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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

saßen, sondern außerhalb des Dorfes an einem bestimmten Ort im Walde oder
auch in zerstreuten Siedlungen einfachster Art wohnte und eine gemischte Wald-,
Wiesen- und Fischereiwirtschaft trieb; allerdings war die Bienenzucht ihr wichtigstes
Arbeitsfeld. Die Zeidler, ihrem Ursprünge entsprechend auch Deditzen genannt,
stehn unter einem Ältesten, einem Starosten. Die Statuten der ersten im Erb-
buche genannten Starostei, der von Ziltendorf, lauten folgendermaßen: "Die Zeidler
in der Starostei wohnen zumeist zu Vrath (vermutlich -- Hrad, dem alten slawischen
Burgwall, jetzt Aurith rechts von der Oder, der auch Seite 123, 2 erwähnt wird)
und geben zehn halbe Eimer Honig brandenburgischen oder Beeskowischen Maßes
und haben Wiesen zu ihren Zeidelweiden. Auch haben sie auf ihren Wiesen und
in dem Walde freie Weide und dürfen diesseits der Oder bauen Scheunen, da sie
ihr Heu drin behalten, und Stallungen, da sie ihr Vieh einstallen. Auch dürfen
sie Hopfen reißen, Eicheln lesen, der Holzbirnen und Holzäpfel im Walde genießen,
doch unbeschadet der Ziltendorfer und Krebsjaucher, wenn' diese des Obstes und
des Hopfens im Walde mit genießen sollen, und sollen einer den andern nicht
hindern noch darüber pfänden. Wer aber zu Vrath sitzet und keine Zeidelweide
hat, will der der Weide oder andre der genannten Freiheiten diesseits der Oder
gebrauchen, so soll er es mit dem Hofmeister (des Klosters) darum halten, daß
ihm sein Genügen geschehe, und nicht mit den Zeidlcrn oder Deditzen; tut er das
nicht und genießet doch der Freiheiten, so soll man ihn darum pfänden und bessern.
Die Deditzen oder Zeidler vererben ihre Zeidelweide um ihre Sohne oder an ihrer
Söhne Kinder oder weiter an ihrer Kindeskinder Schwerthalbcn, das ist an
Knechte. . . Aber ihre Spillemagen, das sind Frauen und Jungfrauen, haben kein
Recht an der Zeidelweide, es käme denn von sonderlichen Gnaden und Gunsten
der Klosterherren, daß sie ihnen diese verleihen wollten. Jeglicher Zeidler oder
Deditze mag des Jahres machen fünfzehn neue Buden und darüber nicht mehr.
Die Deditzen oder Zeidler oder Honiggelder, die in des Klosters Gebiete oder
Pflege sind, die sind nicht Eigenleute wie in etlichen Landen, sondern sie sind frei
gleich andern landgesessenen, pfleghaftcn Zinsleuten." Ähnlich ist die Starostei
Krebsjauche eingerichtet; zu ihren Nutzungen gehören die Fischerei ans dem Lukaez,
bei großem Wasser fischen die Zeidler auch auf ihren Wiesen. Grundherrin über
alles ist das Kloster, denn "omne der starast zur Crebisjuche stirbit, so gevellit (stillt)
dy starastie an dy Herrin . . . Syr zeichin an den bücken ist eyne Mistgabel." In
der Starostei Lahmo ist der Starost von allen Abgaben frei; jeder beweibte
Zeidler gibt jährlich zehn Groschen Zins, der unbeweibte -- ein Trost für Jung¬
gesellen -- nur fünf Groschen; die Zeidlerci besteht im ganzen aus vierzehn
Gliedern; sie haben jeder einen Fischerkahn und freie Fischerei auf dem Barow, es
kann ihnen aber auch erlaubt werdeu, auf dem Ockim zu fischen, "unde was sy
guter fische van (fangen), dy sullin sy den Herrin gebin, unde was sy denne cleyner
fische our, dy füllen sy dahin zu irer kuchen."

Was für ein Leben muß in jener Zeit auf dem Wirtschaftshofe des Klosters
geherrscht haben, wenn zu Walpurgis oder Martini die Wagen der deutschen Zins-
bauern Korn und Hafer, Gerste und Mohn in den umfangreichen Speicher" und
Scheunen abluden, oder wenn die Bäuerinnen mit Flachsbündeln, Hühnern und
Eiern, die Zeidler mit Honigfässern, Wachsklumpen und großen Edelfischen die
Vorratskammern füllten, oder wenn zu Ostern, Michaelis und Weihnachten die
Richter aus den Dörfern die Zinsgroschen mit dem Rentmeister verrechneten,
Bauern und Kossäten neue Rodungen mit dem Abte vereinbarten und dazwischen
sich auch ein schüchterner Deditze vom Hofmeister die Genehmigung erbat, irgendwo
ein neues Heustadel zu bauen.

Über dieses ganze sorgsam ausgestattete Wirtschaftsleben des Klosters kam eine
Zeit furchtbarster Zerrüttung durch die Hussitenkriege. Im Jahre 1429 ergossen
sich die fanatisierten tschechischen Horden auch in die Niederlausitz: die Stadt
Guben ging in Flammen auf, die Klosterbrüder und der Abt Petrus von Neuzelle


Wanderungen in der Niederlausitz

saßen, sondern außerhalb des Dorfes an einem bestimmten Ort im Walde oder
auch in zerstreuten Siedlungen einfachster Art wohnte und eine gemischte Wald-,
Wiesen- und Fischereiwirtschaft trieb; allerdings war die Bienenzucht ihr wichtigstes
Arbeitsfeld. Die Zeidler, ihrem Ursprünge entsprechend auch Deditzen genannt,
stehn unter einem Ältesten, einem Starosten. Die Statuten der ersten im Erb-
buche genannten Starostei, der von Ziltendorf, lauten folgendermaßen: „Die Zeidler
in der Starostei wohnen zumeist zu Vrath (vermutlich — Hrad, dem alten slawischen
Burgwall, jetzt Aurith rechts von der Oder, der auch Seite 123, 2 erwähnt wird)
und geben zehn halbe Eimer Honig brandenburgischen oder Beeskowischen Maßes
und haben Wiesen zu ihren Zeidelweiden. Auch haben sie auf ihren Wiesen und
in dem Walde freie Weide und dürfen diesseits der Oder bauen Scheunen, da sie
ihr Heu drin behalten, und Stallungen, da sie ihr Vieh einstallen. Auch dürfen
sie Hopfen reißen, Eicheln lesen, der Holzbirnen und Holzäpfel im Walde genießen,
doch unbeschadet der Ziltendorfer und Krebsjaucher, wenn' diese des Obstes und
des Hopfens im Walde mit genießen sollen, und sollen einer den andern nicht
hindern noch darüber pfänden. Wer aber zu Vrath sitzet und keine Zeidelweide
hat, will der der Weide oder andre der genannten Freiheiten diesseits der Oder
gebrauchen, so soll er es mit dem Hofmeister (des Klosters) darum halten, daß
ihm sein Genügen geschehe, und nicht mit den Zeidlcrn oder Deditzen; tut er das
nicht und genießet doch der Freiheiten, so soll man ihn darum pfänden und bessern.
Die Deditzen oder Zeidler vererben ihre Zeidelweide um ihre Sohne oder an ihrer
Söhne Kinder oder weiter an ihrer Kindeskinder Schwerthalbcn, das ist an
Knechte. . . Aber ihre Spillemagen, das sind Frauen und Jungfrauen, haben kein
Recht an der Zeidelweide, es käme denn von sonderlichen Gnaden und Gunsten
der Klosterherren, daß sie ihnen diese verleihen wollten. Jeglicher Zeidler oder
Deditze mag des Jahres machen fünfzehn neue Buden und darüber nicht mehr.
Die Deditzen oder Zeidler oder Honiggelder, die in des Klosters Gebiete oder
Pflege sind, die sind nicht Eigenleute wie in etlichen Landen, sondern sie sind frei
gleich andern landgesessenen, pfleghaftcn Zinsleuten." Ähnlich ist die Starostei
Krebsjauche eingerichtet; zu ihren Nutzungen gehören die Fischerei ans dem Lukaez,
bei großem Wasser fischen die Zeidler auch auf ihren Wiesen. Grundherrin über
alles ist das Kloster, denn „omne der starast zur Crebisjuche stirbit, so gevellit (stillt)
dy starastie an dy Herrin . . . Syr zeichin an den bücken ist eyne Mistgabel." In
der Starostei Lahmo ist der Starost von allen Abgaben frei; jeder beweibte
Zeidler gibt jährlich zehn Groschen Zins, der unbeweibte — ein Trost für Jung¬
gesellen — nur fünf Groschen; die Zeidlerci besteht im ganzen aus vierzehn
Gliedern; sie haben jeder einen Fischerkahn und freie Fischerei auf dem Barow, es
kann ihnen aber auch erlaubt werdeu, auf dem Ockim zu fischen, „unde was sy
guter fische van (fangen), dy sullin sy den Herrin gebin, unde was sy denne cleyner
fische our, dy füllen sy dahin zu irer kuchen."

Was für ein Leben muß in jener Zeit auf dem Wirtschaftshofe des Klosters
geherrscht haben, wenn zu Walpurgis oder Martini die Wagen der deutschen Zins-
bauern Korn und Hafer, Gerste und Mohn in den umfangreichen Speicher» und
Scheunen abluden, oder wenn die Bäuerinnen mit Flachsbündeln, Hühnern und
Eiern, die Zeidler mit Honigfässern, Wachsklumpen und großen Edelfischen die
Vorratskammern füllten, oder wenn zu Ostern, Michaelis und Weihnachten die
Richter aus den Dörfern die Zinsgroschen mit dem Rentmeister verrechneten,
Bauern und Kossäten neue Rodungen mit dem Abte vereinbarten und dazwischen
sich auch ein schüchterner Deditze vom Hofmeister die Genehmigung erbat, irgendwo
ein neues Heustadel zu bauen.

Über dieses ganze sorgsam ausgestattete Wirtschaftsleben des Klosters kam eine
Zeit furchtbarster Zerrüttung durch die Hussitenkriege. Im Jahre 1429 ergossen
sich die fanatisierten tschechischen Horden auch in die Niederlausitz: die Stadt
Guben ging in Flammen auf, die Klosterbrüder und der Abt Petrus von Neuzelle


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[0470] Wanderungen in der Niederlausitz saßen, sondern außerhalb des Dorfes an einem bestimmten Ort im Walde oder auch in zerstreuten Siedlungen einfachster Art wohnte und eine gemischte Wald-, Wiesen- und Fischereiwirtschaft trieb; allerdings war die Bienenzucht ihr wichtigstes Arbeitsfeld. Die Zeidler, ihrem Ursprünge entsprechend auch Deditzen genannt, stehn unter einem Ältesten, einem Starosten. Die Statuten der ersten im Erb- buche genannten Starostei, der von Ziltendorf, lauten folgendermaßen: „Die Zeidler in der Starostei wohnen zumeist zu Vrath (vermutlich — Hrad, dem alten slawischen Burgwall, jetzt Aurith rechts von der Oder, der auch Seite 123, 2 erwähnt wird) und geben zehn halbe Eimer Honig brandenburgischen oder Beeskowischen Maßes und haben Wiesen zu ihren Zeidelweiden. Auch haben sie auf ihren Wiesen und in dem Walde freie Weide und dürfen diesseits der Oder bauen Scheunen, da sie ihr Heu drin behalten, und Stallungen, da sie ihr Vieh einstallen. Auch dürfen sie Hopfen reißen, Eicheln lesen, der Holzbirnen und Holzäpfel im Walde genießen, doch unbeschadet der Ziltendorfer und Krebsjaucher, wenn' diese des Obstes und des Hopfens im Walde mit genießen sollen, und sollen einer den andern nicht hindern noch darüber pfänden. Wer aber zu Vrath sitzet und keine Zeidelweide hat, will der der Weide oder andre der genannten Freiheiten diesseits der Oder gebrauchen, so soll er es mit dem Hofmeister (des Klosters) darum halten, daß ihm sein Genügen geschehe, und nicht mit den Zeidlcrn oder Deditzen; tut er das nicht und genießet doch der Freiheiten, so soll man ihn darum pfänden und bessern. Die Deditzen oder Zeidler vererben ihre Zeidelweide um ihre Sohne oder an ihrer Söhne Kinder oder weiter an ihrer Kindeskinder Schwerthalbcn, das ist an Knechte. . . Aber ihre Spillemagen, das sind Frauen und Jungfrauen, haben kein Recht an der Zeidelweide, es käme denn von sonderlichen Gnaden und Gunsten der Klosterherren, daß sie ihnen diese verleihen wollten. Jeglicher Zeidler oder Deditze mag des Jahres machen fünfzehn neue Buden und darüber nicht mehr. Die Deditzen oder Zeidler oder Honiggelder, die in des Klosters Gebiete oder Pflege sind, die sind nicht Eigenleute wie in etlichen Landen, sondern sie sind frei gleich andern landgesessenen, pfleghaftcn Zinsleuten." Ähnlich ist die Starostei Krebsjauche eingerichtet; zu ihren Nutzungen gehören die Fischerei ans dem Lukaez, bei großem Wasser fischen die Zeidler auch auf ihren Wiesen. Grundherrin über alles ist das Kloster, denn „omne der starast zur Crebisjuche stirbit, so gevellit (stillt) dy starastie an dy Herrin . . . Syr zeichin an den bücken ist eyne Mistgabel." In der Starostei Lahmo ist der Starost von allen Abgaben frei; jeder beweibte Zeidler gibt jährlich zehn Groschen Zins, der unbeweibte — ein Trost für Jung¬ gesellen — nur fünf Groschen; die Zeidlerci besteht im ganzen aus vierzehn Gliedern; sie haben jeder einen Fischerkahn und freie Fischerei auf dem Barow, es kann ihnen aber auch erlaubt werdeu, auf dem Ockim zu fischen, „unde was sy guter fische van (fangen), dy sullin sy den Herrin gebin, unde was sy denne cleyner fische our, dy füllen sy dahin zu irer kuchen." Was für ein Leben muß in jener Zeit auf dem Wirtschaftshofe des Klosters geherrscht haben, wenn zu Walpurgis oder Martini die Wagen der deutschen Zins- bauern Korn und Hafer, Gerste und Mohn in den umfangreichen Speicher» und Scheunen abluden, oder wenn die Bäuerinnen mit Flachsbündeln, Hühnern und Eiern, die Zeidler mit Honigfässern, Wachsklumpen und großen Edelfischen die Vorratskammern füllten, oder wenn zu Ostern, Michaelis und Weihnachten die Richter aus den Dörfern die Zinsgroschen mit dem Rentmeister verrechneten, Bauern und Kossäten neue Rodungen mit dem Abte vereinbarten und dazwischen sich auch ein schüchterner Deditze vom Hofmeister die Genehmigung erbat, irgendwo ein neues Heustadel zu bauen. Über dieses ganze sorgsam ausgestattete Wirtschaftsleben des Klosters kam eine Zeit furchtbarster Zerrüttung durch die Hussitenkriege. Im Jahre 1429 ergossen sich die fanatisierten tschechischen Horden auch in die Niederlausitz: die Stadt Guben ging in Flammen auf, die Klosterbrüder und der Abt Petrus von Neuzelle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/470>, abgerufen am 25.07.2024.