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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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des Jahres 1440 gegen eine Zahlung von 16000 Gulden an die Reuß von
Planen auch wirklich erlangten. Das Burggrafenhaus war schon vorher in Ver¬
fall geraten; jetzt wurde es abgetragen, und an seiner Stelle wurde eine kurfürst¬
liche Schösserei erbaut. In diese wurde später das Kreisamt verlegt, seit der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts diente es als Dompredigerwohuung, 1819
wurde auch diese abgebrochen und an ihrer Stelle der Burgkeller erbaut. Aber
noch lange Zeit blieb im Volke die Erinnerung an die verworrenen Rechtsver¬
hältnisse lebendig, die einst auf dem Meißner Burgberge geherrscht hatten: von
dem gelehrten Fabricius, dem Verfasser der ^unalos Uisnc-nsos, rührt das Rätsel
her: Naht, wo ist im Lande ein solcher Berg, darauff drey unterschiedene Schlösser
>erbawet und dann solche als auch die Stadt barbet) mit dreyen Wassern umgeben
und die Schloßbrücke über dem Kirchthumb der Stadt erhoben? Es sind das
burggräfliche, das markgräfliche und das bischöfliche Schloß, die Elbe, die Triebisch
und die Meisa gemeint.

Im fünfzehnten Jahrhundert bewegt sich die Macht der Wettiner im ganzen
in aufsteigender Linie. Derselbe Friedrich der Streitbare (1382 bis 1428), der
die Burggrafen faktisch aus ihrer Stellung in Meißen verdrängte, hatte sich schon
1423 mit dem Kurhutc der (1422) ausgestorbnen Askauier von Sachsen-Witten-
berg geschmückt. Er hat auch die Begräbnisstätte seines Hanfes aus den stillern
Mauern der Klösterliche von Altzella in die glänzendem Räume des Meißner
Domes verlegt. Dessen Bau war etwa uni 1350 wieder aufgenommen und bis
1420 zu einem gewissen Abschlüsse geführt worden, allerdings unter Abänderung
des ursprünglichen Planes. Das Langhaus war nicht, wie ursprünglich beabsichtigt
war, als Basilika (mit niedrigern Seitenschiffen), sondern als Hallenkirche (mit
drei gleich hohen Schiffen) vollendet worden, und zwar so, daß zwischen Chor und
Langhaus noch ein Lettner (Icetorium) eingeschoben worden war. Jetzt (etwa 1425)
wurde vor das Portal des Domes noch die spätgotische Fürstenkapelle gebaut, die
bis zum heutigen Tage das Westportnl verdeckt und es dadurch vor Ruß und
Verwitterung geschützt hat. In der Mitte dieser Kapelle ruht Friedrich der Streit¬
bare, zu seinen Füßen sein Sohn Friedrich 'der sanftmütige (1428 bis 1464),
zu seinen Seiten seine beiden Enkel Kurfürst Ernst (1464 bis 1486) und Herzog
Albrecht der Beherzte (1464 bis 1500) und zahlreiche andre Wettiner. Viele von
diesen Gräbern sind durch Bronzeplatten verziert, die das Bild des Verstorbnen
in Relief oder in zierlicher Vertiefung wiedergeben, meist Arbeiten der berühmten
Nürnberger Erzgießer Bischer; von hervorragender Schönheit sind die Grabplatten
der Herzogin Amalie von Bayern (gestorben 1502) und der Herzogin Sidonia
(Zedena) (gestorben 1510), der Gemahlin Albrechts des Beherzten.

In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit trat Meißen in seine
zweite Blütezeit ein, die durch zwei große religiöse und künstlerisch-geistige Be¬
wegungen gekennzeichnet ist: Renaissance und Reformation. Beide Bewegungen
haben gerade in Meißen sehr charakteristische, noch hente fortwirkende Lebensformen
ausgeprägt. Dem Geist der Renaissance war Albrecht der Beherzte näher ge¬
treten durch seine Beziehungen zu einem der ersten Kenner des römischen Rechts
unter den Deutschen, zu Gregor Heimburg, dem mannhaften Verteidiger des Baseler
Konzils gegen die päpstlichen Anmaßungen, dem Verfechter der Fürstenrechte gegen
das kaiserliche Recht, der ihm bei seiner, freilich erfolglosen Bewerbung "in die
Krone Böhmens (1471) behilflich war, und dem er auf der Burg von Tharand
ein Asyl eröffnet hatte. Durch Albrechts ganzes Wesen ging ein Streben nach
ruhmreicher Entfaltung der Persönlichkeit, nach neuen glänzendem Lebensformen,
wie sie bei den Visconti in Mailand, wie sie bei den großen Herren in Venedig
heimisch waren. Die Silberschätze der sächsischen Bergwerke lieferten ihm die
Mittel dazu; und so erstand denn seit 1471 an der Stelle des alten Markgrafen¬
hauses ans dem Meißner Burgberge das großartige Schloß, die Alb rend tsburg, dem
sich in seiner Art kein andrer Ban vergleichen kann. Wenn man die ganze Kunst


Meißen

des Jahres 1440 gegen eine Zahlung von 16000 Gulden an die Reuß von
Planen auch wirklich erlangten. Das Burggrafenhaus war schon vorher in Ver¬
fall geraten; jetzt wurde es abgetragen, und an seiner Stelle wurde eine kurfürst¬
liche Schösserei erbaut. In diese wurde später das Kreisamt verlegt, seit der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts diente es als Dompredigerwohuung, 1819
wurde auch diese abgebrochen und an ihrer Stelle der Burgkeller erbaut. Aber
noch lange Zeit blieb im Volke die Erinnerung an die verworrenen Rechtsver¬
hältnisse lebendig, die einst auf dem Meißner Burgberge geherrscht hatten: von
dem gelehrten Fabricius, dem Verfasser der ^unalos Uisnc-nsos, rührt das Rätsel
her: Naht, wo ist im Lande ein solcher Berg, darauff drey unterschiedene Schlösser
>erbawet und dann solche als auch die Stadt barbet) mit dreyen Wassern umgeben
und die Schloßbrücke über dem Kirchthumb der Stadt erhoben? Es sind das
burggräfliche, das markgräfliche und das bischöfliche Schloß, die Elbe, die Triebisch
und die Meisa gemeint.

Im fünfzehnten Jahrhundert bewegt sich die Macht der Wettiner im ganzen
in aufsteigender Linie. Derselbe Friedrich der Streitbare (1382 bis 1428), der
die Burggrafen faktisch aus ihrer Stellung in Meißen verdrängte, hatte sich schon
1423 mit dem Kurhutc der (1422) ausgestorbnen Askauier von Sachsen-Witten-
berg geschmückt. Er hat auch die Begräbnisstätte seines Hanfes aus den stillern
Mauern der Klösterliche von Altzella in die glänzendem Räume des Meißner
Domes verlegt. Dessen Bau war etwa uni 1350 wieder aufgenommen und bis
1420 zu einem gewissen Abschlüsse geführt worden, allerdings unter Abänderung
des ursprünglichen Planes. Das Langhaus war nicht, wie ursprünglich beabsichtigt
war, als Basilika (mit niedrigern Seitenschiffen), sondern als Hallenkirche (mit
drei gleich hohen Schiffen) vollendet worden, und zwar so, daß zwischen Chor und
Langhaus noch ein Lettner (Icetorium) eingeschoben worden war. Jetzt (etwa 1425)
wurde vor das Portal des Domes noch die spätgotische Fürstenkapelle gebaut, die
bis zum heutigen Tage das Westportnl verdeckt und es dadurch vor Ruß und
Verwitterung geschützt hat. In der Mitte dieser Kapelle ruht Friedrich der Streit¬
bare, zu seinen Füßen sein Sohn Friedrich 'der sanftmütige (1428 bis 1464),
zu seinen Seiten seine beiden Enkel Kurfürst Ernst (1464 bis 1486) und Herzog
Albrecht der Beherzte (1464 bis 1500) und zahlreiche andre Wettiner. Viele von
diesen Gräbern sind durch Bronzeplatten verziert, die das Bild des Verstorbnen
in Relief oder in zierlicher Vertiefung wiedergeben, meist Arbeiten der berühmten
Nürnberger Erzgießer Bischer; von hervorragender Schönheit sind die Grabplatten
der Herzogin Amalie von Bayern (gestorben 1502) und der Herzogin Sidonia
(Zedena) (gestorben 1510), der Gemahlin Albrechts des Beherzten.

In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit trat Meißen in seine
zweite Blütezeit ein, die durch zwei große religiöse und künstlerisch-geistige Be¬
wegungen gekennzeichnet ist: Renaissance und Reformation. Beide Bewegungen
haben gerade in Meißen sehr charakteristische, noch hente fortwirkende Lebensformen
ausgeprägt. Dem Geist der Renaissance war Albrecht der Beherzte näher ge¬
treten durch seine Beziehungen zu einem der ersten Kenner des römischen Rechts
unter den Deutschen, zu Gregor Heimburg, dem mannhaften Verteidiger des Baseler
Konzils gegen die päpstlichen Anmaßungen, dem Verfechter der Fürstenrechte gegen
das kaiserliche Recht, der ihm bei seiner, freilich erfolglosen Bewerbung »in die
Krone Böhmens (1471) behilflich war, und dem er auf der Burg von Tharand
ein Asyl eröffnet hatte. Durch Albrechts ganzes Wesen ging ein Streben nach
ruhmreicher Entfaltung der Persönlichkeit, nach neuen glänzendem Lebensformen,
wie sie bei den Visconti in Mailand, wie sie bei den großen Herren in Venedig
heimisch waren. Die Silberschätze der sächsischen Bergwerke lieferten ihm die
Mittel dazu; und so erstand denn seit 1471 an der Stelle des alten Markgrafen¬
hauses ans dem Meißner Burgberge das großartige Schloß, die Alb rend tsburg, dem
sich in seiner Art kein andrer Ban vergleichen kann. Wenn man die ganze Kunst


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[0619] Meißen des Jahres 1440 gegen eine Zahlung von 16000 Gulden an die Reuß von Planen auch wirklich erlangten. Das Burggrafenhaus war schon vorher in Ver¬ fall geraten; jetzt wurde es abgetragen, und an seiner Stelle wurde eine kurfürst¬ liche Schösserei erbaut. In diese wurde später das Kreisamt verlegt, seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts diente es als Dompredigerwohuung, 1819 wurde auch diese abgebrochen und an ihrer Stelle der Burgkeller erbaut. Aber noch lange Zeit blieb im Volke die Erinnerung an die verworrenen Rechtsver¬ hältnisse lebendig, die einst auf dem Meißner Burgberge geherrscht hatten: von dem gelehrten Fabricius, dem Verfasser der ^unalos Uisnc-nsos, rührt das Rätsel her: Naht, wo ist im Lande ein solcher Berg, darauff drey unterschiedene Schlösser >erbawet und dann solche als auch die Stadt barbet) mit dreyen Wassern umgeben und die Schloßbrücke über dem Kirchthumb der Stadt erhoben? Es sind das burggräfliche, das markgräfliche und das bischöfliche Schloß, die Elbe, die Triebisch und die Meisa gemeint. Im fünfzehnten Jahrhundert bewegt sich die Macht der Wettiner im ganzen in aufsteigender Linie. Derselbe Friedrich der Streitbare (1382 bis 1428), der die Burggrafen faktisch aus ihrer Stellung in Meißen verdrängte, hatte sich schon 1423 mit dem Kurhutc der (1422) ausgestorbnen Askauier von Sachsen-Witten- berg geschmückt. Er hat auch die Begräbnisstätte seines Hanfes aus den stillern Mauern der Klösterliche von Altzella in die glänzendem Räume des Meißner Domes verlegt. Dessen Bau war etwa uni 1350 wieder aufgenommen und bis 1420 zu einem gewissen Abschlüsse geführt worden, allerdings unter Abänderung des ursprünglichen Planes. Das Langhaus war nicht, wie ursprünglich beabsichtigt war, als Basilika (mit niedrigern Seitenschiffen), sondern als Hallenkirche (mit drei gleich hohen Schiffen) vollendet worden, und zwar so, daß zwischen Chor und Langhaus noch ein Lettner (Icetorium) eingeschoben worden war. Jetzt (etwa 1425) wurde vor das Portal des Domes noch die spätgotische Fürstenkapelle gebaut, die bis zum heutigen Tage das Westportnl verdeckt und es dadurch vor Ruß und Verwitterung geschützt hat. In der Mitte dieser Kapelle ruht Friedrich der Streit¬ bare, zu seinen Füßen sein Sohn Friedrich 'der sanftmütige (1428 bis 1464), zu seinen Seiten seine beiden Enkel Kurfürst Ernst (1464 bis 1486) und Herzog Albrecht der Beherzte (1464 bis 1500) und zahlreiche andre Wettiner. Viele von diesen Gräbern sind durch Bronzeplatten verziert, die das Bild des Verstorbnen in Relief oder in zierlicher Vertiefung wiedergeben, meist Arbeiten der berühmten Nürnberger Erzgießer Bischer; von hervorragender Schönheit sind die Grabplatten der Herzogin Amalie von Bayern (gestorben 1502) und der Herzogin Sidonia (Zedena) (gestorben 1510), der Gemahlin Albrechts des Beherzten. In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit trat Meißen in seine zweite Blütezeit ein, die durch zwei große religiöse und künstlerisch-geistige Be¬ wegungen gekennzeichnet ist: Renaissance und Reformation. Beide Bewegungen haben gerade in Meißen sehr charakteristische, noch hente fortwirkende Lebensformen ausgeprägt. Dem Geist der Renaissance war Albrecht der Beherzte näher ge¬ treten durch seine Beziehungen zu einem der ersten Kenner des römischen Rechts unter den Deutschen, zu Gregor Heimburg, dem mannhaften Verteidiger des Baseler Konzils gegen die päpstlichen Anmaßungen, dem Verfechter der Fürstenrechte gegen das kaiserliche Recht, der ihm bei seiner, freilich erfolglosen Bewerbung »in die Krone Böhmens (1471) behilflich war, und dem er auf der Burg von Tharand ein Asyl eröffnet hatte. Durch Albrechts ganzes Wesen ging ein Streben nach ruhmreicher Entfaltung der Persönlichkeit, nach neuen glänzendem Lebensformen, wie sie bei den Visconti in Mailand, wie sie bei den großen Herren in Venedig heimisch waren. Die Silberschätze der sächsischen Bergwerke lieferten ihm die Mittel dazu; und so erstand denn seit 1471 an der Stelle des alten Markgrafen¬ hauses ans dem Meißner Burgberge das großartige Schloß, die Alb rend tsburg, dem sich in seiner Art kein andrer Ban vergleichen kann. Wenn man die ganze Kunst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/619>, abgerufen am 06.02.2025.