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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Unter Runden, Komödianten und wilden Tieren

wo er zuvor zum Markte gewesen war und seinen Packwagen und die Bude
zurückgelassen hatte. Berg hatte, wie ich schon früher erwähnt habe, einen Zirkus
gehabt, den er wegen des schlechten Geschäftsganges nicht weiter führen konnte
und deshalb in Thüringen irgendwo liegen gelassen hatte. Die letzte Erinnerung
daran war ein Schenke, der auf der Reise den leichten Wagen zog, worin Berg
selber fuhr. Angestellte hatte er außer mir nicht, wohl aber eine Wirtschafterin
mit zwei Töchtern von siebzehn und fünfzehn Jahren und einem ganz kleinen
Jungen.

Der Fuhrmann brachte zwei Paar Pferde, die an den Wohnwagen und den
Tierwagen gespannt wurden, dann holten mir aus dem Stalle des Gasthauses den
Zebustier und banden ihn hinter den Wohnwagen an. Auf der Reise hatten wir
starkes Schneewetter. In Kanfbeuren hatte Berg eine Remise im Gasthause "Zur
Wies" gemietet, in die wir zunächst den Tierwagen hineinschoben. Den Wohn¬
wagen ließen wir in der Nähe stehn. Zu den Requisiten des Geschäfts gehörte
ein runder eiserner Käfig, der ursprünglich für die Dressurnummeru "Der Löwe
zu Pferd" und "Der Bär zu Pferd" hergerichtet worden war. Dieser Käfig
sollte nun viereckig gemacht werden, und zu diesem Zwecke holten wir die einzelnen
Teile ans dem Packwagen, legten sie auf eine Schiene und bearbeiteten sie so lauge
mit schweren Hämmern, bis die gebognen Teile gerade waren. Damit hatten wir
mehrere Tage zu tun, und als der Käfig fertig war, wurden die drei Löwen
Romeo, Herkules und Samson nebst der Tigerdogge hineingesteckt. Berg machte
mir den Vorschlag, ich sollte die Löwen dressieren, und versprach mir im Falle
meiner Bereitwilligkeit einen neuen Anzug. Ich gab mir mit den Tieren große
Mühe, und es stellte sich bald heraus, daß eigentlich nur Romeo dazu geeignet
war, während die beiden andern immer widersetzlich blieben. Ich wollte das von
mir erfundne und bei der Menagerie Nouma Hawa schon erprobte Mittel an¬
wenden und die Löwen durch vorsichtige Behandlung mit eiuer Bürste zahm machen.
Zu diesem Zwecke ging ich in den Käfig, kniete neben Romeo nieder und strich
ihm mit der Bürste leise über den Rücken. Er ließ sich das auch ruhig gefallen,
und ich setzte diese Behandlung eine Weile fort, während die beiden andern Löwen
in der Ecke des Käfigs saßen und mich beobachteten. Als der eine seine Tatze in
meine Nähe brachte, strich ich mit meiner Bürste mehrmals darüber hin, erhielt
dann aber einen blitzschnell geführte" Hieb, wobei ich zwar nur von einer Kralle
getroffen wurde aber eine schwere Verletzung am Handgelenk davon trug. Ich
ergriff die Peitsche und bestrafte das Tier, das nun in seiner Angst gewaltige
Sprünge muchte und sich hierbet mit den Vordertatzen am obern Gitterrande des
mit keiner Bedachung versehenen Käfigs festhielt. Berg, der darüber herbeige¬
kommen war und den Vorgang beobachtete, befürchtete, der Löwe könnte das Gitter
ganz erklimmen und aus dem Käfig entweichen, und rief mir deshalb zu, ich sollte ihn
am Schwänze herunterziehu. Davor hütete ich mich aber, da ich die Empfindlich¬
keit der Löwen in dieser Hinsicht kannte, und begnügte mich damit, dem Tier
einen Peitschenhieb über die Vorderpranken zu geben, worauf sich der Löwe fallen
ließ und rückwärts in den Käfig stürzte. Ich verband meine Wunde. die auch
bald heilte, von der ich aber später noch Unannehmlichkeiten hatte, da sie nach einer
Reihe von Jahren eine Nachwirkung zeigte, die sich in Form eines Geschwürs an
der Innenseite des Ellbogengelenks bemerkbar machte. Dank meiner Geduld und
Ausdauer gelang es mir aber schließlich doch, den Löwen einige Tricks beizubringen,
sodaß mit dem Beginn des Frühjahrs die jüngere Tochter der Haushälterin, das
fünfzehnjährige Mädchen, mit den Tieren arbeiten konnte. Außerdem begann ich
die Dressur des Bären, der sich gelehriger als die Löwen zeigte, und dem ,es eine
Anzahl Tricks beibrachte. " ^ ^ < ^ ^

Während der stillen Saison trat für uns alle, besonders aber auch sur die
Tiere, eine knappe Zeit ein. So mußten sich die Löwen, wenn sie an zwei Tagen
eine dürftige Fleischration erhalten hatten, am dritten Tage mit einer Bouillon


Unter Runden, Komödianten und wilden Tieren

wo er zuvor zum Markte gewesen war und seinen Packwagen und die Bude
zurückgelassen hatte. Berg hatte, wie ich schon früher erwähnt habe, einen Zirkus
gehabt, den er wegen des schlechten Geschäftsganges nicht weiter führen konnte
und deshalb in Thüringen irgendwo liegen gelassen hatte. Die letzte Erinnerung
daran war ein Schenke, der auf der Reise den leichten Wagen zog, worin Berg
selber fuhr. Angestellte hatte er außer mir nicht, wohl aber eine Wirtschafterin
mit zwei Töchtern von siebzehn und fünfzehn Jahren und einem ganz kleinen
Jungen.

Der Fuhrmann brachte zwei Paar Pferde, die an den Wohnwagen und den
Tierwagen gespannt wurden, dann holten mir aus dem Stalle des Gasthauses den
Zebustier und banden ihn hinter den Wohnwagen an. Auf der Reise hatten wir
starkes Schneewetter. In Kanfbeuren hatte Berg eine Remise im Gasthause „Zur
Wies" gemietet, in die wir zunächst den Tierwagen hineinschoben. Den Wohn¬
wagen ließen wir in der Nähe stehn. Zu den Requisiten des Geschäfts gehörte
ein runder eiserner Käfig, der ursprünglich für die Dressurnummeru „Der Löwe
zu Pferd" und „Der Bär zu Pferd" hergerichtet worden war. Dieser Käfig
sollte nun viereckig gemacht werden, und zu diesem Zwecke holten wir die einzelnen
Teile ans dem Packwagen, legten sie auf eine Schiene und bearbeiteten sie so lauge
mit schweren Hämmern, bis die gebognen Teile gerade waren. Damit hatten wir
mehrere Tage zu tun, und als der Käfig fertig war, wurden die drei Löwen
Romeo, Herkules und Samson nebst der Tigerdogge hineingesteckt. Berg machte
mir den Vorschlag, ich sollte die Löwen dressieren, und versprach mir im Falle
meiner Bereitwilligkeit einen neuen Anzug. Ich gab mir mit den Tieren große
Mühe, und es stellte sich bald heraus, daß eigentlich nur Romeo dazu geeignet
war, während die beiden andern immer widersetzlich blieben. Ich wollte das von
mir erfundne und bei der Menagerie Nouma Hawa schon erprobte Mittel an¬
wenden und die Löwen durch vorsichtige Behandlung mit eiuer Bürste zahm machen.
Zu diesem Zwecke ging ich in den Käfig, kniete neben Romeo nieder und strich
ihm mit der Bürste leise über den Rücken. Er ließ sich das auch ruhig gefallen,
und ich setzte diese Behandlung eine Weile fort, während die beiden andern Löwen
in der Ecke des Käfigs saßen und mich beobachteten. Als der eine seine Tatze in
meine Nähe brachte, strich ich mit meiner Bürste mehrmals darüber hin, erhielt
dann aber einen blitzschnell geführte» Hieb, wobei ich zwar nur von einer Kralle
getroffen wurde aber eine schwere Verletzung am Handgelenk davon trug. Ich
ergriff die Peitsche und bestrafte das Tier, das nun in seiner Angst gewaltige
Sprünge muchte und sich hierbet mit den Vordertatzen am obern Gitterrande des
mit keiner Bedachung versehenen Käfigs festhielt. Berg, der darüber herbeige¬
kommen war und den Vorgang beobachtete, befürchtete, der Löwe könnte das Gitter
ganz erklimmen und aus dem Käfig entweichen, und rief mir deshalb zu, ich sollte ihn
am Schwänze herunterziehu. Davor hütete ich mich aber, da ich die Empfindlich¬
keit der Löwen in dieser Hinsicht kannte, und begnügte mich damit, dem Tier
einen Peitschenhieb über die Vorderpranken zu geben, worauf sich der Löwe fallen
ließ und rückwärts in den Käfig stürzte. Ich verband meine Wunde. die auch
bald heilte, von der ich aber später noch Unannehmlichkeiten hatte, da sie nach einer
Reihe von Jahren eine Nachwirkung zeigte, die sich in Form eines Geschwürs an
der Innenseite des Ellbogengelenks bemerkbar machte. Dank meiner Geduld und
Ausdauer gelang es mir aber schließlich doch, den Löwen einige Tricks beizubringen,
sodaß mit dem Beginn des Frühjahrs die jüngere Tochter der Haushälterin, das
fünfzehnjährige Mädchen, mit den Tieren arbeiten konnte. Außerdem begann ich
die Dressur des Bären, der sich gelehriger als die Löwen zeigte, und dem ,es eine
Anzahl Tricks beibrachte. „ ^ ^ < ^ ^

Während der stillen Saison trat für uns alle, besonders aber auch sur die
Tiere, eine knappe Zeit ein. So mußten sich die Löwen, wenn sie an zwei Tagen
eine dürftige Fleischration erhalten hatten, am dritten Tage mit einer Bouillon


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[0101] Unter Runden, Komödianten und wilden Tieren wo er zuvor zum Markte gewesen war und seinen Packwagen und die Bude zurückgelassen hatte. Berg hatte, wie ich schon früher erwähnt habe, einen Zirkus gehabt, den er wegen des schlechten Geschäftsganges nicht weiter führen konnte und deshalb in Thüringen irgendwo liegen gelassen hatte. Die letzte Erinnerung daran war ein Schenke, der auf der Reise den leichten Wagen zog, worin Berg selber fuhr. Angestellte hatte er außer mir nicht, wohl aber eine Wirtschafterin mit zwei Töchtern von siebzehn und fünfzehn Jahren und einem ganz kleinen Jungen. Der Fuhrmann brachte zwei Paar Pferde, die an den Wohnwagen und den Tierwagen gespannt wurden, dann holten mir aus dem Stalle des Gasthauses den Zebustier und banden ihn hinter den Wohnwagen an. Auf der Reise hatten wir starkes Schneewetter. In Kanfbeuren hatte Berg eine Remise im Gasthause „Zur Wies" gemietet, in die wir zunächst den Tierwagen hineinschoben. Den Wohn¬ wagen ließen wir in der Nähe stehn. Zu den Requisiten des Geschäfts gehörte ein runder eiserner Käfig, der ursprünglich für die Dressurnummeru „Der Löwe zu Pferd" und „Der Bär zu Pferd" hergerichtet worden war. Dieser Käfig sollte nun viereckig gemacht werden, und zu diesem Zwecke holten wir die einzelnen Teile ans dem Packwagen, legten sie auf eine Schiene und bearbeiteten sie so lauge mit schweren Hämmern, bis die gebognen Teile gerade waren. Damit hatten wir mehrere Tage zu tun, und als der Käfig fertig war, wurden die drei Löwen Romeo, Herkules und Samson nebst der Tigerdogge hineingesteckt. Berg machte mir den Vorschlag, ich sollte die Löwen dressieren, und versprach mir im Falle meiner Bereitwilligkeit einen neuen Anzug. Ich gab mir mit den Tieren große Mühe, und es stellte sich bald heraus, daß eigentlich nur Romeo dazu geeignet war, während die beiden andern immer widersetzlich blieben. Ich wollte das von mir erfundne und bei der Menagerie Nouma Hawa schon erprobte Mittel an¬ wenden und die Löwen durch vorsichtige Behandlung mit eiuer Bürste zahm machen. Zu diesem Zwecke ging ich in den Käfig, kniete neben Romeo nieder und strich ihm mit der Bürste leise über den Rücken. Er ließ sich das auch ruhig gefallen, und ich setzte diese Behandlung eine Weile fort, während die beiden andern Löwen in der Ecke des Käfigs saßen und mich beobachteten. Als der eine seine Tatze in meine Nähe brachte, strich ich mit meiner Bürste mehrmals darüber hin, erhielt dann aber einen blitzschnell geführte» Hieb, wobei ich zwar nur von einer Kralle getroffen wurde aber eine schwere Verletzung am Handgelenk davon trug. Ich ergriff die Peitsche und bestrafte das Tier, das nun in seiner Angst gewaltige Sprünge muchte und sich hierbet mit den Vordertatzen am obern Gitterrande des mit keiner Bedachung versehenen Käfigs festhielt. Berg, der darüber herbeige¬ kommen war und den Vorgang beobachtete, befürchtete, der Löwe könnte das Gitter ganz erklimmen und aus dem Käfig entweichen, und rief mir deshalb zu, ich sollte ihn am Schwänze herunterziehu. Davor hütete ich mich aber, da ich die Empfindlich¬ keit der Löwen in dieser Hinsicht kannte, und begnügte mich damit, dem Tier einen Peitschenhieb über die Vorderpranken zu geben, worauf sich der Löwe fallen ließ und rückwärts in den Käfig stürzte. Ich verband meine Wunde. die auch bald heilte, von der ich aber später noch Unannehmlichkeiten hatte, da sie nach einer Reihe von Jahren eine Nachwirkung zeigte, die sich in Form eines Geschwürs an der Innenseite des Ellbogengelenks bemerkbar machte. Dank meiner Geduld und Ausdauer gelang es mir aber schließlich doch, den Löwen einige Tricks beizubringen, sodaß mit dem Beginn des Frühjahrs die jüngere Tochter der Haushälterin, das fünfzehnjährige Mädchen, mit den Tieren arbeiten konnte. Außerdem begann ich die Dressur des Bären, der sich gelehriger als die Löwen zeigte, und dem ,es eine Anzahl Tricks beibrachte. „ ^ ^ < ^ ^ Während der stillen Saison trat für uns alle, besonders aber auch sur die Tiere, eine knappe Zeit ein. So mußten sich die Löwen, wenn sie an zwei Tagen eine dürftige Fleischration erhalten hatten, am dritten Tage mit einer Bouillon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/101>, abgerufen am 15.01.2025.