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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Natürlich gab es unter den Räten der verschiednen Ministerien Leute, die ein
die Personen der neuen Minister die gewagtesten Kombinationen über weitere
Personalverändernngen in deren Ministerien knüpften. Da die Grafen Stolberg
und Eulenburg in Hannover meine Chefs gewesen waren und mir auch hier freund¬
lich begegneten, so gratulierte man mir mit wenig Takt zu allen möglichen und
unmöglichen Stellungen, von denen gar keine Rede war und sein konnte. Ich hatte
nur den einen Wunsch, daß man mich in Ruhe lassen möge, zweifelte auch nicht,
daß das der Fall sein werde. Nichtsdestoweniger dauerte es nicht lange, bis in der
Tat eine Änderung meiner amtlichen Stellung an mich herantrat.

Mitte Juni 1878 wurde ich eines Tages zu dem Unterstaatssekretär Sydow
gerufen. Er teilte mir mit, daß mich Graf Otto Stolberg als Vortragenden Rat
ins Staatsministerium zu übernehmen wünsche, und daß darüber mit dem Minister
Falk das Nötige schon abgemacht sei, falls ich nicht widerspräche. Falk habe nach
Lage der Verhältnisse dem Wunsche des Grafen Stolberg unmöglich Widerstand
entgegensetzen können. Was sollte ich tun? Ich hatte von der Tätigkeit eines
Vortragenden Rats beim Staatsministerium kaum eine Ahnung und wußte nur, daß
einer dieser Räte, der alte Freiherr v. Wciugenheim, dort die Disziplinarscichen
vortrug, und daß diese Disziplinarsachen, in denen das Staatsministerium Berufuugs-
instanz ist, als der Gipfel der Langweiligkeit galten. Dagegen war ich persönlich
dem Grafen Stolberg von früher her zu tiefem Danke verpflichtet. Er hatte mich
aus der Sackgasse meiner unsichern und unzulänglichen Stellung als Kammer¬
direktor in Roßla ohne mein Zutun befreit und meine Wiederübernahme in den
Staatsdienst bewirkt. Er hatte mich dann von Achte nach Hannover und aus dem
Konsistorialdienste in das Oberpräsidium berufen und war mir dort allezeit ein un¬
gewöhnlich gütiger Vorgesetzter gewesen. Wenn er also meine Dienste in dem Ressort
begehrte, das jetzt unter ihn gestellt war, so lag darin unter allen Umständen ein
Zeugnis des Vertrauens. Hiernach konnte ich meiner Versetzung zum Staats¬
ministerium unmöglich widersprechen. Der Untcrstaatssekretär Sydow sah denn anch
meinen Übertritt als ganz selbstverständlich an.

Ich ging stehende" Fußes zum Grafen Stolberg und stellte mich ihm zur
Verfügung. Er sagte mir, er brauche beim Stantsministerium jemand, den er kenne,
und dem er Vertrauen schenke. Ich solle namentlich politische Sachen bearbeiten,
ihm persönlich dabei zur Hand gehn und die Gesetzgebung, die ins Stocken zu kommen
scheine, im Auge behalten.

In meinen Notizen habe ich dazu bemerkt:

"Ich selbst fühle mich derartigen Aufgaben gegenüber völlig untüchtig. Das
Scheiden aus der stillen, unpolitischen, verwaltenden und aufbauenden Tätigkeit im
Unterrichtsministerium, wo ich eben Herr der Arbeit geworden bin, hat nichts
Lockendes für mich, wenn ich auch zugeben muß, daß ich in einzelnen, mich persönlich
aber unmittelbar gar nicht berührenden Punkten den Falkschen Anschauungen recht
zweifelnd gegenüberstehe, z. B. in der Frage der konfessionslosen und Simultan¬
schulen. Genug, mir blieb keine Wahl, und so sehe ich denn meine Ernennung
zum Vortragenden Rat bei dem Staatsministerium entgegen. Meinen Urlaub vom
1. bis 30. Juli habe ich glücklicherweise noch gerettet."

Diesen Urlaub verbrachte ich mit meiner ganzen Familie in dem kleinen,
damals noch sehr primitiven Seebade Lohne auf Rügen. Ich hatte ein Jahr lang
im Auftrage des Ministers die Direktion des Botanischen Gartens in Berlin
interimistisch geführt, und durch eine mir dafür gewährte Remuneration waren wir
in den Stand gesetzt, uns und unsern Kindern diese Erfrischung zu gönnen. Wir
nutzten den Aufenthalt in Lohne nach Kräften aus, nicht nur durch das herrliche
Seebad, sondern auch mittels großer Wanderungen durch die ganze Insel von
Arkona bis Putbus. Vier volle Wochen waren wir mit unsern sechs Kindern
in Lohne.

Am 16. Juli erhielt ich meine Versetzung an das Staatsministerium, am
30. meldete ich mich bei dem Minister Falk ab und bei dem Grafen Stolberg an.


Grmnerungcn

Natürlich gab es unter den Räten der verschiednen Ministerien Leute, die ein
die Personen der neuen Minister die gewagtesten Kombinationen über weitere
Personalverändernngen in deren Ministerien knüpften. Da die Grafen Stolberg
und Eulenburg in Hannover meine Chefs gewesen waren und mir auch hier freund¬
lich begegneten, so gratulierte man mir mit wenig Takt zu allen möglichen und
unmöglichen Stellungen, von denen gar keine Rede war und sein konnte. Ich hatte
nur den einen Wunsch, daß man mich in Ruhe lassen möge, zweifelte auch nicht,
daß das der Fall sein werde. Nichtsdestoweniger dauerte es nicht lange, bis in der
Tat eine Änderung meiner amtlichen Stellung an mich herantrat.

Mitte Juni 1878 wurde ich eines Tages zu dem Unterstaatssekretär Sydow
gerufen. Er teilte mir mit, daß mich Graf Otto Stolberg als Vortragenden Rat
ins Staatsministerium zu übernehmen wünsche, und daß darüber mit dem Minister
Falk das Nötige schon abgemacht sei, falls ich nicht widerspräche. Falk habe nach
Lage der Verhältnisse dem Wunsche des Grafen Stolberg unmöglich Widerstand
entgegensetzen können. Was sollte ich tun? Ich hatte von der Tätigkeit eines
Vortragenden Rats beim Staatsministerium kaum eine Ahnung und wußte nur, daß
einer dieser Räte, der alte Freiherr v. Wciugenheim, dort die Disziplinarscichen
vortrug, und daß diese Disziplinarsachen, in denen das Staatsministerium Berufuugs-
instanz ist, als der Gipfel der Langweiligkeit galten. Dagegen war ich persönlich
dem Grafen Stolberg von früher her zu tiefem Danke verpflichtet. Er hatte mich
aus der Sackgasse meiner unsichern und unzulänglichen Stellung als Kammer¬
direktor in Roßla ohne mein Zutun befreit und meine Wiederübernahme in den
Staatsdienst bewirkt. Er hatte mich dann von Achte nach Hannover und aus dem
Konsistorialdienste in das Oberpräsidium berufen und war mir dort allezeit ein un¬
gewöhnlich gütiger Vorgesetzter gewesen. Wenn er also meine Dienste in dem Ressort
begehrte, das jetzt unter ihn gestellt war, so lag darin unter allen Umständen ein
Zeugnis des Vertrauens. Hiernach konnte ich meiner Versetzung zum Staats¬
ministerium unmöglich widersprechen. Der Untcrstaatssekretär Sydow sah denn anch
meinen Übertritt als ganz selbstverständlich an.

Ich ging stehende» Fußes zum Grafen Stolberg und stellte mich ihm zur
Verfügung. Er sagte mir, er brauche beim Stantsministerium jemand, den er kenne,
und dem er Vertrauen schenke. Ich solle namentlich politische Sachen bearbeiten,
ihm persönlich dabei zur Hand gehn und die Gesetzgebung, die ins Stocken zu kommen
scheine, im Auge behalten.

In meinen Notizen habe ich dazu bemerkt:

„Ich selbst fühle mich derartigen Aufgaben gegenüber völlig untüchtig. Das
Scheiden aus der stillen, unpolitischen, verwaltenden und aufbauenden Tätigkeit im
Unterrichtsministerium, wo ich eben Herr der Arbeit geworden bin, hat nichts
Lockendes für mich, wenn ich auch zugeben muß, daß ich in einzelnen, mich persönlich
aber unmittelbar gar nicht berührenden Punkten den Falkschen Anschauungen recht
zweifelnd gegenüberstehe, z. B. in der Frage der konfessionslosen und Simultan¬
schulen. Genug, mir blieb keine Wahl, und so sehe ich denn meine Ernennung
zum Vortragenden Rat bei dem Staatsministerium entgegen. Meinen Urlaub vom
1. bis 30. Juli habe ich glücklicherweise noch gerettet."

Diesen Urlaub verbrachte ich mit meiner ganzen Familie in dem kleinen,
damals noch sehr primitiven Seebade Lohne auf Rügen. Ich hatte ein Jahr lang
im Auftrage des Ministers die Direktion des Botanischen Gartens in Berlin
interimistisch geführt, und durch eine mir dafür gewährte Remuneration waren wir
in den Stand gesetzt, uns und unsern Kindern diese Erfrischung zu gönnen. Wir
nutzten den Aufenthalt in Lohne nach Kräften aus, nicht nur durch das herrliche
Seebad, sondern auch mittels großer Wanderungen durch die ganze Insel von
Arkona bis Putbus. Vier volle Wochen waren wir mit unsern sechs Kindern
in Lohne.

Am 16. Juli erhielt ich meine Versetzung an das Staatsministerium, am
30. meldete ich mich bei dem Minister Falk ab und bei dem Grafen Stolberg an.


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[0048] Grmnerungcn Natürlich gab es unter den Räten der verschiednen Ministerien Leute, die ein die Personen der neuen Minister die gewagtesten Kombinationen über weitere Personalverändernngen in deren Ministerien knüpften. Da die Grafen Stolberg und Eulenburg in Hannover meine Chefs gewesen waren und mir auch hier freund¬ lich begegneten, so gratulierte man mir mit wenig Takt zu allen möglichen und unmöglichen Stellungen, von denen gar keine Rede war und sein konnte. Ich hatte nur den einen Wunsch, daß man mich in Ruhe lassen möge, zweifelte auch nicht, daß das der Fall sein werde. Nichtsdestoweniger dauerte es nicht lange, bis in der Tat eine Änderung meiner amtlichen Stellung an mich herantrat. Mitte Juni 1878 wurde ich eines Tages zu dem Unterstaatssekretär Sydow gerufen. Er teilte mir mit, daß mich Graf Otto Stolberg als Vortragenden Rat ins Staatsministerium zu übernehmen wünsche, und daß darüber mit dem Minister Falk das Nötige schon abgemacht sei, falls ich nicht widerspräche. Falk habe nach Lage der Verhältnisse dem Wunsche des Grafen Stolberg unmöglich Widerstand entgegensetzen können. Was sollte ich tun? Ich hatte von der Tätigkeit eines Vortragenden Rats beim Staatsministerium kaum eine Ahnung und wußte nur, daß einer dieser Räte, der alte Freiherr v. Wciugenheim, dort die Disziplinarscichen vortrug, und daß diese Disziplinarsachen, in denen das Staatsministerium Berufuugs- instanz ist, als der Gipfel der Langweiligkeit galten. Dagegen war ich persönlich dem Grafen Stolberg von früher her zu tiefem Danke verpflichtet. Er hatte mich aus der Sackgasse meiner unsichern und unzulänglichen Stellung als Kammer¬ direktor in Roßla ohne mein Zutun befreit und meine Wiederübernahme in den Staatsdienst bewirkt. Er hatte mich dann von Achte nach Hannover und aus dem Konsistorialdienste in das Oberpräsidium berufen und war mir dort allezeit ein un¬ gewöhnlich gütiger Vorgesetzter gewesen. Wenn er also meine Dienste in dem Ressort begehrte, das jetzt unter ihn gestellt war, so lag darin unter allen Umständen ein Zeugnis des Vertrauens. Hiernach konnte ich meiner Versetzung zum Staats¬ ministerium unmöglich widersprechen. Der Untcrstaatssekretär Sydow sah denn anch meinen Übertritt als ganz selbstverständlich an. Ich ging stehende» Fußes zum Grafen Stolberg und stellte mich ihm zur Verfügung. Er sagte mir, er brauche beim Stantsministerium jemand, den er kenne, und dem er Vertrauen schenke. Ich solle namentlich politische Sachen bearbeiten, ihm persönlich dabei zur Hand gehn und die Gesetzgebung, die ins Stocken zu kommen scheine, im Auge behalten. In meinen Notizen habe ich dazu bemerkt: „Ich selbst fühle mich derartigen Aufgaben gegenüber völlig untüchtig. Das Scheiden aus der stillen, unpolitischen, verwaltenden und aufbauenden Tätigkeit im Unterrichtsministerium, wo ich eben Herr der Arbeit geworden bin, hat nichts Lockendes für mich, wenn ich auch zugeben muß, daß ich in einzelnen, mich persönlich aber unmittelbar gar nicht berührenden Punkten den Falkschen Anschauungen recht zweifelnd gegenüberstehe, z. B. in der Frage der konfessionslosen und Simultan¬ schulen. Genug, mir blieb keine Wahl, und so sehe ich denn meine Ernennung zum Vortragenden Rat bei dem Staatsministerium entgegen. Meinen Urlaub vom 1. bis 30. Juli habe ich glücklicherweise noch gerettet." Diesen Urlaub verbrachte ich mit meiner ganzen Familie in dem kleinen, damals noch sehr primitiven Seebade Lohne auf Rügen. Ich hatte ein Jahr lang im Auftrage des Ministers die Direktion des Botanischen Gartens in Berlin interimistisch geführt, und durch eine mir dafür gewährte Remuneration waren wir in den Stand gesetzt, uns und unsern Kindern diese Erfrischung zu gönnen. Wir nutzten den Aufenthalt in Lohne nach Kräften aus, nicht nur durch das herrliche Seebad, sondern auch mittels großer Wanderungen durch die ganze Insel von Arkona bis Putbus. Vier volle Wochen waren wir mit unsern sechs Kindern in Lohne. Am 16. Juli erhielt ich meine Versetzung an das Staatsministerium, am 30. meldete ich mich bei dem Minister Falk ab und bei dem Grafen Stolberg an.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/48>, abgerufen am 05.07.2024.