Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Geschichte einer Sammlung einen rotbraunen Eindruck davon im Sinn. Auf der Loggia bekamen wir Kinder Mein Vater blieb drinnen vor einem sehr schönen und großen Bilde von Was kostet das? Das verkaufe ich nicht, sagte der Marchese so bestimmt, daß mein Vater nie Viel später, als der Marchese wieder einmal in Rom war -- damals hatte Der Marchese wollte gern ein Geschäft machen. Mein Vater sagte: Sie wissen, was ich von Ihren Bildern noch haben möchte, Darauf machte der Marchese nichts als ein ablehnendes Zeichen. Er warf die Blätter unwillig herum. Aber das da, sagte er und zeigte auf Das wollen Sie doch nicht weggeben, sagte mein Vater. Er bekam Herz¬ Der Marchese machte eine Bewegung, als wenn er sich eines unwichtigen Und mein Vater hat das Bild bekommen, allerdings ohne Rahmen; der war Einen Augenblick der Spannung erlebte mein Vater noch, ehe sie miteinander Der Marchese saß nachdenklich und las die große gestochne Unterschrift: Huaäro Aus diesem Besitz hatten es also die Vorfahren des Marchese übernommen, vun cerdo Aawxivri, sagte er langsam. Ja, sagte mein Vater, von einem gewissen Zampieri. Dann waren sie beide still. Mein Vater saß mit angehaltnem Atem und Es hat lebensgroße Figuren, die Jack und den Sissera, dem sie den Nagel Geschichte einer Sammlung einen rotbraunen Eindruck davon im Sinn. Auf der Loggia bekamen wir Kinder Mein Vater blieb drinnen vor einem sehr schönen und großen Bilde von Was kostet das? Das verkaufe ich nicht, sagte der Marchese so bestimmt, daß mein Vater nie Viel später, als der Marchese wieder einmal in Rom war — damals hatte Der Marchese wollte gern ein Geschäft machen. Mein Vater sagte: Sie wissen, was ich von Ihren Bildern noch haben möchte, Darauf machte der Marchese nichts als ein ablehnendes Zeichen. Er warf die Blätter unwillig herum. Aber das da, sagte er und zeigte auf Das wollen Sie doch nicht weggeben, sagte mein Vater. Er bekam Herz¬ Der Marchese machte eine Bewegung, als wenn er sich eines unwichtigen Und mein Vater hat das Bild bekommen, allerdings ohne Rahmen; der war Einen Augenblick der Spannung erlebte mein Vater noch, ehe sie miteinander Der Marchese saß nachdenklich und las die große gestochne Unterschrift: Huaäro Aus diesem Besitz hatten es also die Vorfahren des Marchese übernommen, vun cerdo Aawxivri, sagte er langsam. Ja, sagte mein Vater, von einem gewissen Zampieri. Dann waren sie beide still. 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Geschichte einer Sammlung
einen rotbraunen Eindruck davon im Sinn. Auf der Loggia bekamen wir Kinder
Limonade; das gefiel uns sehr.
Mein Vater blieb drinnen vor einem sehr schönen und großen Bilde von
Domenichino stehn und fragte halb scherzweise:
Was kostet das?
Das verkaufe ich nicht, sagte der Marchese so bestimmt, daß mein Vater nie
Wieder davon anfing.
Viel später, als der Marchese wieder einmal in Rom war — damals hatte
mein Vater schon die bedeutendsten Bilder aus der Sammlung im Besitz —, saßen
sie mit dem Katalog.
Der Marchese wollte gern ein Geschäft machen.
Mein Vater sagte: Sie wissen, was ich von Ihren Bildern noch haben möchte,
den Perugino.
Darauf machte der Marchese nichts als ein ablehnendes Zeichen.
Er warf die Blätter unwillig herum. Aber das da, sagte er und zeigte auf
die Jack von Domenichino.
Das wollen Sie doch nicht weggeben, sagte mein Vater. Er bekam Herz¬
klopfen vor Erwartung.
Der Marchese machte eine Bewegung, als wenn er sich eines unwichtigen
Grundes entledigen wollte, und sagte: ?frons wi eovrs tutt' uns. xarotv ... weil
es ihm eine ganze Wand zudeckte!
Und mein Vater hat das Bild bekommen, allerdings ohne Rahmen; der war
dem Marchese unentbehrlicher als das Bild. Vermutlich wollte er da etwas
rokokoartiges hineinmalen und seine Wand damit zudecken.
Einen Augenblick der Spannung erlebte mein Vater noch, ehe sie miteinander
handelseinig wurden. Er erinnerte sich wohl, daß der Marchese Bedenken gehabt
hatte, das kleine Bild von der badenden Diana herzugeben, weil es von Domenichino
war. Und nun dieses große wundervolle Ding, viel schöner als alles, was Domeni-
chinos Vaterstadt Bologna in ihren Sammlungen von ihm hat, ein Bild, wie es
außer bei den Borghese in keinem Privatbesitz mehr vorkommen mochte!
Der Marchese saß nachdenklich und las die große gestochne Unterschrift: Huaäro
äst voMvllieo Aa,ax>isri, xosseäuto uft 1748 «l-Ma nobile t'u.ring'ki» ^Ägnoni <Zi Bologna.
(Bild des Domenico Zampieri, 1748 im Besitz der edeln Familie Zagnoni von
Bologna.)
Aus diesem Besitz hatten es also die Vorfahren des Marchese übernommen,
und da war der Maler mit seinem vollen Namen aufgeführt. Das kleine Bild
der badenden Diana dagegen, das die Marchesi vermutlich bei Lebzeiten des
Meisters unmittelbar aus seinem Atelier gekauft oder bei ihm bestellt hatten, ist
im Katalog als „Domenichino" bezeichnet — rin dem Rufnamen, der jedermann
geläufig ist. Dieser Nachkömmling aber, der jetzt vor dem Katalog saß, hatte keine
Beziehung zu den Bildern selbst, außer wenn sie eine schadhafte Wand zudeckten,
und so weit hatte er sich nie mit dem alten Familienschatz eingelassen, daß er von
Domenico auf Domenichino geschlossen hätte.
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vun cerdo Aawxivri, sagte er langsam.
Ja, sagte mein Vater, von einem gewissen Zampieri.
Dann waren sie beide still. Mein Vater saß mit angehaltnem Atem und
wartete. Der Marchese wiederholte den Namen auch noch einmal, aber ohne innere
Beteiligung; dann schlug er das Buch zu, und mein Vater war Besitzer dieses
Werkes von einem gewissen Zampieri.
Es hat lebensgroße Figuren, die Jack und den Sissera, dem sie den Nagel
in die Schläfe hämmert. In großer Lieblichkeit hebt sie den Hammer mit beiden
Händen, um noch einmal zuzuschlagen. Sissera, der Feldhauptmann, liegt am Boden
und zuckt im Todeskrampf zusammen. Bewunderungswürdig ist die Verkürzung, in
der dieser Niese dargestellt ist. Man hat den Vollen Eindruck des gewaltige»
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