Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Sie Bedeutung der Presse für die Kultur Vaterlandsliebe die Wage hält, und in China zu gewinnen beginnt, haben wir In China haben wir in der Pekinger Zeitung Sir Pao, dem amtlichen Hrenzbote" IV 9^
Sie Bedeutung der Presse für die Kultur Vaterlandsliebe die Wage hält, und in China zu gewinnen beginnt, haben wir In China haben wir in der Pekinger Zeitung Sir Pao, dem amtlichen Hrenzbote» IV 9^
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0717" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296728"/> <fw type="header" place="top"> Sie Bedeutung der Presse für die Kultur</fw><lb/> <p xml:id="ID_3691" prev="#ID_3690"> Vaterlandsliebe die Wage hält, und in China zu gewinnen beginnt, haben wir<lb/> eine gewisse Pflicht, diesem Werdeprozeß zu folgen, der durch seine beschleunigte<lb/> Entwicklung an Interesse nur gewinnt. Die Japaner sind hierin nicht dein<lb/> systematischen Deutschland gefolgt, sondern dem englischen und dem amerikanische»<lb/> Vorbilde. Namentlich dem ersten. Unter englischem Einfluß haben sich die japa¬<lb/> nischen Zeitungen entwickelt, ans englischen Blättern und Agenturen beziehn sie<lb/> ihre Nachrichten und stehn deshalb, was für uns nicht ohne Bedeutung ist,<lb/> in der internationalen Politik vollständig auf dem Boden englischer Anschauungen<lb/> und des in der Regel für uns Deutsche wenig freundlichen englischen Nach¬<lb/> richtendienstes. Erst neuerdings beginnt sich die deutsche Japanpost mit ihrem<lb/> direkten deutschen Nachrichtendienst der englisch-japanischen Publizistik gegenüber<lb/> zur Geltung zu bringen, wie es der in Schanghai erscheinende deutsche Ost¬<lb/> asiatische Llohd schon in hohem Maße vermocht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_3692" next="#ID_3693"> In China haben wir in der Pekinger Zeitung Sir Pao, dem amtlichen<lb/> Verkündigungsblatt der chinesischen Negierung, die älteste Zeitung der Erde zu<lb/> verehren. Man stellte sie handschriftlich her und schlug sie an den Toren des<lb/> kaiserlichen Palastes an, um auf diese Weise Edikte und Verordnungen zur<lb/> Kenntnis der Bevölkerung zu bringen. Bestimmte Personen hatten die Erlaubnis,<lb/> Abschriften zu nehmen und zu verbreiten. Später hat man angefangen, diese<lb/> Publikation in Typen zu drucken und den Inhalt durch Aufnahme der Berichte<lb/> der Gouverneure in ihrem vollen Umfange zu erweitern. In neuerer Zeit erscheint<lb/> sie als gedruckte Zeitung in verschiednen Ausgaben. Es wird ihr von den Chi¬<lb/> nesen ein Alter von mehr als tausend Jahren beigemessen, andre Angaben gehn<lb/> bis in das zwölfte oder auch nur in das vierzehnte Jahrhundert zurück. Ein<lb/> englischer Gesandtschaftssekretür hat im Jahre 1874 in der vllwn, Rsvisv eine<lb/> kleine Studie über diese Zeitung veröffentlicht. Sonst gab es im alten China<lb/> kein eigentliches Zeitungswesen. Verkaufsanzeigen, auch Mitteilungen über die<lb/> wichtigsten Vorkommnisse wurden an die Straßenecken geschlagen, nur der Buch¬<lb/> handel blühte frühzeitig. Ein eigentliches Nachrichtenbedürfnis war für den<lb/> an seiner Scholle klebenden Chinesen nicht vorhanden. Die Regierung selbst<lb/> hatte dagegen einen vorzüglichen Nachrichtendienst durch ihr Kurierwesen, das sich<lb/> von Peking aus nach sechzehn verschiednen Richtungen erstreckte, und durch das<lb/> dringende Depeschen auf 300 Kilometer Entfernung in vierundzwanzig Stunden<lb/> befördert wurden. Außerdem bestand, wie in Deutschland im Mittelalter, ein<lb/> von Kaufleuten übernommner Privatpostdienst für die großen Handelshäuser.<lb/> Zeitungen wurden erst durch Europäer, namentlich durch Missionare ins Leben<lb/> gerufen, insbesondre durch die französische Jesuitenmission. Ungefähr seit dem<lb/> Jahre 1895 hat dann das Zeitungswesen in China einen größern Aufschwung<lb/> genommen. Vor dieser Zeit gab es in ganz China nur elf einheimische Zeitungen,<lb/> die sämtlich in Hongkong und in den Vertragshäfen erschienen. Vier Jahre<lb/> später waren allein in Schanghai 15 chinesische Zeitungen vorhanden, davon<lb/> 12 täglich erscheinende. Hierzu kamen noch ungefähr 20 einheimische Zeitungen<lb/> in andern Teilen von China, sodaß um das Jahr 1899 35 einheimische Zei¬<lb/> tungen fast sämtlich täglich erschienen, die regelmäßig und nur in China<lb/> vertrieben wurden. Monatsschriften gab es im Februar 1895 nur 8, die</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Hrenzbote» IV 9^</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0717]
Sie Bedeutung der Presse für die Kultur
Vaterlandsliebe die Wage hält, und in China zu gewinnen beginnt, haben wir
eine gewisse Pflicht, diesem Werdeprozeß zu folgen, der durch seine beschleunigte
Entwicklung an Interesse nur gewinnt. Die Japaner sind hierin nicht dein
systematischen Deutschland gefolgt, sondern dem englischen und dem amerikanische»
Vorbilde. Namentlich dem ersten. Unter englischem Einfluß haben sich die japa¬
nischen Zeitungen entwickelt, ans englischen Blättern und Agenturen beziehn sie
ihre Nachrichten und stehn deshalb, was für uns nicht ohne Bedeutung ist,
in der internationalen Politik vollständig auf dem Boden englischer Anschauungen
und des in der Regel für uns Deutsche wenig freundlichen englischen Nach¬
richtendienstes. Erst neuerdings beginnt sich die deutsche Japanpost mit ihrem
direkten deutschen Nachrichtendienst der englisch-japanischen Publizistik gegenüber
zur Geltung zu bringen, wie es der in Schanghai erscheinende deutsche Ost¬
asiatische Llohd schon in hohem Maße vermocht hat.
In China haben wir in der Pekinger Zeitung Sir Pao, dem amtlichen
Verkündigungsblatt der chinesischen Negierung, die älteste Zeitung der Erde zu
verehren. Man stellte sie handschriftlich her und schlug sie an den Toren des
kaiserlichen Palastes an, um auf diese Weise Edikte und Verordnungen zur
Kenntnis der Bevölkerung zu bringen. Bestimmte Personen hatten die Erlaubnis,
Abschriften zu nehmen und zu verbreiten. Später hat man angefangen, diese
Publikation in Typen zu drucken und den Inhalt durch Aufnahme der Berichte
der Gouverneure in ihrem vollen Umfange zu erweitern. In neuerer Zeit erscheint
sie als gedruckte Zeitung in verschiednen Ausgaben. Es wird ihr von den Chi¬
nesen ein Alter von mehr als tausend Jahren beigemessen, andre Angaben gehn
bis in das zwölfte oder auch nur in das vierzehnte Jahrhundert zurück. Ein
englischer Gesandtschaftssekretür hat im Jahre 1874 in der vllwn, Rsvisv eine
kleine Studie über diese Zeitung veröffentlicht. Sonst gab es im alten China
kein eigentliches Zeitungswesen. Verkaufsanzeigen, auch Mitteilungen über die
wichtigsten Vorkommnisse wurden an die Straßenecken geschlagen, nur der Buch¬
handel blühte frühzeitig. Ein eigentliches Nachrichtenbedürfnis war für den
an seiner Scholle klebenden Chinesen nicht vorhanden. Die Regierung selbst
hatte dagegen einen vorzüglichen Nachrichtendienst durch ihr Kurierwesen, das sich
von Peking aus nach sechzehn verschiednen Richtungen erstreckte, und durch das
dringende Depeschen auf 300 Kilometer Entfernung in vierundzwanzig Stunden
befördert wurden. Außerdem bestand, wie in Deutschland im Mittelalter, ein
von Kaufleuten übernommner Privatpostdienst für die großen Handelshäuser.
Zeitungen wurden erst durch Europäer, namentlich durch Missionare ins Leben
gerufen, insbesondre durch die französische Jesuitenmission. Ungefähr seit dem
Jahre 1895 hat dann das Zeitungswesen in China einen größern Aufschwung
genommen. Vor dieser Zeit gab es in ganz China nur elf einheimische Zeitungen,
die sämtlich in Hongkong und in den Vertragshäfen erschienen. Vier Jahre
später waren allein in Schanghai 15 chinesische Zeitungen vorhanden, davon
12 täglich erscheinende. Hierzu kamen noch ungefähr 20 einheimische Zeitungen
in andern Teilen von China, sodaß um das Jahr 1899 35 einheimische Zei¬
tungen fast sämtlich täglich erschienen, die regelmäßig und nur in China
vertrieben wurden. Monatsschriften gab es im Februar 1895 nur 8, die
Hrenzbote» IV 9^
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