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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Justizamtmann Freytag seine Erzählung folgendermaßen ergänzt: "Auch, Aller-
durchlauchtigster, erfahre ich soeben von einem der Fuhrleute, welche jene unglück¬
lichen kranken Soldaten mit gefahren haben, folgende nähere Details. Die Kranken
jaus dem Wege vom Lazarett in Guben nach Torgauj sind den Kosacken bei der
Herzberger Elsterbrücke in die Hände gefallen, die Kosacken haben sie hierauf mit
in die Stadt Herzberg genommen und daselbst, wie man sagt, mit Bier, Brant¬
wein, Brod und mit Butter bestrichener Semmel traktirt.

Nach dessen Erfolg hat man den Weg über Schlieben nehmen wollen; allein,
da das Gerücht ergangen ist, daß in Schlieben sehr viel französisches Militär be¬
findlich sey, so hat man einen andern Weg und zwar den über Polzen nach Jagsall
zu eingeschlagen.

Die Kosacken soll ein junger, schmächtiger Offizier, welcher vollkommen Deutsch
gesprochen und welchem die ganzen in der Gegend gelegenen Ortschaften bekannt
gewesen, kommandirt haben.

Ohnweit Jagsall hat beregter Offizier die Krankenwagen halten lassen, die
Kranken selbst haben von selbigen heruntergeschafft werden müssen, worauf sie in
zwey weit auseinander formirte Reihen gestellt worden sind.

Zu jedem der unglücklichen kranken Soldaten hat man zwei Kosacken, und
zwar einen von forne und einen von hinten mit den Piquen angestellt.

Die Unglücklichen haben flehentlich um Pardon gebeten; allein nichts desto-
weniger hat der Offizier unter den Worten: "Kein Pardon! Ihr schlaft hier!"
mit abgewandtem Gesicht selbige von forne und hinten niederzustoßen commandirt,
worauf, und als die Unglücklichen bereits am Boden gelegen, die Säbel gezogen
und vollends todt gehalten worden sind.

Nach dessen Erfolg hat sich der Offizier gegen die Fuhrleute gewendet und
ihnen zu erkennen gegeben, daß ihnen ein gleiches Schicksal bevorstehe, dafern sie
wieder kranke Franzosen fahren würden, welche Bedrohung unter den armen Land¬
leuten eine ungemeine Furcht zu Wege gebracht hat.


Ich Freytag." ersterbe in tiefster Ehrfurcht Euer sie.

Ich habe den Bericht des braven Justizamtmanns in seinem Wortlaute wieder¬
gegeben, einmal, weil dieser von der Geschichtschreibung, wie es scheint, übersehene
Jagsaller Franzoscnmord überhaupt der Vergessenheit entrissen zu werden verdient,
zweitens aber auch, weil der Bericht in seiner wahrhaftigen Schlichtheit und furcht¬
baren Anschaulichkeit wirksamer ist als jede Nacherzählung. Ein auch dem Akten¬
stück einverleibtes Schreiben des Gerichtsherrn von Jagsall vom 23. August 1813
meldet weiter, daß die Opfer "auf dem Orte sie blessirt und resp, getötet worden,
mit allem, was sie um und an sich gehabt begraben, die Sechs Blessirten aber,
nachdem sie der Amts - Physicus Herr ol'. Wagner gehörig verbunden hat, nach
Herzberg gefahren und von da nach Torgau ins Lazareth gebracht worden sind."
Wer den Zustand der überfüllten Torgauer Lazarette ans dem jetzt veröffentlichten
Berichte des Torgauer Arztes Dr. Richter kennt -- schon am 10. Oktober waren
dort über 10000 Verwundete und Kranke vorhanden --, wird sich über das
Schicksal der sechs Blessierten keine Illusionen machen. Ihre bei Jagsall schlum¬
mernden Kameraden hatten wohl das bessere Teil erwählt. Über die Motive und
die Herkunft des Urhebers der entsetzlichen Bluttat kann man nur Vermutungen
äußern. Das über hundert Mann starke Kosnkendetachement -- eine spätere Notiz
spricht sogar von fünfzehnhundert Tscherkessen -- wird zur schlesischen Armee
Blüchers und Sackens gehört haben, die am 18. und 19. August gegen die fran¬
zösischen Stellungen zu beiden Seiten des Bobers (Löwenberg, Goldberg, Liegnitz)
vorging. Die Kosaken waren vermutlich unter einem Offizier deutscher Abkunft
(Preuße oder Livlttnder) nördlich von der französischen Hauptmacht über den Bober
und die Reiße gegangen, um die Verhältnisse der sächsischen Niederlausitz zu re¬
kognoszieren, ein sehr gewagtes Unternehmen, da sie sich mitten in das von Fran¬
zosen besetzte Gebiet zwischen der Reyscher schlesischen und der Oudinotschen auf


Grenzboten II 1904 102
Wanderungen in der Niederlausitz

Justizamtmann Freytag seine Erzählung folgendermaßen ergänzt: „Auch, Aller-
durchlauchtigster, erfahre ich soeben von einem der Fuhrleute, welche jene unglück¬
lichen kranken Soldaten mit gefahren haben, folgende nähere Details. Die Kranken
jaus dem Wege vom Lazarett in Guben nach Torgauj sind den Kosacken bei der
Herzberger Elsterbrücke in die Hände gefallen, die Kosacken haben sie hierauf mit
in die Stadt Herzberg genommen und daselbst, wie man sagt, mit Bier, Brant¬
wein, Brod und mit Butter bestrichener Semmel traktirt.

Nach dessen Erfolg hat man den Weg über Schlieben nehmen wollen; allein,
da das Gerücht ergangen ist, daß in Schlieben sehr viel französisches Militär be¬
findlich sey, so hat man einen andern Weg und zwar den über Polzen nach Jagsall
zu eingeschlagen.

Die Kosacken soll ein junger, schmächtiger Offizier, welcher vollkommen Deutsch
gesprochen und welchem die ganzen in der Gegend gelegenen Ortschaften bekannt
gewesen, kommandirt haben.

Ohnweit Jagsall hat beregter Offizier die Krankenwagen halten lassen, die
Kranken selbst haben von selbigen heruntergeschafft werden müssen, worauf sie in
zwey weit auseinander formirte Reihen gestellt worden sind.

Zu jedem der unglücklichen kranken Soldaten hat man zwei Kosacken, und
zwar einen von forne und einen von hinten mit den Piquen angestellt.

Die Unglücklichen haben flehentlich um Pardon gebeten; allein nichts desto-
weniger hat der Offizier unter den Worten: »Kein Pardon! Ihr schlaft hier!«
mit abgewandtem Gesicht selbige von forne und hinten niederzustoßen commandirt,
worauf, und als die Unglücklichen bereits am Boden gelegen, die Säbel gezogen
und vollends todt gehalten worden sind.

Nach dessen Erfolg hat sich der Offizier gegen die Fuhrleute gewendet und
ihnen zu erkennen gegeben, daß ihnen ein gleiches Schicksal bevorstehe, dafern sie
wieder kranke Franzosen fahren würden, welche Bedrohung unter den armen Land¬
leuten eine ungemeine Furcht zu Wege gebracht hat.


Ich Freytag." ersterbe in tiefster Ehrfurcht Euer sie.

Ich habe den Bericht des braven Justizamtmanns in seinem Wortlaute wieder¬
gegeben, einmal, weil dieser von der Geschichtschreibung, wie es scheint, übersehene
Jagsaller Franzoscnmord überhaupt der Vergessenheit entrissen zu werden verdient,
zweitens aber auch, weil der Bericht in seiner wahrhaftigen Schlichtheit und furcht¬
baren Anschaulichkeit wirksamer ist als jede Nacherzählung. Ein auch dem Akten¬
stück einverleibtes Schreiben des Gerichtsherrn von Jagsall vom 23. August 1813
meldet weiter, daß die Opfer „auf dem Orte sie blessirt und resp, getötet worden,
mit allem, was sie um und an sich gehabt begraben, die Sechs Blessirten aber,
nachdem sie der Amts - Physicus Herr ol'. Wagner gehörig verbunden hat, nach
Herzberg gefahren und von da nach Torgau ins Lazareth gebracht worden sind."
Wer den Zustand der überfüllten Torgauer Lazarette ans dem jetzt veröffentlichten
Berichte des Torgauer Arztes Dr. Richter kennt — schon am 10. Oktober waren
dort über 10000 Verwundete und Kranke vorhanden —, wird sich über das
Schicksal der sechs Blessierten keine Illusionen machen. Ihre bei Jagsall schlum¬
mernden Kameraden hatten wohl das bessere Teil erwählt. Über die Motive und
die Herkunft des Urhebers der entsetzlichen Bluttat kann man nur Vermutungen
äußern. Das über hundert Mann starke Kosnkendetachement — eine spätere Notiz
spricht sogar von fünfzehnhundert Tscherkessen — wird zur schlesischen Armee
Blüchers und Sackens gehört haben, die am 18. und 19. August gegen die fran¬
zösischen Stellungen zu beiden Seiten des Bobers (Löwenberg, Goldberg, Liegnitz)
vorging. Die Kosaken waren vermutlich unter einem Offizier deutscher Abkunft
(Preuße oder Livlttnder) nördlich von der französischen Hauptmacht über den Bober
und die Reiße gegangen, um die Verhältnisse der sächsischen Niederlausitz zu re¬
kognoszieren, ein sehr gewagtes Unternehmen, da sie sich mitten in das von Fran¬
zosen besetzte Gebiet zwischen der Reyscher schlesischen und der Oudinotschen auf


Grenzboten II 1904 102
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[0773] Wanderungen in der Niederlausitz Justizamtmann Freytag seine Erzählung folgendermaßen ergänzt: „Auch, Aller- durchlauchtigster, erfahre ich soeben von einem der Fuhrleute, welche jene unglück¬ lichen kranken Soldaten mit gefahren haben, folgende nähere Details. Die Kranken jaus dem Wege vom Lazarett in Guben nach Torgauj sind den Kosacken bei der Herzberger Elsterbrücke in die Hände gefallen, die Kosacken haben sie hierauf mit in die Stadt Herzberg genommen und daselbst, wie man sagt, mit Bier, Brant¬ wein, Brod und mit Butter bestrichener Semmel traktirt. Nach dessen Erfolg hat man den Weg über Schlieben nehmen wollen; allein, da das Gerücht ergangen ist, daß in Schlieben sehr viel französisches Militär be¬ findlich sey, so hat man einen andern Weg und zwar den über Polzen nach Jagsall zu eingeschlagen. Die Kosacken soll ein junger, schmächtiger Offizier, welcher vollkommen Deutsch gesprochen und welchem die ganzen in der Gegend gelegenen Ortschaften bekannt gewesen, kommandirt haben. Ohnweit Jagsall hat beregter Offizier die Krankenwagen halten lassen, die Kranken selbst haben von selbigen heruntergeschafft werden müssen, worauf sie in zwey weit auseinander formirte Reihen gestellt worden sind. Zu jedem der unglücklichen kranken Soldaten hat man zwei Kosacken, und zwar einen von forne und einen von hinten mit den Piquen angestellt. Die Unglücklichen haben flehentlich um Pardon gebeten; allein nichts desto- weniger hat der Offizier unter den Worten: »Kein Pardon! Ihr schlaft hier!« mit abgewandtem Gesicht selbige von forne und hinten niederzustoßen commandirt, worauf, und als die Unglücklichen bereits am Boden gelegen, die Säbel gezogen und vollends todt gehalten worden sind. Nach dessen Erfolg hat sich der Offizier gegen die Fuhrleute gewendet und ihnen zu erkennen gegeben, daß ihnen ein gleiches Schicksal bevorstehe, dafern sie wieder kranke Franzosen fahren würden, welche Bedrohung unter den armen Land¬ leuten eine ungemeine Furcht zu Wege gebracht hat. Ich Freytag." ersterbe in tiefster Ehrfurcht Euer sie. Ich habe den Bericht des braven Justizamtmanns in seinem Wortlaute wieder¬ gegeben, einmal, weil dieser von der Geschichtschreibung, wie es scheint, übersehene Jagsaller Franzoscnmord überhaupt der Vergessenheit entrissen zu werden verdient, zweitens aber auch, weil der Bericht in seiner wahrhaftigen Schlichtheit und furcht¬ baren Anschaulichkeit wirksamer ist als jede Nacherzählung. Ein auch dem Akten¬ stück einverleibtes Schreiben des Gerichtsherrn von Jagsall vom 23. August 1813 meldet weiter, daß die Opfer „auf dem Orte sie blessirt und resp, getötet worden, mit allem, was sie um und an sich gehabt begraben, die Sechs Blessirten aber, nachdem sie der Amts - Physicus Herr ol'. Wagner gehörig verbunden hat, nach Herzberg gefahren und von da nach Torgau ins Lazareth gebracht worden sind." Wer den Zustand der überfüllten Torgauer Lazarette ans dem jetzt veröffentlichten Berichte des Torgauer Arztes Dr. Richter kennt — schon am 10. Oktober waren dort über 10000 Verwundete und Kranke vorhanden —, wird sich über das Schicksal der sechs Blessierten keine Illusionen machen. Ihre bei Jagsall schlum¬ mernden Kameraden hatten wohl das bessere Teil erwählt. Über die Motive und die Herkunft des Urhebers der entsetzlichen Bluttat kann man nur Vermutungen äußern. Das über hundert Mann starke Kosnkendetachement — eine spätere Notiz spricht sogar von fünfzehnhundert Tscherkessen — wird zur schlesischen Armee Blüchers und Sackens gehört haben, die am 18. und 19. August gegen die fran¬ zösischen Stellungen zu beiden Seiten des Bobers (Löwenberg, Goldberg, Liegnitz) vorging. Die Kosaken waren vermutlich unter einem Offizier deutscher Abkunft (Preuße oder Livlttnder) nördlich von der französischen Hauptmacht über den Bober und die Reiße gegangen, um die Verhältnisse der sächsischen Niederlausitz zu re¬ kognoszieren, ein sehr gewagtes Unternehmen, da sie sich mitten in das von Fran¬ zosen besetzte Gebiet zwischen der Reyscher schlesischen und der Oudinotschen auf Grenzboten II 1904 102

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/773>, abgerufen am 25.07.2024.