Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Dem bewährten starken Morold macht es wenig Schmerzen, daß es zum Zwei¬ Einer der Erklärer vergleicht dcizn unser durch Mark und Bein, sodaß "Bein" Wir reden in derbem Scherz von einem nngewaschuen Maul, Gottfried Unverfrornes Benehmen andrer, das einem zu lästig wird, lehnt man mit der d. h. man spielte ihm mit, wie man auf einem Streichinstrument fiedelt oder Daß seine Sache schief gehn würde, ahnte der Truchseß wohl schon, als Tristans Gottfrieds Bilder aus dem Naturleben beschränken sich auf die einfachsten Dem bewährten starken Morold macht es wenig Schmerzen, daß es zum Zwei¬ Einer der Erklärer vergleicht dcizn unser durch Mark und Bein, sodaß „Bein" Wir reden in derbem Scherz von einem nngewaschuen Maul, Gottfried Unverfrornes Benehmen andrer, das einem zu lästig wird, lehnt man mit der d. h. man spielte ihm mit, wie man auf einem Streichinstrument fiedelt oder Daß seine Sache schief gehn würde, ahnte der Truchseß wohl schon, als Tristans Gottfrieds Bilder aus dem Naturleben beschränken sich auf die einfachsten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297347"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_926" prev="#ID_925"> Dem bewährten starken Morold macht es wenig Schmerzen, daß es zum Zwei¬<lb/> kampf zwischen ihm und Triften kommen wird:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_7" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_927"> Einer der Erklärer vergleicht dcizn unser durch Mark und Bein, sodaß „Bein"<lb/> in der allerdings früher überwiegende!, Bedeutung Knochen zu fassen wäre;<lb/> möchte man aber, weil es sich nicht um körperliches Weh, sondern um Ge¬<lb/> danken handelt, nicht lieber ni« Wendungen denken wie: etwas ans Bein binden,<lb/> etwas noch am Beine haben, d. h. eine lustige, wenn auch nicht gefährliche<lb/> Sorge mit sich herumtrage», sodaß Gottfried gemeint hätte: es machte ihm<lb/> weder tiefe noch geringe Sorge?</p><lb/> <p xml:id="ID_928"> Wir reden in derbem Scherz von einem nngewaschuen Maul, Gottfried<lb/> spricht einmal im Ernst von „wohl gewaschenen Worten." Und wenn er, der<lb/> beredteste, für eine höfische Herrlichkeit wie Tristans Schwertleite angeblich keine<lb/> Worte finden kann, so beklagt er sich ähnlich unsrer Wendung „du hast mir das<lb/> Wort aus dem Munde genommen":</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_929"> Unverfrornes Benehmen andrer, das einem zu lästig wird, lehnt man mit der<lb/> kräftigen Redensart ab: Ich lasse mir nicht auf der Nase herumtrommeln.<lb/> Gottfried hat einen verwandten, aber feinern Ausdruck. Der irische Truchseß,<lb/> der mit billigem Trug Isolde zu erwerben gedachte und schließlich mit Schande<lb/> von ihr lassen muß, braucht für den Spott nicht zu sorgen; selbst der Dichter<lb/> fällt mit in den ironischen Ton:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_9" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_930"> d. h. man spielte ihm mit, wie man auf einem Streichinstrument fiedelt oder<lb/> an der harfenühnlichen Rotte zupft, er fügt das zweite Bild hinzu:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_931"> Daß seine Sache schief gehn würde, ahnte der Truchseß wohl schon, als Tristans<lb/> mannhaftes und prächtiges Auftreten ihm gegenüber am Hofe Stimmung machte:<lb/> schon da sah er sauer drein, trug, wie Gottfried sagt, den Essig in den Augen.</p><lb/> <p xml:id="ID_932" next="#ID_933"> Gottfrieds Bilder aus dem Naturleben beschränken sich auf die einfachsten<lb/> Gleichnisbegriffe: Taube, Schlange und verwandtes, Laub, Beere und Bohne,<lb/> Blei und Gold. Tristan durchschaut Marjodocs und Mclots Verräterabsicht<lb/> und warnt Isolde vor ihnen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_11" type="poem"> <l/> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0215]
Dem bewährten starken Morold macht es wenig Schmerzen, daß es zum Zwei¬
kampf zwischen ihm und Triften kommen wird:
Einer der Erklärer vergleicht dcizn unser durch Mark und Bein, sodaß „Bein"
in der allerdings früher überwiegende!, Bedeutung Knochen zu fassen wäre;
möchte man aber, weil es sich nicht um körperliches Weh, sondern um Ge¬
danken handelt, nicht lieber ni« Wendungen denken wie: etwas ans Bein binden,
etwas noch am Beine haben, d. h. eine lustige, wenn auch nicht gefährliche
Sorge mit sich herumtrage», sodaß Gottfried gemeint hätte: es machte ihm
weder tiefe noch geringe Sorge?
Wir reden in derbem Scherz von einem nngewaschuen Maul, Gottfried
spricht einmal im Ernst von „wohl gewaschenen Worten." Und wenn er, der
beredteste, für eine höfische Herrlichkeit wie Tristans Schwertleite angeblich keine
Worte finden kann, so beklagt er sich ähnlich unsrer Wendung „du hast mir das
Wort aus dem Munde genommen":
Unverfrornes Benehmen andrer, das einem zu lästig wird, lehnt man mit der
kräftigen Redensart ab: Ich lasse mir nicht auf der Nase herumtrommeln.
Gottfried hat einen verwandten, aber feinern Ausdruck. Der irische Truchseß,
der mit billigem Trug Isolde zu erwerben gedachte und schließlich mit Schande
von ihr lassen muß, braucht für den Spott nicht zu sorgen; selbst der Dichter
fällt mit in den ironischen Ton:
d. h. man spielte ihm mit, wie man auf einem Streichinstrument fiedelt oder
an der harfenühnlichen Rotte zupft, er fügt das zweite Bild hinzu:
Daß seine Sache schief gehn würde, ahnte der Truchseß wohl schon, als Tristans
mannhaftes und prächtiges Auftreten ihm gegenüber am Hofe Stimmung machte:
schon da sah er sauer drein, trug, wie Gottfried sagt, den Essig in den Augen.
Gottfrieds Bilder aus dem Naturleben beschränken sich auf die einfachsten
Gleichnisbegriffe: Taube, Schlange und verwandtes, Laub, Beere und Bohne,
Blei und Gold. Tristan durchschaut Marjodocs und Mclots Verräterabsicht
und warnt Isolde vor ihnen:
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