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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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größtem Nutzen werden. Sie ist auch ein Stück praktischen sozialen Handelns,
gesunder Selbsthilfe und Fürsorge für die Not der Zukunft und der Hinter¬
bleibenden. Zwar besteht diese Vereinigung noch immer der weit überwiegenden
Mehrzahl nach ans Bureanbeaniten, und ich beklage es, daß meine Kollegen in
den Ministerien so wenig Interesse für die Sache zeigen. Grundsätzlich stimmen
sie zu, aber praktisch bleiben sie fern. Um so mehr fühle ich die Pflicht, der
Sache zu dienen. Ich muß mich für die nächste Vereinsversammlung vorbereiten.
Ich habe heute den sehr hübschen Vortrag von Lorenz v. Stein "Die Frau auf
dem Gebiete der Nationalökonomie" gelesen. Die Gedanken dieses Vortrages
lassen sich populär ausmünzen und ans unser Beamtentum zuschneiden. Das will
ich für unsern Verein versuchen. *) Auch an orientierende Vorträge über die
Neichsjustizgesetze habe ich gedacht. Ich selbst könnte dabei am meisten lernen.
Auch das Leben Steins, Arndts und Justus Mösers würden sich zu Vorträgen
eignen. Leider fehlt mir eine Spezialität, in der ich bis in die Tiefen beherrschend
zuhnuse wäre. Hätte ich immer so viel Zeit wie heute, so möchte ich im Winter
einen statistischen Kursus hören. Ich empfinde es als einen Mangel, daß es mir
so schwer wird, statistische Ergebnisse schnell, leicht und sicher zu lesen, zu versteh",
zu würdigen und zu verwerten. Dazu gehört eine gewisse statistische Technik, die
doch zu lernen sein muß. Auch das Französische und Englische zu treiben muß
ich wieder anfangen.

Geheimrat L. will mich in das Komitee für die Judeumisfion haben. Ich
habe abgelehnt. Er sprach mit mir über unser sozialpolitisches Programmvotum,
das inzwischen den übrigen Ministerien zugegangen ist. Er meint, es sei alles
vergeblich. An Fürst Bismarck scheitere alles. Kein Minister getraue sich etwas,
wenn er nicht im voraus wisse, daß Bismarck zustimme. Das mag ja bis zu
einem gewissen Grade richtig sein. Aber wenn unsre Vorschläge vernünftig und
überzeugend sind, warum soll ihnen denn Fürst Bismarck nicht zustimmen? Bloß
weil sie nicht von ihm ausgegangen sind? Dummes Zeug. So klein ist er nicht.
Natürlich muß man, wenn man eine so einzige Kraft wie Bismarck an der Spitze
hat, Wichtiges nicht ohne oder gar gegen ihn machen wollen.

8. Oktober. Vortrag bei Graf Stolberg. Er war sehr vergnügt, bot mir
beim Vortrag eine Zigarre an, sagte aber nichts davon, daß er, wie es neulich
hieß, gleich wieder auf Urlaub gehn "volle. Das wäre auch nicht gut. Sein
Schwerpunkt muß jetzt hier liegen, nicht in Wernigerode. Dabei behalten die
Interessen seines Hauses natürlich ihr volles Recht. Der Graf ist ungemein er¬
freut darüber, daß es ihm gelungen ist, das neue Statut für sein gräfliches Hans
zustande zu bringen. Er hat mir heute ein Exemplar dieses Statuts gegeben.
Es ist vorzüglich. Mich beschäftigt aber viel mehr unsre politische Zukunft. Ich
wünschte, daß Graf Stolberg -- natürlich im vollsten und loyalsten Einverständnis
mit Fürst Bismarck -- der Planlosigkeit unsrer preußischen Gesetzgebungsexperimente
ein Ende machte. Mein Gedanke ist, daß er zunächst vorschlüge, einen förmlichen
Plan aufzustellen, unsre unfertige Gesetzgebung etwa in fünf oder sechs Jahren zu
einem wenigstens vorläufigen Abschluß zu bringen. Jeder Minister müßte die
organischen Gesetze seines Ressorts anmelden, das Staatsministerium darüber be¬
raten, dann müßte man einen Plan aufstellen und diesen in einer Denkschrift
beiden Häusern des Landtags vorlegen. Graf Stolberg müßte dies mit einer
Rede tun, in der er dieses sein Programm kurz und schneidig entwickelte und alle
staatserhaltenden Parteien zur hilfreiche", Patriotischen Mitarbeit aufforderte. Er
hätte damit für sich einen dauernden Schwerpunkt und -- wie ich fest glaube --
sowohl den Ministern wie dem Lande gegenüber eine gute Position gewonnen.



*) Der von mir am 34. Februar 1879 gehaltne Vortrag "Über die Bedeutung der Frau
für das häusliche, wirtschaftliche und Berufsleben des Mannes, insbesondre des Beamten" ist
abgedruckt in der Monatschrift für deutsche Beamte, Jahrg. 1879, S, 117 ff.
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größtem Nutzen werden. Sie ist auch ein Stück praktischen sozialen Handelns,
gesunder Selbsthilfe und Fürsorge für die Not der Zukunft und der Hinter¬
bleibenden. Zwar besteht diese Vereinigung noch immer der weit überwiegenden
Mehrzahl nach ans Bureanbeaniten, und ich beklage es, daß meine Kollegen in
den Ministerien so wenig Interesse für die Sache zeigen. Grundsätzlich stimmen
sie zu, aber praktisch bleiben sie fern. Um so mehr fühle ich die Pflicht, der
Sache zu dienen. Ich muß mich für die nächste Vereinsversammlung vorbereiten.
Ich habe heute den sehr hübschen Vortrag von Lorenz v. Stein „Die Frau auf
dem Gebiete der Nationalökonomie" gelesen. Die Gedanken dieses Vortrages
lassen sich populär ausmünzen und ans unser Beamtentum zuschneiden. Das will
ich für unsern Verein versuchen. *) Auch an orientierende Vorträge über die
Neichsjustizgesetze habe ich gedacht. Ich selbst könnte dabei am meisten lernen.
Auch das Leben Steins, Arndts und Justus Mösers würden sich zu Vorträgen
eignen. Leider fehlt mir eine Spezialität, in der ich bis in die Tiefen beherrschend
zuhnuse wäre. Hätte ich immer so viel Zeit wie heute, so möchte ich im Winter
einen statistischen Kursus hören. Ich empfinde es als einen Mangel, daß es mir
so schwer wird, statistische Ergebnisse schnell, leicht und sicher zu lesen, zu versteh»,
zu würdigen und zu verwerten. Dazu gehört eine gewisse statistische Technik, die
doch zu lernen sein muß. Auch das Französische und Englische zu treiben muß
ich wieder anfangen.

Geheimrat L. will mich in das Komitee für die Judeumisfion haben. Ich
habe abgelehnt. Er sprach mit mir über unser sozialpolitisches Programmvotum,
das inzwischen den übrigen Ministerien zugegangen ist. Er meint, es sei alles
vergeblich. An Fürst Bismarck scheitere alles. Kein Minister getraue sich etwas,
wenn er nicht im voraus wisse, daß Bismarck zustimme. Das mag ja bis zu
einem gewissen Grade richtig sein. Aber wenn unsre Vorschläge vernünftig und
überzeugend sind, warum soll ihnen denn Fürst Bismarck nicht zustimmen? Bloß
weil sie nicht von ihm ausgegangen sind? Dummes Zeug. So klein ist er nicht.
Natürlich muß man, wenn man eine so einzige Kraft wie Bismarck an der Spitze
hat, Wichtiges nicht ohne oder gar gegen ihn machen wollen.

8. Oktober. Vortrag bei Graf Stolberg. Er war sehr vergnügt, bot mir
beim Vortrag eine Zigarre an, sagte aber nichts davon, daß er, wie es neulich
hieß, gleich wieder auf Urlaub gehn »volle. Das wäre auch nicht gut. Sein
Schwerpunkt muß jetzt hier liegen, nicht in Wernigerode. Dabei behalten die
Interessen seines Hauses natürlich ihr volles Recht. Der Graf ist ungemein er¬
freut darüber, daß es ihm gelungen ist, das neue Statut für sein gräfliches Hans
zustande zu bringen. Er hat mir heute ein Exemplar dieses Statuts gegeben.
Es ist vorzüglich. Mich beschäftigt aber viel mehr unsre politische Zukunft. Ich
wünschte, daß Graf Stolberg — natürlich im vollsten und loyalsten Einverständnis
mit Fürst Bismarck — der Planlosigkeit unsrer preußischen Gesetzgebungsexperimente
ein Ende machte. Mein Gedanke ist, daß er zunächst vorschlüge, einen förmlichen
Plan aufzustellen, unsre unfertige Gesetzgebung etwa in fünf oder sechs Jahren zu
einem wenigstens vorläufigen Abschluß zu bringen. Jeder Minister müßte die
organischen Gesetze seines Ressorts anmelden, das Staatsministerium darüber be¬
raten, dann müßte man einen Plan aufstellen und diesen in einer Denkschrift
beiden Häusern des Landtags vorlegen. Graf Stolberg müßte dies mit einer
Rede tun, in der er dieses sein Programm kurz und schneidig entwickelte und alle
staatserhaltenden Parteien zur hilfreiche», Patriotischen Mitarbeit aufforderte. Er
hätte damit für sich einen dauernden Schwerpunkt und — wie ich fest glaube —
sowohl den Ministern wie dem Lande gegenüber eine gute Position gewonnen.



*) Der von mir am 34. Februar 1879 gehaltne Vortrag „Über die Bedeutung der Frau
für das häusliche, wirtschaftliche und Berufsleben des Mannes, insbesondre des Beamten" ist
abgedruckt in der Monatschrift für deutsche Beamte, Jahrg. 1879, S, 117 ff.
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[0290] cLrimienliigeit größtem Nutzen werden. Sie ist auch ein Stück praktischen sozialen Handelns, gesunder Selbsthilfe und Fürsorge für die Not der Zukunft und der Hinter¬ bleibenden. Zwar besteht diese Vereinigung noch immer der weit überwiegenden Mehrzahl nach ans Bureanbeaniten, und ich beklage es, daß meine Kollegen in den Ministerien so wenig Interesse für die Sache zeigen. Grundsätzlich stimmen sie zu, aber praktisch bleiben sie fern. Um so mehr fühle ich die Pflicht, der Sache zu dienen. Ich muß mich für die nächste Vereinsversammlung vorbereiten. Ich habe heute den sehr hübschen Vortrag von Lorenz v. Stein „Die Frau auf dem Gebiete der Nationalökonomie" gelesen. Die Gedanken dieses Vortrages lassen sich populär ausmünzen und ans unser Beamtentum zuschneiden. Das will ich für unsern Verein versuchen. *) Auch an orientierende Vorträge über die Neichsjustizgesetze habe ich gedacht. Ich selbst könnte dabei am meisten lernen. Auch das Leben Steins, Arndts und Justus Mösers würden sich zu Vorträgen eignen. Leider fehlt mir eine Spezialität, in der ich bis in die Tiefen beherrschend zuhnuse wäre. Hätte ich immer so viel Zeit wie heute, so möchte ich im Winter einen statistischen Kursus hören. Ich empfinde es als einen Mangel, daß es mir so schwer wird, statistische Ergebnisse schnell, leicht und sicher zu lesen, zu versteh», zu würdigen und zu verwerten. Dazu gehört eine gewisse statistische Technik, die doch zu lernen sein muß. Auch das Französische und Englische zu treiben muß ich wieder anfangen. Geheimrat L. will mich in das Komitee für die Judeumisfion haben. Ich habe abgelehnt. Er sprach mit mir über unser sozialpolitisches Programmvotum, das inzwischen den übrigen Ministerien zugegangen ist. Er meint, es sei alles vergeblich. An Fürst Bismarck scheitere alles. Kein Minister getraue sich etwas, wenn er nicht im voraus wisse, daß Bismarck zustimme. Das mag ja bis zu einem gewissen Grade richtig sein. Aber wenn unsre Vorschläge vernünftig und überzeugend sind, warum soll ihnen denn Fürst Bismarck nicht zustimmen? Bloß weil sie nicht von ihm ausgegangen sind? Dummes Zeug. So klein ist er nicht. Natürlich muß man, wenn man eine so einzige Kraft wie Bismarck an der Spitze hat, Wichtiges nicht ohne oder gar gegen ihn machen wollen. 8. Oktober. Vortrag bei Graf Stolberg. Er war sehr vergnügt, bot mir beim Vortrag eine Zigarre an, sagte aber nichts davon, daß er, wie es neulich hieß, gleich wieder auf Urlaub gehn »volle. Das wäre auch nicht gut. Sein Schwerpunkt muß jetzt hier liegen, nicht in Wernigerode. Dabei behalten die Interessen seines Hauses natürlich ihr volles Recht. Der Graf ist ungemein er¬ freut darüber, daß es ihm gelungen ist, das neue Statut für sein gräfliches Hans zustande zu bringen. Er hat mir heute ein Exemplar dieses Statuts gegeben. Es ist vorzüglich. Mich beschäftigt aber viel mehr unsre politische Zukunft. Ich wünschte, daß Graf Stolberg — natürlich im vollsten und loyalsten Einverständnis mit Fürst Bismarck — der Planlosigkeit unsrer preußischen Gesetzgebungsexperimente ein Ende machte. Mein Gedanke ist, daß er zunächst vorschlüge, einen förmlichen Plan aufzustellen, unsre unfertige Gesetzgebung etwa in fünf oder sechs Jahren zu einem wenigstens vorläufigen Abschluß zu bringen. Jeder Minister müßte die organischen Gesetze seines Ressorts anmelden, das Staatsministerium darüber be¬ raten, dann müßte man einen Plan aufstellen und diesen in einer Denkschrift beiden Häusern des Landtags vorlegen. Graf Stolberg müßte dies mit einer Rede tun, in der er dieses sein Programm kurz und schneidig entwickelte und alle staatserhaltenden Parteien zur hilfreiche», Patriotischen Mitarbeit aufforderte. Er hätte damit für sich einen dauernden Schwerpunkt und — wie ich fest glaube — sowohl den Ministern wie dem Lande gegenüber eine gute Position gewonnen. *) Der von mir am 34. Februar 1879 gehaltne Vortrag „Über die Bedeutung der Frau für das häusliche, wirtschaftliche und Berufsleben des Mannes, insbesondre des Beamten" ist abgedruckt in der Monatschrift für deutsche Beamte, Jahrg. 1879, S, 117 ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/290>, abgerufen am 04.07.2024.