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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Diesesmal stand nun vor allem der Imperialismus in der politischen Arena.
Für die Republikaner war er der Haupttrumpf, für die Gegner die pornehmlichste
Zielscheibe. Diesesmal wurde die Sache nicht verworren durch Silberschwindel auf
demokratischer Seite, denn die Freunde Brycms hatten eingewilligt, daß diesesmal
wieder ein Mann von der konservativem, im Nordosten beliebten Richtung der
Demokratie, ein Anhänger der Goldwährung, kurzum ein Gesinnungsgenosse Clevc-
lands aufgestellt wurde: der Newhorker Oberrichter Parker. Während die Re¬
publikaner an den Hang zu politischer Ausdehnung, zu erhöhter Geltung im Rate
der Völker appellierten, huldigten die Demokraten der altüberkommnen Tradition,
daß die Größe der Republik in der Verschmähung eines stehenden Heeres und über¬
haupt größerer politischer Machtentwicklung, in der Abwehr von allem, Was zur
militärischen Dienstpflicht führen könne, in dem Völkerfrieden Wurzle. Man ver¬
lange selbst von fremder Einmischung unbehelligt zu bleiben und dürfe deshalb auch
fremde Völker nicht beunruhigen oder gar vergewaltigen wie die Philippinen. Diese
Inseln müßten ihren Bewohnern zurückgegeben werden. Mit diesem Programm
sind die Demokraten unterlegen. Eine große Mehrheit hat sich gegen jede Unter¬
nehmung solcher Art erklärt. Sie hat Roosevelts Programm gebilligt und dadurch
für vier Jahre zur offiziellen Politik gemacht, vielleicht noch für viel länger. Die
Tatsache dieser Wahl ist nicht bloß für die vier Jahre maßgebend, sondern sie übt
bedeutende Wirkungen auch auf die innere Natur der Besiegten aus. Freund und
Feind stimmt in dem Urteil überein, daß die alte demokratische Partei tot sei. Man
möchte zu einer Neubildung gelangen. Bryan und seine Freunde kündigen an, sie
wollten eine vollständig oppositionelle Partei bilden; dabei werden schwerlich ihre
silberwährungsfreundlichen Ansichten eine Rolle spielen, denn mit ihnen ist es
schlechterdings Matthäi am letzten, wohl aber die anarchistischen, die 1896 und
1900 deutlich zu bemerken waren. Vielleicht wird man auch versuchen, mit der
Sozialdemokratie Fühlung zu nehmen. Diese Partei ist noch schwach in den Ver¬
einigten Staaten, sie macht Fortschritte, aber doch nur laugsam, denn der ameri¬
kanische Arbeiter ist ein ausgemachter Individualist. Er hat ununterbrochen die
Beispiele des Vorwärtskommens und Gedeihens auf Grund besondrer Tüchtigkeit
vor sich; er ist nicht geneigt, den Leistungsfähigen in das Prokrustesbett des
Mindertüchtigeu zu stecken, und das überschießende Ende abzuhauen. Die Einigkeit
zwischen dem linken und dem rechten Flügel der Demokratie scheint zu Ende zu sein;
der rechte, hauptsächlich in den Nordoststaaten domizilierte wird die Neigung zum
Anarchismus sicherlich nicht annehmen, er wird vermutlich seiue eignen Wege gehn.
Damit kann er in den Einzelstaaten und den Städten noch sehr große Erfolge erringen,
denn das Regiment hängt weder in der Stadt vom Staat noch im Staat voni
Bunde ab. Die Südstaaten haben immerdar eine demokratische Verwaltung, auch
wenn in Washington die republikanische Gegenpartei ganz allmächtig ist. Und in
den republikanischen Nvrdstaciten halten sich viele Städte demokratisch; namentlich
ist die Stadt Newyork fast immer demokratisch. Unsre deutschen Landsleute Pflegen
bei der Präsidentenwahl republikanisch zu stimmen; sie sollen es auch noch dieses¬
mal getan haben, obgleich sich Karl Schurz alle erdenkliche Mühe gegeben hat, sie
für Parker zu gewinnen. In der Schlacht um die Mayorswcchl in Groß-Newyork
aber haben die Deutschen den Ausschlag zugunsten des Demokraten gegeben, weil
die Republikaner unsinnige Gesetze über die Schließung aller Wirtschaften am Sonntag
gemacht hatten. In der Präsidentenwahl ist bei einer solchen Spaltung einem ge¬
einigten Gegner gegenüber jedoch von vornherein alles verloren. Wenn die Demo¬
kraten in zwei Flügel mit besondern Präsidentschaftskandidaten auseinandergehn,
so ist der Sieg der Republikaner im voraus entschieden, denn es gibt in den
Vereinigten Staaten keine Stichwahlen, die relative Mehrheit entscheidet endgilttg.

Eben deshalb nennen wir diese Wahl ein historisches Ereignis, weil sie die
Herrschaft der republikanischen Partei auf lange sichert. Die Vereinigten Staaten
stehn auf absehbare Zeit unter dem Zeichen des Imperialismus, des Hochschutzzolls


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Diesesmal stand nun vor allem der Imperialismus in der politischen Arena.
Für die Republikaner war er der Haupttrumpf, für die Gegner die pornehmlichste
Zielscheibe. Diesesmal wurde die Sache nicht verworren durch Silberschwindel auf
demokratischer Seite, denn die Freunde Brycms hatten eingewilligt, daß diesesmal
wieder ein Mann von der konservativem, im Nordosten beliebten Richtung der
Demokratie, ein Anhänger der Goldwährung, kurzum ein Gesinnungsgenosse Clevc-
lands aufgestellt wurde: der Newhorker Oberrichter Parker. Während die Re¬
publikaner an den Hang zu politischer Ausdehnung, zu erhöhter Geltung im Rate
der Völker appellierten, huldigten die Demokraten der altüberkommnen Tradition,
daß die Größe der Republik in der Verschmähung eines stehenden Heeres und über¬
haupt größerer politischer Machtentwicklung, in der Abwehr von allem, Was zur
militärischen Dienstpflicht führen könne, in dem Völkerfrieden Wurzle. Man ver¬
lange selbst von fremder Einmischung unbehelligt zu bleiben und dürfe deshalb auch
fremde Völker nicht beunruhigen oder gar vergewaltigen wie die Philippinen. Diese
Inseln müßten ihren Bewohnern zurückgegeben werden. Mit diesem Programm
sind die Demokraten unterlegen. Eine große Mehrheit hat sich gegen jede Unter¬
nehmung solcher Art erklärt. Sie hat Roosevelts Programm gebilligt und dadurch
für vier Jahre zur offiziellen Politik gemacht, vielleicht noch für viel länger. Die
Tatsache dieser Wahl ist nicht bloß für die vier Jahre maßgebend, sondern sie übt
bedeutende Wirkungen auch auf die innere Natur der Besiegten aus. Freund und
Feind stimmt in dem Urteil überein, daß die alte demokratische Partei tot sei. Man
möchte zu einer Neubildung gelangen. Bryan und seine Freunde kündigen an, sie
wollten eine vollständig oppositionelle Partei bilden; dabei werden schwerlich ihre
silberwährungsfreundlichen Ansichten eine Rolle spielen, denn mit ihnen ist es
schlechterdings Matthäi am letzten, wohl aber die anarchistischen, die 1896 und
1900 deutlich zu bemerken waren. Vielleicht wird man auch versuchen, mit der
Sozialdemokratie Fühlung zu nehmen. Diese Partei ist noch schwach in den Ver¬
einigten Staaten, sie macht Fortschritte, aber doch nur laugsam, denn der ameri¬
kanische Arbeiter ist ein ausgemachter Individualist. Er hat ununterbrochen die
Beispiele des Vorwärtskommens und Gedeihens auf Grund besondrer Tüchtigkeit
vor sich; er ist nicht geneigt, den Leistungsfähigen in das Prokrustesbett des
Mindertüchtigeu zu stecken, und das überschießende Ende abzuhauen. Die Einigkeit
zwischen dem linken und dem rechten Flügel der Demokratie scheint zu Ende zu sein;
der rechte, hauptsächlich in den Nordoststaaten domizilierte wird die Neigung zum
Anarchismus sicherlich nicht annehmen, er wird vermutlich seiue eignen Wege gehn.
Damit kann er in den Einzelstaaten und den Städten noch sehr große Erfolge erringen,
denn das Regiment hängt weder in der Stadt vom Staat noch im Staat voni
Bunde ab. Die Südstaaten haben immerdar eine demokratische Verwaltung, auch
wenn in Washington die republikanische Gegenpartei ganz allmächtig ist. Und in
den republikanischen Nvrdstaciten halten sich viele Städte demokratisch; namentlich
ist die Stadt Newyork fast immer demokratisch. Unsre deutschen Landsleute Pflegen
bei der Präsidentenwahl republikanisch zu stimmen; sie sollen es auch noch dieses¬
mal getan haben, obgleich sich Karl Schurz alle erdenkliche Mühe gegeben hat, sie
für Parker zu gewinnen. In der Schlacht um die Mayorswcchl in Groß-Newyork
aber haben die Deutschen den Ausschlag zugunsten des Demokraten gegeben, weil
die Republikaner unsinnige Gesetze über die Schließung aller Wirtschaften am Sonntag
gemacht hatten. In der Präsidentenwahl ist bei einer solchen Spaltung einem ge¬
einigten Gegner gegenüber jedoch von vornherein alles verloren. Wenn die Demo¬
kraten in zwei Flügel mit besondern Präsidentschaftskandidaten auseinandergehn,
so ist der Sieg der Republikaner im voraus entschieden, denn es gibt in den
Vereinigten Staaten keine Stichwahlen, die relative Mehrheit entscheidet endgilttg.

Eben deshalb nennen wir diese Wahl ein historisches Ereignis, weil sie die
Herrschaft der republikanischen Partei auf lange sichert. Die Vereinigten Staaten
stehn auf absehbare Zeit unter dem Zeichen des Imperialismus, des Hochschutzzolls


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[0415] Maßgebliches und Unmaßgebliches Diesesmal stand nun vor allem der Imperialismus in der politischen Arena. Für die Republikaner war er der Haupttrumpf, für die Gegner die pornehmlichste Zielscheibe. Diesesmal wurde die Sache nicht verworren durch Silberschwindel auf demokratischer Seite, denn die Freunde Brycms hatten eingewilligt, daß diesesmal wieder ein Mann von der konservativem, im Nordosten beliebten Richtung der Demokratie, ein Anhänger der Goldwährung, kurzum ein Gesinnungsgenosse Clevc- lands aufgestellt wurde: der Newhorker Oberrichter Parker. Während die Re¬ publikaner an den Hang zu politischer Ausdehnung, zu erhöhter Geltung im Rate der Völker appellierten, huldigten die Demokraten der altüberkommnen Tradition, daß die Größe der Republik in der Verschmähung eines stehenden Heeres und über¬ haupt größerer politischer Machtentwicklung, in der Abwehr von allem, Was zur militärischen Dienstpflicht führen könne, in dem Völkerfrieden Wurzle. Man ver¬ lange selbst von fremder Einmischung unbehelligt zu bleiben und dürfe deshalb auch fremde Völker nicht beunruhigen oder gar vergewaltigen wie die Philippinen. Diese Inseln müßten ihren Bewohnern zurückgegeben werden. Mit diesem Programm sind die Demokraten unterlegen. Eine große Mehrheit hat sich gegen jede Unter¬ nehmung solcher Art erklärt. Sie hat Roosevelts Programm gebilligt und dadurch für vier Jahre zur offiziellen Politik gemacht, vielleicht noch für viel länger. Die Tatsache dieser Wahl ist nicht bloß für die vier Jahre maßgebend, sondern sie übt bedeutende Wirkungen auch auf die innere Natur der Besiegten aus. Freund und Feind stimmt in dem Urteil überein, daß die alte demokratische Partei tot sei. Man möchte zu einer Neubildung gelangen. Bryan und seine Freunde kündigen an, sie wollten eine vollständig oppositionelle Partei bilden; dabei werden schwerlich ihre silberwährungsfreundlichen Ansichten eine Rolle spielen, denn mit ihnen ist es schlechterdings Matthäi am letzten, wohl aber die anarchistischen, die 1896 und 1900 deutlich zu bemerken waren. Vielleicht wird man auch versuchen, mit der Sozialdemokratie Fühlung zu nehmen. Diese Partei ist noch schwach in den Ver¬ einigten Staaten, sie macht Fortschritte, aber doch nur laugsam, denn der ameri¬ kanische Arbeiter ist ein ausgemachter Individualist. Er hat ununterbrochen die Beispiele des Vorwärtskommens und Gedeihens auf Grund besondrer Tüchtigkeit vor sich; er ist nicht geneigt, den Leistungsfähigen in das Prokrustesbett des Mindertüchtigeu zu stecken, und das überschießende Ende abzuhauen. Die Einigkeit zwischen dem linken und dem rechten Flügel der Demokratie scheint zu Ende zu sein; der rechte, hauptsächlich in den Nordoststaaten domizilierte wird die Neigung zum Anarchismus sicherlich nicht annehmen, er wird vermutlich seiue eignen Wege gehn. Damit kann er in den Einzelstaaten und den Städten noch sehr große Erfolge erringen, denn das Regiment hängt weder in der Stadt vom Staat noch im Staat voni Bunde ab. Die Südstaaten haben immerdar eine demokratische Verwaltung, auch wenn in Washington die republikanische Gegenpartei ganz allmächtig ist. Und in den republikanischen Nvrdstaciten halten sich viele Städte demokratisch; namentlich ist die Stadt Newyork fast immer demokratisch. Unsre deutschen Landsleute Pflegen bei der Präsidentenwahl republikanisch zu stimmen; sie sollen es auch noch dieses¬ mal getan haben, obgleich sich Karl Schurz alle erdenkliche Mühe gegeben hat, sie für Parker zu gewinnen. In der Schlacht um die Mayorswcchl in Groß-Newyork aber haben die Deutschen den Ausschlag zugunsten des Demokraten gegeben, weil die Republikaner unsinnige Gesetze über die Schließung aller Wirtschaften am Sonntag gemacht hatten. In der Präsidentenwahl ist bei einer solchen Spaltung einem ge¬ einigten Gegner gegenüber jedoch von vornherein alles verloren. Wenn die Demo¬ kraten in zwei Flügel mit besondern Präsidentschaftskandidaten auseinandergehn, so ist der Sieg der Republikaner im voraus entschieden, denn es gibt in den Vereinigten Staaten keine Stichwahlen, die relative Mehrheit entscheidet endgilttg. Eben deshalb nennen wir diese Wahl ein historisches Ereignis, weil sie die Herrschaft der republikanischen Partei auf lange sichert. Die Vereinigten Staaten stehn auf absehbare Zeit unter dem Zeichen des Imperialismus, des Hochschutzzolls

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/415>, abgerufen am 29.06.2024.