Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Rußlands neuster Bcchnlicm in Zentrcilafwn typus, das Mischvolk der Sarten, gebildet, das sehr zahlreich ist. Und endlich Während Rußland auf seinen neuen Schienenweg mit vollem Rechte stolz Von Rußlands Politik Persien gegenüber hat mau längere Zeit nichts Rußlands neuster Bcchnlicm in Zentrcilafwn typus, das Mischvolk der Sarten, gebildet, das sehr zahlreich ist. Und endlich Während Rußland auf seinen neuen Schienenweg mit vollem Rechte stolz Von Rußlands Politik Persien gegenüber hat mau längere Zeit nichts <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296026"/> <fw type="header" place="top"> Rußlands neuster Bcchnlicm in Zentrcilafwn</fw><lb/> <p xml:id="ID_24" prev="#ID_23"> typus, das Mischvolk der Sarten, gebildet, das sehr zahlreich ist. Und endlich<lb/> kommen die Russen als herrschendes Volk hinzu, gar nicht zu reden von den<lb/> deutschen, jüdischen, indischen und chinesischen Kaufleuten. Das Christentum<lb/> der Russen begegnet sich hier mit dem Islam der ältern Einwohner, Moscheen<lb/> stehn friedlich neben russischen Kirchen. Die russische Verwaltung hat Taschkend<lb/> zu einem wichtige,, Vcrkehrszcntrum gemacht, auch an geselligen Einrichtungen<lb/> fehlt es nicht. Der Kaufmann findet Post, Telegraph und Bank, ein Theater<lb/> sorgt für Unterhaltung der starken Garnison wie der Zivilbevölkerung. Auch<lb/> Schulen und eine Bibliothek sind geschaffen worden. Die Bevölkerung wird<lb/> auf 160000 Seelen angegeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_25"> Während Rußland auf seinen neuen Schienenweg mit vollem Rechte stolz<lb/> sein kann, hatte England Ursache, die Bahn mit Besorgnissen zu betrachten.<lb/> Nach den Erfahrungen mit der Leistungsfähigkeit der sibirischen Eisenbahn hat<lb/> man allerdings wohl angenommen, daß Truppenbeförderungen doch nicht mit<lb/> solcher Schnelligkeit vor sich gehn könnten, wie man auf Grund europäischer<lb/> Maßstäbe annehmen sollte. Doch ist in dieser Richtung die Wirksamkeit der<lb/> Reformen gar nicht abzusehen. England hat nicht zu völliger Beruhigung<lb/> kommen können. Während die einen argumentierten, daß die Russen durch<lb/> die Japaner eine so schwere Niederlage erlitten hätten, daß sie auf lauge Zeit<lb/> hinaus auch in Asien nicht auf neue Offensive ausgehn könnten, befürchteten<lb/> andre gerade, daß Nußland sich nun gegen Indien, Afghanistan oder Persien<lb/> wenden könnte, wo ihm wohlfeilere Erfolge winkten als im fernen Osten.<lb/> Wie dem auch sei, England hat sich durch den in den letzten Augusttagen,<lb/> fast zugleich mit dein Frieden von Portsmouth, abgeschlossenen neuen Bündnis<lb/> mit Japan auf die wirksamste Weise gegen alle solche Möglichkeiten gedeckt.<lb/> Das förmliche Schutz- und Trutzbündnis, nicht nnr gegen den Angriff zweier<lb/> Mächte, sondern gegen jeden Feind, hat zum Programm die Erhaltung des<lb/> Status cM östlich vom einnndfünfzigsten Längengrade. Dieser geht mitten durch<lb/> das Kaspische Meer und durch den Persischen Meerbusen. Damit ist Japan<lb/> zum Bürgen für ganz Indien samt Afghanistan geworden; ja wenn man es<lb/> genau nehmen will, so liegt auch Persiens Hauptstadt Teheran innerhalb des<lb/> verbürgten Gebiets. Wenn also Rußland auf das östliche Persien, Afghanistan<lb/> oder die Pamirs, sogar auf Tibet, einen Angriff machen sollte, so ist Japan<lb/> verpflichtet, mit allen Kräften Rußland zu bekämpfen. nominell tritt damit<lb/> dann für Frankreich auf Grund des Zweibundvertrags die Pflicht ein. Ru߬<lb/> land Hilfe zu leisten. Aber materiell ist Rußland sehr in den Hintergrund<lb/> getreten; der Friede in Asien hat vielmehr durch diesen Bündnisvertrag eine<lb/> unerwartete Befestigung erhalten und dürfte von keiner Seite bald gestört<lb/> werden. Dazu dürften namentlich auch die innern russischen Zustände viel<lb/> beitragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_26" next="#ID_27"> Von Rußlands Politik Persien gegenüber hat mau längere Zeit nichts<lb/> gehört. Seine Staatsmänner waren seit fast zwei Jahren durch den Krieg<lb/> mit Japan viel zu sehr in Anspruch genommen. Diese Zeit hat England<lb/> benutzt, in mehrfacher Beziehung seine Deckung zu verbessern. Es hat die<lb/> Gelegenheit zu der bekannten Abrechnung mit Tibet wahrgenommen und damit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
Rußlands neuster Bcchnlicm in Zentrcilafwn
typus, das Mischvolk der Sarten, gebildet, das sehr zahlreich ist. Und endlich
kommen die Russen als herrschendes Volk hinzu, gar nicht zu reden von den
deutschen, jüdischen, indischen und chinesischen Kaufleuten. Das Christentum
der Russen begegnet sich hier mit dem Islam der ältern Einwohner, Moscheen
stehn friedlich neben russischen Kirchen. Die russische Verwaltung hat Taschkend
zu einem wichtige,, Vcrkehrszcntrum gemacht, auch an geselligen Einrichtungen
fehlt es nicht. Der Kaufmann findet Post, Telegraph und Bank, ein Theater
sorgt für Unterhaltung der starken Garnison wie der Zivilbevölkerung. Auch
Schulen und eine Bibliothek sind geschaffen worden. Die Bevölkerung wird
auf 160000 Seelen angegeben.
Während Rußland auf seinen neuen Schienenweg mit vollem Rechte stolz
sein kann, hatte England Ursache, die Bahn mit Besorgnissen zu betrachten.
Nach den Erfahrungen mit der Leistungsfähigkeit der sibirischen Eisenbahn hat
man allerdings wohl angenommen, daß Truppenbeförderungen doch nicht mit
solcher Schnelligkeit vor sich gehn könnten, wie man auf Grund europäischer
Maßstäbe annehmen sollte. Doch ist in dieser Richtung die Wirksamkeit der
Reformen gar nicht abzusehen. England hat nicht zu völliger Beruhigung
kommen können. Während die einen argumentierten, daß die Russen durch
die Japaner eine so schwere Niederlage erlitten hätten, daß sie auf lauge Zeit
hinaus auch in Asien nicht auf neue Offensive ausgehn könnten, befürchteten
andre gerade, daß Nußland sich nun gegen Indien, Afghanistan oder Persien
wenden könnte, wo ihm wohlfeilere Erfolge winkten als im fernen Osten.
Wie dem auch sei, England hat sich durch den in den letzten Augusttagen,
fast zugleich mit dein Frieden von Portsmouth, abgeschlossenen neuen Bündnis
mit Japan auf die wirksamste Weise gegen alle solche Möglichkeiten gedeckt.
Das förmliche Schutz- und Trutzbündnis, nicht nnr gegen den Angriff zweier
Mächte, sondern gegen jeden Feind, hat zum Programm die Erhaltung des
Status cM östlich vom einnndfünfzigsten Längengrade. Dieser geht mitten durch
das Kaspische Meer und durch den Persischen Meerbusen. Damit ist Japan
zum Bürgen für ganz Indien samt Afghanistan geworden; ja wenn man es
genau nehmen will, so liegt auch Persiens Hauptstadt Teheran innerhalb des
verbürgten Gebiets. Wenn also Rußland auf das östliche Persien, Afghanistan
oder die Pamirs, sogar auf Tibet, einen Angriff machen sollte, so ist Japan
verpflichtet, mit allen Kräften Rußland zu bekämpfen. nominell tritt damit
dann für Frankreich auf Grund des Zweibundvertrags die Pflicht ein. Ru߬
land Hilfe zu leisten. Aber materiell ist Rußland sehr in den Hintergrund
getreten; der Friede in Asien hat vielmehr durch diesen Bündnisvertrag eine
unerwartete Befestigung erhalten und dürfte von keiner Seite bald gestört
werden. Dazu dürften namentlich auch die innern russischen Zustände viel
beitragen.
Von Rußlands Politik Persien gegenüber hat mau längere Zeit nichts
gehört. Seine Staatsmänner waren seit fast zwei Jahren durch den Krieg
mit Japan viel zu sehr in Anspruch genommen. Diese Zeit hat England
benutzt, in mehrfacher Beziehung seine Deckung zu verbessern. Es hat die
Gelegenheit zu der bekannten Abrechnung mit Tibet wahrgenommen und damit
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