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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren

Am letzten Sonntag machten wir noch ein leidlich gutes Geschäft, brachen
dann am Montag ab und luden die ganze Einrichtung, die samt dem Bett des
Prinzipals nicht mehr als dreizehn Zentner wog, auf einen Einspänner, der
sie nach Arbon brachte. Ich hatte inzwischen die Adresse meines ehemaligen
Prinzipals Christian Berg erfahren und schrieb einen Brief an ihn, um ihm meine
Dienste anzubieten.

Von Arbon fuhren wir auf der Achse nach Wyl, wo jedoch nicht viel zu holen
war. Als der Markt dort zu Eude war, teilte mir der Photograph mit, er müsse
verreisen, ich solle die Bude abbrechen, einen Fuhrmann suchen und das Geschäft
zusammen mit dem von Karl Bader auf die Bahn verladen. Er gab mir zugleich
fünf Franken, womit ich den Fuhrmann bezahlen und meine eignen Spesen bestreiten
sollte. Ich kam seinen Anweisungen nach, merkte aber bald, daß ich mit dem Gelde
nicht weit käme, und fragte deshalb Bader, ob er mir etwas vorschießen konnte.
Da rückte dieser sofort fünf Franken heraus und sagte, mein Prinzipal habe offenbar
schon vorausgesehen, daß ich mehr Geld brauche, und ihm deshalb fünf Franken
gegeben, die er mir, wenn ich mit der kleinen Barschaft zu Ende sei, aushändigen
solle. Während wir verluden, kam der Telegraphenbote und brachte nur ein Tele¬
gramm mit bezahlter Rückantwort von Christian Berg, worin er anfragte, ob ich
sofort nach Oberdorf in Bayern kommen könne. Ich telegraphierte zurück: Bitte
Reisegeld nach Gossau. Als ich dort am andern Morgen mit dem Wagen auf
dem Platze stand, kam der Photograph von seiner Reise zurück und teilte mir sehr
vergnügt mit, er habe ein neues Geschäft erworben, mit dem er hier ans dem
Markte Geld zu machen hoffe. Es sei eine Fußkünstlerin, die er in irgendeiner
Restauration zeigen wolle. Nun galt es, ein Lokal ausfindig zu machen, das sich
für unsre Zwecke eignete, und dessen Wirt mit unserm Plan einverstanden war.
Wir gingen deshalb in sämtliche Wirtschaften Gossaus, tranken überall ein Viertelchen
Wein, bekamen aber durchweg ablehnenden Bescheid und kehrten schließlich zu der
ersten Wirtschaft zurück, wo man uns halb und halb eine Zusage gemacht hatte.
Mein Prinzipal trug mir auf, den Holzwagen abzuladen und alles zum Aufbau
der Bude vorzubereiten, während er selbst noch eiuen Brief schreiben wollte. Zum
Holzabladen hatte ich aber wenig Lust und zog vor, auf die Post zu gehn und
dort zu fragen, ob eine Geldsendung für mich eingetroffen sei. Das war der Fall,
und der Beamte zahlte mir, nachdem ich mich durch meine Papiere legitimiert
hatte, das Geld aus. Dieses Geschäft hatte sich uicht so schnell abgewickelt, und
während ich noch mit dem Beamten verhandelte, erschien der Photograph mit einem
Einschreibebrief und war nicht wenig verwundert, mich hier, und zwar mit dem
Einkassieren von Geld beschäftigt, zu sehen. Wir gingen dann zusammen weg, und
unterwegs sagte mein Prinzipal, wir müßten uun schleunigst an den Aufbau der
Bude gehn, da die Zeit dränge. Ich erklärte ihm ruhig, daß er auf meine Hilfe
dabei nicht rechnen solle, da ich mit dem nächste" Zuge abzufahren gedächte. Ich
war hier zu einer so schnellen Lösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, da ich
an jedem Tage meinen Lohn erhielt und nicht auf eine Woche oder einen Monat
engagiert war. Der Photograph war bei meiner Antwort wie vom Donner ge¬
rührt und begann, nachdem er sich von dem ersten Schrecken erholt hatte, gewaltig
zu schimpfen. Ich ließ mich dadurch nicht anfechten, sondern holte meinen Koffer
vom Holzwagen herunter und ging damit zur Bahn.

Ich reiste über Se. Gallen nach Oberdorf bei Kaufbeuren, wo ich um nächsten
Morgen ankam. Ich suchte dort nach der Bergheher Menagerie und fand schlie߬
lich einen kleinen Tierwagen und einen Wohnwagen. Bei diesem klopfte ich an
und erfuhr von einer Frau, daß Berg im Hotel wohne. Was sie "Hotel" nannte,
war weiter nichts als ein elendes Gasthaus, wie auch in dem kleinen Neste nicht
anders zu erwarten war. Ich fragte in dein Gasthause nach Herrn Berg und
ging in das Gastzimmer, wo er bald darauf erschien. Er ließ mir Kaffee bringen
und teilte mir mit, daß wir nach Kausbeureu ins Winterquartier reisen wollten,


Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren

Am letzten Sonntag machten wir noch ein leidlich gutes Geschäft, brachen
dann am Montag ab und luden die ganze Einrichtung, die samt dem Bett des
Prinzipals nicht mehr als dreizehn Zentner wog, auf einen Einspänner, der
sie nach Arbon brachte. Ich hatte inzwischen die Adresse meines ehemaligen
Prinzipals Christian Berg erfahren und schrieb einen Brief an ihn, um ihm meine
Dienste anzubieten.

Von Arbon fuhren wir auf der Achse nach Wyl, wo jedoch nicht viel zu holen
war. Als der Markt dort zu Eude war, teilte mir der Photograph mit, er müsse
verreisen, ich solle die Bude abbrechen, einen Fuhrmann suchen und das Geschäft
zusammen mit dem von Karl Bader auf die Bahn verladen. Er gab mir zugleich
fünf Franken, womit ich den Fuhrmann bezahlen und meine eignen Spesen bestreiten
sollte. Ich kam seinen Anweisungen nach, merkte aber bald, daß ich mit dem Gelde
nicht weit käme, und fragte deshalb Bader, ob er mir etwas vorschießen konnte.
Da rückte dieser sofort fünf Franken heraus und sagte, mein Prinzipal habe offenbar
schon vorausgesehen, daß ich mehr Geld brauche, und ihm deshalb fünf Franken
gegeben, die er mir, wenn ich mit der kleinen Barschaft zu Ende sei, aushändigen
solle. Während wir verluden, kam der Telegraphenbote und brachte nur ein Tele¬
gramm mit bezahlter Rückantwort von Christian Berg, worin er anfragte, ob ich
sofort nach Oberdorf in Bayern kommen könne. Ich telegraphierte zurück: Bitte
Reisegeld nach Gossau. Als ich dort am andern Morgen mit dem Wagen auf
dem Platze stand, kam der Photograph von seiner Reise zurück und teilte mir sehr
vergnügt mit, er habe ein neues Geschäft erworben, mit dem er hier ans dem
Markte Geld zu machen hoffe. Es sei eine Fußkünstlerin, die er in irgendeiner
Restauration zeigen wolle. Nun galt es, ein Lokal ausfindig zu machen, das sich
für unsre Zwecke eignete, und dessen Wirt mit unserm Plan einverstanden war.
Wir gingen deshalb in sämtliche Wirtschaften Gossaus, tranken überall ein Viertelchen
Wein, bekamen aber durchweg ablehnenden Bescheid und kehrten schließlich zu der
ersten Wirtschaft zurück, wo man uns halb und halb eine Zusage gemacht hatte.
Mein Prinzipal trug mir auf, den Holzwagen abzuladen und alles zum Aufbau
der Bude vorzubereiten, während er selbst noch eiuen Brief schreiben wollte. Zum
Holzabladen hatte ich aber wenig Lust und zog vor, auf die Post zu gehn und
dort zu fragen, ob eine Geldsendung für mich eingetroffen sei. Das war der Fall,
und der Beamte zahlte mir, nachdem ich mich durch meine Papiere legitimiert
hatte, das Geld aus. Dieses Geschäft hatte sich uicht so schnell abgewickelt, und
während ich noch mit dem Beamten verhandelte, erschien der Photograph mit einem
Einschreibebrief und war nicht wenig verwundert, mich hier, und zwar mit dem
Einkassieren von Geld beschäftigt, zu sehen. Wir gingen dann zusammen weg, und
unterwegs sagte mein Prinzipal, wir müßten uun schleunigst an den Aufbau der
Bude gehn, da die Zeit dränge. Ich erklärte ihm ruhig, daß er auf meine Hilfe
dabei nicht rechnen solle, da ich mit dem nächste» Zuge abzufahren gedächte. Ich
war hier zu einer so schnellen Lösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, da ich
an jedem Tage meinen Lohn erhielt und nicht auf eine Woche oder einen Monat
engagiert war. Der Photograph war bei meiner Antwort wie vom Donner ge¬
rührt und begann, nachdem er sich von dem ersten Schrecken erholt hatte, gewaltig
zu schimpfen. Ich ließ mich dadurch nicht anfechten, sondern holte meinen Koffer
vom Holzwagen herunter und ging damit zur Bahn.

Ich reiste über Se. Gallen nach Oberdorf bei Kaufbeuren, wo ich um nächsten
Morgen ankam. Ich suchte dort nach der Bergheher Menagerie und fand schlie߬
lich einen kleinen Tierwagen und einen Wohnwagen. Bei diesem klopfte ich an
und erfuhr von einer Frau, daß Berg im Hotel wohne. Was sie „Hotel" nannte,
war weiter nichts als ein elendes Gasthaus, wie auch in dem kleinen Neste nicht
anders zu erwarten war. Ich fragte in dein Gasthause nach Herrn Berg und
ging in das Gastzimmer, wo er bald darauf erschien. Er ließ mir Kaffee bringen
und teilte mir mit, daß wir nach Kausbeureu ins Winterquartier reisen wollten,


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[0100] Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren Am letzten Sonntag machten wir noch ein leidlich gutes Geschäft, brachen dann am Montag ab und luden die ganze Einrichtung, die samt dem Bett des Prinzipals nicht mehr als dreizehn Zentner wog, auf einen Einspänner, der sie nach Arbon brachte. Ich hatte inzwischen die Adresse meines ehemaligen Prinzipals Christian Berg erfahren und schrieb einen Brief an ihn, um ihm meine Dienste anzubieten. Von Arbon fuhren wir auf der Achse nach Wyl, wo jedoch nicht viel zu holen war. Als der Markt dort zu Eude war, teilte mir der Photograph mit, er müsse verreisen, ich solle die Bude abbrechen, einen Fuhrmann suchen und das Geschäft zusammen mit dem von Karl Bader auf die Bahn verladen. Er gab mir zugleich fünf Franken, womit ich den Fuhrmann bezahlen und meine eignen Spesen bestreiten sollte. Ich kam seinen Anweisungen nach, merkte aber bald, daß ich mit dem Gelde nicht weit käme, und fragte deshalb Bader, ob er mir etwas vorschießen konnte. Da rückte dieser sofort fünf Franken heraus und sagte, mein Prinzipal habe offenbar schon vorausgesehen, daß ich mehr Geld brauche, und ihm deshalb fünf Franken gegeben, die er mir, wenn ich mit der kleinen Barschaft zu Ende sei, aushändigen solle. Während wir verluden, kam der Telegraphenbote und brachte nur ein Tele¬ gramm mit bezahlter Rückantwort von Christian Berg, worin er anfragte, ob ich sofort nach Oberdorf in Bayern kommen könne. Ich telegraphierte zurück: Bitte Reisegeld nach Gossau. Als ich dort am andern Morgen mit dem Wagen auf dem Platze stand, kam der Photograph von seiner Reise zurück und teilte mir sehr vergnügt mit, er habe ein neues Geschäft erworben, mit dem er hier ans dem Markte Geld zu machen hoffe. Es sei eine Fußkünstlerin, die er in irgendeiner Restauration zeigen wolle. Nun galt es, ein Lokal ausfindig zu machen, das sich für unsre Zwecke eignete, und dessen Wirt mit unserm Plan einverstanden war. Wir gingen deshalb in sämtliche Wirtschaften Gossaus, tranken überall ein Viertelchen Wein, bekamen aber durchweg ablehnenden Bescheid und kehrten schließlich zu der ersten Wirtschaft zurück, wo man uns halb und halb eine Zusage gemacht hatte. Mein Prinzipal trug mir auf, den Holzwagen abzuladen und alles zum Aufbau der Bude vorzubereiten, während er selbst noch eiuen Brief schreiben wollte. Zum Holzabladen hatte ich aber wenig Lust und zog vor, auf die Post zu gehn und dort zu fragen, ob eine Geldsendung für mich eingetroffen sei. Das war der Fall, und der Beamte zahlte mir, nachdem ich mich durch meine Papiere legitimiert hatte, das Geld aus. Dieses Geschäft hatte sich uicht so schnell abgewickelt, und während ich noch mit dem Beamten verhandelte, erschien der Photograph mit einem Einschreibebrief und war nicht wenig verwundert, mich hier, und zwar mit dem Einkassieren von Geld beschäftigt, zu sehen. Wir gingen dann zusammen weg, und unterwegs sagte mein Prinzipal, wir müßten uun schleunigst an den Aufbau der Bude gehn, da die Zeit dränge. Ich erklärte ihm ruhig, daß er auf meine Hilfe dabei nicht rechnen solle, da ich mit dem nächste» Zuge abzufahren gedächte. Ich war hier zu einer so schnellen Lösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, da ich an jedem Tage meinen Lohn erhielt und nicht auf eine Woche oder einen Monat engagiert war. Der Photograph war bei meiner Antwort wie vom Donner ge¬ rührt und begann, nachdem er sich von dem ersten Schrecken erholt hatte, gewaltig zu schimpfen. Ich ließ mich dadurch nicht anfechten, sondern holte meinen Koffer vom Holzwagen herunter und ging damit zur Bahn. Ich reiste über Se. Gallen nach Oberdorf bei Kaufbeuren, wo ich um nächsten Morgen ankam. Ich suchte dort nach der Bergheher Menagerie und fand schlie߬ lich einen kleinen Tierwagen und einen Wohnwagen. Bei diesem klopfte ich an und erfuhr von einer Frau, daß Berg im Hotel wohne. Was sie „Hotel" nannte, war weiter nichts als ein elendes Gasthaus, wie auch in dem kleinen Neste nicht anders zu erwarten war. Ich fragte in dein Gasthause nach Herrn Berg und ging in das Gastzimmer, wo er bald darauf erschien. Er ließ mir Kaffee bringen und teilte mir mit, daß wir nach Kausbeureu ins Winterquartier reisen wollten,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/100>, abgerufen am 15.01.2025.