Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Afghanistan vorausgesagt werde", aber auch bei der voraussichtlichen Entwicklung der Dinge Wenn der kaum fünfunddreißigjährige Emir Habib Allens gut beraten ist, l.. Von peschawar nach Aabul Am 27. Juni 1898 wurden von der Polizeidirektion in Peschawar mein Am 28. Juni, früh 6 Uhr, fuhren wir in Begleitung zweier afghanischer '>') Es war dies Gebhard Fleischer aus Loschwitz bei Dresden, später Leiter der Waffen¬ fabrik des Emirs. Er wurde nach einem lakonischer Telegramm aus Peschawar zu Beginn des Novembers 1904 von einem afghanischen Offizier zu Daka erschossen. Grenzboten II 1905 74
Afghanistan vorausgesagt werde», aber auch bei der voraussichtlichen Entwicklung der Dinge Wenn der kaum fünfunddreißigjährige Emir Habib Allens gut beraten ist, l.. Von peschawar nach Aabul Am 27. Juni 1898 wurden von der Polizeidirektion in Peschawar mein Am 28. Juni, früh 6 Uhr, fuhren wir in Begleitung zweier afghanischer '>') Es war dies Gebhard Fleischer aus Loschwitz bei Dresden, später Leiter der Waffen¬ fabrik des Emirs. Er wurde nach einem lakonischer Telegramm aus Peschawar zu Beginn des Novembers 1904 von einem afghanischen Offizier zu Daka erschossen. Grenzboten II 1905 74
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Afghanistan
vorausgesagt werde», aber auch bei der voraussichtlichen Entwicklung der Dinge
ist es keineswegs ausgemacht, daß Rußland ruhig zusehen werde, wenn sich
England gewissermaßen häuslich in Afghanistan einrichtete. In England dagegen
ist man sich an leitender Stelle, wie die jüngsten Äußerungen hervorragender
Staatsmänner beweisen, der Bedeutung durchaus bewußt, die Afghanistan für
die Sicherung der britischen Macht in Indien hat, und so wird denn von
englischer Seite nichts versäumt und alles unternommen werden, um den
„Pufferstaat" die Rolle spielen zu lassen, die Rußlands gefährliche Pläne am
sichersten durchkreuzen könnte.
Wenn der kaum fünfunddreißigjährige Emir Habib Allens gut beraten ist,
so kann er aus der gegenwärtigen politischen Lage überaus bedeutungsvolle
Vorteile für sein Reich und sein Volk ziehn, und da er nicht so sehr nach
blutigen Lorbeeren Verlangen zu tragen scheint, mis nach dem Ruhme, den
Kulturfortschritt in seinem Lande zu fördern, so könnte es geschehen, daß die
eifersüchtige Politik zweier europäischer Großmächte der Zivilisation in einer
mittelasiatischen Despotie Eingang verschaffte. Jedenfalls wird die „afghanische
Frage" in der nächsten Zukunft nicht wieder von der Bildfläche verschwinden,
und es dürfte deshalb auch deutsche Leser interessieren, über ein Land einiges
Zuverlässige zu erfahren, über das im letzten Vierteljahrhundert von deutschen
Forschungsreisenden nichts berichtet worden ist, da sowohl der frühere Emir
von Afghanistan, als auch die britische Regierung in Indien eine förmliche
Grenzsperre mit aller Strenge aufrechterhielten. In den folgenden Schilderungen
und Skizzen dürfte mithin manches Anregende und Fesselnde enthalten sein,
jedenfalls aber sind die an Ort und Stelle empfangner Eindrücke und ge¬
wonnenen Erfahrungen, die die Grundlage der schmucklosen Berichte sind, in
einem Bilde vereinigt worden, dessen Farben 8iruz se-neue» ot ira aufgetragen
wurden, keinen: zuliebe und keinem zuleide.
l.. Von peschawar nach Aabul
Am 27. Juni 1898 wurden von der Polizeidirektion in Peschawar mein
Reisepaß und die meine Bestallung im Dienste des Emirs von Afghanistan be¬
zeugenden Briefe einer genauen Prüfung unterzogen, desgleichen die Papiere
meines Begleiters, der die Reise als Dolmetscht) mitmachte. Da alles in ge¬
höriger Ordnung gefunden wurde, erhielten wir mit einem besondern Reisepaß
die Erlaubnis, durch den Khcnberpaß bis an die afghanische Grenze zu reisen.
Ohne diese Erlaubnis hätten wir unsre Reise nicht fortsetzen können, da die
Engländer den Paß militärisch besetzt halten.
Am 28. Juni, früh 6 Uhr, fuhren wir in Begleitung zweier afghanischer
Beamten auf zwei zweirädrigen Karren von Peschawar ab, genau in der
Richtung von Ost nach West. Nach zweistündiger Fahrt erreichten wir
Dschamrud, das etwa zwanzig Kilometer von Peschawar entfernt ist. Dort ist
von den Engländern ein Festungswerk erbaut. Unsre Neiseurkunden wurden
'>') Es war dies Gebhard Fleischer aus Loschwitz bei Dresden, später Leiter der Waffen¬
fabrik des Emirs. Er wurde nach einem lakonischer Telegramm aus Peschawar zu Beginn
des Novembers 1904 von einem afghanischen Offizier zu Daka erschossen.
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