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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Mönch von weinfelden

Und obgleich Gyllis sich nicht regte, fuhr sie fort:

Machet kein so finster Gesicht, Herr. Es hilft nichts. Aus dem Hause habt Ihr
mich verjagen können. Aber hier dürft ihr mich nicht antasten. Der Weiher ist mein
Reich. Hier müßt Ihr mich anhören. Eine Magd braucht ihr nicht -- das habt
Ihr mir oft genug gesagt. Ein ehelich Weib braucht Ihr auch nicht -- das ist
Euch verboten, denn Ihr seid ein Geweihter. Aber braucht Ihr keine Liebste?

Sie lachte bei diesen Worten hell auf und warf zugleich eine Hand voll Wasser
empor, daß es als ein Regen von Silbertropfen auf sie niederfiel.

Herr Gyllis wurde seinem Vorsatz, sich verborgen zu halten, untreu. Der
Zorn übermannte ihn. Und indem er aus der Dunkelheit des Gemachs in den
Mondschein hervortrat, erhob er drohend den Arm und rief:

Hebe dich weg, buhlerische Dirne, und fahre zur Hölle, woher du gekommen biset

Da werdet Ihr mir schon den Weg weisen müssen, antwortete sie, Ihr wißt
ja Bescheid!

Ja, ich will dir den Weg weisen, sagte er, mich reut schon lange, daß ich
dich vor dem Brennen bewahrt habe.

Er hatte die Armbrust von der Wand gerissen, spannte und legte an. Sie
sah den blanken Stahlbügel aufleuchten und rief:

Schießt getrost zu! Mich trefft Ihr nicht! Mich nicht!

Hätte sie Furcht gezeigt, so würde er die Waffe abgesetzt und sich mit der
Drohung begnügt haben. Da sie aber ruhig sitzen blieb, wurde sein Zorn noch mehr
gereizt, und er drückte ab. Das Geschoß schwirrte los und schlug am entgegen¬
gesetzten Ufer des Teiches auf die Wasserfläche. Die nett schüttelte sich und lachte.

Seht Ihr, Herr? sagte sie. Gut gezielt, aber schlecht getroffen! Versuches
noch einmal!

Er erwiderte kein Wort und spannte die Armbrust von neuem. Aber bei
der Hast, mit der er zu Werke ging, drehte er die Spannkurbel zu stark, sodaß
die Sehne zersprang. Da ließ er die Waffe fallen, griff nach dem Kruzifix, das
über dem Weihwasserbrünnlein neben der Tür hing, und hielt es ihr mit aus¬
gestrecktem Arm entgegen.

Im Namen des Gekreuzigten! rief er, weiche von dannen! Fahre zur Hölle!

Aber auch jetzt regte sie sich nicht.

Damit bannt Ihr mich nicht, Herr, sagte sie, das kommt daher, weil Ihr selbst
der Hölle verfallen seid. Das Feuer kann nichts Wider das Feuer, und das Wasser
nichts wider das Wasser. Hacke auch die eine Krähe der andern kein Aug aus.
Ich glaub, ich hab nie eine Seele gehabt, und Ihr habt die Eure verloren. Darum
gehören wir zwei zusammen.

Schweig, teuflisches Weib! rief er, und laste meiner Seele Seligkeit nicht an!
Darüber hast du keine Macht. Ich frage dich ein andermal: Was willst du von
mir? Geh und laß mich in Frieden. Wir haben nichts miteinander zu schaffen.

Ihr belügt Euch selbst, erwiderte sie, mich aber mögt Ihr nie und nimmer
klugen. Meint Ihr, ich wüßte nicht, was Ihr nächtlicherweile drunten im Keller
treibt? Meint Ihr, ich wüßte nicht, mit wessen Hilfe Ihr den Ströther und die
beiden andern vom Leben zum Tode gebracht habt? Warum wollt Ihr mir ver¬
hehlen, daß Ihr ein Verworfner seid, wie ich eine Schlechte bin? Ich kenne Euch
besser; damals, bei dem Malefizgericht, ist es mir offenbar worden. Ihr wußtet,
daß ich eine Hexe war, und habt mich dennoch den Richtern entwunden. Ihr
stelltet Euch, als tätet Jhrs den Trierischen zum Trotz, aber ich will Euch sagen,
weshalb Jhrs getan habt: weil ich Euch wohl gefiel und weil Ihr mich liebtet!

Jetzt lachte Herr Gyllis auf.

Weil ich dich liebte! Armselige Dirne du! Nein, nett, weil du mich dauertest!
-Weil ich deiner schonen wollte, wie der Wandrer mit seinem Tritt den Wurm auf
Mucin Wege verschont -- ans Mitleid und -- aus Ekel! Das Mitleid freilich,
das ist mir vergangen, aber der Ekel ist geblieben. Und wenn ich mich vor der


Der Mönch von weinfelden

Und obgleich Gyllis sich nicht regte, fuhr sie fort:

Machet kein so finster Gesicht, Herr. Es hilft nichts. Aus dem Hause habt Ihr
mich verjagen können. Aber hier dürft ihr mich nicht antasten. Der Weiher ist mein
Reich. Hier müßt Ihr mich anhören. Eine Magd braucht ihr nicht — das habt
Ihr mir oft genug gesagt. Ein ehelich Weib braucht Ihr auch nicht — das ist
Euch verboten, denn Ihr seid ein Geweihter. Aber braucht Ihr keine Liebste?

Sie lachte bei diesen Worten hell auf und warf zugleich eine Hand voll Wasser
empor, daß es als ein Regen von Silbertropfen auf sie niederfiel.

Herr Gyllis wurde seinem Vorsatz, sich verborgen zu halten, untreu. Der
Zorn übermannte ihn. Und indem er aus der Dunkelheit des Gemachs in den
Mondschein hervortrat, erhob er drohend den Arm und rief:

Hebe dich weg, buhlerische Dirne, und fahre zur Hölle, woher du gekommen biset

Da werdet Ihr mir schon den Weg weisen müssen, antwortete sie, Ihr wißt
ja Bescheid!

Ja, ich will dir den Weg weisen, sagte er, mich reut schon lange, daß ich
dich vor dem Brennen bewahrt habe.

Er hatte die Armbrust von der Wand gerissen, spannte und legte an. Sie
sah den blanken Stahlbügel aufleuchten und rief:

Schießt getrost zu! Mich trefft Ihr nicht! Mich nicht!

Hätte sie Furcht gezeigt, so würde er die Waffe abgesetzt und sich mit der
Drohung begnügt haben. Da sie aber ruhig sitzen blieb, wurde sein Zorn noch mehr
gereizt, und er drückte ab. Das Geschoß schwirrte los und schlug am entgegen¬
gesetzten Ufer des Teiches auf die Wasserfläche. Die nett schüttelte sich und lachte.

Seht Ihr, Herr? sagte sie. Gut gezielt, aber schlecht getroffen! Versuches
noch einmal!

Er erwiderte kein Wort und spannte die Armbrust von neuem. Aber bei
der Hast, mit der er zu Werke ging, drehte er die Spannkurbel zu stark, sodaß
die Sehne zersprang. Da ließ er die Waffe fallen, griff nach dem Kruzifix, das
über dem Weihwasserbrünnlein neben der Tür hing, und hielt es ihr mit aus¬
gestrecktem Arm entgegen.

Im Namen des Gekreuzigten! rief er, weiche von dannen! Fahre zur Hölle!

Aber auch jetzt regte sie sich nicht.

Damit bannt Ihr mich nicht, Herr, sagte sie, das kommt daher, weil Ihr selbst
der Hölle verfallen seid. Das Feuer kann nichts Wider das Feuer, und das Wasser
nichts wider das Wasser. Hacke auch die eine Krähe der andern kein Aug aus.
Ich glaub, ich hab nie eine Seele gehabt, und Ihr habt die Eure verloren. Darum
gehören wir zwei zusammen.

Schweig, teuflisches Weib! rief er, und laste meiner Seele Seligkeit nicht an!
Darüber hast du keine Macht. Ich frage dich ein andermal: Was willst du von
mir? Geh und laß mich in Frieden. Wir haben nichts miteinander zu schaffen.

Ihr belügt Euch selbst, erwiderte sie, mich aber mögt Ihr nie und nimmer
klugen. Meint Ihr, ich wüßte nicht, was Ihr nächtlicherweile drunten im Keller
treibt? Meint Ihr, ich wüßte nicht, mit wessen Hilfe Ihr den Ströther und die
beiden andern vom Leben zum Tode gebracht habt? Warum wollt Ihr mir ver¬
hehlen, daß Ihr ein Verworfner seid, wie ich eine Schlechte bin? Ich kenne Euch
besser; damals, bei dem Malefizgericht, ist es mir offenbar worden. Ihr wußtet,
daß ich eine Hexe war, und habt mich dennoch den Richtern entwunden. Ihr
stelltet Euch, als tätet Jhrs den Trierischen zum Trotz, aber ich will Euch sagen,
weshalb Jhrs getan habt: weil ich Euch wohl gefiel und weil Ihr mich liebtet!

Jetzt lachte Herr Gyllis auf.

Weil ich dich liebte! Armselige Dirne du! Nein, nett, weil du mich dauertest!
-Weil ich deiner schonen wollte, wie der Wandrer mit seinem Tritt den Wurm auf
Mucin Wege verschont — ans Mitleid und — aus Ekel! Das Mitleid freilich,
das ist mir vergangen, aber der Ekel ist geblieben. Und wenn ich mich vor der


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[0483] Der Mönch von weinfelden Und obgleich Gyllis sich nicht regte, fuhr sie fort: Machet kein so finster Gesicht, Herr. Es hilft nichts. Aus dem Hause habt Ihr mich verjagen können. Aber hier dürft ihr mich nicht antasten. Der Weiher ist mein Reich. Hier müßt Ihr mich anhören. Eine Magd braucht ihr nicht — das habt Ihr mir oft genug gesagt. Ein ehelich Weib braucht Ihr auch nicht — das ist Euch verboten, denn Ihr seid ein Geweihter. Aber braucht Ihr keine Liebste? Sie lachte bei diesen Worten hell auf und warf zugleich eine Hand voll Wasser empor, daß es als ein Regen von Silbertropfen auf sie niederfiel. Herr Gyllis wurde seinem Vorsatz, sich verborgen zu halten, untreu. Der Zorn übermannte ihn. Und indem er aus der Dunkelheit des Gemachs in den Mondschein hervortrat, erhob er drohend den Arm und rief: Hebe dich weg, buhlerische Dirne, und fahre zur Hölle, woher du gekommen biset Da werdet Ihr mir schon den Weg weisen müssen, antwortete sie, Ihr wißt ja Bescheid! Ja, ich will dir den Weg weisen, sagte er, mich reut schon lange, daß ich dich vor dem Brennen bewahrt habe. Er hatte die Armbrust von der Wand gerissen, spannte und legte an. Sie sah den blanken Stahlbügel aufleuchten und rief: Schießt getrost zu! Mich trefft Ihr nicht! Mich nicht! Hätte sie Furcht gezeigt, so würde er die Waffe abgesetzt und sich mit der Drohung begnügt haben. Da sie aber ruhig sitzen blieb, wurde sein Zorn noch mehr gereizt, und er drückte ab. Das Geschoß schwirrte los und schlug am entgegen¬ gesetzten Ufer des Teiches auf die Wasserfläche. Die nett schüttelte sich und lachte. Seht Ihr, Herr? sagte sie. Gut gezielt, aber schlecht getroffen! Versuches noch einmal! Er erwiderte kein Wort und spannte die Armbrust von neuem. Aber bei der Hast, mit der er zu Werke ging, drehte er die Spannkurbel zu stark, sodaß die Sehne zersprang. Da ließ er die Waffe fallen, griff nach dem Kruzifix, das über dem Weihwasserbrünnlein neben der Tür hing, und hielt es ihr mit aus¬ gestrecktem Arm entgegen. Im Namen des Gekreuzigten! rief er, weiche von dannen! Fahre zur Hölle! Aber auch jetzt regte sie sich nicht. Damit bannt Ihr mich nicht, Herr, sagte sie, das kommt daher, weil Ihr selbst der Hölle verfallen seid. Das Feuer kann nichts Wider das Feuer, und das Wasser nichts wider das Wasser. Hacke auch die eine Krähe der andern kein Aug aus. Ich glaub, ich hab nie eine Seele gehabt, und Ihr habt die Eure verloren. Darum gehören wir zwei zusammen. Schweig, teuflisches Weib! rief er, und laste meiner Seele Seligkeit nicht an! Darüber hast du keine Macht. Ich frage dich ein andermal: Was willst du von mir? Geh und laß mich in Frieden. Wir haben nichts miteinander zu schaffen. Ihr belügt Euch selbst, erwiderte sie, mich aber mögt Ihr nie und nimmer klugen. Meint Ihr, ich wüßte nicht, was Ihr nächtlicherweile drunten im Keller treibt? Meint Ihr, ich wüßte nicht, mit wessen Hilfe Ihr den Ströther und die beiden andern vom Leben zum Tode gebracht habt? Warum wollt Ihr mir ver¬ hehlen, daß Ihr ein Verworfner seid, wie ich eine Schlechte bin? Ich kenne Euch besser; damals, bei dem Malefizgericht, ist es mir offenbar worden. Ihr wußtet, daß ich eine Hexe war, und habt mich dennoch den Richtern entwunden. Ihr stelltet Euch, als tätet Jhrs den Trierischen zum Trotz, aber ich will Euch sagen, weshalb Jhrs getan habt: weil ich Euch wohl gefiel und weil Ihr mich liebtet! Jetzt lachte Herr Gyllis auf. Weil ich dich liebte! Armselige Dirne du! Nein, nett, weil du mich dauertest! -Weil ich deiner schonen wollte, wie der Wandrer mit seinem Tritt den Wurm auf Mucin Wege verschont — ans Mitleid und — aus Ekel! Das Mitleid freilich, das ist mir vergangen, aber der Ekel ist geblieben. Und wenn ich mich vor der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/483>, abgerufen am 02.07.2024.