Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.Ver Mönch von ZVeinfelden Hier im Burghaus? warf der Offizin! dazwischen, indem er mit den beiden Ja, Herr, hier im Burghaus. Davon müßtet Ihr doch wissen, sagte der Richter, sich an Gyllis wendend. Jetzt schien dem Burgherrn der Augenblick gekommen, den wahnsinnigen Be¬ Herr Offiziell, begann er, es ist mir herzlich leid, daß Ihr samt Euern Jn- Was nun der Männer Verführung anlangt, so möget Ihr selbst darüber ur¬ Ich komme nun zu dem Hauptpunkte der Beschuldigung, und da muß ich mit Nun glaube ich, Ihr werdet inouIxs-tÄM nicht gänzlich absolvieren können. Ver Mönch von ZVeinfelden Hier im Burghaus? warf der Offizin! dazwischen, indem er mit den beiden Ja, Herr, hier im Burghaus. Davon müßtet Ihr doch wissen, sagte der Richter, sich an Gyllis wendend. Jetzt schien dem Burgherrn der Augenblick gekommen, den wahnsinnigen Be¬ Herr Offiziell, begann er, es ist mir herzlich leid, daß Ihr samt Euern Jn- Was nun der Männer Verführung anlangt, so möget Ihr selbst darüber ur¬ Ich komme nun zu dem Hauptpunkte der Beschuldigung, und da muß ich mit Nun glaube ich, Ihr werdet inouIxs-tÄM nicht gänzlich absolvieren können. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0303" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293922"/> <fw type="header" place="top"> Ver Mönch von ZVeinfelden</fw><lb/> <p xml:id="ID_1324"> Hier im Burghaus? warf der Offizin! dazwischen, indem er mit den beiden<lb/> Dominikanern bedeutsame Blicke wechselte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1325"> Ja, Herr, hier im Burghaus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1326"> Davon müßtet Ihr doch wissen, sagte der Richter, sich an Gyllis wendend.<lb/> In Euerm Hause hat sich solcher höllischer Spuk zugetragen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1327"> Jetzt schien dem Burgherrn der Augenblick gekommen, den wahnsinnigen Be¬<lb/> schuldigungen mit Nachdruck entgegenzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1328"> Herr Offiziell, begann er, es ist mir herzlich leid, daß Ihr samt Euern Jn-<lb/> quisitores Euch nach Weinfelder bemüht und rin dieser Sache inkommodieret habt.<lb/> Denn das werdet Ihr als ein scharfsinniger Mann und gelahrter Theologus wohl<lb/> längst erkannt haben, daß hier wieder einmal die Torheit einfältiger Leute, wie<lb/> man zu sagen pflegt, aus einer Mücke einen Ochsen gemacht hat. Der Hund, in dem<lb/> die Bauern den leibhaftigen Teufel gesehen zu haben vermeinen, ist in Wahrheit<lb/> nichts als ein echter und rechter Hund, von der Sorte, die man gemeiniglich Pudel<lb/> nennt. Selbiger gehörte aber einem guten katholischen Christen, der etliche Tage<lb/> bei mir zu Gast war. Wollt Ihr seinen Namen wissen, so mögt Ihr ihn er¬<lb/> fahren, er heißt Doktor Henricus von Nettesheim, Kaiserlicher Majestät und Kur¬<lb/> fürstlicher Durchlauchtigkeit zu Köln Rat. Dieser, mein Freund, hat den Hund von<lb/> Italien mitgebracht, und zwar von Loretto, wohin er eines Gelübdes halber eine<lb/> Wallfahrt getan. Wenn ich nicht irre, so hat er ihn daselbst von welschen Gauklern<lb/> gekauft. Denn Ihr müßt wissen, daß die natürliche Klugheit des Pudels durch<lb/> künstliche Abrichtung gesteigert war, also daß er nicht nur Verlorne Dinge wieder¬<lb/> zufinden oder aus dem Wasser zu holen, sondern auch über einen Stecken zu<lb/> springen, auf zwei Beinen zu gehn und mit gutem Anstand bei Tische zu sitzen<lb/> vermochte, weshalb ihn sein Herr lieb und wert hielt. Solche Klugheit ist aber<lb/> nichts übernatürliches, viel weniger teuflisches, wie sich denn sogar Gott eines<lb/> klugen Hündleins bedient hat, Sankt Rocho, da er krank im Walde lag, mit Speise<lb/> zu versehen. Die Bauern allhier freilich, denen ein wohldressierter Hund etwas<lb/> neues und absonderliches sein mußte, mögen sich über das vermeintliche Mirakel<lb/> ihre Gedanken gemacht und das Wundersame, so sie gesehen, nach einfältiger Leute<lb/> Art vergrößert und ausgeschmückt haben. Wenn aber das Weib dort — er wies<lb/> auf Rehe Ströther — behauptet, sie habe gesehen, wie incmIMs. mit dem Hunde<lb/> schön getan und mit ihm gesprochen, so hat sie sich gewißlich nicht getäuscht. Denn<lb/> der Pudel hatte gemerkt, daß die nett ihr Vesperbrot bei sich gehabt, und da hat<lb/> er, von selbigem ein weniges zu erbetteln, nach Pudelart seine Künste gezeigt.<lb/> Damit ist wohl das törichte Gerede, womit die kindischen Weiber Eure Ohren zu<lb/> belästigen sich erkühnt haben, gründlich widerlegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1329"> Was nun der Männer Verführung anlangt, so möget Ihr selbst darüber ur¬<lb/> teilen, was davon zu halten ist. Sehet Euch das Mägdlein an und dann die<lb/> Weiber. poux-uAtio cloche.</p><lb/> <p xml:id="ID_1330"> Ich komme nun zu dem Hauptpunkte der Beschuldigung, und da muß ich mit<lb/> Betrübnis bekennen, daß inouiMa nicht so schuldlos dasteht, wie ich wohl wünschen<lb/> möchte — ihret- und Euertwegen. Das ist nämlich gewiß: wenn Ihr sie ver¬<lb/> urteilt, so fallen die Kosten des Verfahrens dem Herrn Erzbischof zur Last, und<lb/> Eure Sporteln werden weniger ausmachen, denn die Sohlen Eurer Schuhe wert<lb/> sind. Denn die nett besitzt weder Geld noch Geldeswert und hat keinerlei Ver¬<lb/> wandten, die für sie zahlen könnten. Sprecht Ihr sie aber frei, so mögt Ihr<lb/> nach Recht und Billigkeit die Kosten von denen einziehn, die Euch durch ihre<lb/> leichtfertigen Anschuldigungen die Mühe der Reise und des Prozesses verursacht haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1331" next="#ID_1332"> Nun glaube ich, Ihr werdet inouIxs-tÄM nicht gänzlich absolvieren können.<lb/> Sie hat mir als ihrem Anwalt ans meine ernstliche und wohlmeinende Ermahnung<lb/> bekannt, daß sie in Wahrheit die Tiere in den Ställen rasend gemacht habe, aber<lb/> "icht, wie diese einfältigen Weiber vorgeben, durch Zauberei und teuflische Künste,<lb/> sondern durch ein Mittel, dessen sich jeder, der der Tiere Natur und Wesen kennt,<lb/> bedienen kann. Sie hat nämlich in die Krippen Wolfsmist gestreut, in keiner</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0303]
Ver Mönch von ZVeinfelden
Hier im Burghaus? warf der Offizin! dazwischen, indem er mit den beiden
Dominikanern bedeutsame Blicke wechselte.
Ja, Herr, hier im Burghaus.
Davon müßtet Ihr doch wissen, sagte der Richter, sich an Gyllis wendend.
In Euerm Hause hat sich solcher höllischer Spuk zugetragen?
Jetzt schien dem Burgherrn der Augenblick gekommen, den wahnsinnigen Be¬
schuldigungen mit Nachdruck entgegenzutreten.
Herr Offiziell, begann er, es ist mir herzlich leid, daß Ihr samt Euern Jn-
quisitores Euch nach Weinfelder bemüht und rin dieser Sache inkommodieret habt.
Denn das werdet Ihr als ein scharfsinniger Mann und gelahrter Theologus wohl
längst erkannt haben, daß hier wieder einmal die Torheit einfältiger Leute, wie
man zu sagen pflegt, aus einer Mücke einen Ochsen gemacht hat. Der Hund, in dem
die Bauern den leibhaftigen Teufel gesehen zu haben vermeinen, ist in Wahrheit
nichts als ein echter und rechter Hund, von der Sorte, die man gemeiniglich Pudel
nennt. Selbiger gehörte aber einem guten katholischen Christen, der etliche Tage
bei mir zu Gast war. Wollt Ihr seinen Namen wissen, so mögt Ihr ihn er¬
fahren, er heißt Doktor Henricus von Nettesheim, Kaiserlicher Majestät und Kur¬
fürstlicher Durchlauchtigkeit zu Köln Rat. Dieser, mein Freund, hat den Hund von
Italien mitgebracht, und zwar von Loretto, wohin er eines Gelübdes halber eine
Wallfahrt getan. Wenn ich nicht irre, so hat er ihn daselbst von welschen Gauklern
gekauft. Denn Ihr müßt wissen, daß die natürliche Klugheit des Pudels durch
künstliche Abrichtung gesteigert war, also daß er nicht nur Verlorne Dinge wieder¬
zufinden oder aus dem Wasser zu holen, sondern auch über einen Stecken zu
springen, auf zwei Beinen zu gehn und mit gutem Anstand bei Tische zu sitzen
vermochte, weshalb ihn sein Herr lieb und wert hielt. Solche Klugheit ist aber
nichts übernatürliches, viel weniger teuflisches, wie sich denn sogar Gott eines
klugen Hündleins bedient hat, Sankt Rocho, da er krank im Walde lag, mit Speise
zu versehen. Die Bauern allhier freilich, denen ein wohldressierter Hund etwas
neues und absonderliches sein mußte, mögen sich über das vermeintliche Mirakel
ihre Gedanken gemacht und das Wundersame, so sie gesehen, nach einfältiger Leute
Art vergrößert und ausgeschmückt haben. Wenn aber das Weib dort — er wies
auf Rehe Ströther — behauptet, sie habe gesehen, wie incmIMs. mit dem Hunde
schön getan und mit ihm gesprochen, so hat sie sich gewißlich nicht getäuscht. Denn
der Pudel hatte gemerkt, daß die nett ihr Vesperbrot bei sich gehabt, und da hat
er, von selbigem ein weniges zu erbetteln, nach Pudelart seine Künste gezeigt.
Damit ist wohl das törichte Gerede, womit die kindischen Weiber Eure Ohren zu
belästigen sich erkühnt haben, gründlich widerlegt.
Was nun der Männer Verführung anlangt, so möget Ihr selbst darüber ur¬
teilen, was davon zu halten ist. Sehet Euch das Mägdlein an und dann die
Weiber. poux-uAtio cloche.
Ich komme nun zu dem Hauptpunkte der Beschuldigung, und da muß ich mit
Betrübnis bekennen, daß inouiMa nicht so schuldlos dasteht, wie ich wohl wünschen
möchte — ihret- und Euertwegen. Das ist nämlich gewiß: wenn Ihr sie ver¬
urteilt, so fallen die Kosten des Verfahrens dem Herrn Erzbischof zur Last, und
Eure Sporteln werden weniger ausmachen, denn die Sohlen Eurer Schuhe wert
sind. Denn die nett besitzt weder Geld noch Geldeswert und hat keinerlei Ver¬
wandten, die für sie zahlen könnten. Sprecht Ihr sie aber frei, so mögt Ihr
nach Recht und Billigkeit die Kosten von denen einziehn, die Euch durch ihre
leichtfertigen Anschuldigungen die Mühe der Reise und des Prozesses verursacht haben.
Nun glaube ich, Ihr werdet inouIxs-tÄM nicht gänzlich absolvieren können.
Sie hat mir als ihrem Anwalt ans meine ernstliche und wohlmeinende Ermahnung
bekannt, daß sie in Wahrheit die Tiere in den Ställen rasend gemacht habe, aber
"icht, wie diese einfältigen Weiber vorgeben, durch Zauberei und teuflische Künste,
sondern durch ein Mittel, dessen sich jeder, der der Tiere Natur und Wesen kennt,
bedienen kann. Sie hat nämlich in die Krippen Wolfsmist gestreut, in keiner
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