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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

und der Goldwährung. Damit hat Europa zu rechnen. Ob der Imperialismus
alsbald neue Vorstöße machen wird, kann natürlich kein Mensch wissen. Brennende
Streitfragen gibt es im Augenblick nicht. Am ersten kann die Frage der Ein¬
verleibung Kubas auftauchen. Die allgemeine Erwartung ist von vornherein
dahin gegangen, daß die Selbständigkeit der jungen Republik nur ein kurzer Über¬
gang sein würde. Aber sie hat wenigstens ein so hohes Maß von Pessimismus
nicht gerechtfertigt. Sie hat sich einigermaßen solide konstituiert und mit den Ver¬
einigten Staaten eiuen für sie sehr vorteilhaften Handelsvertrag auf Gegenseitigkeit
geschloffen. Solange Ruhe im Lande bleibt und das Eigentum heilig gehalten
wird, dürfte die Unabhängigkeit einigermaßen sicher sein. Kommt es aber zu
revolutionären Bewegungen, so werden die Vereinigten Staaten kurzen Prozeß
machen und die Insel annektieren. Im westlichen Kanada gibt es ebenfalls eine
gewisse Aussicht auf Verschmelzung mit der großen Republik, doch ist auch diese
noch nicht in großer Nähe. Es ist also eine baldige Aktion des Imperialismus
noch nicht absehbar. Dagegen ist es so gut wie gewiß, daß die Vereinigten Staaten
zu einer bedeutenden Vermehrung ihrer Flotte schreiten werden, wahrscheinlich auch
zu einer starken Erhöhung der Staatshilfe für die Handelsflotte, wonach die nord¬
östlichen Staaten schon lange rufen, und die auch Präsident Roosevelt sofort nach
seiner Wahl wieder berührt hat.

Auf dem Gebiete des Zollwesens ist der Stillstand wahrscheinlich. Die nord¬
amerikanischen Zölle sind so hoch, daß sie füglich nicht höher getrieben werden
können; das verlangt auch niemand. Auf eine Herabsetzung darf man aber nicht
rechnen. Ob die Vereinigten Staaten jetzt geneigt sein werden, auf Handels¬
verträge mit europäischen Staaten einzugehn, muß man abwarten. Bisher haben
sie das niemals gewollt. Der amerikanische Hochschutzzoll schien eine Zeit lang
durch den weitverbreiteten volkstümlichen Haß gegen die Trusts erschüttert zu werden.
Durch ihn halten sich die Trusts das Einzige vom Leibe, was die meisten von ihnen
-- nicht alle, denn z. B. der Petroleum- und der Fleischtrnst werden ganz und
gar uicht davon bedroht -- wirklich fürchten: die ausländische Konkurrenz zu
billigen Preisen. Sowohl Mac Kinley kurz vor seinem Tode wie auch namentlich
Roosevelt kurz nach seinem Regierungsantritt haben den Gedanken ausgesprochen,
daß ein großer Teil der amerikanischen Industrie die hohen Schutzzölle nicht mehr
nötig habe. Sie haben wohl beabsichtigt, die den Trusts so feindliche Stimmung
für ihre Pläne auszunutzen. Aber die Magnaten der kapitalistischen Niesenbildnngen
setzten sich sofort zur Wehr; sie machten Miene, ihre Beiträge für die Parteikassen
zu kündigen und einen eignen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, wenn man
nicht von einer Reform des Zollwesens ablasse. Und Roosevelt gab klein bei, er
erklärte, niemals an eine Zollrevision gedacht zusahen; der Schutzzoll müsse immer
die Grundlage der amerikanischen Wirtschaft bleiben.

Wie auf die Bekämpfung des Imperialismus, so hatten die Demokraten starke
Hoffnungen auf die allgemeine UnPopularität der Trusts gesetzt. In den weitesten
Kreisen der Konkurrenten empfand man es schwer, daß die Niesenbildnngen alle
kleinern Geschäfte erdrückten. "Der Siegesweg der Trusts ist gepflastert mit deu
Leichen ihrer schwächern Konkurrenten," so lautete das feindliche Schlagwort. Den
Konsumenten sind die Trusts einfach Privatmonvpole, die an Preisen nehmen können,
was sie wollen, da sie die heimische Konkurrenz vernichtet haben und die fremde
fernhalten. Die Arbeiter endlich fühlten sich ganz und gar in der Gewalt dieser
Gesellschaften, ebenfalls aus demselben Grunde, nämlich keinen andern Arbeitgeber
als das Privatmonopol aufsuchen zu können, an dessen Bedingungen also gebunden
zu sein. Beide Parteien deklamierten gegen die Trusts. Roosevelt sprach von
Staatsaufsicht. Mit ihr hätten sich die Angegriffnen sehr wohl einverstanden er¬
klärt, da sie in Amerika nichts zu sagen hat. Die Demokraten wollten die Zoll¬
reform -- die fürchteten die Trusts, deshalb taten sie hernach doch alles für Roosevelt.
Die Demokraten behaupten, ihre Gegner hätten eine Parteikasse von fünf Millionen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

und der Goldwährung. Damit hat Europa zu rechnen. Ob der Imperialismus
alsbald neue Vorstöße machen wird, kann natürlich kein Mensch wissen. Brennende
Streitfragen gibt es im Augenblick nicht. Am ersten kann die Frage der Ein¬
verleibung Kubas auftauchen. Die allgemeine Erwartung ist von vornherein
dahin gegangen, daß die Selbständigkeit der jungen Republik nur ein kurzer Über¬
gang sein würde. Aber sie hat wenigstens ein so hohes Maß von Pessimismus
nicht gerechtfertigt. Sie hat sich einigermaßen solide konstituiert und mit den Ver¬
einigten Staaten eiuen für sie sehr vorteilhaften Handelsvertrag auf Gegenseitigkeit
geschloffen. Solange Ruhe im Lande bleibt und das Eigentum heilig gehalten
wird, dürfte die Unabhängigkeit einigermaßen sicher sein. Kommt es aber zu
revolutionären Bewegungen, so werden die Vereinigten Staaten kurzen Prozeß
machen und die Insel annektieren. Im westlichen Kanada gibt es ebenfalls eine
gewisse Aussicht auf Verschmelzung mit der großen Republik, doch ist auch diese
noch nicht in großer Nähe. Es ist also eine baldige Aktion des Imperialismus
noch nicht absehbar. Dagegen ist es so gut wie gewiß, daß die Vereinigten Staaten
zu einer bedeutenden Vermehrung ihrer Flotte schreiten werden, wahrscheinlich auch
zu einer starken Erhöhung der Staatshilfe für die Handelsflotte, wonach die nord¬
östlichen Staaten schon lange rufen, und die auch Präsident Roosevelt sofort nach
seiner Wahl wieder berührt hat.

Auf dem Gebiete des Zollwesens ist der Stillstand wahrscheinlich. Die nord¬
amerikanischen Zölle sind so hoch, daß sie füglich nicht höher getrieben werden
können; das verlangt auch niemand. Auf eine Herabsetzung darf man aber nicht
rechnen. Ob die Vereinigten Staaten jetzt geneigt sein werden, auf Handels¬
verträge mit europäischen Staaten einzugehn, muß man abwarten. Bisher haben
sie das niemals gewollt. Der amerikanische Hochschutzzoll schien eine Zeit lang
durch den weitverbreiteten volkstümlichen Haß gegen die Trusts erschüttert zu werden.
Durch ihn halten sich die Trusts das Einzige vom Leibe, was die meisten von ihnen
— nicht alle, denn z. B. der Petroleum- und der Fleischtrnst werden ganz und
gar uicht davon bedroht — wirklich fürchten: die ausländische Konkurrenz zu
billigen Preisen. Sowohl Mac Kinley kurz vor seinem Tode wie auch namentlich
Roosevelt kurz nach seinem Regierungsantritt haben den Gedanken ausgesprochen,
daß ein großer Teil der amerikanischen Industrie die hohen Schutzzölle nicht mehr
nötig habe. Sie haben wohl beabsichtigt, die den Trusts so feindliche Stimmung
für ihre Pläne auszunutzen. Aber die Magnaten der kapitalistischen Niesenbildnngen
setzten sich sofort zur Wehr; sie machten Miene, ihre Beiträge für die Parteikassen
zu kündigen und einen eignen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, wenn man
nicht von einer Reform des Zollwesens ablasse. Und Roosevelt gab klein bei, er
erklärte, niemals an eine Zollrevision gedacht zusahen; der Schutzzoll müsse immer
die Grundlage der amerikanischen Wirtschaft bleiben.

Wie auf die Bekämpfung des Imperialismus, so hatten die Demokraten starke
Hoffnungen auf die allgemeine UnPopularität der Trusts gesetzt. In den weitesten
Kreisen der Konkurrenten empfand man es schwer, daß die Niesenbildnngen alle
kleinern Geschäfte erdrückten. „Der Siegesweg der Trusts ist gepflastert mit deu
Leichen ihrer schwächern Konkurrenten," so lautete das feindliche Schlagwort. Den
Konsumenten sind die Trusts einfach Privatmonvpole, die an Preisen nehmen können,
was sie wollen, da sie die heimische Konkurrenz vernichtet haben und die fremde
fernhalten. Die Arbeiter endlich fühlten sich ganz und gar in der Gewalt dieser
Gesellschaften, ebenfalls aus demselben Grunde, nämlich keinen andern Arbeitgeber
als das Privatmonopol aufsuchen zu können, an dessen Bedingungen also gebunden
zu sein. Beide Parteien deklamierten gegen die Trusts. Roosevelt sprach von
Staatsaufsicht. Mit ihr hätten sich die Angegriffnen sehr wohl einverstanden er¬
klärt, da sie in Amerika nichts zu sagen hat. Die Demokraten wollten die Zoll¬
reform — die fürchteten die Trusts, deshalb taten sie hernach doch alles für Roosevelt.
Die Demokraten behaupten, ihre Gegner hätten eine Parteikasse von fünf Millionen


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[0416] Maßgebliches und Unmaßgebliches und der Goldwährung. Damit hat Europa zu rechnen. Ob der Imperialismus alsbald neue Vorstöße machen wird, kann natürlich kein Mensch wissen. Brennende Streitfragen gibt es im Augenblick nicht. Am ersten kann die Frage der Ein¬ verleibung Kubas auftauchen. Die allgemeine Erwartung ist von vornherein dahin gegangen, daß die Selbständigkeit der jungen Republik nur ein kurzer Über¬ gang sein würde. Aber sie hat wenigstens ein so hohes Maß von Pessimismus nicht gerechtfertigt. Sie hat sich einigermaßen solide konstituiert und mit den Ver¬ einigten Staaten eiuen für sie sehr vorteilhaften Handelsvertrag auf Gegenseitigkeit geschloffen. Solange Ruhe im Lande bleibt und das Eigentum heilig gehalten wird, dürfte die Unabhängigkeit einigermaßen sicher sein. Kommt es aber zu revolutionären Bewegungen, so werden die Vereinigten Staaten kurzen Prozeß machen und die Insel annektieren. Im westlichen Kanada gibt es ebenfalls eine gewisse Aussicht auf Verschmelzung mit der großen Republik, doch ist auch diese noch nicht in großer Nähe. Es ist also eine baldige Aktion des Imperialismus noch nicht absehbar. Dagegen ist es so gut wie gewiß, daß die Vereinigten Staaten zu einer bedeutenden Vermehrung ihrer Flotte schreiten werden, wahrscheinlich auch zu einer starken Erhöhung der Staatshilfe für die Handelsflotte, wonach die nord¬ östlichen Staaten schon lange rufen, und die auch Präsident Roosevelt sofort nach seiner Wahl wieder berührt hat. Auf dem Gebiete des Zollwesens ist der Stillstand wahrscheinlich. Die nord¬ amerikanischen Zölle sind so hoch, daß sie füglich nicht höher getrieben werden können; das verlangt auch niemand. Auf eine Herabsetzung darf man aber nicht rechnen. Ob die Vereinigten Staaten jetzt geneigt sein werden, auf Handels¬ verträge mit europäischen Staaten einzugehn, muß man abwarten. Bisher haben sie das niemals gewollt. Der amerikanische Hochschutzzoll schien eine Zeit lang durch den weitverbreiteten volkstümlichen Haß gegen die Trusts erschüttert zu werden. Durch ihn halten sich die Trusts das Einzige vom Leibe, was die meisten von ihnen — nicht alle, denn z. B. der Petroleum- und der Fleischtrnst werden ganz und gar uicht davon bedroht — wirklich fürchten: die ausländische Konkurrenz zu billigen Preisen. Sowohl Mac Kinley kurz vor seinem Tode wie auch namentlich Roosevelt kurz nach seinem Regierungsantritt haben den Gedanken ausgesprochen, daß ein großer Teil der amerikanischen Industrie die hohen Schutzzölle nicht mehr nötig habe. Sie haben wohl beabsichtigt, die den Trusts so feindliche Stimmung für ihre Pläne auszunutzen. Aber die Magnaten der kapitalistischen Niesenbildnngen setzten sich sofort zur Wehr; sie machten Miene, ihre Beiträge für die Parteikassen zu kündigen und einen eignen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, wenn man nicht von einer Reform des Zollwesens ablasse. Und Roosevelt gab klein bei, er erklärte, niemals an eine Zollrevision gedacht zusahen; der Schutzzoll müsse immer die Grundlage der amerikanischen Wirtschaft bleiben. Wie auf die Bekämpfung des Imperialismus, so hatten die Demokraten starke Hoffnungen auf die allgemeine UnPopularität der Trusts gesetzt. In den weitesten Kreisen der Konkurrenten empfand man es schwer, daß die Niesenbildnngen alle kleinern Geschäfte erdrückten. „Der Siegesweg der Trusts ist gepflastert mit deu Leichen ihrer schwächern Konkurrenten," so lautete das feindliche Schlagwort. Den Konsumenten sind die Trusts einfach Privatmonvpole, die an Preisen nehmen können, was sie wollen, da sie die heimische Konkurrenz vernichtet haben und die fremde fernhalten. Die Arbeiter endlich fühlten sich ganz und gar in der Gewalt dieser Gesellschaften, ebenfalls aus demselben Grunde, nämlich keinen andern Arbeitgeber als das Privatmonopol aufsuchen zu können, an dessen Bedingungen also gebunden zu sein. Beide Parteien deklamierten gegen die Trusts. Roosevelt sprach von Staatsaufsicht. Mit ihr hätten sich die Angegriffnen sehr wohl einverstanden er¬ klärt, da sie in Amerika nichts zu sagen hat. Die Demokraten wollten die Zoll¬ reform — die fürchteten die Trusts, deshalb taten sie hernach doch alles für Roosevelt. Die Demokraten behaupten, ihre Gegner hätten eine Parteikasse von fünf Millionen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/416>, abgerufen am 01.07.2024.