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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Geschichte einer Sammlung

da unten geschlafen hat, der später feststellte, der Hexerich hätte den bösen Blick,
das "Maloechio." Wenn sich so ein Wohngast am Abend von der Familie ver¬
abschiedet hatte und mit seinem Lichtchen die Wendeltreppe hinuntergestiegen durch
so und so viel dicke Türen über Stufen und Schwellen bis in sein Zimmer ge¬
langt war, dann war da wenig Aussicht, sich den Mitlebenden verständlich zu
machen, und falls er auf den Einfall gekommen wäre, die Aufmerksamkeit der
Familie herbeizurufen, hätte es höchstens durch einen Pistolenschuß geschehn können.

Dort unten hauste mein Vater bei Tage in seinem Studierzimmer und einem
großen danebenliegenden Raume. Er hatte dn Gesellschaft von großen schweins¬
ledernen Folianten mit rotem Schnitt und rot und schwarz gedruckten lateinischen
Text auf Büttenpapier, Bände für die Dauer von vielen Jahrhunderten eingerichtet.

Darauf haben wir die Probe gemacht, mein Vater hatte eine" davon in die
Wohnung hinaufgebracht; den mußten wir Kinder, wenn nach unten ein Zeichen
gegeben werden sollte, mehreremal auf den Fußboden werfen. Wir konnten ihn
gerade heben, und es war kein schlechtes Gepolter, wenn er zu Boden schlug. Aber
der Einband wich und wankte nicht, und das Buch war hinter dem Nachrichten¬
dienst so fest, wie es vorher gewesen war.

Dort unten gab es noch andre Bücher, ich muß es Ihnen genau beschreiben,
dieses geheimnisvolle Reich, wo wir manchmal zu Gast sein durften. Denn ich liebte
es zu sehr, und es ist mir erinnerlich, daß Wohnungen mit Zimmern, die auf einer
Ebne lagen und ordentlich eins ins andre führten, ohne Schlupfwinkel oder Wendel¬
treppen, ohne die Möglichkeit vou Fledermäusen und großen alten Ratten, mir
erstaunlich und gewissermaßen unvollständig vorkamen.

Wenn wir unten bei meinem Vater waren, saßen wir still und ehrfurchtsvoll
auf dem grünen Teppich, mit dem der Baclsteinfußbodcu bezogen war, und unter
den hier unten noch eine dicke Lage Stroh gelegt war um der Kälte willen, die
das Gemäuer ausströmte.

Da gab es lauge, schmale Bücher mit englischen Text, der in zwei Säulen
gedruckt war, und den ich nicht verstand, sehr ärgerliche und zahlreiche Seiten lang,
aber dazwischen immer wieder ein Blatt mit Umrißzeichnnngen, in Kupfer gestochen,
die mir einen wunderbare", lichtspendendeu Eindruck machten. Es waren Dar¬
stellungen zu Shakespeare, in der zarten und leicht zum Süßen neigenden Manier
der Engländer, schöne Jünglinge mit kurzen Brokatröcken, mit winzigen Bärtchen
und laugen Locken. Da war Julia, die zu dem Mönch in die Kapelle tritt, unter
den zierlichen romanischen Rundbogen, da war ihr Sarg und sie geschmückt darin.
Da war die Desdemona, und der Mohr und Zweikämpfe mit dem Degen. Sie
können sich nicht denken, wie schön die Bücher waren, vielleicht um so mehr, als
ich den Text nicht kannte und darauf angewiesen war, mir verbindende Geschichten
auszudenken.

Hier unten ging mein Vater ganz allein aus Werk, den Domenichino zu
bessern. Er liebte ihn sehr, ich glaube, wie ein leibliches Kind, und das war ihm
hinreichend Gewähr dafür, daß ihm zum besten gereichen würde, was er damit
vornahm. In dem großen Raume neben dem Studierzimmer, den die Gäste be¬
wohnten, wenn welche angereiht kamen, standen die beiden riesigen Tische für das
Opfer bereit, das mein Vater vom Blendrahmen abgelöst hatte, auf dem es ge¬
wesen war seit diesen fast dreihundert Jahren, wo es Domenichino als vollendet
der nobiis laeni^Il-t Zagnoni in Bologna übergeben hatte. Dann bekam meine
Mutter den Auftrag, eiuen Kleister aus Wasser und Stärke zu kochen. Das tat
sie auch. Aber sie segnete und verschwur sich hoch und teuer, sie wollte an der
Verwendung des Kleisters keinen Teil haben; denn sie hielt die Sache für gefähr¬
lich. Mein Vater aber stieg mit seinem Kleistertopf die steile Wendeltreppe bis
in die Tiefe hinunter, dort angesichts des Hexerichs, der mit dem "Maloechio"
beiwohnte, wurde die beste holländische Leinwand, die es in Rom zu kaufe" gegeben
hatte, strohhalmdick mit demi Kleister bestrichen, das Bild mit der Rückseite darauf


Geschichte einer Sammlung

da unten geschlafen hat, der später feststellte, der Hexerich hätte den bösen Blick,
das „Maloechio." Wenn sich so ein Wohngast am Abend von der Familie ver¬
abschiedet hatte und mit seinem Lichtchen die Wendeltreppe hinuntergestiegen durch
so und so viel dicke Türen über Stufen und Schwellen bis in sein Zimmer ge¬
langt war, dann war da wenig Aussicht, sich den Mitlebenden verständlich zu
machen, und falls er auf den Einfall gekommen wäre, die Aufmerksamkeit der
Familie herbeizurufen, hätte es höchstens durch einen Pistolenschuß geschehn können.

Dort unten hauste mein Vater bei Tage in seinem Studierzimmer und einem
großen danebenliegenden Raume. Er hatte dn Gesellschaft von großen schweins¬
ledernen Folianten mit rotem Schnitt und rot und schwarz gedruckten lateinischen
Text auf Büttenpapier, Bände für die Dauer von vielen Jahrhunderten eingerichtet.

Darauf haben wir die Probe gemacht, mein Vater hatte eine» davon in die
Wohnung hinaufgebracht; den mußten wir Kinder, wenn nach unten ein Zeichen
gegeben werden sollte, mehreremal auf den Fußboden werfen. Wir konnten ihn
gerade heben, und es war kein schlechtes Gepolter, wenn er zu Boden schlug. Aber
der Einband wich und wankte nicht, und das Buch war hinter dem Nachrichten¬
dienst so fest, wie es vorher gewesen war.

Dort unten gab es noch andre Bücher, ich muß es Ihnen genau beschreiben,
dieses geheimnisvolle Reich, wo wir manchmal zu Gast sein durften. Denn ich liebte
es zu sehr, und es ist mir erinnerlich, daß Wohnungen mit Zimmern, die auf einer
Ebne lagen und ordentlich eins ins andre führten, ohne Schlupfwinkel oder Wendel¬
treppen, ohne die Möglichkeit vou Fledermäusen und großen alten Ratten, mir
erstaunlich und gewissermaßen unvollständig vorkamen.

Wenn wir unten bei meinem Vater waren, saßen wir still und ehrfurchtsvoll
auf dem grünen Teppich, mit dem der Baclsteinfußbodcu bezogen war, und unter
den hier unten noch eine dicke Lage Stroh gelegt war um der Kälte willen, die
das Gemäuer ausströmte.

Da gab es lauge, schmale Bücher mit englischen Text, der in zwei Säulen
gedruckt war, und den ich nicht verstand, sehr ärgerliche und zahlreiche Seiten lang,
aber dazwischen immer wieder ein Blatt mit Umrißzeichnnngen, in Kupfer gestochen,
die mir einen wunderbare», lichtspendendeu Eindruck machten. Es waren Dar¬
stellungen zu Shakespeare, in der zarten und leicht zum Süßen neigenden Manier
der Engländer, schöne Jünglinge mit kurzen Brokatröcken, mit winzigen Bärtchen
und laugen Locken. Da war Julia, die zu dem Mönch in die Kapelle tritt, unter
den zierlichen romanischen Rundbogen, da war ihr Sarg und sie geschmückt darin.
Da war die Desdemona, und der Mohr und Zweikämpfe mit dem Degen. Sie
können sich nicht denken, wie schön die Bücher waren, vielleicht um so mehr, als
ich den Text nicht kannte und darauf angewiesen war, mir verbindende Geschichten
auszudenken.

Hier unten ging mein Vater ganz allein aus Werk, den Domenichino zu
bessern. Er liebte ihn sehr, ich glaube, wie ein leibliches Kind, und das war ihm
hinreichend Gewähr dafür, daß ihm zum besten gereichen würde, was er damit
vornahm. In dem großen Raume neben dem Studierzimmer, den die Gäste be¬
wohnten, wenn welche angereiht kamen, standen die beiden riesigen Tische für das
Opfer bereit, das mein Vater vom Blendrahmen abgelöst hatte, auf dem es ge¬
wesen war seit diesen fast dreihundert Jahren, wo es Domenichino als vollendet
der nobiis laeni^Il-t Zagnoni in Bologna übergeben hatte. Dann bekam meine
Mutter den Auftrag, eiuen Kleister aus Wasser und Stärke zu kochen. Das tat
sie auch. Aber sie segnete und verschwur sich hoch und teuer, sie wollte an der
Verwendung des Kleisters keinen Teil haben; denn sie hielt die Sache für gefähr¬
lich. Mein Vater aber stieg mit seinem Kleistertopf die steile Wendeltreppe bis
in die Tiefe hinunter, dort angesichts des Hexerichs, der mit dem „Maloechio"
beiwohnte, wurde die beste holländische Leinwand, die es in Rom zu kaufe» gegeben
hatte, strohhalmdick mit demi Kleister bestrichen, das Bild mit der Rückseite darauf


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[0670] Geschichte einer Sammlung da unten geschlafen hat, der später feststellte, der Hexerich hätte den bösen Blick, das „Maloechio." Wenn sich so ein Wohngast am Abend von der Familie ver¬ abschiedet hatte und mit seinem Lichtchen die Wendeltreppe hinuntergestiegen durch so und so viel dicke Türen über Stufen und Schwellen bis in sein Zimmer ge¬ langt war, dann war da wenig Aussicht, sich den Mitlebenden verständlich zu machen, und falls er auf den Einfall gekommen wäre, die Aufmerksamkeit der Familie herbeizurufen, hätte es höchstens durch einen Pistolenschuß geschehn können. Dort unten hauste mein Vater bei Tage in seinem Studierzimmer und einem großen danebenliegenden Raume. Er hatte dn Gesellschaft von großen schweins¬ ledernen Folianten mit rotem Schnitt und rot und schwarz gedruckten lateinischen Text auf Büttenpapier, Bände für die Dauer von vielen Jahrhunderten eingerichtet. Darauf haben wir die Probe gemacht, mein Vater hatte eine» davon in die Wohnung hinaufgebracht; den mußten wir Kinder, wenn nach unten ein Zeichen gegeben werden sollte, mehreremal auf den Fußboden werfen. Wir konnten ihn gerade heben, und es war kein schlechtes Gepolter, wenn er zu Boden schlug. Aber der Einband wich und wankte nicht, und das Buch war hinter dem Nachrichten¬ dienst so fest, wie es vorher gewesen war. Dort unten gab es noch andre Bücher, ich muß es Ihnen genau beschreiben, dieses geheimnisvolle Reich, wo wir manchmal zu Gast sein durften. Denn ich liebte es zu sehr, und es ist mir erinnerlich, daß Wohnungen mit Zimmern, die auf einer Ebne lagen und ordentlich eins ins andre führten, ohne Schlupfwinkel oder Wendel¬ treppen, ohne die Möglichkeit vou Fledermäusen und großen alten Ratten, mir erstaunlich und gewissermaßen unvollständig vorkamen. Wenn wir unten bei meinem Vater waren, saßen wir still und ehrfurchtsvoll auf dem grünen Teppich, mit dem der Baclsteinfußbodcu bezogen war, und unter den hier unten noch eine dicke Lage Stroh gelegt war um der Kälte willen, die das Gemäuer ausströmte. Da gab es lauge, schmale Bücher mit englischen Text, der in zwei Säulen gedruckt war, und den ich nicht verstand, sehr ärgerliche und zahlreiche Seiten lang, aber dazwischen immer wieder ein Blatt mit Umrißzeichnnngen, in Kupfer gestochen, die mir einen wunderbare», lichtspendendeu Eindruck machten. Es waren Dar¬ stellungen zu Shakespeare, in der zarten und leicht zum Süßen neigenden Manier der Engländer, schöne Jünglinge mit kurzen Brokatröcken, mit winzigen Bärtchen und laugen Locken. Da war Julia, die zu dem Mönch in die Kapelle tritt, unter den zierlichen romanischen Rundbogen, da war ihr Sarg und sie geschmückt darin. Da war die Desdemona, und der Mohr und Zweikämpfe mit dem Degen. Sie können sich nicht denken, wie schön die Bücher waren, vielleicht um so mehr, als ich den Text nicht kannte und darauf angewiesen war, mir verbindende Geschichten auszudenken. Hier unten ging mein Vater ganz allein aus Werk, den Domenichino zu bessern. Er liebte ihn sehr, ich glaube, wie ein leibliches Kind, und das war ihm hinreichend Gewähr dafür, daß ihm zum besten gereichen würde, was er damit vornahm. In dem großen Raume neben dem Studierzimmer, den die Gäste be¬ wohnten, wenn welche angereiht kamen, standen die beiden riesigen Tische für das Opfer bereit, das mein Vater vom Blendrahmen abgelöst hatte, auf dem es ge¬ wesen war seit diesen fast dreihundert Jahren, wo es Domenichino als vollendet der nobiis laeni^Il-t Zagnoni in Bologna übergeben hatte. Dann bekam meine Mutter den Auftrag, eiuen Kleister aus Wasser und Stärke zu kochen. Das tat sie auch. Aber sie segnete und verschwur sich hoch und teuer, sie wollte an der Verwendung des Kleisters keinen Teil haben; denn sie hielt die Sache für gefähr¬ lich. Mein Vater aber stieg mit seinem Kleistertopf die steile Wendeltreppe bis in die Tiefe hinunter, dort angesichts des Hexerichs, der mit dem „Maloechio" beiwohnte, wurde die beste holländische Leinwand, die es in Rom zu kaufe» gegeben hatte, strohhalmdick mit demi Kleister bestrichen, das Bild mit der Rückseite darauf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/670>, abgerufen am 15.01.2025.