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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

Er würde vielleicht auch den in der gestrigen Reichstagsdebatte über das Sozialisten¬
gesetz vom Fürsten Bismarck geforderten engern Zusammenschluß der National¬
liberalen und der konservativen Parteien erreichen, jedenfalls aber eine Positive
und staatsmännische Aktion zeigen, nach der alle Welt dürstet, wie das dürre
Land nach einem fruchtbaren Regen. Möchte ich nur eine glückliche Stunde finden,
ihm den Gedanken zu entwickeln, bevor irgend ein andrer in irgend einer andern
Form dem Grafen zuvorkommt. Und doch wollte ich mich auch über dieses Zuvor¬
kommen freuen, wenn nur die Idee selbst Leben gewönne.

Das Sozinlistengesetz kommt zustande. Bismarcks gestrige Rede war wieder
eine Tat. Wie weit, wie unglaublich weit überragt er alle andern! Er gibt sich,
wie er ist. Ju der Natürlichkeit und Wahrheit seines Wesens und seines Auf¬
tretens liegt seine bezaubernde, überwältigende, unwiderstehliche Überlegenheit.
Mögen seine Kollegen und auch die ihm nether stehenden Beamten über ihn klagen,
schelten und klug schwatzen, er ist ein unvergleichlich origineller, großer und
mächtiger Mann, ein gewaltiger Recke unter Pygmäen. Er kommt mir immer vor
wie ein rechter Künstler von Gottes Gnaden.

15. Oktober. Meine Gedanken wegen eines planmäßigen Abschlusses unsrer
größern gesetzgeberischen Aufgaben habe ich dem Grafen Stolberg mitgeteilt. Er
nahm den Gedanken gut auf. Unterstaatssekretär Homeyer ist krank, ich vertrete ihn.

19. Oktober. Das Sozialistengesetz ist heute mit einer Mehrheit von
72 Stimmen im Reichstage angenommen worden. Der Reichstag ist geschlossen.
Morgen soll in der Wohnung des Fürsten Bismarck eine vertrauliche Besprechung
des Staatsministeriums stattfinden über allerlei recht wichtige schwebende Fragen:
über die Welfenfondsfrngc, ferner über die dem Landtage zu gebenden konstitutio¬
nellen Garantien und über den Termin für Einberufung des Landtags. Es macht
den Eindruck, als ob der Finanzminister Hobrecht keine rechte Freude mehr an
seinem Amte habe. Vielleicht hat er sie nie gehabt, und er scheint auf einen
plausibel" und populären Rücktritt hinzuwirken. Die Frage der dem Landtage für
Fall der neuen Steuererhöhungen zu gebenden sogenannten konstitutionellen
Garantien ist von dem Finanzminister unter ausdrücklicher Berufung auf das Ver¬
engen der nationalltbernlen Partei angeregt worden. Er schlägt vor, entweder
die Klassensteuer zu quotisieren, und zwar eine ziemlich hoch zu bemessende Quote
en> für allemal dauernd, den Überschuß aber alljährlich bewilligen zu lassen, oder
die Einkommensteuer zu kontingentieren. Mir erscheint beides bedenklich. Viel
lieber würde ich das längst ersehnte und hochnötige Kvmptabilitätsgesetz tu Aus¬
sicht stelle", denn aber auch Ernst damit machen. Das gehört geradezu zu einer
ehrlichen Politik dem Landtage gegenüber. Und es bedeutet nach meiner Über¬
zeugung nicht eine Schwächung, sondern eine Stärkung der Regierung und der
Monarchie Aber die ganze Ministerialbureaukratie ist ein leidenschaftlicher Gegner
einer solchen gesetzlichen Regelung. Teils fürchten sie, die Regierung könne zu viel
preisgeben -- dafür ist doch ein monarchischer Ministerpräsident wie Fürst Bismarck
gut -. teils sind sie zu kurzsichtig und philiströs. Sie halten das Kvmptabilitäts-
Sesetz für eine Konzession an den Liberalismus. Auch wenn es so w^e. mußte
'""n es doch machen: denn es ist verfassungmttßig verheißen. Aber in Wirklichkeit
'se es ein echt konservatives Gesetz und für die Regierung so nötig wie das täg¬
liche Brot. Das habe ich schon im Kultusministerium vertreten, wurde aber
dafür über die Schulter angesehen. O die Philister!

^ 20. Oktober. Vor dem heutigen Ministerrat wurde ich uoch zu Graf
Stolberg gerufen. Er hat wirklich Sorge über die konstitutionellen Garantien.
Ach sagte ihm: Soll die jährliche Steuerbewilligung so konzediert werden daß sie
wirkliches und wirksames Recht der Landesvertretung ist so enthalt sie eine
unabsehbare Schwächung der Krone und der Regierung, zugleich in. Grunde die
"''abwendbare parlamentarische Majoritätsregierung. Sollen der Landesvertretung
°ber bloß Brocken hingeworfen werden, die diese Bedeutung nicht haben, so werden


Grenzboten it 1904
Erinnerungen

Er würde vielleicht auch den in der gestrigen Reichstagsdebatte über das Sozialisten¬
gesetz vom Fürsten Bismarck geforderten engern Zusammenschluß der National¬
liberalen und der konservativen Parteien erreichen, jedenfalls aber eine Positive
und staatsmännische Aktion zeigen, nach der alle Welt dürstet, wie das dürre
Land nach einem fruchtbaren Regen. Möchte ich nur eine glückliche Stunde finden,
ihm den Gedanken zu entwickeln, bevor irgend ein andrer in irgend einer andern
Form dem Grafen zuvorkommt. Und doch wollte ich mich auch über dieses Zuvor¬
kommen freuen, wenn nur die Idee selbst Leben gewönne.

Das Sozinlistengesetz kommt zustande. Bismarcks gestrige Rede war wieder
eine Tat. Wie weit, wie unglaublich weit überragt er alle andern! Er gibt sich,
wie er ist. Ju der Natürlichkeit und Wahrheit seines Wesens und seines Auf¬
tretens liegt seine bezaubernde, überwältigende, unwiderstehliche Überlegenheit.
Mögen seine Kollegen und auch die ihm nether stehenden Beamten über ihn klagen,
schelten und klug schwatzen, er ist ein unvergleichlich origineller, großer und
mächtiger Mann, ein gewaltiger Recke unter Pygmäen. Er kommt mir immer vor
wie ein rechter Künstler von Gottes Gnaden.

15. Oktober. Meine Gedanken wegen eines planmäßigen Abschlusses unsrer
größern gesetzgeberischen Aufgaben habe ich dem Grafen Stolberg mitgeteilt. Er
nahm den Gedanken gut auf. Unterstaatssekretär Homeyer ist krank, ich vertrete ihn.

19. Oktober. Das Sozialistengesetz ist heute mit einer Mehrheit von
72 Stimmen im Reichstage angenommen worden. Der Reichstag ist geschlossen.
Morgen soll in der Wohnung des Fürsten Bismarck eine vertrauliche Besprechung
des Staatsministeriums stattfinden über allerlei recht wichtige schwebende Fragen:
über die Welfenfondsfrngc, ferner über die dem Landtage zu gebenden konstitutio¬
nellen Garantien und über den Termin für Einberufung des Landtags. Es macht
den Eindruck, als ob der Finanzminister Hobrecht keine rechte Freude mehr an
seinem Amte habe. Vielleicht hat er sie nie gehabt, und er scheint auf einen
plausibel» und populären Rücktritt hinzuwirken. Die Frage der dem Landtage für
Fall der neuen Steuererhöhungen zu gebenden sogenannten konstitutionellen
Garantien ist von dem Finanzminister unter ausdrücklicher Berufung auf das Ver¬
engen der nationalltbernlen Partei angeregt worden. Er schlägt vor, entweder
die Klassensteuer zu quotisieren, und zwar eine ziemlich hoch zu bemessende Quote
en> für allemal dauernd, den Überschuß aber alljährlich bewilligen zu lassen, oder
die Einkommensteuer zu kontingentieren. Mir erscheint beides bedenklich. Viel
lieber würde ich das längst ersehnte und hochnötige Kvmptabilitätsgesetz tu Aus¬
sicht stelle», denn aber auch Ernst damit machen. Das gehört geradezu zu einer
ehrlichen Politik dem Landtage gegenüber. Und es bedeutet nach meiner Über¬
zeugung nicht eine Schwächung, sondern eine Stärkung der Regierung und der
Monarchie Aber die ganze Ministerialbureaukratie ist ein leidenschaftlicher Gegner
einer solchen gesetzlichen Regelung. Teils fürchten sie, die Regierung könne zu viel
preisgeben — dafür ist doch ein monarchischer Ministerpräsident wie Fürst Bismarck
gut -. teils sind sie zu kurzsichtig und philiströs. Sie halten das Kvmptabilitäts-
Sesetz für eine Konzession an den Liberalismus. Auch wenn es so w^e. mußte
'""n es doch machen: denn es ist verfassungmttßig verheißen. Aber in Wirklichkeit
'se es ein echt konservatives Gesetz und für die Regierung so nötig wie das täg¬
liche Brot. Das habe ich schon im Kultusministerium vertreten, wurde aber
dafür über die Schulter angesehen. O die Philister!

^ 20. Oktober. Vor dem heutigen Ministerrat wurde ich uoch zu Graf
Stolberg gerufen. Er hat wirklich Sorge über die konstitutionellen Garantien.
Ach sagte ihm: Soll die jährliche Steuerbewilligung so konzediert werden daß sie
wirkliches und wirksames Recht der Landesvertretung ist so enthalt sie eine
unabsehbare Schwächung der Krone und der Regierung, zugleich in. Grunde die
«''abwendbare parlamentarische Majoritätsregierung. Sollen der Landesvertretung
°ber bloß Brocken hingeworfen werden, die diese Bedeutung nicht haben, so werden


Grenzboten it 1904
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[0291] Erinnerungen Er würde vielleicht auch den in der gestrigen Reichstagsdebatte über das Sozialisten¬ gesetz vom Fürsten Bismarck geforderten engern Zusammenschluß der National¬ liberalen und der konservativen Parteien erreichen, jedenfalls aber eine Positive und staatsmännische Aktion zeigen, nach der alle Welt dürstet, wie das dürre Land nach einem fruchtbaren Regen. Möchte ich nur eine glückliche Stunde finden, ihm den Gedanken zu entwickeln, bevor irgend ein andrer in irgend einer andern Form dem Grafen zuvorkommt. Und doch wollte ich mich auch über dieses Zuvor¬ kommen freuen, wenn nur die Idee selbst Leben gewönne. Das Sozinlistengesetz kommt zustande. Bismarcks gestrige Rede war wieder eine Tat. Wie weit, wie unglaublich weit überragt er alle andern! Er gibt sich, wie er ist. Ju der Natürlichkeit und Wahrheit seines Wesens und seines Auf¬ tretens liegt seine bezaubernde, überwältigende, unwiderstehliche Überlegenheit. Mögen seine Kollegen und auch die ihm nether stehenden Beamten über ihn klagen, schelten und klug schwatzen, er ist ein unvergleichlich origineller, großer und mächtiger Mann, ein gewaltiger Recke unter Pygmäen. Er kommt mir immer vor wie ein rechter Künstler von Gottes Gnaden. 15. Oktober. Meine Gedanken wegen eines planmäßigen Abschlusses unsrer größern gesetzgeberischen Aufgaben habe ich dem Grafen Stolberg mitgeteilt. Er nahm den Gedanken gut auf. Unterstaatssekretär Homeyer ist krank, ich vertrete ihn. 19. Oktober. Das Sozialistengesetz ist heute mit einer Mehrheit von 72 Stimmen im Reichstage angenommen worden. Der Reichstag ist geschlossen. Morgen soll in der Wohnung des Fürsten Bismarck eine vertrauliche Besprechung des Staatsministeriums stattfinden über allerlei recht wichtige schwebende Fragen: über die Welfenfondsfrngc, ferner über die dem Landtage zu gebenden konstitutio¬ nellen Garantien und über den Termin für Einberufung des Landtags. Es macht den Eindruck, als ob der Finanzminister Hobrecht keine rechte Freude mehr an seinem Amte habe. Vielleicht hat er sie nie gehabt, und er scheint auf einen plausibel» und populären Rücktritt hinzuwirken. Die Frage der dem Landtage für Fall der neuen Steuererhöhungen zu gebenden sogenannten konstitutionellen Garantien ist von dem Finanzminister unter ausdrücklicher Berufung auf das Ver¬ engen der nationalltbernlen Partei angeregt worden. Er schlägt vor, entweder die Klassensteuer zu quotisieren, und zwar eine ziemlich hoch zu bemessende Quote en> für allemal dauernd, den Überschuß aber alljährlich bewilligen zu lassen, oder die Einkommensteuer zu kontingentieren. Mir erscheint beides bedenklich. Viel lieber würde ich das längst ersehnte und hochnötige Kvmptabilitätsgesetz tu Aus¬ sicht stelle», denn aber auch Ernst damit machen. Das gehört geradezu zu einer ehrlichen Politik dem Landtage gegenüber. Und es bedeutet nach meiner Über¬ zeugung nicht eine Schwächung, sondern eine Stärkung der Regierung und der Monarchie Aber die ganze Ministerialbureaukratie ist ein leidenschaftlicher Gegner einer solchen gesetzlichen Regelung. Teils fürchten sie, die Regierung könne zu viel preisgeben — dafür ist doch ein monarchischer Ministerpräsident wie Fürst Bismarck gut -. teils sind sie zu kurzsichtig und philiströs. Sie halten das Kvmptabilitäts- Sesetz für eine Konzession an den Liberalismus. Auch wenn es so w^e. mußte '""n es doch machen: denn es ist verfassungmttßig verheißen. Aber in Wirklichkeit 'se es ein echt konservatives Gesetz und für die Regierung so nötig wie das täg¬ liche Brot. Das habe ich schon im Kultusministerium vertreten, wurde aber dafür über die Schulter angesehen. O die Philister! ^ 20. Oktober. Vor dem heutigen Ministerrat wurde ich uoch zu Graf Stolberg gerufen. Er hat wirklich Sorge über die konstitutionellen Garantien. Ach sagte ihm: Soll die jährliche Steuerbewilligung so konzediert werden daß sie wirkliches und wirksames Recht der Landesvertretung ist so enthalt sie eine unabsehbare Schwächung der Krone und der Regierung, zugleich in. Grunde die «''abwendbare parlamentarische Majoritätsregierung. Sollen der Landesvertretung °ber bloß Brocken hingeworfen werden, die diese Bedeutung nicht haben, so werden Grenzboten it 1904

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/291>, abgerufen am 05.07.2024.