Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Betrachtungen zur Marinevorlage für 1.9^6 steigern, damit die deutschen Schiffe (und Torpedoboote) an Gesechtskraft nicht Ganz abgesehen von den artilleristischen Erfolgen der Japaner, die doch Schon diese so kurz wie möglich gehaltnen Anführungen zeigen, daß Grenzboten IV 1905 76
Betrachtungen zur Marinevorlage für 1.9^6 steigern, damit die deutschen Schiffe (und Torpedoboote) an Gesechtskraft nicht Ganz abgesehen von den artilleristischen Erfolgen der Japaner, die doch Schon diese so kurz wie möglich gehaltnen Anführungen zeigen, daß Grenzboten IV 1905 76
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Betrachtungen zur Marinevorlage für 1.9^6
steigern, damit die deutschen Schiffe (und Torpedoboote) an Gesechtskraft nicht
hinter den Schiffen (und Torpedobooten) andrer Nationen zurückbleiben."
Ganz abgesehen von den artilleristischen Erfolgen der Japaner, die doch
nicht allein der überlegnen Technik, sondern zu einem beträchtlichen Teile der
ungeheuern Überlegenheit in der genialen Führung und der seekriegsmäßigen,
mustergiltigen Schulung der japanischen Flotte zu suchen sind, ganz abgesehen
von diesen drängen noch zwei wichtige Gründe zur Steigerung der Größe
der Linienschiffe: erstens die kürzlich erst erprobte Verdopplung der Torpedo-
schnßweite von 1000 auf 2000 Meter, die dazu zwingt, den Geschütz¬
kampf mindestens in 3000 Metern Abstand zu führen, wodurch die bisher
viel größere Bedeutung der Mittelartillerie wesentlich eingeschränkt wird, und
die schwere Artillerie noch wichtiger als früher wird; zweitens zwingen die
vielen japanischen und russischen Schiffsverluste durch Seculum, diese gefähr¬
lichste Nebenwaffe des Seekriegs, dazu, dem Bodenschutz der Linienschiffe viel
größere Aufmerksamkeit zuzuwenden als bisher. Ob dieser Bodenschutz durch
innere Panzerwünde oder durch einen dreifachen, in sehr viele Zellen geteilten
Schiffsböden oder auf andre Weise ausgeführt werden mag, immer veranlaßt
er Gewichtsvermehrung, also Vergrößerung des Schiffskörpers.
Schon diese so kurz wie möglich gehaltnen Anführungen zeigen, daß
diesesmal allerdings der Laie mit seinem Drängen nach Steigerung der
Schiffsgrößen auf alle Fälle im Recht ist. Wie weit die Steigerung der
Größe für die deutschen Linienschiffe aber durchführbar sein wird, das ist aller¬
dings nicht so leicht zu beantworten, denn „hart im Raume stoßen sich die
Sachen." Die paar Schleusen im Kaiser-Wilhelms-Kanal werden wohl die ge¬
ringsten Sorgen dabei machen. Aber die Aufgaben, die beim Bau solcher
großen Schiffe unsern Schiffbaumeistern erwachsen, sind wahrlich nicht leicht,
deshalb können die ungeduldigen Laien, die da meinen, wir Hütten schon längst
größere Schiffe bauen müssen, überzeugt sein, daß die allmähliche Steigerung
in den Schiffsgrößen, wie sie im letzten Jahrzehnt stattgefunden hat, die Folge
reiflicher Überlegungen war, und daß man sich auch jetzt nur unter dem
Zwange der letzten technischen Entwicklungen und Erfahrungen in den leitenden
Kreisen unsrer Marine dazu entschlossen haben wird, die Gefechtskraft der
Schiffe so zu steigern, daß sie nicht mehr hinter der der neusten fremden
Linienschiffe zurückbleibt. Zwei der neuen Linienschiffe werden ungefähr soviel
kosten wie drei der Linienschiffe der Dcutschlandklasse; das ist nicht viel, falls
es dabei gelingen sollte, den Gefechtswert jedes einzelnen der Schiffe in der
Leistungsfähigkeit der schweren Geschütze zu verdreifachen und zugleich die
neuen Schiffe etwa dreifach weniger verwundbar gegen Geschütz, Torpedo und
Seemine zu machen. Diese nur geschätzten Steigerungen der Trutz- und
Schutzkraft können möglicherweise noch größer werden. Das sind technische
Eigenschaften, die unter Umständen ein neues Schiff wertvoller als ein halbes
Dutzend der ältern machen könnten! Vor der Seeschlacht von Tsuschima war
die Zurückhaltung, man kann sagen Bescheidenheit der deutschen Marine hin¬
sichtlich der kleinen Linienschiffe im Vergleich mit andern Flotten nicht nur
entschuldbar, sondern völlig gerechtfertigt. Unter anderen war auch die Frage,
Grenzboten IV 1905 76
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