte
und fände. Leider hängt dieses logische Resultat von allerlei Einflüssen ab, die
über den Kanal herüberspielen. Wir wollen auf unfreundliche Äußerungen englischer
Admiräle keinen übertriebnen Wert legen. Militärs, die es für richtig halten,
über einen militärisch schwächern Nachbar herzufallen, so lange er noch der Schwächere
ist, weil er künftig einmal ein unbequemer Gegner werden könnte, hat es zu
jeder Zeit und in allen Ländern gegeben, Deutschland nicht ausgenommen. Militärs,
die so denken, mögen von ihrem Standpunkt aus sogar Recht haben, aber die
Staatskunst ist dazu da, die verschiednen Strömungen eines Landes einheitlich zu
einem nutzbringenden Strome zusammenzufassen, und zu verhindern, daß die Flut
über die Ufer tritt. Unsre Beziehungen zu England sind so unerfreulich, wie es in
der Geschichte beider Länder kaum je zuvor der Fall gewesen ist. Das zeigt sich nicht
nur in der ununterbrochnem lügnerischen Hetzerei eines großen Teils der englischen
Presse, der die englische Negierung bei einigen! guten Willen sehr bald durch eine
loyale Erklärung ein Ende machen könnte; nicht nur in den Drohungen englischer
Admiräle und den nachweisbaren Intriguen der amtlichen englischen Politik, die
uns überall als die Störer und Bedroher des Friedens und des Gleichgewichts
hinzustellen sucht, sondern mich in den Beziehungen der Höfe. Der englische Hof
hatte zu seiner Vertretung bei der Hochzeit unsers Kronprinzen, des Urenkels der
Königin Viktoria, niemand übrig als den zweiundzwanzigjährigeu Prinzen Arthur
Connaught, und der Berliner Hof ist bei der Hochzeit der Prinzeß Margaret Conuaught
mit demi Prinzen Gustav Adolf von Schweden überhaupt nicht vertreten gewesen, ob¬
wohl die Prinzessin eine Enkelin des Prinzen Friedrich Karl von Preußen und ihr
Bräutigam ein Urenkel Kaiser Wilhelms des Ersten ist. Der anwesende Erbgroß--
Herzog von Baden vertrat nur deu dem Bräutigam so nahe verwandte" badischen
Hof. Vergleicht man damit die Vertretung des preußischen Königshauses an allen
Freuden- und Trauertagen der englischen Königsfamilie noch in der letzten Lebens¬
zeit der Königin Viktoria und zu Anfang der Regierung des jetzigen Königs, so
hat man einen deutlichen Gradmesser der augenblicklichen Beziehungen beider Höfe,
zumal wenn man sich vergegenwärtigt, daß König Eduard noch vor Jahresfrist
in Kiel war, dort mit großer Herzlichkeit aufgenommen wurde und mit dem Kaiser
die freundschaftlichsten Toaste wechselte. Ebenso bei seinem Besuch in Hamburg,
das jetzt von britischen Admiralen in Wort nud Schrift bedroht wird.

Mr. Balfour liebt es, Großbritannien als das Lamm hinzustellen, das kein
Wässerchen trübe. Demselben politischen Jdeengang entsprach es, wenn er vor zwei
Jahren der englischen Flotte allein einen defensiven Charakter zuerkannte, während
keine andre Flotte diesen Anspruch erheben könnte -- defensiv allerdings in der
Verteidigung des englischen Vorherrschaftsansprnchs auf allen Meeren. Ebenso
wenn jetzt während der Anwesenheit des Königs von Spanien in London dortige
Blätter die Notwendigkeit enger Beziehungen zwischen England und den Mächten
zweiten Ranges: Spanien, Portugal, Niederlande betonten, eine "Notwendigkeit,"
die darin besteht, daß England durch eine ihnen aufgezwungue Intimität im voraus
die Hand auf ihren gesamten Kolonialbesitz legt und mindestens jede für England
unerwünschte Veränderung verhindert. Und wie steht es in Ostasien? Vom eng¬
lischen Einfluß in Tokio hängt es ab, in welchem Maße die Japaner deu Fran-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

stecken. Es ist nur die Frage, ob wir unsre wirtschaftlichen, politischen und mili¬
tärischen Kräfte inzwischen nicht zu sehr zersplitterten.

Deutschlands Eingreifen nötigt Frankreich, seine Politik anders einzurichten.
Das Kabinett NonVier wird eine Politik nicht fortsetzen wollen, die Frankreich
zur Dienerin des englischen Mißvergnügens gegen Deutschland machte. Aber die
Bürgschaft für die Existenz französischer Ministerien ist nur gering, und das
Kabinett Rouvier wird, um sich die Kammermehrheit zu sichern, eines durch¬
schlagenden Erfolges bedürfen. Nachdem Herr Delcnssö an der von ihm herbei¬
geführten Gefährdung der auswärtigen Beziehungen Frankreichs den Hals ge¬
brochen hat, wäre es nur logisch, wenn das Kabinett Rouvier die Befestigung
seiner parlamentarischen Stellung in der Verbesserung dieser Beziehungen suchte
und fände. Leider hängt dieses logische Resultat von allerlei Einflüssen ab, die
über den Kanal herüberspielen. Wir wollen auf unfreundliche Äußerungen englischer
Admiräle keinen übertriebnen Wert legen. Militärs, die es für richtig halten,
über einen militärisch schwächern Nachbar herzufallen, so lange er noch der Schwächere
ist, weil er künftig einmal ein unbequemer Gegner werden könnte, hat es zu
jeder Zeit und in allen Ländern gegeben, Deutschland nicht ausgenommen. Militärs,
die so denken, mögen von ihrem Standpunkt aus sogar Recht haben, aber die
Staatskunst ist dazu da, die verschiednen Strömungen eines Landes einheitlich zu
einem nutzbringenden Strome zusammenzufassen, und zu verhindern, daß die Flut
über die Ufer tritt. Unsre Beziehungen zu England sind so unerfreulich, wie es in
der Geschichte beider Länder kaum je zuvor der Fall gewesen ist. Das zeigt sich nicht
nur in der ununterbrochnem lügnerischen Hetzerei eines großen Teils der englischen
Presse, der die englische Negierung bei einigen! guten Willen sehr bald durch eine
loyale Erklärung ein Ende machen könnte; nicht nur in den Drohungen englischer
Admiräle und den nachweisbaren Intriguen der amtlichen englischen Politik, die
uns überall als die Störer und Bedroher des Friedens und des Gleichgewichts
hinzustellen sucht, sondern mich in den Beziehungen der Höfe. Der englische Hof
hatte zu seiner Vertretung bei der Hochzeit unsers Kronprinzen, des Urenkels der
Königin Viktoria, niemand übrig als den zweiundzwanzigjährigeu Prinzen Arthur
Connaught, und der Berliner Hof ist bei der Hochzeit der Prinzeß Margaret Conuaught
mit demi Prinzen Gustav Adolf von Schweden überhaupt nicht vertreten gewesen, ob¬
wohl die Prinzessin eine Enkelin des Prinzen Friedrich Karl von Preußen und ihr
Bräutigam ein Urenkel Kaiser Wilhelms des Ersten ist. Der anwesende Erbgroß--
Herzog von Baden vertrat nur deu dem Bräutigam so nahe verwandte» badischen
Hof. Vergleicht man damit die Vertretung des preußischen Königshauses an allen
Freuden- und Trauertagen der englischen Königsfamilie noch in der letzten Lebens¬
zeit der Königin Viktoria und zu Anfang der Regierung des jetzigen Königs, so
hat man einen deutlichen Gradmesser der augenblicklichen Beziehungen beider Höfe,
zumal wenn man sich vergegenwärtigt, daß König Eduard noch vor Jahresfrist
in Kiel war, dort mit großer Herzlichkeit aufgenommen wurde und mit dem Kaiser
die freundschaftlichsten Toaste wechselte. Ebenso bei seinem Besuch in Hamburg,
das jetzt von britischen Admiralen in Wort nud Schrift bedroht wird.

Mr. Balfour liebt es, Großbritannien als das Lamm hinzustellen, das kein
Wässerchen trübe. Demselben politischen Jdeengang entsprach es, wenn er vor zwei
Jahren der englischen Flotte allein einen defensiven Charakter zuerkannte, während
keine andre Flotte diesen Anspruch erheben könnte — defensiv allerdings in der
Verteidigung des englischen Vorherrschaftsansprnchs auf allen Meeren. Ebenso
wenn jetzt während der Anwesenheit des Königs von Spanien in London dortige
Blätter die Notwendigkeit enger Beziehungen zwischen England und den Mächten
zweiten Ranges: Spanien, Portugal, Niederlande betonten, eine „Notwendigkeit,"
die darin besteht, daß England durch eine ihnen aufgezwungue Intimität im voraus
die Hand auf ihren gesamten Kolonialbesitz legt und mindestens jede für England
unerwünschte Veränderung verhindert. Und wie steht es in Ostasien? Vom eng¬
lischen Einfluß in Tokio hängt es ab, in welchem Maße die Japaner deu Fran-


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[0690] Maßgebliches und Unmaßgebliches stecken. Es ist nur die Frage, ob wir unsre wirtschaftlichen, politischen und mili¬ tärischen Kräfte inzwischen nicht zu sehr zersplitterten. Deutschlands Eingreifen nötigt Frankreich, seine Politik anders einzurichten. Das Kabinett NonVier wird eine Politik nicht fortsetzen wollen, die Frankreich zur Dienerin des englischen Mißvergnügens gegen Deutschland machte. Aber die Bürgschaft für die Existenz französischer Ministerien ist nur gering, und das Kabinett Rouvier wird, um sich die Kammermehrheit zu sichern, eines durch¬ schlagenden Erfolges bedürfen. Nachdem Herr Delcnssö an der von ihm herbei¬ geführten Gefährdung der auswärtigen Beziehungen Frankreichs den Hals ge¬ brochen hat, wäre es nur logisch, wenn das Kabinett Rouvier die Befestigung seiner parlamentarischen Stellung in der Verbesserung dieser Beziehungen suchte und fände. Leider hängt dieses logische Resultat von allerlei Einflüssen ab, die über den Kanal herüberspielen. Wir wollen auf unfreundliche Äußerungen englischer Admiräle keinen übertriebnen Wert legen. Militärs, die es für richtig halten, über einen militärisch schwächern Nachbar herzufallen, so lange er noch der Schwächere ist, weil er künftig einmal ein unbequemer Gegner werden könnte, hat es zu jeder Zeit und in allen Ländern gegeben, Deutschland nicht ausgenommen. Militärs, die so denken, mögen von ihrem Standpunkt aus sogar Recht haben, aber die Staatskunst ist dazu da, die verschiednen Strömungen eines Landes einheitlich zu einem nutzbringenden Strome zusammenzufassen, und zu verhindern, daß die Flut über die Ufer tritt. Unsre Beziehungen zu England sind so unerfreulich, wie es in der Geschichte beider Länder kaum je zuvor der Fall gewesen ist. Das zeigt sich nicht nur in der ununterbrochnem lügnerischen Hetzerei eines großen Teils der englischen Presse, der die englische Negierung bei einigen! guten Willen sehr bald durch eine loyale Erklärung ein Ende machen könnte; nicht nur in den Drohungen englischer Admiräle und den nachweisbaren Intriguen der amtlichen englischen Politik, die uns überall als die Störer und Bedroher des Friedens und des Gleichgewichts hinzustellen sucht, sondern mich in den Beziehungen der Höfe. Der englische Hof hatte zu seiner Vertretung bei der Hochzeit unsers Kronprinzen, des Urenkels der Königin Viktoria, niemand übrig als den zweiundzwanzigjährigeu Prinzen Arthur Connaught, und der Berliner Hof ist bei der Hochzeit der Prinzeß Margaret Conuaught mit demi Prinzen Gustav Adolf von Schweden überhaupt nicht vertreten gewesen, ob¬ wohl die Prinzessin eine Enkelin des Prinzen Friedrich Karl von Preußen und ihr Bräutigam ein Urenkel Kaiser Wilhelms des Ersten ist. Der anwesende Erbgroß-- Herzog von Baden vertrat nur deu dem Bräutigam so nahe verwandte» badischen Hof. Vergleicht man damit die Vertretung des preußischen Königshauses an allen Freuden- und Trauertagen der englischen Königsfamilie noch in der letzten Lebens¬ zeit der Königin Viktoria und zu Anfang der Regierung des jetzigen Königs, so hat man einen deutlichen Gradmesser der augenblicklichen Beziehungen beider Höfe, zumal wenn man sich vergegenwärtigt, daß König Eduard noch vor Jahresfrist in Kiel war, dort mit großer Herzlichkeit aufgenommen wurde und mit dem Kaiser die freundschaftlichsten Toaste wechselte. Ebenso bei seinem Besuch in Hamburg, das jetzt von britischen Admiralen in Wort nud Schrift bedroht wird. Mr. Balfour liebt es, Großbritannien als das Lamm hinzustellen, das kein Wässerchen trübe. Demselben politischen Jdeengang entsprach es, wenn er vor zwei Jahren der englischen Flotte allein einen defensiven Charakter zuerkannte, während keine andre Flotte diesen Anspruch erheben könnte — defensiv allerdings in der Verteidigung des englischen Vorherrschaftsansprnchs auf allen Meeren. Ebenso wenn jetzt während der Anwesenheit des Königs von Spanien in London dortige Blätter die Notwendigkeit enger Beziehungen zwischen England und den Mächten zweiten Ranges: Spanien, Portugal, Niederlande betonten, eine „Notwendigkeit," die darin besteht, daß England durch eine ihnen aufgezwungue Intimität im voraus die Hand auf ihren gesamten Kolonialbesitz legt und mindestens jede für England unerwünschte Veränderung verhindert. Und wie steht es in Ostasien? Vom eng¬ lischen Einfluß in Tokio hängt es ab, in welchem Maße die Japaner deu Fran-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/690>, abgerufen am 05.02.2025.