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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die Damen auf Markby

Recht gehabt, die ausgezeichnete Olga mit ihren perfiden Vermutungen! Das hätte
er trotz allem kaum zu hoffen gewagt.

Tante und Dagny sind auf den Pfarrhof gefahren, sagte Elu, langsam aber
gefaßt aufstehend, um mit dem Pfarrer wegen der neuen Jungfer zu sprechen.
Sie müssen gewiß gleich zurückkommen.

Erik sah auf. Das will ich hoffen, sagte er, denn Vater hat ja Arvid zu
Tisch eingeladen... Er verstummte plötzlich.

Heute? fragte Elu. Ihr Gesicht war kreideweiß, und es lag etwas in ihrem
Blick, als habe ihr Erik in diesem Moment eine ganz persönliche Kränkung zugefügt.

Ja, beeilte sich Erik zu antworten, während er dachte: Armes Mädchen! Daß
sie ihr Geheimnis doch nicht besser zu wahren versteht!

Wir trafen ihn heute Morgen am Bahnhof, fuhr er dann langsam fort, ohne
Elu anzusehen, und da meinte Vater, er sehne sich nach einer behaglichen Partie
L'hombre. . . ohne zu viele Damen.

Elu stand, ihm den Rücken zukehrend, am Kamin. Mit einer fast tragischen
Ruhe steckte sie ihr nasses Taschentuch ein und ging, ohne noch ein Wort zu sagen,
nach, der Tür.

Kann man . . . begann Erik leise. Er wußte nicht recht, wie er seiue Worte
setzen sollte, ohne zu offenherzig zu sein, ging dann aber doch gerade auf das Ziel
los. Kann man Robert nnn nicht mehr hierher einladen?

Meinst du, meinethalb? -- Elu sah ihn nur über die Schulter weg nu.
Doch, so oft du willst. Ich sagte dir ja, rief sie erregt, da du absolut alles wissen
mußt, daß ich ihm überhaupt keine Antwort gegeben habe!

Aber das sage ich dir, Erik, indem sie sich ihm leidenschaftlich zuwandte, wenn
du nun hingehst und irgend einer lebendigen Seele mitteilst -- was du so ganz zu¬
fällig . . . dann verzeihe ich es dir niemals!

Aber Elu! entgegnete er gekränkt, was glaubst du eigentlich von mir?

Und wenn du mir wieder einmal einen Rat geben willst -- ihre Augen
flammten durch das Halbdunkel -- , dann... dann... ich weiß, was ich tre!
schloß sie außer sich.

Den Teufel weißt du, brach Erik ungeduldig los, wenn du um hingehst und
aus reinem Trotz dich Robert an den Hals wirfst! Und die Hände in den Hosen¬
taschen begann er mit hastigen Schritten im Zimmer uns und ab zu gehn.

Elu aber schlug ihm die Tür vor der Nase zu, als er ihr reumütig ins Vor¬
zimmer folgen wollte. Nachdem sie schließlich die Treppe hinter sich hatte, hörte
sie den Wagen mit Tante und Dagny durchs Tor fahren.

Hauptmann Hall kam Pünktlich einige Minuten vor dem Essen. Als Elu in
ihrer hellgrauen Sammetbluse -- soviel Geistesgegenwart hatte sie doch gehabt,
daß sie sich vorher ein wenig geschmückt hatte! -- die Treppe herunterkam, stand
er schon in dem hellerleuchteten Vorzimmer und bürstete seinen Rockkragen aus.
Er sah auf und verbeugte sich tief.

Sie wußte, er würde ihr natürlich sogleich ansehen, daß sie geweint hätte -- mit
den rotnmränderten Augen; "so häßlich wie die Sünde" hatte sie sich vorhin droben
genannt. -- Was half es wohl, daß sie ihr Haar an den Schläfen so hereingekämmt
hatte, daß sie beinahe Olga glich? Die Augen konnte sie ja doch nicht verdecken!

Sie wechselten kein Wort miteinander. Er öffnete ihr höflich die Wohnzimmer¬
tür. Ach, dieses abscheuliche elektrische Licht! Zum erstenmal in ihrem Leben haßte
es Elu aufrichtig.

Nach dem Essen, das dank des Konsuls unerschöpflichen Vorrat von wirklich
guten Anekdoten -- er war beinahe ebenso redselig wie sein Sohn Erik -- recht
lebhaft verlaufen war, ließen sich die Herren fast augenblicklich am Spieltisch nieder.

Elu und Dagny setzten sich mit ihren Weihnachtsstickereien im Wohnzimmer
unter die Lampe und unterhielten sich dann ziemlich einsilbig. Dagny hatte von
Stine erfahren, daß Rechtsanwalt Garde in ihrer Abwesenheit dagewesen war, und
wollte nnn durchaus von Elu wissen, was er gesagt habe.


Die Damen auf Markby

Recht gehabt, die ausgezeichnete Olga mit ihren perfiden Vermutungen! Das hätte
er trotz allem kaum zu hoffen gewagt.

Tante und Dagny sind auf den Pfarrhof gefahren, sagte Elu, langsam aber
gefaßt aufstehend, um mit dem Pfarrer wegen der neuen Jungfer zu sprechen.
Sie müssen gewiß gleich zurückkommen.

Erik sah auf. Das will ich hoffen, sagte er, denn Vater hat ja Arvid zu
Tisch eingeladen... Er verstummte plötzlich.

Heute? fragte Elu. Ihr Gesicht war kreideweiß, und es lag etwas in ihrem
Blick, als habe ihr Erik in diesem Moment eine ganz persönliche Kränkung zugefügt.

Ja, beeilte sich Erik zu antworten, während er dachte: Armes Mädchen! Daß
sie ihr Geheimnis doch nicht besser zu wahren versteht!

Wir trafen ihn heute Morgen am Bahnhof, fuhr er dann langsam fort, ohne
Elu anzusehen, und da meinte Vater, er sehne sich nach einer behaglichen Partie
L'hombre. . . ohne zu viele Damen.

Elu stand, ihm den Rücken zukehrend, am Kamin. Mit einer fast tragischen
Ruhe steckte sie ihr nasses Taschentuch ein und ging, ohne noch ein Wort zu sagen,
nach, der Tür.

Kann man . . . begann Erik leise. Er wußte nicht recht, wie er seiue Worte
setzen sollte, ohne zu offenherzig zu sein, ging dann aber doch gerade auf das Ziel
los. Kann man Robert nnn nicht mehr hierher einladen?

Meinst du, meinethalb? — Elu sah ihn nur über die Schulter weg nu.
Doch, so oft du willst. Ich sagte dir ja, rief sie erregt, da du absolut alles wissen
mußt, daß ich ihm überhaupt keine Antwort gegeben habe!

Aber das sage ich dir, Erik, indem sie sich ihm leidenschaftlich zuwandte, wenn
du nun hingehst und irgend einer lebendigen Seele mitteilst — was du so ganz zu¬
fällig . . . dann verzeihe ich es dir niemals!

Aber Elu! entgegnete er gekränkt, was glaubst du eigentlich von mir?

Und wenn du mir wieder einmal einen Rat geben willst — ihre Augen
flammten durch das Halbdunkel — , dann... dann... ich weiß, was ich tre!
schloß sie außer sich.

Den Teufel weißt du, brach Erik ungeduldig los, wenn du um hingehst und
aus reinem Trotz dich Robert an den Hals wirfst! Und die Hände in den Hosen¬
taschen begann er mit hastigen Schritten im Zimmer uns und ab zu gehn.

Elu aber schlug ihm die Tür vor der Nase zu, als er ihr reumütig ins Vor¬
zimmer folgen wollte. Nachdem sie schließlich die Treppe hinter sich hatte, hörte
sie den Wagen mit Tante und Dagny durchs Tor fahren.

Hauptmann Hall kam Pünktlich einige Minuten vor dem Essen. Als Elu in
ihrer hellgrauen Sammetbluse — soviel Geistesgegenwart hatte sie doch gehabt,
daß sie sich vorher ein wenig geschmückt hatte! — die Treppe herunterkam, stand
er schon in dem hellerleuchteten Vorzimmer und bürstete seinen Rockkragen aus.
Er sah auf und verbeugte sich tief.

Sie wußte, er würde ihr natürlich sogleich ansehen, daß sie geweint hätte — mit
den rotnmränderten Augen; „so häßlich wie die Sünde" hatte sie sich vorhin droben
genannt. — Was half es wohl, daß sie ihr Haar an den Schläfen so hereingekämmt
hatte, daß sie beinahe Olga glich? Die Augen konnte sie ja doch nicht verdecken!

Sie wechselten kein Wort miteinander. Er öffnete ihr höflich die Wohnzimmer¬
tür. Ach, dieses abscheuliche elektrische Licht! Zum erstenmal in ihrem Leben haßte
es Elu aufrichtig.

Nach dem Essen, das dank des Konsuls unerschöpflichen Vorrat von wirklich
guten Anekdoten — er war beinahe ebenso redselig wie sein Sohn Erik — recht
lebhaft verlaufen war, ließen sich die Herren fast augenblicklich am Spieltisch nieder.

Elu und Dagny setzten sich mit ihren Weihnachtsstickereien im Wohnzimmer
unter die Lampe und unterhielten sich dann ziemlich einsilbig. Dagny hatte von
Stine erfahren, daß Rechtsanwalt Garde in ihrer Abwesenheit dagewesen war, und
wollte nnn durchaus von Elu wissen, was er gesagt habe.


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[0408] Die Damen auf Markby Recht gehabt, die ausgezeichnete Olga mit ihren perfiden Vermutungen! Das hätte er trotz allem kaum zu hoffen gewagt. Tante und Dagny sind auf den Pfarrhof gefahren, sagte Elu, langsam aber gefaßt aufstehend, um mit dem Pfarrer wegen der neuen Jungfer zu sprechen. Sie müssen gewiß gleich zurückkommen. Erik sah auf. Das will ich hoffen, sagte er, denn Vater hat ja Arvid zu Tisch eingeladen... Er verstummte plötzlich. Heute? fragte Elu. Ihr Gesicht war kreideweiß, und es lag etwas in ihrem Blick, als habe ihr Erik in diesem Moment eine ganz persönliche Kränkung zugefügt. Ja, beeilte sich Erik zu antworten, während er dachte: Armes Mädchen! Daß sie ihr Geheimnis doch nicht besser zu wahren versteht! Wir trafen ihn heute Morgen am Bahnhof, fuhr er dann langsam fort, ohne Elu anzusehen, und da meinte Vater, er sehne sich nach einer behaglichen Partie L'hombre. . . ohne zu viele Damen. Elu stand, ihm den Rücken zukehrend, am Kamin. Mit einer fast tragischen Ruhe steckte sie ihr nasses Taschentuch ein und ging, ohne noch ein Wort zu sagen, nach, der Tür. Kann man . . . begann Erik leise. Er wußte nicht recht, wie er seiue Worte setzen sollte, ohne zu offenherzig zu sein, ging dann aber doch gerade auf das Ziel los. Kann man Robert nnn nicht mehr hierher einladen? Meinst du, meinethalb? — Elu sah ihn nur über die Schulter weg nu. Doch, so oft du willst. Ich sagte dir ja, rief sie erregt, da du absolut alles wissen mußt, daß ich ihm überhaupt keine Antwort gegeben habe! Aber das sage ich dir, Erik, indem sie sich ihm leidenschaftlich zuwandte, wenn du nun hingehst und irgend einer lebendigen Seele mitteilst — was du so ganz zu¬ fällig . . . dann verzeihe ich es dir niemals! Aber Elu! entgegnete er gekränkt, was glaubst du eigentlich von mir? Und wenn du mir wieder einmal einen Rat geben willst — ihre Augen flammten durch das Halbdunkel — , dann... dann... ich weiß, was ich tre! schloß sie außer sich. Den Teufel weißt du, brach Erik ungeduldig los, wenn du um hingehst und aus reinem Trotz dich Robert an den Hals wirfst! Und die Hände in den Hosen¬ taschen begann er mit hastigen Schritten im Zimmer uns und ab zu gehn. Elu aber schlug ihm die Tür vor der Nase zu, als er ihr reumütig ins Vor¬ zimmer folgen wollte. Nachdem sie schließlich die Treppe hinter sich hatte, hörte sie den Wagen mit Tante und Dagny durchs Tor fahren. Hauptmann Hall kam Pünktlich einige Minuten vor dem Essen. Als Elu in ihrer hellgrauen Sammetbluse — soviel Geistesgegenwart hatte sie doch gehabt, daß sie sich vorher ein wenig geschmückt hatte! — die Treppe herunterkam, stand er schon in dem hellerleuchteten Vorzimmer und bürstete seinen Rockkragen aus. Er sah auf und verbeugte sich tief. Sie wußte, er würde ihr natürlich sogleich ansehen, daß sie geweint hätte — mit den rotnmränderten Augen; „so häßlich wie die Sünde" hatte sie sich vorhin droben genannt. — Was half es wohl, daß sie ihr Haar an den Schläfen so hereingekämmt hatte, daß sie beinahe Olga glich? Die Augen konnte sie ja doch nicht verdecken! Sie wechselten kein Wort miteinander. Er öffnete ihr höflich die Wohnzimmer¬ tür. Ach, dieses abscheuliche elektrische Licht! Zum erstenmal in ihrem Leben haßte es Elu aufrichtig. Nach dem Essen, das dank des Konsuls unerschöpflichen Vorrat von wirklich guten Anekdoten — er war beinahe ebenso redselig wie sein Sohn Erik — recht lebhaft verlaufen war, ließen sich die Herren fast augenblicklich am Spieltisch nieder. Elu und Dagny setzten sich mit ihren Weihnachtsstickereien im Wohnzimmer unter die Lampe und unterhielten sich dann ziemlich einsilbig. Dagny hatte von Stine erfahren, daß Rechtsanwalt Garde in ihrer Abwesenheit dagewesen war, und wollte nnn durchaus von Elu wissen, was er gesagt habe.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/408>, abgerufen am 04.07.2024.