Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

schränken suchen; die Aufgabe der akademischen Behörden und der deutschen Re¬
gierungen kann das unter keinen Umständen sein, und wir hoffen, daß die auf den
12. Mai nach Berlin berufne Versammlung der preußischen Hochschulrektoren dus
Richtige finden nwge, schweres Unheil abzuwenden, unbeirrt durch populäre Schlag¬
worte, wie es Männern der freien deutschen Wissenschaft ziemt, und ebenso unbeirrt
durch die Rücksicht aus die Wahrung der Selbstverwaltung der Universitäten die
," mit einer studentischen "akademischen Freiheit" gar nichts zu tuu hat.


Zur Charakteristik russischer Zustände

schreibt uns ein Freund unsers
Blattes aus Se. Petersburg: Einer der Direktoren eines großen hiesigen Fabrik¬
unternehmens wurde in den letzten Tagen zum Generalgouvemeur zitiert. Dieser
empfing den Herrn sehr ungnädig und begann, ohne ihn zum Sitzen aufzufordern:

Gg.: Ihre Fabriken arbeiten nicht?

Der Direktor: So ist es, Exzellenz.

Gg.: Ich wünsche, daß man die Arbeit bei Ihnen wieder aufnimmt.

Der Direktor: Leider ist es unter den zurzeit herrschenden Umständen aus¬
geschlossen, Exzellenz.

Gg.: Sie höre", daß ich es wünsche!

Der Direktor: Der Verein Petersburger Fabrikdirektoreu hat den Beschluß
gefaßt, die Fabriken bis ans weiteres zu schließen, Exzellenz.

Gg. (schärfer): Kennen Sie ein Gouvernement Archangelsk?

Der Direktor: Ich habe nicht das Vergnügen, Exzellenz; aber vielleicht wird
mein Botschafter, Graf Alvensleben, es kennen.

Gg. sin verändertem Tone, sehr höflich): Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen.
Ich bin weit entfernt, Ihnen Vorschriften zu machen.

Wie aber, wenn der Mann russischer Untertan wäre?

Eine scherzhafte Episode aus dem Privatleben eines der höchsten russischen Staats¬
beamten nichtrussischer Abkunft beleuchtet grell die in den letzten Jahren in Finn¬
land herrschenden Zustande. Der Baron bewohnt im Sommer, gleich seinem Bruder,
eine Villa im Wibvrger Gouvernement. Zu Ehren eines Familieutags wird das
alte Familienbanner ausgehängt -- ein goldnes Band auf blauem Grnnde. Sofort
erscheint die russische Polizei und verlangt die Einziehung der Fahne, da die Farben
mit denen Schwedens (blau-gelb) identisch seien, und es verboten sei, andre als
russische Fcchueu aufzuhängen. Ans irgendwelche Kompromisse ließ sich der Man"
nicht ein, und er wich nicht eher von der Stelle, als bis dem Gesetze Genüge geschehn
nud die "verbotne" Fahne eingezogen war! Der Baron beklagte sich sofort bei
Plehwe und stellte ihm vor, daß es unklug sei, durch solche unbefugte Eingriffe
in das Privatleben die gereizte Stimmung unter der Bevölkerung Finnlands noch
zu steigern. Denn daß in diesem Falle ein russischer Staatsmann in höchst eigner
Person durch das für Finnland gut befundne System polizeilicher Überwachung be¬
einträchtigt werde, sei eine Ironie des Zufalls. Daraufhin beeilte sich Plehwe, ihm
gegenüber seine Entschuldigung zu machen; übrigens blieb alles beim alten.

Zum Schlich noch einige Worte über die zurzeit hier herrschende Stimmung.

Je mehr wir uns dem Mai nähern, um so mehr macht sich die Spannung
geltend, die seit den verhängnisvollen Januartagen 1905 allmählich die ganze Be¬
völkerung ergriffen hat, die Spannung: Was wird der ominöse 1. Mai uns
bringen? Wird die dumpfe Gärung, die sich in allen Zweigen der Industrie und
°er Verwaltung bemerkbar macht, sich, wie prophezeit worden ist, in einer furcht-
^ren Katastrophe Luft machen, oder wird es bei einigen kleinen "Apfelsinchen"
^n Bewenden haben -- mit diesem Kosenamen bezeichnet der Volksmund die
"euerdings hier so beliebten Bomben, seit der famosen, auf so rätselhafte Weise
^rschwundnen Apfelsinensendung im Februar.*)



^ . Auf dem Warschauer Bahnhof lagerte eine Anzahl Kisten mit Apfelsinen, die längere
^ nicht abgeholt wurden. Einige Arbeiter, für die der Begriff "fremdes Eigentum" nicht
Maßgebliches und Unmaßgebliches

schränken suchen; die Aufgabe der akademischen Behörden und der deutschen Re¬
gierungen kann das unter keinen Umständen sein, und wir hoffen, daß die auf den
12. Mai nach Berlin berufne Versammlung der preußischen Hochschulrektoren dus
Richtige finden nwge, schweres Unheil abzuwenden, unbeirrt durch populäre Schlag¬
worte, wie es Männern der freien deutschen Wissenschaft ziemt, und ebenso unbeirrt
durch die Rücksicht aus die Wahrung der Selbstverwaltung der Universitäten die
,» mit einer studentischen „akademischen Freiheit" gar nichts zu tuu hat.


Zur Charakteristik russischer Zustände

schreibt uns ein Freund unsers
Blattes aus Se. Petersburg: Einer der Direktoren eines großen hiesigen Fabrik¬
unternehmens wurde in den letzten Tagen zum Generalgouvemeur zitiert. Dieser
empfing den Herrn sehr ungnädig und begann, ohne ihn zum Sitzen aufzufordern:

Gg.: Ihre Fabriken arbeiten nicht?

Der Direktor: So ist es, Exzellenz.

Gg.: Ich wünsche, daß man die Arbeit bei Ihnen wieder aufnimmt.

Der Direktor: Leider ist es unter den zurzeit herrschenden Umständen aus¬
geschlossen, Exzellenz.

Gg.: Sie höre», daß ich es wünsche!

Der Direktor: Der Verein Petersburger Fabrikdirektoreu hat den Beschluß
gefaßt, die Fabriken bis ans weiteres zu schließen, Exzellenz.

Gg. (schärfer): Kennen Sie ein Gouvernement Archangelsk?

Der Direktor: Ich habe nicht das Vergnügen, Exzellenz; aber vielleicht wird
mein Botschafter, Graf Alvensleben, es kennen.

Gg. sin verändertem Tone, sehr höflich): Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen.
Ich bin weit entfernt, Ihnen Vorschriften zu machen.

Wie aber, wenn der Mann russischer Untertan wäre?

Eine scherzhafte Episode aus dem Privatleben eines der höchsten russischen Staats¬
beamten nichtrussischer Abkunft beleuchtet grell die in den letzten Jahren in Finn¬
land herrschenden Zustande. Der Baron bewohnt im Sommer, gleich seinem Bruder,
eine Villa im Wibvrger Gouvernement. Zu Ehren eines Familieutags wird das
alte Familienbanner ausgehängt — ein goldnes Band auf blauem Grnnde. Sofort
erscheint die russische Polizei und verlangt die Einziehung der Fahne, da die Farben
mit denen Schwedens (blau-gelb) identisch seien, und es verboten sei, andre als
russische Fcchueu aufzuhängen. Ans irgendwelche Kompromisse ließ sich der Man»
nicht ein, und er wich nicht eher von der Stelle, als bis dem Gesetze Genüge geschehn
nud die „verbotne" Fahne eingezogen war! Der Baron beklagte sich sofort bei
Plehwe und stellte ihm vor, daß es unklug sei, durch solche unbefugte Eingriffe
in das Privatleben die gereizte Stimmung unter der Bevölkerung Finnlands noch
zu steigern. Denn daß in diesem Falle ein russischer Staatsmann in höchst eigner
Person durch das für Finnland gut befundne System polizeilicher Überwachung be¬
einträchtigt werde, sei eine Ironie des Zufalls. Daraufhin beeilte sich Plehwe, ihm
gegenüber seine Entschuldigung zu machen; übrigens blieb alles beim alten.

Zum Schlich noch einige Worte über die zurzeit hier herrschende Stimmung.

Je mehr wir uns dem Mai nähern, um so mehr macht sich die Spannung
geltend, die seit den verhängnisvollen Januartagen 1905 allmählich die ganze Be¬
völkerung ergriffen hat, die Spannung: Was wird der ominöse 1. Mai uns
bringen? Wird die dumpfe Gärung, die sich in allen Zweigen der Industrie und
°er Verwaltung bemerkbar macht, sich, wie prophezeit worden ist, in einer furcht-
^ren Katastrophe Luft machen, oder wird es bei einigen kleinen „Apfelsinchen"
^n Bewenden haben — mit diesem Kosenamen bezeichnet der Volksmund die
"euerdings hier so beliebten Bomben, seit der famosen, auf so rätselhafte Weise
^rschwundnen Apfelsinensendung im Februar.*)



^ . Auf dem Warschauer Bahnhof lagerte eine Anzahl Kisten mit Apfelsinen, die längere
^ nicht abgeholt wurden. Einige Arbeiter, für die der Begriff „fremdes Eigentum" nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0289" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297421"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1319" prev="#ID_1318"> schränken suchen; die Aufgabe der akademischen Behörden und der deutschen Re¬<lb/>
gierungen kann das unter keinen Umständen sein, und wir hoffen, daß die auf den<lb/>
12. Mai nach Berlin berufne Versammlung der preußischen Hochschulrektoren dus<lb/>
Richtige finden nwge, schweres Unheil abzuwenden, unbeirrt durch populäre Schlag¬<lb/>
worte, wie es Männern der freien deutschen Wissenschaft ziemt, und ebenso unbeirrt<lb/>
durch die Rücksicht aus die Wahrung der Selbstverwaltung der Universitäten die<lb/><note type="byline"></note> mit einer studentischen &#x201E;akademischen Freiheit" gar nichts zu tuu hat. </p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Zur Charakteristik russischer Zustände </head>
            <p xml:id="ID_1320"> schreibt uns ein Freund unsers<lb/>
Blattes aus Se. Petersburg: Einer der Direktoren eines großen hiesigen Fabrik¬<lb/>
unternehmens wurde in den letzten Tagen zum Generalgouvemeur zitiert. Dieser<lb/>
empfing den Herrn sehr ungnädig und begann, ohne ihn zum Sitzen aufzufordern:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1321"> Gg.: Ihre Fabriken arbeiten nicht?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1322"> Der Direktor: So ist es, Exzellenz.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1323"> Gg.: Ich wünsche, daß man die Arbeit bei Ihnen wieder aufnimmt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1324"> Der Direktor: Leider ist es unter den zurzeit herrschenden Umständen aus¬<lb/>
geschlossen, Exzellenz.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1325"> Gg.: Sie höre», daß ich es wünsche!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1326"> Der Direktor: Der Verein Petersburger Fabrikdirektoreu hat den Beschluß<lb/>
gefaßt, die Fabriken bis ans weiteres zu schließen, Exzellenz.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1327"> Gg. (schärfer): Kennen Sie ein Gouvernement Archangelsk?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1328"> Der Direktor: Ich habe nicht das Vergnügen, Exzellenz; aber vielleicht wird<lb/>
mein Botschafter, Graf Alvensleben, es kennen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1329"> Gg. sin verändertem Tone, sehr höflich): Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen.<lb/>
Ich bin weit entfernt, Ihnen Vorschriften zu machen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1330"> Wie aber, wenn der Mann russischer Untertan wäre?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1331"> Eine scherzhafte Episode aus dem Privatleben eines der höchsten russischen Staats¬<lb/>
beamten nichtrussischer Abkunft beleuchtet grell die in den letzten Jahren in Finn¬<lb/>
land herrschenden Zustande. Der Baron bewohnt im Sommer, gleich seinem Bruder,<lb/>
eine Villa im Wibvrger Gouvernement. Zu Ehren eines Familieutags wird das<lb/>
alte Familienbanner ausgehängt &#x2014; ein goldnes Band auf blauem Grnnde. Sofort<lb/>
erscheint die russische Polizei und verlangt die Einziehung der Fahne, da die Farben<lb/>
mit denen Schwedens (blau-gelb) identisch seien, und es verboten sei, andre als<lb/>
russische Fcchueu aufzuhängen. Ans irgendwelche Kompromisse ließ sich der Man»<lb/>
nicht ein, und er wich nicht eher von der Stelle, als bis dem Gesetze Genüge geschehn<lb/>
nud die &#x201E;verbotne" Fahne eingezogen war! Der Baron beklagte sich sofort bei<lb/>
Plehwe und stellte ihm vor, daß es unklug sei, durch solche unbefugte Eingriffe<lb/>
in das Privatleben die gereizte Stimmung unter der Bevölkerung Finnlands noch<lb/>
zu steigern. Denn daß in diesem Falle ein russischer Staatsmann in höchst eigner<lb/>
Person durch das für Finnland gut befundne System polizeilicher Überwachung be¬<lb/>
einträchtigt werde, sei eine Ironie des Zufalls. Daraufhin beeilte sich Plehwe, ihm<lb/>
gegenüber seine Entschuldigung zu machen; übrigens blieb alles beim alten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1332"> Zum Schlich noch einige Worte über die zurzeit hier herrschende Stimmung.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1333"> Je mehr wir uns dem Mai nähern, um so mehr macht sich die Spannung<lb/>
geltend, die seit den verhängnisvollen Januartagen 1905 allmählich die ganze Be¬<lb/>
völkerung ergriffen hat, die Spannung: Was wird der ominöse 1. Mai uns<lb/>
bringen? Wird die dumpfe Gärung, die sich in allen Zweigen der Industrie und<lb/>
°er Verwaltung bemerkbar macht, sich, wie prophezeit worden ist, in einer furcht-<lb/>
^ren Katastrophe Luft machen, oder wird es bei einigen kleinen &#x201E;Apfelsinchen"<lb/>
^n Bewenden haben &#x2014; mit diesem Kosenamen bezeichnet der Volksmund die<lb/>
"euerdings hier so beliebten Bomben, seit der famosen, auf so rätselhafte Weise<lb/>
^rschwundnen Apfelsinensendung im Februar.*)</p><lb/>
            <note xml:id="FID_10" place="foot" next="#FID_11"> ^ . Auf dem Warschauer Bahnhof lagerte eine Anzahl Kisten mit Apfelsinen, die längere<lb/>
^ nicht abgeholt wurden.  Einige Arbeiter, für die der Begriff &#x201E;fremdes Eigentum" nicht</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0289] Maßgebliches und Unmaßgebliches schränken suchen; die Aufgabe der akademischen Behörden und der deutschen Re¬ gierungen kann das unter keinen Umständen sein, und wir hoffen, daß die auf den 12. Mai nach Berlin berufne Versammlung der preußischen Hochschulrektoren dus Richtige finden nwge, schweres Unheil abzuwenden, unbeirrt durch populäre Schlag¬ worte, wie es Männern der freien deutschen Wissenschaft ziemt, und ebenso unbeirrt durch die Rücksicht aus die Wahrung der Selbstverwaltung der Universitäten die ,» mit einer studentischen „akademischen Freiheit" gar nichts zu tuu hat. Zur Charakteristik russischer Zustände schreibt uns ein Freund unsers Blattes aus Se. Petersburg: Einer der Direktoren eines großen hiesigen Fabrik¬ unternehmens wurde in den letzten Tagen zum Generalgouvemeur zitiert. Dieser empfing den Herrn sehr ungnädig und begann, ohne ihn zum Sitzen aufzufordern: Gg.: Ihre Fabriken arbeiten nicht? Der Direktor: So ist es, Exzellenz. Gg.: Ich wünsche, daß man die Arbeit bei Ihnen wieder aufnimmt. Der Direktor: Leider ist es unter den zurzeit herrschenden Umständen aus¬ geschlossen, Exzellenz. Gg.: Sie höre», daß ich es wünsche! Der Direktor: Der Verein Petersburger Fabrikdirektoreu hat den Beschluß gefaßt, die Fabriken bis ans weiteres zu schließen, Exzellenz. Gg. (schärfer): Kennen Sie ein Gouvernement Archangelsk? Der Direktor: Ich habe nicht das Vergnügen, Exzellenz; aber vielleicht wird mein Botschafter, Graf Alvensleben, es kennen. Gg. sin verändertem Tone, sehr höflich): Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen. Ich bin weit entfernt, Ihnen Vorschriften zu machen. Wie aber, wenn der Mann russischer Untertan wäre? Eine scherzhafte Episode aus dem Privatleben eines der höchsten russischen Staats¬ beamten nichtrussischer Abkunft beleuchtet grell die in den letzten Jahren in Finn¬ land herrschenden Zustande. Der Baron bewohnt im Sommer, gleich seinem Bruder, eine Villa im Wibvrger Gouvernement. Zu Ehren eines Familieutags wird das alte Familienbanner ausgehängt — ein goldnes Band auf blauem Grnnde. Sofort erscheint die russische Polizei und verlangt die Einziehung der Fahne, da die Farben mit denen Schwedens (blau-gelb) identisch seien, und es verboten sei, andre als russische Fcchueu aufzuhängen. Ans irgendwelche Kompromisse ließ sich der Man» nicht ein, und er wich nicht eher von der Stelle, als bis dem Gesetze Genüge geschehn nud die „verbotne" Fahne eingezogen war! Der Baron beklagte sich sofort bei Plehwe und stellte ihm vor, daß es unklug sei, durch solche unbefugte Eingriffe in das Privatleben die gereizte Stimmung unter der Bevölkerung Finnlands noch zu steigern. Denn daß in diesem Falle ein russischer Staatsmann in höchst eigner Person durch das für Finnland gut befundne System polizeilicher Überwachung be¬ einträchtigt werde, sei eine Ironie des Zufalls. Daraufhin beeilte sich Plehwe, ihm gegenüber seine Entschuldigung zu machen; übrigens blieb alles beim alten. Zum Schlich noch einige Worte über die zurzeit hier herrschende Stimmung. Je mehr wir uns dem Mai nähern, um so mehr macht sich die Spannung geltend, die seit den verhängnisvollen Januartagen 1905 allmählich die ganze Be¬ völkerung ergriffen hat, die Spannung: Was wird der ominöse 1. Mai uns bringen? Wird die dumpfe Gärung, die sich in allen Zweigen der Industrie und °er Verwaltung bemerkbar macht, sich, wie prophezeit worden ist, in einer furcht- ^ren Katastrophe Luft machen, oder wird es bei einigen kleinen „Apfelsinchen" ^n Bewenden haben — mit diesem Kosenamen bezeichnet der Volksmund die "euerdings hier so beliebten Bomben, seit der famosen, auf so rätselhafte Weise ^rschwundnen Apfelsinensendung im Februar.*) ^ . Auf dem Warschauer Bahnhof lagerte eine Anzahl Kisten mit Apfelsinen, die längere ^ nicht abgeholt wurden. Einige Arbeiter, für die der Begriff „fremdes Eigentum" nicht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/289
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/289>, abgerufen am 05.02.2025.