Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.Ver oberösterreichische Bauernaufstand entsetzte er Gmunden, schlug am folgenden Tage in vierstündiger Schlacht die Der große Kampf war zu Ende, dem Lande wurden dadurch Wunden Ver oberösterreichische Bauernaufstand entsetzte er Gmunden, schlug am folgenden Tage in vierstündiger Schlacht die Der große Kampf war zu Ende, dem Lande wurden dadurch Wunden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0260" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295479"/> <fw type="header" place="top"> Ver oberösterreichische Bauernaufstand</fw><lb/> <p xml:id="ID_1231" prev="#ID_1230"> entsetzte er Gmunden, schlug am folgenden Tage in vierstündiger Schlacht die<lb/> Bauern, die unter der Führung eines gewissen Glacianus, gemeiniglich „der<lb/> Student" genannt, standen, und entsetzte am 19. auch Vöcklabruck. Die letzte<lb/> Bauernschar vernichtete er am 30. bei Schloß Wolfseck, wo auch Glaeianus,<lb/> eine geheimnisvolle Person, auf der Flucht »ach dem See getötet wurde.<lb/> seinen Kopf stellte man in Linz auf einer Stange, seinen Körper in Vöckla-<lb/> brück zur Schau. Noch heute legt der sogenannte Baucrnhügel bei Pinsdorf,<lb/> worin 4000 Bauern begraben liegen sollen, Zeugnis ab von den Schrecknissen<lb/> jener Tage, noch heute heißt das Wüldcheu in der Nähe der heiligen Eiche bei Pins¬<lb/> dorf das „Pappenheimerswäldle." Wenig Tage darauf umzingelte Pappenheim<lb/> bei Peuerbach die letzten Schanzen der Bauern und zwang sie zur Übergabe.<lb/> Er beendigte so binnen Monatsfrist den gefährlichen Bauernaufstand an derselben<lb/> Stelle, wo er begonnen hatte. Die letzten Aufständischen des Hausruckviertels<lb/> unterwarfen sich allerdings erst am 27. April 1627.</p><lb/> <p xml:id="ID_1232" next="#ID_1233"> Der große Kampf war zu Ende, dem Lande wurden dadurch Wunden<lb/> geschlagen, an denen es noch heute leidet. Es war durch den Bauernaufstand<lb/> viel stärker geschädigt worden als 1620 durch die Revolution der Stunde.<lb/> Nach der Niederlage begannen in Linz die Exekutionen gegen die zahlreichen<lb/> Gefangnen. Die Reformationskommissionen zogen mit Truppenabteilungen durch<lb/> das Land und zwangen den Widerspenstigen durch Einquartierung und Druck<lb/> aller Art den wahren Glauben auf. Noch einmal wurde ein schwacher<lb/> Erhebungsversuch gemacht, als Gustav Adolf 1632 auf seinem Siegeszuge in<lb/> die Nähe kam. Die Bauern sandten Thomas Ecklechner zu ihm ins Lager<lb/> bei Nürnberg, und er versprach, 6000 Mann über Passau und Schürdiug ins<lb/> Hausruckviertel zu senden. Unter Anführung eines gewissen Grindel hatten<lb/> sich auch 6000 Bauern erhoben und die gegen sie ausgesandten kaiserlichen<lb/> Truppen Vertrieben. Als aber die schwedische Hilfe ausblieb, erlagen die<lb/> Bauern abermals bei Efserding. Es folgten nun wieder Hinrichtungen der<lb/> Rädelsführer, Einsperrung und Verbannung andrer und die gewaltsame Be¬<lb/> kehrung der übrigen. Noch 1633 kam es zu einzelnen Widersetzlichkeiten<lb/> ohne Belang, denn die Kraft der oberösterreichischen Bauernschaft war schon<lb/> sechs Jahre vorher gebrochen worden. Das Endergebnis war, daß viele<lb/> Tausende das Land verlassen hatten, darunter viele Angehörige des Adels,<lb/> Tausende hatten ihr Leben im Kampfe verloren, viele waren dem Henker zum<lb/> Opfer gefallen. Die übrigen fügten sich, zum Teil innerlich gebrochen, zum<lb/> Teil materieller Vorteile wegen. Aber noch viele Jahrzehnte klang das bittere<lb/> Leid nach, das das kernige Volk erlitten hatte und mit dem allgemeinen Un¬<lb/> glück, das ein dreißigjähriger Krieg über das ganze Vaterland gebracht hatte,<lb/> in ein einziges großes Leid zusammenfloß; noch hente bezeugt das Volkslied<lb/> „Die Pinzgauer wollten wallfahrten gehn," daß einst eine gewaltige Bewegung<lb/> das Volk durchdrang, der sich die Pinzgauer, die ihr fern standen und mit<lb/> ihrem Landesherrn, dem Erzbischof von Salzburg, im Glauben der Väter ge¬<lb/> blieben waren, ferngehalten hatten, was den Hohn der Nachbarn herausgefordert<lb/> hatte. Noch bis heute hat sich im Lande die Tradition von Pappenheim er¬<lb/> halten, der wohl wie der „leibhaftige Teufel" über die Bauernscharen berge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0260]
Ver oberösterreichische Bauernaufstand
entsetzte er Gmunden, schlug am folgenden Tage in vierstündiger Schlacht die
Bauern, die unter der Führung eines gewissen Glacianus, gemeiniglich „der
Student" genannt, standen, und entsetzte am 19. auch Vöcklabruck. Die letzte
Bauernschar vernichtete er am 30. bei Schloß Wolfseck, wo auch Glaeianus,
eine geheimnisvolle Person, auf der Flucht »ach dem See getötet wurde.
seinen Kopf stellte man in Linz auf einer Stange, seinen Körper in Vöckla-
brück zur Schau. Noch heute legt der sogenannte Baucrnhügel bei Pinsdorf,
worin 4000 Bauern begraben liegen sollen, Zeugnis ab von den Schrecknissen
jener Tage, noch heute heißt das Wüldcheu in der Nähe der heiligen Eiche bei Pins¬
dorf das „Pappenheimerswäldle." Wenig Tage darauf umzingelte Pappenheim
bei Peuerbach die letzten Schanzen der Bauern und zwang sie zur Übergabe.
Er beendigte so binnen Monatsfrist den gefährlichen Bauernaufstand an derselben
Stelle, wo er begonnen hatte. Die letzten Aufständischen des Hausruckviertels
unterwarfen sich allerdings erst am 27. April 1627.
Der große Kampf war zu Ende, dem Lande wurden dadurch Wunden
geschlagen, an denen es noch heute leidet. Es war durch den Bauernaufstand
viel stärker geschädigt worden als 1620 durch die Revolution der Stunde.
Nach der Niederlage begannen in Linz die Exekutionen gegen die zahlreichen
Gefangnen. Die Reformationskommissionen zogen mit Truppenabteilungen durch
das Land und zwangen den Widerspenstigen durch Einquartierung und Druck
aller Art den wahren Glauben auf. Noch einmal wurde ein schwacher
Erhebungsversuch gemacht, als Gustav Adolf 1632 auf seinem Siegeszuge in
die Nähe kam. Die Bauern sandten Thomas Ecklechner zu ihm ins Lager
bei Nürnberg, und er versprach, 6000 Mann über Passau und Schürdiug ins
Hausruckviertel zu senden. Unter Anführung eines gewissen Grindel hatten
sich auch 6000 Bauern erhoben und die gegen sie ausgesandten kaiserlichen
Truppen Vertrieben. Als aber die schwedische Hilfe ausblieb, erlagen die
Bauern abermals bei Efserding. Es folgten nun wieder Hinrichtungen der
Rädelsführer, Einsperrung und Verbannung andrer und die gewaltsame Be¬
kehrung der übrigen. Noch 1633 kam es zu einzelnen Widersetzlichkeiten
ohne Belang, denn die Kraft der oberösterreichischen Bauernschaft war schon
sechs Jahre vorher gebrochen worden. Das Endergebnis war, daß viele
Tausende das Land verlassen hatten, darunter viele Angehörige des Adels,
Tausende hatten ihr Leben im Kampfe verloren, viele waren dem Henker zum
Opfer gefallen. Die übrigen fügten sich, zum Teil innerlich gebrochen, zum
Teil materieller Vorteile wegen. Aber noch viele Jahrzehnte klang das bittere
Leid nach, das das kernige Volk erlitten hatte und mit dem allgemeinen Un¬
glück, das ein dreißigjähriger Krieg über das ganze Vaterland gebracht hatte,
in ein einziges großes Leid zusammenfloß; noch hente bezeugt das Volkslied
„Die Pinzgauer wollten wallfahrten gehn," daß einst eine gewaltige Bewegung
das Volk durchdrang, der sich die Pinzgauer, die ihr fern standen und mit
ihrem Landesherrn, dem Erzbischof von Salzburg, im Glauben der Väter ge¬
blieben waren, ferngehalten hatten, was den Hohn der Nachbarn herausgefordert
hatte. Noch bis heute hat sich im Lande die Tradition von Pappenheim er¬
halten, der wohl wie der „leibhaftige Teufel" über die Bauernscharen berge-
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