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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die Damen auf Markby

Anna Lermgren etwas verwandt. . . Und da in dem Glaskästchen lag eine halb¬
vermoderte seidne Maske, die der Großvater der Pröpstin auf dem Opernhausball
an jenem ominösen 16. März getragen hatte, wo Gustav der Dritte von der Kugel
Anckarströms gefallen war. Neben dem Glaskästchen stand auch der kleine Becher
aus Buchsbaum, den er sich in Rußland kunstfertig geschnitzt hatte, wo er nach
dem Kriege gefangen gesessen hatte. Tante Albertine war eine geborne von Selchow,
"livländischer Adel aus der Zeit Karls des Elster," pflegte sie zu sagen. Diese
Tatsache betonte sie uicht selten und recht gern. Außerdem fanden sich unter den
Merkwürdigkeiten eine Urne mit dem Monogramm "Sophia Magdalena," ein ge¬
schnitzter Elfenbeinfächer, der auf irgend eine Weise in eine Glasflasche gebracht
war und aufgeschlagen dalag, ein paar Miniaturbilder ans dem achtzehnten Jahr¬
hundert, eine Schnupftabakdose mit dem Porträt der Königin Desideria und viel
andrer Krimskrams, den Dagny immer wieder mit derselben Ehrerbietung betrachtete;
sie brannte darauf, Elu damit zu imponieren.

Erik kam viel später, als mau erwartet hatte, und es war schon beinahe dunkel,
als man den Wagen auf den Hof rollen hörte.

Dagny, die die Abendluft nicht gut vertragen konnte, saß bei der Pröpstin
drin im Zimmer und hielt einen Strang Baumwollgarn, den die alte Dame langsam
und zierlich von ihren Händen wickelte. Aber die beiden andern jungen Mädchen
saßen noch in der Glasveranda, während Bibbi half, den Tisch nach der frühen
Abendmahlzeit abzudecken.

Das ist nett von Ihnen, daß Sie wenigstens zum Tee kommen, hörten sie die
laute Stimme der Pröpstin drinnen zu Erik sagen.

Julie hatte es versucht, Elu mit einer Beschreibung der Umgegend zu unter¬
halten; das war aber ein undankbares Thema, und das Gespräch zog sich wie
gewöhnlich nur schleppend zwischen den beiden hin. Und jetzt geriet es sogar
ganz ins Stocken; Elu merkte, wie die andre plötzlich den Faden verlor und sich
widersprach.

Wie schwer es ihr doch wird, es zu verbergen! dachte Elu halb verächtlich,
wenn auch mit einem Stich der Demütigung und fast des Neides, aber doch mit
einer gewissen Schadenfreude. Mitleidig und empört stand sie auf. Wenn die
beiden allein sein wollten, dann... sie verschwand gern!

Mit ein paar kühlen, nichtssagenden Worten, daß es hier draußen etwas ziehe,
öffnete sie die Glastür und ging zu den andern hinein.

Bibbi versuchte, Erik zu überreden, doch wenigstens eine Tasse Tee zu trinken;
er aber dankte höflich, sagte, er habe durchaus nichts nötig, und es solle sich niemand
seinetwegen Mühe machen.

Weder Elu noch Bibbi entging es, wie zerstreut er war, und wie offenbar
enttäuscht er aussah, während er sich unwillkürlich wie suchend umsah. Elu fühlte
sich plötzlich sonderbar befangen, und ohne jemand anzusehen trat sie an den Sofa¬
tisch, wo sie dann mit niedergeschlagnen Augen schweigend in einem Album blätterte.

Julie ist draußen in der Veranda, hörte sie Bibbi mit leiserer Stimme als
gewöhnlich und etwas zögernd wie mit einem ängstlichen Vorwurf im Ton sagen.

Er aber sprach von etwas ganz anderm, von Wind und Wetter, und unter¬
hielt sich fortgesetzt mit Bibbi. Es war, als wolle er sich selbst zwingen, nicht auf
die Veranda zu gehn, als habe er erraten, was Bibbi dachte, und wolle nun ihr
Mitleid oder ihr Vertrauen stolz zurückweisen.

Jedermann im Zimmer hörte, daß Julie von ihrem Platz aufstand und in
den Garten hinausging. Da verließ Erik seine Selbstbeherrschung plötzlich. Er
murmelte ein paar Worte, wandte sich unvermittelt von Bibbi ab und öffnete die
Verandatür; Elu sah von ihrem Album auf, und unwillkürlich trafen steh ihre und
Bibbis Blicke. Es dauerte nur eine Sekunde, dann wandten sich beide ab, und
Bibbi begann sich laut und anscheinend unbefangen mit Dagny zu unterhalten.

Auf dem schmalen Kiesweg vor der Veranda stand Erik Julie gegenüber.


Grenzboten IV 1904 W
Die Damen auf Markby

Anna Lermgren etwas verwandt. . . Und da in dem Glaskästchen lag eine halb¬
vermoderte seidne Maske, die der Großvater der Pröpstin auf dem Opernhausball
an jenem ominösen 16. März getragen hatte, wo Gustav der Dritte von der Kugel
Anckarströms gefallen war. Neben dem Glaskästchen stand auch der kleine Becher
aus Buchsbaum, den er sich in Rußland kunstfertig geschnitzt hatte, wo er nach
dem Kriege gefangen gesessen hatte. Tante Albertine war eine geborne von Selchow,
„livländischer Adel aus der Zeit Karls des Elster," pflegte sie zu sagen. Diese
Tatsache betonte sie uicht selten und recht gern. Außerdem fanden sich unter den
Merkwürdigkeiten eine Urne mit dem Monogramm „Sophia Magdalena," ein ge¬
schnitzter Elfenbeinfächer, der auf irgend eine Weise in eine Glasflasche gebracht
war und aufgeschlagen dalag, ein paar Miniaturbilder ans dem achtzehnten Jahr¬
hundert, eine Schnupftabakdose mit dem Porträt der Königin Desideria und viel
andrer Krimskrams, den Dagny immer wieder mit derselben Ehrerbietung betrachtete;
sie brannte darauf, Elu damit zu imponieren.

Erik kam viel später, als mau erwartet hatte, und es war schon beinahe dunkel,
als man den Wagen auf den Hof rollen hörte.

Dagny, die die Abendluft nicht gut vertragen konnte, saß bei der Pröpstin
drin im Zimmer und hielt einen Strang Baumwollgarn, den die alte Dame langsam
und zierlich von ihren Händen wickelte. Aber die beiden andern jungen Mädchen
saßen noch in der Glasveranda, während Bibbi half, den Tisch nach der frühen
Abendmahlzeit abzudecken.

Das ist nett von Ihnen, daß Sie wenigstens zum Tee kommen, hörten sie die
laute Stimme der Pröpstin drinnen zu Erik sagen.

Julie hatte es versucht, Elu mit einer Beschreibung der Umgegend zu unter¬
halten; das war aber ein undankbares Thema, und das Gespräch zog sich wie
gewöhnlich nur schleppend zwischen den beiden hin. Und jetzt geriet es sogar
ganz ins Stocken; Elu merkte, wie die andre plötzlich den Faden verlor und sich
widersprach.

Wie schwer es ihr doch wird, es zu verbergen! dachte Elu halb verächtlich,
wenn auch mit einem Stich der Demütigung und fast des Neides, aber doch mit
einer gewissen Schadenfreude. Mitleidig und empört stand sie auf. Wenn die
beiden allein sein wollten, dann... sie verschwand gern!

Mit ein paar kühlen, nichtssagenden Worten, daß es hier draußen etwas ziehe,
öffnete sie die Glastür und ging zu den andern hinein.

Bibbi versuchte, Erik zu überreden, doch wenigstens eine Tasse Tee zu trinken;
er aber dankte höflich, sagte, er habe durchaus nichts nötig, und es solle sich niemand
seinetwegen Mühe machen.

Weder Elu noch Bibbi entging es, wie zerstreut er war, und wie offenbar
enttäuscht er aussah, während er sich unwillkürlich wie suchend umsah. Elu fühlte
sich plötzlich sonderbar befangen, und ohne jemand anzusehen trat sie an den Sofa¬
tisch, wo sie dann mit niedergeschlagnen Augen schweigend in einem Album blätterte.

Julie ist draußen in der Veranda, hörte sie Bibbi mit leiserer Stimme als
gewöhnlich und etwas zögernd wie mit einem ängstlichen Vorwurf im Ton sagen.

Er aber sprach von etwas ganz anderm, von Wind und Wetter, und unter¬
hielt sich fortgesetzt mit Bibbi. Es war, als wolle er sich selbst zwingen, nicht auf
die Veranda zu gehn, als habe er erraten, was Bibbi dachte, und wolle nun ihr
Mitleid oder ihr Vertrauen stolz zurückweisen.

Jedermann im Zimmer hörte, daß Julie von ihrem Platz aufstand und in
den Garten hinausging. Da verließ Erik seine Selbstbeherrschung plötzlich. Er
murmelte ein paar Worte, wandte sich unvermittelt von Bibbi ab und öffnete die
Verandatür; Elu sah von ihrem Album auf, und unwillkürlich trafen steh ihre und
Bibbis Blicke. Es dauerte nur eine Sekunde, dann wandten sich beide ab, und
Bibbi begann sich laut und anscheinend unbefangen mit Dagny zu unterhalten.

Auf dem schmalen Kiesweg vor der Veranda stand Erik Julie gegenüber.


Grenzboten IV 1904 W
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[0175] Die Damen auf Markby Anna Lermgren etwas verwandt. . . Und da in dem Glaskästchen lag eine halb¬ vermoderte seidne Maske, die der Großvater der Pröpstin auf dem Opernhausball an jenem ominösen 16. März getragen hatte, wo Gustav der Dritte von der Kugel Anckarströms gefallen war. Neben dem Glaskästchen stand auch der kleine Becher aus Buchsbaum, den er sich in Rußland kunstfertig geschnitzt hatte, wo er nach dem Kriege gefangen gesessen hatte. Tante Albertine war eine geborne von Selchow, „livländischer Adel aus der Zeit Karls des Elster," pflegte sie zu sagen. Diese Tatsache betonte sie uicht selten und recht gern. Außerdem fanden sich unter den Merkwürdigkeiten eine Urne mit dem Monogramm „Sophia Magdalena," ein ge¬ schnitzter Elfenbeinfächer, der auf irgend eine Weise in eine Glasflasche gebracht war und aufgeschlagen dalag, ein paar Miniaturbilder ans dem achtzehnten Jahr¬ hundert, eine Schnupftabakdose mit dem Porträt der Königin Desideria und viel andrer Krimskrams, den Dagny immer wieder mit derselben Ehrerbietung betrachtete; sie brannte darauf, Elu damit zu imponieren. Erik kam viel später, als mau erwartet hatte, und es war schon beinahe dunkel, als man den Wagen auf den Hof rollen hörte. Dagny, die die Abendluft nicht gut vertragen konnte, saß bei der Pröpstin drin im Zimmer und hielt einen Strang Baumwollgarn, den die alte Dame langsam und zierlich von ihren Händen wickelte. Aber die beiden andern jungen Mädchen saßen noch in der Glasveranda, während Bibbi half, den Tisch nach der frühen Abendmahlzeit abzudecken. Das ist nett von Ihnen, daß Sie wenigstens zum Tee kommen, hörten sie die laute Stimme der Pröpstin drinnen zu Erik sagen. Julie hatte es versucht, Elu mit einer Beschreibung der Umgegend zu unter¬ halten; das war aber ein undankbares Thema, und das Gespräch zog sich wie gewöhnlich nur schleppend zwischen den beiden hin. Und jetzt geriet es sogar ganz ins Stocken; Elu merkte, wie die andre plötzlich den Faden verlor und sich widersprach. Wie schwer es ihr doch wird, es zu verbergen! dachte Elu halb verächtlich, wenn auch mit einem Stich der Demütigung und fast des Neides, aber doch mit einer gewissen Schadenfreude. Mitleidig und empört stand sie auf. Wenn die beiden allein sein wollten, dann... sie verschwand gern! Mit ein paar kühlen, nichtssagenden Worten, daß es hier draußen etwas ziehe, öffnete sie die Glastür und ging zu den andern hinein. Bibbi versuchte, Erik zu überreden, doch wenigstens eine Tasse Tee zu trinken; er aber dankte höflich, sagte, er habe durchaus nichts nötig, und es solle sich niemand seinetwegen Mühe machen. Weder Elu noch Bibbi entging es, wie zerstreut er war, und wie offenbar enttäuscht er aussah, während er sich unwillkürlich wie suchend umsah. Elu fühlte sich plötzlich sonderbar befangen, und ohne jemand anzusehen trat sie an den Sofa¬ tisch, wo sie dann mit niedergeschlagnen Augen schweigend in einem Album blätterte. Julie ist draußen in der Veranda, hörte sie Bibbi mit leiserer Stimme als gewöhnlich und etwas zögernd wie mit einem ängstlichen Vorwurf im Ton sagen. Er aber sprach von etwas ganz anderm, von Wind und Wetter, und unter¬ hielt sich fortgesetzt mit Bibbi. Es war, als wolle er sich selbst zwingen, nicht auf die Veranda zu gehn, als habe er erraten, was Bibbi dachte, und wolle nun ihr Mitleid oder ihr Vertrauen stolz zurückweisen. Jedermann im Zimmer hörte, daß Julie von ihrem Platz aufstand und in den Garten hinausging. Da verließ Erik seine Selbstbeherrschung plötzlich. Er murmelte ein paar Worte, wandte sich unvermittelt von Bibbi ab und öffnete die Verandatür; Elu sah von ihrem Album auf, und unwillkürlich trafen steh ihre und Bibbis Blicke. Es dauerte nur eine Sekunde, dann wandten sich beide ab, und Bibbi begann sich laut und anscheinend unbefangen mit Dagny zu unterhalten. Auf dem schmalen Kiesweg vor der Veranda stand Erik Julie gegenüber. Grenzboten IV 1904 W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/175>, abgerufen am 01.07.2024.