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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Italien mit einem lombardischen Kriege von ungewissem Ausgange bedrohen könnte.
Die Begegnung der Minister Graf Goluchowski und Tittoni in Venedig trägt zur
Festigung dieses Gedankens hoffentlich ebenso bei, wie die Bekundung der herzlichen
Sympathien, die in den letzten Wochen zwischen Kaiser Wilhelm, dem König Viktor
Emanuel und dem italienischen Volke von neuem ausgetauscht worden sind. Die
auf den "Zerfall Österreichs" rechnen oder ihn herbeiführen möchten, werden die
"Z" Rechnung ohne den Wirt gemacht haben.




Der Kampf um die akademische Freiheit

treibt seltsame Blüten. Den
Anlaß dazu gab bekanntlich die Sympathiedepesche aus Hannover an die deutschen
Studenten in Innsbruck wegen ihres Konflikts mit ihren italienischen Kommilitonen,
die maßgebendenorts begreiflicherweise Anstoß erregte, weil die jungen Herren
sicherlich nicht berufen waren, in einen nationalen Konflikt außerhalb des Deutschen
Reichs einzugreifen, dessen sehr unerfreuliche Folgen sie gar nicht zu übersehen ver¬
mochten. Wir können überhaupt nicht wünschen, daß die Studentenschaften deutscher
Hochschulen anfangen, dem fchlechten Beispiel ihrer romanischen Kommilitonen zu
folgen, sich in praktische politische Parteifragen einzumischen, für deren sachgemäße
Beurteilung ihnen jede Kompetenz abgeht. Seitdem glaubt sich nun ein Teil der
deutschen Studentenschaft in seiner hergebrachten akademischen Freiheit bedroht,
einigt sich zur Abwehr, verkehrt wie eine Macht mit der andern mit dem preußischen
Kultusministerium und dergleichen, natürlich alles unter dem Beifall der liberalen
Presse. Seltsamerweise verlangt sie aber im Namen derselben akademischen Freiheit
auch, nach dem Beispiele Jenas, die Aufhebung der farbentragenden katholischen
Verbindungen oder wenigstens deren Ausschluß aus den vielfach schon bestehenden
studentischen Ausschüssen, die Beschränkung also der akademischen Freiheit zur
Korporationsbildung im Namen derselben Freiheit! Gewiß, eine erfreuliche Er¬
scheinung sind die konfessionellen Verbindungen nicht, weder katholische noch pro¬
testantische, weil sie die konfessionelle Absonderung auch in die Kreise der akademischen
Jugend tragen und dort eine Exklusivität der Gesinnung erziehn helfen, die ihren
Angehörigen auch für das spätere Leben die Freiheit des Urteils und des Blicks
zu beschränken droht. Aber auch die leidige Verschärfung der konfessionellen Gegen¬
sätze, aus der diese Verbindungen notwendigerweise hervorgehn mußten, ist keine
erfreuliche Erscheinung, nur kann sie nicht beseitigt werden durch gegenseitige Unduld¬
samkeit, sondern nur durch gegenseitige Duldung, und gerade diese ist eine Pflicht
der akademischen Jugend, ihre Pflege eine Aufgabe der Universitäten, die doch auch
so viele und so tiefe Gegensätze der Weltanschauung in ihren Lehrkörperu ertragen
müssen. Es ist auch keineswegs nur konfessioneller Eifer, der in den letzten Jahr¬
zehnten zur Gründung solcher Verbindungen geführt hat. Viele katholische Eltern
glauben, daß ihre Söhne in ihnen von den zahlreichen sittlichen Gefahren des
akademischen Lebens bewahrt bleiben, weil sie den Grundsatz eines streng sittlichen
Lebenswandels in den Vordergrund stellen, was bekanntlich leider keineswegs alle
Verbindungen tun, und das ist eine durchaus berechtigte Auffassung. Und was
würde geschehen, wenn man ihnen ihre Rechte verkürzen wollte? Der konfessionelle
Hader würde auch an den Hochschulen hell auflodern, die katholischen Verbindungen
würden, ähnlich wie die katholische Kirche durch den Kulturkampf, an innerer Stärke
und auch an Zahl ihrer Mitglieder nur gewinnen, weil dann sicher kein katholischer
Student einer andern Verbindung beitreten würde, und sie würden gedrängt werden,
sich eng an das Zentrum als die natürliche Vertretung ihrer verkürzten Rechte
anzuschließen, mit dem sie bisher meist gar keine engern Beziehungen unterhalten
haben; die "ausschlaggebende" Partei würde also einen sehr wirkungsvollen und
dankbaren Agitationsstoff zu den übrigen gewinnen. Wem das alles als ein im
nationalen Sinne erstrebenswertes Ziel erscheint, der mag die katholische" Studenten¬
verbindungen im Namen der akademischen Freiheit zu unterdrücken oder zu be-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Italien mit einem lombardischen Kriege von ungewissem Ausgange bedrohen könnte.
Die Begegnung der Minister Graf Goluchowski und Tittoni in Venedig trägt zur
Festigung dieses Gedankens hoffentlich ebenso bei, wie die Bekundung der herzlichen
Sympathien, die in den letzten Wochen zwischen Kaiser Wilhelm, dem König Viktor
Emanuel und dem italienischen Volke von neuem ausgetauscht worden sind. Die
auf den „Zerfall Österreichs" rechnen oder ihn herbeiführen möchten, werden die
"Z" Rechnung ohne den Wirt gemacht haben.




Der Kampf um die akademische Freiheit

treibt seltsame Blüten. Den
Anlaß dazu gab bekanntlich die Sympathiedepesche aus Hannover an die deutschen
Studenten in Innsbruck wegen ihres Konflikts mit ihren italienischen Kommilitonen,
die maßgebendenorts begreiflicherweise Anstoß erregte, weil die jungen Herren
sicherlich nicht berufen waren, in einen nationalen Konflikt außerhalb des Deutschen
Reichs einzugreifen, dessen sehr unerfreuliche Folgen sie gar nicht zu übersehen ver¬
mochten. Wir können überhaupt nicht wünschen, daß die Studentenschaften deutscher
Hochschulen anfangen, dem fchlechten Beispiel ihrer romanischen Kommilitonen zu
folgen, sich in praktische politische Parteifragen einzumischen, für deren sachgemäße
Beurteilung ihnen jede Kompetenz abgeht. Seitdem glaubt sich nun ein Teil der
deutschen Studentenschaft in seiner hergebrachten akademischen Freiheit bedroht,
einigt sich zur Abwehr, verkehrt wie eine Macht mit der andern mit dem preußischen
Kultusministerium und dergleichen, natürlich alles unter dem Beifall der liberalen
Presse. Seltsamerweise verlangt sie aber im Namen derselben akademischen Freiheit
auch, nach dem Beispiele Jenas, die Aufhebung der farbentragenden katholischen
Verbindungen oder wenigstens deren Ausschluß aus den vielfach schon bestehenden
studentischen Ausschüssen, die Beschränkung also der akademischen Freiheit zur
Korporationsbildung im Namen derselben Freiheit! Gewiß, eine erfreuliche Er¬
scheinung sind die konfessionellen Verbindungen nicht, weder katholische noch pro¬
testantische, weil sie die konfessionelle Absonderung auch in die Kreise der akademischen
Jugend tragen und dort eine Exklusivität der Gesinnung erziehn helfen, die ihren
Angehörigen auch für das spätere Leben die Freiheit des Urteils und des Blicks
zu beschränken droht. Aber auch die leidige Verschärfung der konfessionellen Gegen¬
sätze, aus der diese Verbindungen notwendigerweise hervorgehn mußten, ist keine
erfreuliche Erscheinung, nur kann sie nicht beseitigt werden durch gegenseitige Unduld¬
samkeit, sondern nur durch gegenseitige Duldung, und gerade diese ist eine Pflicht
der akademischen Jugend, ihre Pflege eine Aufgabe der Universitäten, die doch auch
so viele und so tiefe Gegensätze der Weltanschauung in ihren Lehrkörperu ertragen
müssen. Es ist auch keineswegs nur konfessioneller Eifer, der in den letzten Jahr¬
zehnten zur Gründung solcher Verbindungen geführt hat. Viele katholische Eltern
glauben, daß ihre Söhne in ihnen von den zahlreichen sittlichen Gefahren des
akademischen Lebens bewahrt bleiben, weil sie den Grundsatz eines streng sittlichen
Lebenswandels in den Vordergrund stellen, was bekanntlich leider keineswegs alle
Verbindungen tun, und das ist eine durchaus berechtigte Auffassung. Und was
würde geschehen, wenn man ihnen ihre Rechte verkürzen wollte? Der konfessionelle
Hader würde auch an den Hochschulen hell auflodern, die katholischen Verbindungen
würden, ähnlich wie die katholische Kirche durch den Kulturkampf, an innerer Stärke
und auch an Zahl ihrer Mitglieder nur gewinnen, weil dann sicher kein katholischer
Student einer andern Verbindung beitreten würde, und sie würden gedrängt werden,
sich eng an das Zentrum als die natürliche Vertretung ihrer verkürzten Rechte
anzuschließen, mit dem sie bisher meist gar keine engern Beziehungen unterhalten
haben; die „ausschlaggebende" Partei würde also einen sehr wirkungsvollen und
dankbaren Agitationsstoff zu den übrigen gewinnen. Wem das alles als ein im
nationalen Sinne erstrebenswertes Ziel erscheint, der mag die katholische» Studenten¬
verbindungen im Namen der akademischen Freiheit zu unterdrücken oder zu be-


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[0288] Maßgebliches und Unmaßgebliches Italien mit einem lombardischen Kriege von ungewissem Ausgange bedrohen könnte. Die Begegnung der Minister Graf Goluchowski und Tittoni in Venedig trägt zur Festigung dieses Gedankens hoffentlich ebenso bei, wie die Bekundung der herzlichen Sympathien, die in den letzten Wochen zwischen Kaiser Wilhelm, dem König Viktor Emanuel und dem italienischen Volke von neuem ausgetauscht worden sind. Die auf den „Zerfall Österreichs" rechnen oder ihn herbeiführen möchten, werden die "Z" Rechnung ohne den Wirt gemacht haben. Der Kampf um die akademische Freiheit treibt seltsame Blüten. Den Anlaß dazu gab bekanntlich die Sympathiedepesche aus Hannover an die deutschen Studenten in Innsbruck wegen ihres Konflikts mit ihren italienischen Kommilitonen, die maßgebendenorts begreiflicherweise Anstoß erregte, weil die jungen Herren sicherlich nicht berufen waren, in einen nationalen Konflikt außerhalb des Deutschen Reichs einzugreifen, dessen sehr unerfreuliche Folgen sie gar nicht zu übersehen ver¬ mochten. Wir können überhaupt nicht wünschen, daß die Studentenschaften deutscher Hochschulen anfangen, dem fchlechten Beispiel ihrer romanischen Kommilitonen zu folgen, sich in praktische politische Parteifragen einzumischen, für deren sachgemäße Beurteilung ihnen jede Kompetenz abgeht. Seitdem glaubt sich nun ein Teil der deutschen Studentenschaft in seiner hergebrachten akademischen Freiheit bedroht, einigt sich zur Abwehr, verkehrt wie eine Macht mit der andern mit dem preußischen Kultusministerium und dergleichen, natürlich alles unter dem Beifall der liberalen Presse. Seltsamerweise verlangt sie aber im Namen derselben akademischen Freiheit auch, nach dem Beispiele Jenas, die Aufhebung der farbentragenden katholischen Verbindungen oder wenigstens deren Ausschluß aus den vielfach schon bestehenden studentischen Ausschüssen, die Beschränkung also der akademischen Freiheit zur Korporationsbildung im Namen derselben Freiheit! Gewiß, eine erfreuliche Er¬ scheinung sind die konfessionellen Verbindungen nicht, weder katholische noch pro¬ testantische, weil sie die konfessionelle Absonderung auch in die Kreise der akademischen Jugend tragen und dort eine Exklusivität der Gesinnung erziehn helfen, die ihren Angehörigen auch für das spätere Leben die Freiheit des Urteils und des Blicks zu beschränken droht. Aber auch die leidige Verschärfung der konfessionellen Gegen¬ sätze, aus der diese Verbindungen notwendigerweise hervorgehn mußten, ist keine erfreuliche Erscheinung, nur kann sie nicht beseitigt werden durch gegenseitige Unduld¬ samkeit, sondern nur durch gegenseitige Duldung, und gerade diese ist eine Pflicht der akademischen Jugend, ihre Pflege eine Aufgabe der Universitäten, die doch auch so viele und so tiefe Gegensätze der Weltanschauung in ihren Lehrkörperu ertragen müssen. Es ist auch keineswegs nur konfessioneller Eifer, der in den letzten Jahr¬ zehnten zur Gründung solcher Verbindungen geführt hat. Viele katholische Eltern glauben, daß ihre Söhne in ihnen von den zahlreichen sittlichen Gefahren des akademischen Lebens bewahrt bleiben, weil sie den Grundsatz eines streng sittlichen Lebenswandels in den Vordergrund stellen, was bekanntlich leider keineswegs alle Verbindungen tun, und das ist eine durchaus berechtigte Auffassung. Und was würde geschehen, wenn man ihnen ihre Rechte verkürzen wollte? Der konfessionelle Hader würde auch an den Hochschulen hell auflodern, die katholischen Verbindungen würden, ähnlich wie die katholische Kirche durch den Kulturkampf, an innerer Stärke und auch an Zahl ihrer Mitglieder nur gewinnen, weil dann sicher kein katholischer Student einer andern Verbindung beitreten würde, und sie würden gedrängt werden, sich eng an das Zentrum als die natürliche Vertretung ihrer verkürzten Rechte anzuschließen, mit dem sie bisher meist gar keine engern Beziehungen unterhalten haben; die „ausschlaggebende" Partei würde also einen sehr wirkungsvollen und dankbaren Agitationsstoff zu den übrigen gewinnen. Wem das alles als ein im nationalen Sinne erstrebenswertes Ziel erscheint, der mag die katholische» Studenten¬ verbindungen im Namen der akademischen Freiheit zu unterdrücken oder zu be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/288>, abgerufen am 05.02.2025.