Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.geqangnen Verhandlungen und Vorbereitungen eine Hauptrolle, Er nur zwar In diesem Aufzuge langte die Jungfrau nach einem elftägigen Ritt, bei Für Meteore sind Höfe nicht das rechte Firmament, oder mit andern geqangnen Verhandlungen und Vorbereitungen eine Hauptrolle, Er nur zwar In diesem Aufzuge langte die Jungfrau nach einem elftägigen Ritt, bei Für Meteore sind Höfe nicht das rechte Firmament, oder mit andern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296284"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1591" prev="#ID_1590"> geqangnen Verhandlungen und Vorbereitungen eine Hauptrolle, Er nur zwar<lb/> im Grunde nichts andres als ein königstreuer, sonst aber ziemlich gewissenloser<lb/> Raubritter und glaubte nicht an die höhere Weihe von Johannas Sendung,<lb/> aber nachdem er sich längere Zeit abweisend verhalten hatte, ließ er sich doch,<lb/> durch Johannas Beharrlichkeit und durch die verzweifelte Lage Karls des<lb/> Siebenten bestimmt, endlich bereit finden, die Jungfrau beim König anzumelden<lb/> und ihr als Begleiter auf ihrem Ritt die beiden genannten Manne» und deren<lb/> Knappen, alle vier wohlbewaffnet und wvhlberitten, mitzugeben. Ein vom König<lb/> an Baudricourt gesandter reitender Bote nebst Diener, der nach Chiron zurück¬<lb/> kehrte, vervollständigte die Kavalkade. Einem Augenzeugen, demi Stadtschreiber<lb/> von La Rochelle, verdanken wir eine Beschreibung des Umzugs, in dem die<lb/> Jungfrau den Ritt unternahm, und der, ebenso wie das nötige Pferd, mit<lb/> Hilfe freiwilliger Beisteuern einiger Leute in Vaueouleurs beschafft worden<lb/> war. Robert von Baudricourt umgürtete die Jungfrau beim Abritt mit seinem<lb/> eignen Schwerte und sagte, sie solle nur reiten, möge kommen, was wolle.<lb/> Nach der in deu Prozeßakten lateinisch niedergeschriebnen Zeugenaussage von<lb/> Simon Charles waren die Worte, die er sprach: V.leis, vaäs, et auoä was<lb/> pvtsnt veuirs, pfunt. Die Kleidung der Jungfrau aber bestand aus einem<lb/> schwarzen Wams nud ditto Hosen, einer schwarzgrauen Schande, einem schwarzen<lb/> Hut und einem mit Sporen versehenen gamaschenartigen Ausrüstungsstück<lb/> (dem86g,nx).</p><lb/> <p xml:id="ID_1592"> In diesem Aufzuge langte die Jungfrau nach einem elftägigen Ritt, bei<lb/> dem alles trotz den Überschwemmungen, die gerade stattgefunden hatten, trotz<lb/> den in der Gegend streifenden feindlichen Truppen und trotz den in den Zeugen¬<lb/> aussagen wiederholt hervorgehobnen, in der blühenden Jugend Johauuas und<lb/> ihrer sonst nicht überbedeuklichen Begleiter wurzelnden Gefahren unerwartet<lb/> glatt gegangen zu sein scheint, in Chiron an. Der richtige Blick, mit dem sie<lb/> den König aus der Zahl der Hofleute, unter die er sich gemischt hatte, Heraus¬<lb/> erkanute, und das Erstaunliche einer Mitteilung, die sie ihm über Dinge machte,<lb/> von denen er glauben durfte, sie seien nur ihm allein bekannt, flößten zwar<lb/> ihm — wahrscheinlich besonders infolge der allgemein gerühmten jugendlichem<lb/> Schönheit Johannas und ihrer Unmut — sofort Vertrauen ein, aber seine<lb/> Umgebung war schwerer zu gewinnen, und erst nachdem in Poitiers durch<lb/> Prälaten und Doktoren des kanonischen Rechts Johannas Rechtgläubigkeit, am<lb/> Hofe durch Matronen deren Jungfräulichkeit festgestellt und über das Gutachten<lb/> der Prälaten und Doktoren ein leider verloren gegangues Protokoll aufgenommen<lb/> worden war, wurde sie mit Fahne, Rüstung, Gefolge und Marstall versehen<lb/> und an die Spitze eines Teils der Truppen — einzelne Quellen berichten<lb/> sogar sämtlicher Truppen — gestellt. Die bekannten wunderbaren Erfolge,<lb/> ourch die sie ihre beiden Versprechungen, sie wolle nicht bloß das von den<lb/> Engländern eingeschlossene Orleans befreien, sondern auch den noch ungekrönten<lb/> König, der deshalb bald als vlruxllin ach Viönnois, bald als König von<lb/> Bourges bezeichnet zu werden pflegte, durch das vom Feinde besetzte Land nach<lb/> Reims zur Krönung führen, in ' verhältnismäßig kurzer Zeit wahr machte,<lb/> würden ihr dauernd eine hohe angesehene Stellung im Staate gesichert haben,<lb/> wenn Prälaten, Hofleute und hohe Militärs nicht schon damals das gewesen<lb/> M^'"' >""s sie heutigentags noch, zwar nicht ausnahmlos, aber doch in der<lb/> Erzähl sind, oder wenn Karl der Siebente, statt uuter ihrem Einflüsse zu<lb/> c/k/'' ^" ^" "»abhängig gewesen wäre, wie dies zum Beispiel Ludwig der<lb/> ^isle. Gustav Adolf von Schweden und der erste Napoleon zu sein ver¬<lb/> standen haben. ^</p><lb/> <p xml:id="ID_1593" next="#ID_1594"> Für Meteore sind Höfe nicht das rechte Firmament, oder mit andern<lb/> dorten, wo man, nach schweren Kämpfen und nicht ohne argwöhnische Blicke<lb/> aus den linken und den rechte-, Nachbar, dichtgedrängt um die Butterschüssel</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0273]
geqangnen Verhandlungen und Vorbereitungen eine Hauptrolle, Er nur zwar
im Grunde nichts andres als ein königstreuer, sonst aber ziemlich gewissenloser
Raubritter und glaubte nicht an die höhere Weihe von Johannas Sendung,
aber nachdem er sich längere Zeit abweisend verhalten hatte, ließ er sich doch,
durch Johannas Beharrlichkeit und durch die verzweifelte Lage Karls des
Siebenten bestimmt, endlich bereit finden, die Jungfrau beim König anzumelden
und ihr als Begleiter auf ihrem Ritt die beiden genannten Manne» und deren
Knappen, alle vier wohlbewaffnet und wvhlberitten, mitzugeben. Ein vom König
an Baudricourt gesandter reitender Bote nebst Diener, der nach Chiron zurück¬
kehrte, vervollständigte die Kavalkade. Einem Augenzeugen, demi Stadtschreiber
von La Rochelle, verdanken wir eine Beschreibung des Umzugs, in dem die
Jungfrau den Ritt unternahm, und der, ebenso wie das nötige Pferd, mit
Hilfe freiwilliger Beisteuern einiger Leute in Vaueouleurs beschafft worden
war. Robert von Baudricourt umgürtete die Jungfrau beim Abritt mit seinem
eignen Schwerte und sagte, sie solle nur reiten, möge kommen, was wolle.
Nach der in deu Prozeßakten lateinisch niedergeschriebnen Zeugenaussage von
Simon Charles waren die Worte, die er sprach: V.leis, vaäs, et auoä was
pvtsnt veuirs, pfunt. Die Kleidung der Jungfrau aber bestand aus einem
schwarzen Wams nud ditto Hosen, einer schwarzgrauen Schande, einem schwarzen
Hut und einem mit Sporen versehenen gamaschenartigen Ausrüstungsstück
(dem86g,nx).
In diesem Aufzuge langte die Jungfrau nach einem elftägigen Ritt, bei
dem alles trotz den Überschwemmungen, die gerade stattgefunden hatten, trotz
den in der Gegend streifenden feindlichen Truppen und trotz den in den Zeugen¬
aussagen wiederholt hervorgehobnen, in der blühenden Jugend Johauuas und
ihrer sonst nicht überbedeuklichen Begleiter wurzelnden Gefahren unerwartet
glatt gegangen zu sein scheint, in Chiron an. Der richtige Blick, mit dem sie
den König aus der Zahl der Hofleute, unter die er sich gemischt hatte, Heraus¬
erkanute, und das Erstaunliche einer Mitteilung, die sie ihm über Dinge machte,
von denen er glauben durfte, sie seien nur ihm allein bekannt, flößten zwar
ihm — wahrscheinlich besonders infolge der allgemein gerühmten jugendlichem
Schönheit Johannas und ihrer Unmut — sofort Vertrauen ein, aber seine
Umgebung war schwerer zu gewinnen, und erst nachdem in Poitiers durch
Prälaten und Doktoren des kanonischen Rechts Johannas Rechtgläubigkeit, am
Hofe durch Matronen deren Jungfräulichkeit festgestellt und über das Gutachten
der Prälaten und Doktoren ein leider verloren gegangues Protokoll aufgenommen
worden war, wurde sie mit Fahne, Rüstung, Gefolge und Marstall versehen
und an die Spitze eines Teils der Truppen — einzelne Quellen berichten
sogar sämtlicher Truppen — gestellt. Die bekannten wunderbaren Erfolge,
ourch die sie ihre beiden Versprechungen, sie wolle nicht bloß das von den
Engländern eingeschlossene Orleans befreien, sondern auch den noch ungekrönten
König, der deshalb bald als vlruxllin ach Viönnois, bald als König von
Bourges bezeichnet zu werden pflegte, durch das vom Feinde besetzte Land nach
Reims zur Krönung führen, in ' verhältnismäßig kurzer Zeit wahr machte,
würden ihr dauernd eine hohe angesehene Stellung im Staate gesichert haben,
wenn Prälaten, Hofleute und hohe Militärs nicht schon damals das gewesen
M^'"' >""s sie heutigentags noch, zwar nicht ausnahmlos, aber doch in der
Erzähl sind, oder wenn Karl der Siebente, statt uuter ihrem Einflüsse zu
c/k/'' ^" ^" "»abhängig gewesen wäre, wie dies zum Beispiel Ludwig der
^isle. Gustav Adolf von Schweden und der erste Napoleon zu sein ver¬
standen haben. ^
Für Meteore sind Höfe nicht das rechte Firmament, oder mit andern
dorten, wo man, nach schweren Kämpfen und nicht ohne argwöhnische Blicke
aus den linken und den rechte-, Nachbar, dichtgedrängt um die Butterschüssel
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