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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Geschichte einer Sammlung

gelegt und fest angedrückt. Nun war es gefüttert und sollte trocknen. Aber die
dreihundertjährige Farbe im edeln Hause zu Bologna und im hochgräflichen zu
Cesena, alt aber nicht minder leuchtend geworden, fand die Annäherung des Kleisters
nicht gemäß. Ein paar Tage lag die Jack noch ruhig auf den Tischen, das Bild
lieblichster Geschäftigkeit bei ihrem schrecklichen Werk, dann hob sich die Farbe und
ließ in dicken Adern das Wasser durch, das zu verdunsten verlangte. Durch das
wunderschöne Gesicht, über die Schultern und kreuz und quer durch das ganze
Bild liefen die Adern. Nach Wochen war das Wasser zwar verdunstet, aber die
Farbsplitter, die es aufgehoben hatte, lagen lose auf der verwüsteten Flache.

Ob mein Vater damals die Tage unter in seinem Studierzimmer zugebracht
hat, Wand an Wand mit dem geliebten Bilde, bei dem sich die Zerstörung voll¬
endete, weiß ich nicht. Wir Kinder beobachteten aber ganz still und scheu die
Trauer des Vaters. Eine Weile zuvor war in Deutschland seine Mutter gestorben.
Er hatte sehr an ihr gehangen, aber uns schien, als wenn ihn dies ärger er¬
schütterte, daß er einem Werk von solcher Vollkommenheit, das sich in tadelloser
Frische dnrch die Jahrhunderte erhalten hatte, den Untergang bereitet hatte.

Das Zimmer, worin das Bild lag, wurde verschlossen, damit nicht, wenn
einer vorüberging, eins der Farbenteilchen von der Luftbewegung aufgehoben und
weggetragen wurde.

Längere Zeit darnach hörte mein Vater von einem sehr geschickten Restaurator
und ließ ihn kommen.

Signor Roggen schüttelte den Kopf. "Ons äisAia^la! Was für ein Unglück!"
Dann trat er behutsam hinzu und untersuchte mit Hilfe einer feinen Pinzette nnter
den abgesprungneu Farbenteilchen. Er paßte einige davon unter der Lupe an¬
einander, prüfte sie nach der Farbe und nach der Bruchfläche, wo sie hinge¬
hörten, und setzte sie ein. Dann richtete er sich auf und sagte, daß er das Bild
retten könne.

Von da an gehörte Signor Noggeri zum Hause, ähnlich wie eins der Bilder,
ohne die wir uns das Dasein nicht mehr vorstellen konnten.

Wenn wir einmal hinunterkamen, stand er mit seinem ernsthaften und milden
Gesicht über die großen Tische geneigt, einmal wie jedesmal. Wenn er ein Fleckchen
zusammengesucht und ineinandergefügt hatte, überklebte er es mit weichem Seiden¬
papier, damit die Splitter nicht wieder flüchtig werden konnten. So kam er
langsam, langsam wie Ameisenarbeit vorwärts.

Es war für meiner Eltern Verhältnisse ein großer Geldaufwand, der da unten
ganz in der Stille gemacht wurde, denn die Wiederherstellung des Bildes dauerte
lange. Aber mein Vater hielt sich dazu verpflichtet diesem Werk gegenüber.

Damals fingen, glaube ich, meine Eltern an, sich von Rom loszulösen. Mein
ältester Bruder war schon nach Deutschland geschickt worden, damit er dort auf die
Schule gehn sollte, und meine Eltern wollten so bald wie möglich ihm nach. Unter
dem Eindruck, daß ihm nur noch begrenzte Zeit zur Verfügung stünde, war mein
Vater besonders stark auf der Jagd.

Jetzt war er den Antiquaren schon bekannt. Manche verlangten ein Gut¬
achten von ihm, und wenn wir draußen auf dem Platze vor dem Cassarelli spielten,
wo man Rom wie einen Teller unter sich ausgebreitet liegen sieht, kam nicht selten
einer über das Kapitol herauf und fragte nach dem ^rotvssors alto coll' oeeniali.
Wir Kinder wußten schon, wer "der große Professor mit der Brille" war, und
wiesen ihn zu unserm Vater. Manchmal kamen sie mit einer Droschke angefahren
und brachten große Schinken an. Früher, als wir sehr klein waren, ging die
Steigung von der Piazza Ära Ceti schnurgerade zum Kapitol hinauf und von da
wieder zum Cassarelli. Später wurden die Serpentinen angelegt, aber die Steigung
unter dem Tore durch, wo der deutsche Grund und Boden anfängt, zum Cassarelli
hinauf ist immer noch so steil wie früher. Da müssen die Pferde einen tüchtigen
Anlauf nehmen, wenn sie in einem Zug über die Serpentinen und dann die letzte


Geschichte einer Sammlung

gelegt und fest angedrückt. Nun war es gefüttert und sollte trocknen. Aber die
dreihundertjährige Farbe im edeln Hause zu Bologna und im hochgräflichen zu
Cesena, alt aber nicht minder leuchtend geworden, fand die Annäherung des Kleisters
nicht gemäß. Ein paar Tage lag die Jack noch ruhig auf den Tischen, das Bild
lieblichster Geschäftigkeit bei ihrem schrecklichen Werk, dann hob sich die Farbe und
ließ in dicken Adern das Wasser durch, das zu verdunsten verlangte. Durch das
wunderschöne Gesicht, über die Schultern und kreuz und quer durch das ganze
Bild liefen die Adern. Nach Wochen war das Wasser zwar verdunstet, aber die
Farbsplitter, die es aufgehoben hatte, lagen lose auf der verwüsteten Flache.

Ob mein Vater damals die Tage unter in seinem Studierzimmer zugebracht
hat, Wand an Wand mit dem geliebten Bilde, bei dem sich die Zerstörung voll¬
endete, weiß ich nicht. Wir Kinder beobachteten aber ganz still und scheu die
Trauer des Vaters. Eine Weile zuvor war in Deutschland seine Mutter gestorben.
Er hatte sehr an ihr gehangen, aber uns schien, als wenn ihn dies ärger er¬
schütterte, daß er einem Werk von solcher Vollkommenheit, das sich in tadelloser
Frische dnrch die Jahrhunderte erhalten hatte, den Untergang bereitet hatte.

Das Zimmer, worin das Bild lag, wurde verschlossen, damit nicht, wenn
einer vorüberging, eins der Farbenteilchen von der Luftbewegung aufgehoben und
weggetragen wurde.

Längere Zeit darnach hörte mein Vater von einem sehr geschickten Restaurator
und ließ ihn kommen.

Signor Roggen schüttelte den Kopf. „Ons äisAia^la! Was für ein Unglück!"
Dann trat er behutsam hinzu und untersuchte mit Hilfe einer feinen Pinzette nnter
den abgesprungneu Farbenteilchen. Er paßte einige davon unter der Lupe an¬
einander, prüfte sie nach der Farbe und nach der Bruchfläche, wo sie hinge¬
hörten, und setzte sie ein. Dann richtete er sich auf und sagte, daß er das Bild
retten könne.

Von da an gehörte Signor Noggeri zum Hause, ähnlich wie eins der Bilder,
ohne die wir uns das Dasein nicht mehr vorstellen konnten.

Wenn wir einmal hinunterkamen, stand er mit seinem ernsthaften und milden
Gesicht über die großen Tische geneigt, einmal wie jedesmal. Wenn er ein Fleckchen
zusammengesucht und ineinandergefügt hatte, überklebte er es mit weichem Seiden¬
papier, damit die Splitter nicht wieder flüchtig werden konnten. So kam er
langsam, langsam wie Ameisenarbeit vorwärts.

Es war für meiner Eltern Verhältnisse ein großer Geldaufwand, der da unten
ganz in der Stille gemacht wurde, denn die Wiederherstellung des Bildes dauerte
lange. Aber mein Vater hielt sich dazu verpflichtet diesem Werk gegenüber.

Damals fingen, glaube ich, meine Eltern an, sich von Rom loszulösen. Mein
ältester Bruder war schon nach Deutschland geschickt worden, damit er dort auf die
Schule gehn sollte, und meine Eltern wollten so bald wie möglich ihm nach. Unter
dem Eindruck, daß ihm nur noch begrenzte Zeit zur Verfügung stünde, war mein
Vater besonders stark auf der Jagd.

Jetzt war er den Antiquaren schon bekannt. Manche verlangten ein Gut¬
achten von ihm, und wenn wir draußen auf dem Platze vor dem Cassarelli spielten,
wo man Rom wie einen Teller unter sich ausgebreitet liegen sieht, kam nicht selten
einer über das Kapitol herauf und fragte nach dem ^rotvssors alto coll' oeeniali.
Wir Kinder wußten schon, wer „der große Professor mit der Brille" war, und
wiesen ihn zu unserm Vater. Manchmal kamen sie mit einer Droschke angefahren
und brachten große Schinken an. Früher, als wir sehr klein waren, ging die
Steigung von der Piazza Ära Ceti schnurgerade zum Kapitol hinauf und von da
wieder zum Cassarelli. Später wurden die Serpentinen angelegt, aber die Steigung
unter dem Tore durch, wo der deutsche Grund und Boden anfängt, zum Cassarelli
hinauf ist immer noch so steil wie früher. Da müssen die Pferde einen tüchtigen
Anlauf nehmen, wenn sie in einem Zug über die Serpentinen und dann die letzte


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[0671] Geschichte einer Sammlung gelegt und fest angedrückt. Nun war es gefüttert und sollte trocknen. Aber die dreihundertjährige Farbe im edeln Hause zu Bologna und im hochgräflichen zu Cesena, alt aber nicht minder leuchtend geworden, fand die Annäherung des Kleisters nicht gemäß. Ein paar Tage lag die Jack noch ruhig auf den Tischen, das Bild lieblichster Geschäftigkeit bei ihrem schrecklichen Werk, dann hob sich die Farbe und ließ in dicken Adern das Wasser durch, das zu verdunsten verlangte. Durch das wunderschöne Gesicht, über die Schultern und kreuz und quer durch das ganze Bild liefen die Adern. Nach Wochen war das Wasser zwar verdunstet, aber die Farbsplitter, die es aufgehoben hatte, lagen lose auf der verwüsteten Flache. Ob mein Vater damals die Tage unter in seinem Studierzimmer zugebracht hat, Wand an Wand mit dem geliebten Bilde, bei dem sich die Zerstörung voll¬ endete, weiß ich nicht. Wir Kinder beobachteten aber ganz still und scheu die Trauer des Vaters. Eine Weile zuvor war in Deutschland seine Mutter gestorben. Er hatte sehr an ihr gehangen, aber uns schien, als wenn ihn dies ärger er¬ schütterte, daß er einem Werk von solcher Vollkommenheit, das sich in tadelloser Frische dnrch die Jahrhunderte erhalten hatte, den Untergang bereitet hatte. Das Zimmer, worin das Bild lag, wurde verschlossen, damit nicht, wenn einer vorüberging, eins der Farbenteilchen von der Luftbewegung aufgehoben und weggetragen wurde. Längere Zeit darnach hörte mein Vater von einem sehr geschickten Restaurator und ließ ihn kommen. Signor Roggen schüttelte den Kopf. „Ons äisAia^la! Was für ein Unglück!" Dann trat er behutsam hinzu und untersuchte mit Hilfe einer feinen Pinzette nnter den abgesprungneu Farbenteilchen. Er paßte einige davon unter der Lupe an¬ einander, prüfte sie nach der Farbe und nach der Bruchfläche, wo sie hinge¬ hörten, und setzte sie ein. Dann richtete er sich auf und sagte, daß er das Bild retten könne. Von da an gehörte Signor Noggeri zum Hause, ähnlich wie eins der Bilder, ohne die wir uns das Dasein nicht mehr vorstellen konnten. Wenn wir einmal hinunterkamen, stand er mit seinem ernsthaften und milden Gesicht über die großen Tische geneigt, einmal wie jedesmal. Wenn er ein Fleckchen zusammengesucht und ineinandergefügt hatte, überklebte er es mit weichem Seiden¬ papier, damit die Splitter nicht wieder flüchtig werden konnten. So kam er langsam, langsam wie Ameisenarbeit vorwärts. Es war für meiner Eltern Verhältnisse ein großer Geldaufwand, der da unten ganz in der Stille gemacht wurde, denn die Wiederherstellung des Bildes dauerte lange. Aber mein Vater hielt sich dazu verpflichtet diesem Werk gegenüber. Damals fingen, glaube ich, meine Eltern an, sich von Rom loszulösen. Mein ältester Bruder war schon nach Deutschland geschickt worden, damit er dort auf die Schule gehn sollte, und meine Eltern wollten so bald wie möglich ihm nach. Unter dem Eindruck, daß ihm nur noch begrenzte Zeit zur Verfügung stünde, war mein Vater besonders stark auf der Jagd. Jetzt war er den Antiquaren schon bekannt. Manche verlangten ein Gut¬ achten von ihm, und wenn wir draußen auf dem Platze vor dem Cassarelli spielten, wo man Rom wie einen Teller unter sich ausgebreitet liegen sieht, kam nicht selten einer über das Kapitol herauf und fragte nach dem ^rotvssors alto coll' oeeniali. Wir Kinder wußten schon, wer „der große Professor mit der Brille" war, und wiesen ihn zu unserm Vater. Manchmal kamen sie mit einer Droschke angefahren und brachten große Schinken an. Früher, als wir sehr klein waren, ging die Steigung von der Piazza Ära Ceti schnurgerade zum Kapitol hinauf und von da wieder zum Cassarelli. Später wurden die Serpentinen angelegt, aber die Steigung unter dem Tore durch, wo der deutsche Grund und Boden anfängt, zum Cassarelli hinauf ist immer noch so steil wie früher. Da müssen die Pferde einen tüchtigen Anlauf nehmen, wenn sie in einem Zug über die Serpentinen und dann die letzte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/671>, abgerufen am 15.01.2025.