Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Deutsche Bollwerke im Osten bieten. Zurzeit gewährt sie ihnen keinerlei Berechtigungen, und damit geht Deutsche Bollwerke im Osten bieten. Zurzeit gewährt sie ihnen keinerlei Berechtigungen, und damit geht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0139" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297271"/> <fw type="header" place="top"> Deutsche Bollwerke im Osten</fw><lb/> <p xml:id="ID_525" prev="#ID_524" next="#ID_526"> bieten. Zurzeit gewährt sie ihnen keinerlei Berechtigungen, und damit geht<lb/> für die ohnehin durch das Berufsleben stark beanspruchten Männer eine wesent¬<lb/> liche Anziehung verloren, was um so mehr bedauert werden muß, als Posen<lb/> die einzige Provinz Preußens ist, die nichts dergleichen zu bieten vermag. In<lb/> konfessioneller Beziehung ist das Verhältnis im Vergleich zum ersten Semester<lb/> fast ganz konstant geblieben: das evangelische Element macht weit mehr als<lb/> die Hälfte aus, das katholische mehr als ein Sechstel, und das jüdische mehr<lb/> als ein Fünftel. Die erfreulichsten Ergebnisse zeigt die Berufsstatistik. Die<lb/> Beteiligung des Lehrerstandes zeigt einen starken Zuwachs von 16 Prozent,<lb/> dagegen sind die Offiziere um etwa 20 Prozent zurückgegangen, die höhern<lb/> Beamten um 7, die mittlern um 5 Prozent; leider beträgt der Rückgang bei<lb/> den gelehrt-technischen Berufen mehr als 40 Prozent, bei den Gewerbetreibenden<lb/> etwa 29 Prozent. Aus diesen Tatsachen ergibt sich, daß das Sommersemester<lb/> für eine freie Hochschule, wie die Akademie, voraussichtlich immer eine kritische<lb/> Zeit sein wird. Gegen die zum Teil auffälligen Rückgänge des Sommer¬<lb/> semesters ist jedoch durchweg ein befriedigender Ausgleich eingetreten. Ähnliche<lb/> Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Oberschulbehörde in Hamburg und die<lb/> Gehcstiftnng in Dresden, veranstalten aus diesem Grunde im Sommer über¬<lb/> haupt keine Vorlesungen. Außerdem zeigen die Zahlen, daß die Entwicklung<lb/> der Akademie nicht nach der Handelshochschule, sondern in allgemeiner Richtung<lb/> geht, ihrem ursprünglichen Charakter gemäß. Ihre Wirkung ist daher am<lb/> stärksten und nimmt am meisten zu in den Kreisen, die in nationalem Sinne<lb/> als die Träger der Volksbildung und des Volkstums am wichtigsten sind.<lb/> Soll die Akademie, wie es allerdings wünschenswert ist, für das gewerblich-<lb/> technische Leben Bedeutung gewinnen, so wird es unbedingt notwendig sein,<lb/> ihre Wirksamkeit in dieser Richtung durch Ausgestaltung des Lehrplans zu<lb/> verstärken und ihr Berechtigungen zu geben, wozu die Verleihung einer Diplom-<lb/> Prüfungsordnung der erste Schritt sein würde. Geht man zum Beispiel die<lb/> gelehrten technischen Berufe durch, so finden wir 20 Ärzte, 1 Zahnarzt, keinen<lb/> Tierarzt, 2 Chemiker, 7 Apotheker, 2 Architekten, 15 Ingenieure, im ganzen<lb/> 47 Personen, von denen 28 der Akademie seit dem ersten Semester angehören;<lb/> von den Gewerbetreibenden: Kaufleute 89, Syndikus der Handelskammer 1,<lb/> Lehrlinge 8, Bankbeamte 19, Bankeleven 7, Fabrikanten 0, Landwirte und<lb/> Gärtner 9, Musiker und Musiklehrerinnen 0, Damen andrer Berufe 7, darunter<lb/> 4 als Gesellschafterinnen oder Erzieherinnen. In diesen Zahlen sind zweifel¬<lb/> los die Nachweise gegeben, nach welcher Richtung hin eine Erweiterung der<lb/> Akademie und ihrer Wirksamkeit zu wünschen bleibt. Die höhern Beamten und<lb/> die Rechtsanwälte verteilen sich auf 40 höhere Verwaltungsbeamte, 17 Richter,<lb/> 6 Rechtsanwülte, 9 Assessoren, 19 Referendare, diese im Verhältnis zu den<lb/> Richtern jedenfalls eine außerordentlich geringe Zahl. Pfarrer sind 4 evan¬<lb/> gelische, 3 katholische und dazu 34 katholische Kleriker vorhanden. Im Sommer-<lb/> semcster betrug die Zahl der evangelischen Pfarrer 3, der katholischen 6 und<lb/> der Kleriker 44. Die jetzt noch vorhandnen 3 katholischen Pfarrer sind noch<lb/> aus dem Erösfnungssemester übrig. Was den Lehrerstand anlangt, so finden<lb/> wir 13 höhere Lehrer, 2 Direktoren, 101 Volks- und Mittelschullehrer, 10 Rek-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0139]
Deutsche Bollwerke im Osten
bieten. Zurzeit gewährt sie ihnen keinerlei Berechtigungen, und damit geht
für die ohnehin durch das Berufsleben stark beanspruchten Männer eine wesent¬
liche Anziehung verloren, was um so mehr bedauert werden muß, als Posen
die einzige Provinz Preußens ist, die nichts dergleichen zu bieten vermag. In
konfessioneller Beziehung ist das Verhältnis im Vergleich zum ersten Semester
fast ganz konstant geblieben: das evangelische Element macht weit mehr als
die Hälfte aus, das katholische mehr als ein Sechstel, und das jüdische mehr
als ein Fünftel. Die erfreulichsten Ergebnisse zeigt die Berufsstatistik. Die
Beteiligung des Lehrerstandes zeigt einen starken Zuwachs von 16 Prozent,
dagegen sind die Offiziere um etwa 20 Prozent zurückgegangen, die höhern
Beamten um 7, die mittlern um 5 Prozent; leider beträgt der Rückgang bei
den gelehrt-technischen Berufen mehr als 40 Prozent, bei den Gewerbetreibenden
etwa 29 Prozent. Aus diesen Tatsachen ergibt sich, daß das Sommersemester
für eine freie Hochschule, wie die Akademie, voraussichtlich immer eine kritische
Zeit sein wird. Gegen die zum Teil auffälligen Rückgänge des Sommer¬
semesters ist jedoch durchweg ein befriedigender Ausgleich eingetreten. Ähnliche
Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Oberschulbehörde in Hamburg und die
Gehcstiftnng in Dresden, veranstalten aus diesem Grunde im Sommer über¬
haupt keine Vorlesungen. Außerdem zeigen die Zahlen, daß die Entwicklung
der Akademie nicht nach der Handelshochschule, sondern in allgemeiner Richtung
geht, ihrem ursprünglichen Charakter gemäß. Ihre Wirkung ist daher am
stärksten und nimmt am meisten zu in den Kreisen, die in nationalem Sinne
als die Träger der Volksbildung und des Volkstums am wichtigsten sind.
Soll die Akademie, wie es allerdings wünschenswert ist, für das gewerblich-
technische Leben Bedeutung gewinnen, so wird es unbedingt notwendig sein,
ihre Wirksamkeit in dieser Richtung durch Ausgestaltung des Lehrplans zu
verstärken und ihr Berechtigungen zu geben, wozu die Verleihung einer Diplom-
Prüfungsordnung der erste Schritt sein würde. Geht man zum Beispiel die
gelehrten technischen Berufe durch, so finden wir 20 Ärzte, 1 Zahnarzt, keinen
Tierarzt, 2 Chemiker, 7 Apotheker, 2 Architekten, 15 Ingenieure, im ganzen
47 Personen, von denen 28 der Akademie seit dem ersten Semester angehören;
von den Gewerbetreibenden: Kaufleute 89, Syndikus der Handelskammer 1,
Lehrlinge 8, Bankbeamte 19, Bankeleven 7, Fabrikanten 0, Landwirte und
Gärtner 9, Musiker und Musiklehrerinnen 0, Damen andrer Berufe 7, darunter
4 als Gesellschafterinnen oder Erzieherinnen. In diesen Zahlen sind zweifel¬
los die Nachweise gegeben, nach welcher Richtung hin eine Erweiterung der
Akademie und ihrer Wirksamkeit zu wünschen bleibt. Die höhern Beamten und
die Rechtsanwälte verteilen sich auf 40 höhere Verwaltungsbeamte, 17 Richter,
6 Rechtsanwülte, 9 Assessoren, 19 Referendare, diese im Verhältnis zu den
Richtern jedenfalls eine außerordentlich geringe Zahl. Pfarrer sind 4 evan¬
gelische, 3 katholische und dazu 34 katholische Kleriker vorhanden. Im Sommer-
semcster betrug die Zahl der evangelischen Pfarrer 3, der katholischen 6 und
der Kleriker 44. Die jetzt noch vorhandnen 3 katholischen Pfarrer sind noch
aus dem Erösfnungssemester übrig. Was den Lehrerstand anlangt, so finden
wir 13 höhere Lehrer, 2 Direktoren, 101 Volks- und Mittelschullehrer, 10 Rek-
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