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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Vervollständigung der Malerei und des Stückes sowie durch Beschaffung neuer
Kirchen- und Beichtstühle vollends das Aussehen eines Bauwerks aus der Rokoko¬
zeit gegeben; der andre, der Sohn eines Neuzcller Klosteramtmanns, war ganz
von dem Bedürfnis nach fürstlichem Glänze erfüllt, das seiner Zeit eigen war.
Er hat den sich zur Oderaue niederseukenden Klostergarten durch Terrassen und
Laubengänge französischen Geschmacks verschönt und ihn mit seltnen Blumenarten
geschmückt; er empfand aber auch -- das Zeitalter Rousseaus fing an sich geltend
zu machen -- das Bedürfnis nach einer Eremitage oder solitude zum ungestörten
Genusse der Natur und der Einsamkeit. Deshalb baute er an dem in märchen¬
hafter Einsamkeit versteckten großen Trebbelsee -- zwei Meilen von Neuzelle --
das Jagdschloß Siehdichum. Der auffallende Name enthält wohl einen Anklang
an den 106. Brief Bernhards von Clairveaux, worin dieser an Heinrich von
Murbach schreibt: Lxpsrto ersah, aliquiä awxlius invsniss in silvis "."am in lidris.
liixuÄ se Isxiäos äoosvunt es Huoä g. raa^iZtris auäirs non xossis, ^.u non xuras
xosss es sug-el'o asi as xstra- o1öuiua.us as Saxo änrissimo? ^n non mortos stillant
äulcväinsiu se volles Äuunt lac et w"1 . . .?

Zwanzig Jahre nach seinem Tode schlugen die Wellen der großen französischen
Revolution auch bis in das stille Neuzeller Ländchen: französische Geistliche suchten
hier Zuflucht vor der Jakobinerherrschaft. Auch das Zeitalter Napoleons und des Be¬
freiungskrieges ging nicht spurlos an Neuzelle vorüber. Namentlich während des
russischen Feldzugs wurde Neuzelle wegen der Oderübergänge bei Fürstenberg und bei
Schiedlo vielfach von Truppendurchzügen, Einquartierungen und Kontributionen heim¬
gesucht. Anno 1813 brach anch ein Detachement des Lützowschen Freikorps in die Woh¬
nung des Prälaten ein und entführte eine ansehnliche Geldsumme. Jedoch am verhäng¬
nisvollsten für die Existenz des Stiftes wurde seine Abtretung um Preußen durch den
Wiener Frieden vom 21. Mai 1815. Friedrich Wilhelm der Dritte, Absolutist durch
und durch, wollte keinen Staat im Staate, am wenigsten einen katholischen. Derselbe
König, der später die Erzbischöfe Droste von Vischering und Duniu von Gnesen
auf Festungen einsperren ließ, weil sie sich seinem Gesetze über die gemischten Ehen
nicht fügten, griff zwanzig Jahre früher mit strenger Hand in die Verhältnisse des
Stiftes Neuzelle ein. Zwar wird vom Weihbischof Mauermann, der damals Jnsasse
des Klosters Neuzelle war, zugegeben, daß während des Krieges und danach die Zucht
der Brüder nicht im besten Stande war, und daß andrerseits auch der Abt Optatus,
in der Absicht, sie wieder herzustellen, weiter ging, " als die kanonischen Satzungen
ihm dieses zu tun erlaubten, als Klugheit ihm dieses gebot." Aber man war
doch in Neuzelle auf das Peinlichste überrascht, als am 8. Dezember 1816 von
der Königlichen Regierung der Provinz Brandenburg ein Schreiben beim Prälaten
eintraf, worin er aufgefordert wurde, "vor der Hand alles zu vermeiden, was die
Umschaffung des dortigen Klosters zu einer den dermaligen religiösen und intellek¬
tuellen Bedürfnissen der dortigen katholischen Gemeinden und der übrigen Landes¬
einwohner ganz entsprechenden Anstalt irgend erschweren könnte." Als eine solche
Anstalt war schon in dem genannten Schreiben eine "auch für junge Katholiken
einzurichtende Gelehrtenschule mit einem Alumnate" bezeichnet worden; deshalb
sollte der Abt den drei von der Regierung geschickten Kommissnren "das gesamte
Mo- und Immobiliarvermögen, alle Einkünfte, Kapitalien und Nutzungen der
Kirchen, des Klosters und des gesamten Stifts genau angeben. . ." Zugleich mit
der Ankunft der Kommissare in Neuzelle erschien in Fürstenberg ein Kommando
Gendarmen, die alle Wege in der Nähe des Klosters besetzten und die Reisenden
anhielten. Der Abt erstattete den geforderten Bericht über das Klostervermögcn.
Darauf ging am 20. Dezember 1816 wieder ein Schreiben der Regierung an den
Prälaten ein des Inhalts, man habe zwar mit Genugtuung die weise Sparsamkeit
und Ökonomie wahrgenommen, mit der die Herren Prälaten und Äbte bisher
darauf bedacht gewesen seien, einen Fonds zu sammeln, jedoch liege dem Staate
bei den bedeutenden Resultaten dieser lobenswürdigen Sparsamkeit die Pflicht ob,


Wanderungen in der Niederlausitz

Vervollständigung der Malerei und des Stückes sowie durch Beschaffung neuer
Kirchen- und Beichtstühle vollends das Aussehen eines Bauwerks aus der Rokoko¬
zeit gegeben; der andre, der Sohn eines Neuzcller Klosteramtmanns, war ganz
von dem Bedürfnis nach fürstlichem Glänze erfüllt, das seiner Zeit eigen war.
Er hat den sich zur Oderaue niederseukenden Klostergarten durch Terrassen und
Laubengänge französischen Geschmacks verschönt und ihn mit seltnen Blumenarten
geschmückt; er empfand aber auch — das Zeitalter Rousseaus fing an sich geltend
zu machen — das Bedürfnis nach einer Eremitage oder solitude zum ungestörten
Genusse der Natur und der Einsamkeit. Deshalb baute er an dem in märchen¬
hafter Einsamkeit versteckten großen Trebbelsee — zwei Meilen von Neuzelle —
das Jagdschloß Siehdichum. Der auffallende Name enthält wohl einen Anklang
an den 106. Brief Bernhards von Clairveaux, worin dieser an Heinrich von
Murbach schreibt: Lxpsrto ersah, aliquiä awxlius invsniss in silvis «.»am in lidris.
liixuÄ se Isxiäos äoosvunt es Huoä g. raa^iZtris auäirs non xossis, ^.u non xuras
xosss es sug-el'o asi as xstra- o1öuiua.us as Saxo änrissimo? ^n non mortos stillant
äulcväinsiu se volles Äuunt lac et w«1 . . .?

Zwanzig Jahre nach seinem Tode schlugen die Wellen der großen französischen
Revolution auch bis in das stille Neuzeller Ländchen: französische Geistliche suchten
hier Zuflucht vor der Jakobinerherrschaft. Auch das Zeitalter Napoleons und des Be¬
freiungskrieges ging nicht spurlos an Neuzelle vorüber. Namentlich während des
russischen Feldzugs wurde Neuzelle wegen der Oderübergänge bei Fürstenberg und bei
Schiedlo vielfach von Truppendurchzügen, Einquartierungen und Kontributionen heim¬
gesucht. Anno 1813 brach anch ein Detachement des Lützowschen Freikorps in die Woh¬
nung des Prälaten ein und entführte eine ansehnliche Geldsumme. Jedoch am verhäng¬
nisvollsten für die Existenz des Stiftes wurde seine Abtretung um Preußen durch den
Wiener Frieden vom 21. Mai 1815. Friedrich Wilhelm der Dritte, Absolutist durch
und durch, wollte keinen Staat im Staate, am wenigsten einen katholischen. Derselbe
König, der später die Erzbischöfe Droste von Vischering und Duniu von Gnesen
auf Festungen einsperren ließ, weil sie sich seinem Gesetze über die gemischten Ehen
nicht fügten, griff zwanzig Jahre früher mit strenger Hand in die Verhältnisse des
Stiftes Neuzelle ein. Zwar wird vom Weihbischof Mauermann, der damals Jnsasse
des Klosters Neuzelle war, zugegeben, daß während des Krieges und danach die Zucht
der Brüder nicht im besten Stande war, und daß andrerseits auch der Abt Optatus,
in der Absicht, sie wieder herzustellen, weiter ging, „ als die kanonischen Satzungen
ihm dieses zu tun erlaubten, als Klugheit ihm dieses gebot." Aber man war
doch in Neuzelle auf das Peinlichste überrascht, als am 8. Dezember 1816 von
der Königlichen Regierung der Provinz Brandenburg ein Schreiben beim Prälaten
eintraf, worin er aufgefordert wurde, „vor der Hand alles zu vermeiden, was die
Umschaffung des dortigen Klosters zu einer den dermaligen religiösen und intellek¬
tuellen Bedürfnissen der dortigen katholischen Gemeinden und der übrigen Landes¬
einwohner ganz entsprechenden Anstalt irgend erschweren könnte." Als eine solche
Anstalt war schon in dem genannten Schreiben eine „auch für junge Katholiken
einzurichtende Gelehrtenschule mit einem Alumnate" bezeichnet worden; deshalb
sollte der Abt den drei von der Regierung geschickten Kommissnren „das gesamte
Mo- und Immobiliarvermögen, alle Einkünfte, Kapitalien und Nutzungen der
Kirchen, des Klosters und des gesamten Stifts genau angeben. . ." Zugleich mit
der Ankunft der Kommissare in Neuzelle erschien in Fürstenberg ein Kommando
Gendarmen, die alle Wege in der Nähe des Klosters besetzten und die Reisenden
anhielten. Der Abt erstattete den geforderten Bericht über das Klostervermögcn.
Darauf ging am 20. Dezember 1816 wieder ein Schreiben der Regierung an den
Prälaten ein des Inhalts, man habe zwar mit Genugtuung die weise Sparsamkeit
und Ökonomie wahrgenommen, mit der die Herren Prälaten und Äbte bisher
darauf bedacht gewesen seien, einen Fonds zu sammeln, jedoch liege dem Staate
bei den bedeutenden Resultaten dieser lobenswürdigen Sparsamkeit die Pflicht ob,


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[0472] Wanderungen in der Niederlausitz Vervollständigung der Malerei und des Stückes sowie durch Beschaffung neuer Kirchen- und Beichtstühle vollends das Aussehen eines Bauwerks aus der Rokoko¬ zeit gegeben; der andre, der Sohn eines Neuzcller Klosteramtmanns, war ganz von dem Bedürfnis nach fürstlichem Glänze erfüllt, das seiner Zeit eigen war. Er hat den sich zur Oderaue niederseukenden Klostergarten durch Terrassen und Laubengänge französischen Geschmacks verschönt und ihn mit seltnen Blumenarten geschmückt; er empfand aber auch — das Zeitalter Rousseaus fing an sich geltend zu machen — das Bedürfnis nach einer Eremitage oder solitude zum ungestörten Genusse der Natur und der Einsamkeit. Deshalb baute er an dem in märchen¬ hafter Einsamkeit versteckten großen Trebbelsee — zwei Meilen von Neuzelle — das Jagdschloß Siehdichum. Der auffallende Name enthält wohl einen Anklang an den 106. Brief Bernhards von Clairveaux, worin dieser an Heinrich von Murbach schreibt: Lxpsrto ersah, aliquiä awxlius invsniss in silvis «.»am in lidris. liixuÄ se Isxiäos äoosvunt es Huoä g. raa^iZtris auäirs non xossis, ^.u non xuras xosss es sug-el'o asi as xstra- o1öuiua.us as Saxo änrissimo? ^n non mortos stillant äulcväinsiu se volles Äuunt lac et w«1 . . .? Zwanzig Jahre nach seinem Tode schlugen die Wellen der großen französischen Revolution auch bis in das stille Neuzeller Ländchen: französische Geistliche suchten hier Zuflucht vor der Jakobinerherrschaft. Auch das Zeitalter Napoleons und des Be¬ freiungskrieges ging nicht spurlos an Neuzelle vorüber. Namentlich während des russischen Feldzugs wurde Neuzelle wegen der Oderübergänge bei Fürstenberg und bei Schiedlo vielfach von Truppendurchzügen, Einquartierungen und Kontributionen heim¬ gesucht. Anno 1813 brach anch ein Detachement des Lützowschen Freikorps in die Woh¬ nung des Prälaten ein und entführte eine ansehnliche Geldsumme. Jedoch am verhäng¬ nisvollsten für die Existenz des Stiftes wurde seine Abtretung um Preußen durch den Wiener Frieden vom 21. Mai 1815. Friedrich Wilhelm der Dritte, Absolutist durch und durch, wollte keinen Staat im Staate, am wenigsten einen katholischen. Derselbe König, der später die Erzbischöfe Droste von Vischering und Duniu von Gnesen auf Festungen einsperren ließ, weil sie sich seinem Gesetze über die gemischten Ehen nicht fügten, griff zwanzig Jahre früher mit strenger Hand in die Verhältnisse des Stiftes Neuzelle ein. Zwar wird vom Weihbischof Mauermann, der damals Jnsasse des Klosters Neuzelle war, zugegeben, daß während des Krieges und danach die Zucht der Brüder nicht im besten Stande war, und daß andrerseits auch der Abt Optatus, in der Absicht, sie wieder herzustellen, weiter ging, „ als die kanonischen Satzungen ihm dieses zu tun erlaubten, als Klugheit ihm dieses gebot." Aber man war doch in Neuzelle auf das Peinlichste überrascht, als am 8. Dezember 1816 von der Königlichen Regierung der Provinz Brandenburg ein Schreiben beim Prälaten eintraf, worin er aufgefordert wurde, „vor der Hand alles zu vermeiden, was die Umschaffung des dortigen Klosters zu einer den dermaligen religiösen und intellek¬ tuellen Bedürfnissen der dortigen katholischen Gemeinden und der übrigen Landes¬ einwohner ganz entsprechenden Anstalt irgend erschweren könnte." Als eine solche Anstalt war schon in dem genannten Schreiben eine „auch für junge Katholiken einzurichtende Gelehrtenschule mit einem Alumnate" bezeichnet worden; deshalb sollte der Abt den drei von der Regierung geschickten Kommissnren „das gesamte Mo- und Immobiliarvermögen, alle Einkünfte, Kapitalien und Nutzungen der Kirchen, des Klosters und des gesamten Stifts genau angeben. . ." Zugleich mit der Ankunft der Kommissare in Neuzelle erschien in Fürstenberg ein Kommando Gendarmen, die alle Wege in der Nähe des Klosters besetzten und die Reisenden anhielten. Der Abt erstattete den geforderten Bericht über das Klostervermögcn. Darauf ging am 20. Dezember 1816 wieder ein Schreiben der Regierung an den Prälaten ein des Inhalts, man habe zwar mit Genugtuung die weise Sparsamkeit und Ökonomie wahrgenommen, mit der die Herren Prälaten und Äbte bisher darauf bedacht gewesen seien, einen Fonds zu sammeln, jedoch liege dem Staate bei den bedeutenden Resultaten dieser lobenswürdigen Sparsamkeit die Pflicht ob,

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/472>, abgerufen am 25.07.2024.