Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.vor vierzig Jahren Schauinger vollständig geändert hätten, so sei es doch eines dann gut, wenn Auch die Studentenschaft rührte sich. In einer Versammlung am 4. Dezember, Inzwischen kam auch in unser Militär Bewegung. Denn am 7. Dezember vor vierzig Jahren Schauinger vollständig geändert hätten, so sei es doch eines dann gut, wenn Auch die Studentenschaft rührte sich. In einer Versammlung am 4. Dezember, Inzwischen kam auch in unser Militär Bewegung. Denn am 7. Dezember <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0218" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293837"/> <fw type="header" place="top"> vor vierzig Jahren</fw><lb/> <p xml:id="ID_839" prev="#ID_838"> Schauinger vollständig geändert hätten, so sei es doch eines dann gut, wenn<lb/> man ein verbrieftes Recht habe. Das sei hier der Fall. Dabei handle es sich<lb/> nicht um die Augustenburger, nicht für sie wolle man einstehn (donnerndes Bravo),<lb/> sondern für das Recht der Herzogtümer, zu dem jene nur das Mittel wären.<lb/> Er hoffe, daß alle deutschen Fürsten hier ihre Pflicht begreifen würden, und<lb/> wenn sich einer hier offen lossage von der deutschen Sache, nnn, so wisse man,<lb/> wo man seinen Feind zu suchen habe, und werde ihn eintragen in das große<lb/> Schuldbuch der Nation (langes, donnerndes Bravo). Unter einem tobenden<lb/> Beifallsturm verließ der Redner die Bühne. Zuletzt wurde noch beschlossen,<lb/> dem preußischen Abgeordnetenhause in Berlin und dem österreichischen Reichs¬<lb/> rate in Wien den Dank der Versammlung für ihr Verhalten in der schleswig¬<lb/> holsteinischen Sache telegraphisch auszudrücken. Unter lautem Hochruf auf die<lb/> Herzogtümer trennte man sich. Der Verlauf der Versammlung war für alle<lb/> ähnlichen typisch, und ihr Erfolg auch. In einer zweiten Volksversammlung am<lb/> 3. Dezember, der ich nicht beiwohnte, wurde ein Komitee für Schleswig-Holstein<lb/> eingesetzt, das namentlich Geldsammlungen einleiten sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_840"> Auch die Studentenschaft rührte sich. In einer Versammlung am 4. Dezember,<lb/> an der gegen vierhundert Kommilitonen (von etwa tausend), Verbindungsstudenten<lb/> und „Finken" teilnahmen, wurde ebenfalls ein Ausschuß eingesetzt, der für Geld-<lb/> sammlungen und Wehrhaftmachung der Studentenschaft sorgen und mit dem<lb/> allgemeinen Konntee in Verbindung treten sollte. So fern lag uns damals in<lb/> Sachsen der Gedanke, daß der Gebildete um besten wehrhaft werde, wenn er<lb/> im Heere diene, denn nach der sächsischen Wehruerfassnng war das tatsächlich<lb/> unmöglich, weil das Loskaufsrecht bestand und für die besondre Stellung ge¬<lb/> bildeter junger Männer nichts vorgesehen war. Deshalb betrachtete man, wenn<lb/> ein solcher aufgehoben wurde, das nur als die lästige Verpflichtung zu einem<lb/> unter Umstünden sehr empfindlichen Geldopfer (damals dreihundert Taler); an<lb/> den Eintritt ins aktive Militär als gemeiner Soldat dachte keiner und konnte<lb/> keiner denken. Unter solchen Umständen hatte auch ich mich am 5. Dezember<lb/> zur Aushebung zu stellen, und bei den kritischen Verhältnissen, unter denen wir<lb/> soeben lebten, war es nicht unwahrscheinlich, daß ich „genommen" wurde, sei<lb/> es auch nur der Loskaufsnmme wegen, die mein Vater auch schon fürsorglich<lb/> bereit hielt. Doch kam es bei den Studenten, wie ich erst später erfuhr, viel¬<lb/> mehr ans das vertraulich gegebne Zeugnis der Professoren an, als ans die<lb/> Körperbeschaffenheit; „genommen" wurden gewöhnlich nur Korpsburschen, weil<lb/> sie für wohlhabend galten, und so kam ich als „gänzlich untüchtig" frei, obwohl<lb/> sonst die Aushebung ziemlich stark war. Täglich durchzogen Scharen von<lb/> Rekruten, mit dem schwarzrotgoldnen Bande geschmückt, singend und lärmend<lb/> die Straßen der Stadt.</p><lb/> <p xml:id="ID_841" next="#ID_842"> Inzwischen kam auch in unser Militär Bewegung. Denn am 7. Dezember<lb/> faßte der Bundestag den Beschluß, die Exekution über den König-Herzog von<lb/> Holstein zu verhängen, und Sachsen wurde (neben Hannover) aufgefordert, dafür<lb/> eine gemischte Brigade zu stellen (vier Bataillone Infanterie, zwei Bataillone<lb/> Jäger, sechs Schwadronen Reiterei, drei Batterien, dazu die SpezialWaffen und<lb/> die Trains). Unsrer Ungeduld genügte freilich dieser Beschluß, der lange</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0218]
vor vierzig Jahren
Schauinger vollständig geändert hätten, so sei es doch eines dann gut, wenn
man ein verbrieftes Recht habe. Das sei hier der Fall. Dabei handle es sich
nicht um die Augustenburger, nicht für sie wolle man einstehn (donnerndes Bravo),
sondern für das Recht der Herzogtümer, zu dem jene nur das Mittel wären.
Er hoffe, daß alle deutschen Fürsten hier ihre Pflicht begreifen würden, und
wenn sich einer hier offen lossage von der deutschen Sache, nnn, so wisse man,
wo man seinen Feind zu suchen habe, und werde ihn eintragen in das große
Schuldbuch der Nation (langes, donnerndes Bravo). Unter einem tobenden
Beifallsturm verließ der Redner die Bühne. Zuletzt wurde noch beschlossen,
dem preußischen Abgeordnetenhause in Berlin und dem österreichischen Reichs¬
rate in Wien den Dank der Versammlung für ihr Verhalten in der schleswig¬
holsteinischen Sache telegraphisch auszudrücken. Unter lautem Hochruf auf die
Herzogtümer trennte man sich. Der Verlauf der Versammlung war für alle
ähnlichen typisch, und ihr Erfolg auch. In einer zweiten Volksversammlung am
3. Dezember, der ich nicht beiwohnte, wurde ein Komitee für Schleswig-Holstein
eingesetzt, das namentlich Geldsammlungen einleiten sollte.
Auch die Studentenschaft rührte sich. In einer Versammlung am 4. Dezember,
an der gegen vierhundert Kommilitonen (von etwa tausend), Verbindungsstudenten
und „Finken" teilnahmen, wurde ebenfalls ein Ausschuß eingesetzt, der für Geld-
sammlungen und Wehrhaftmachung der Studentenschaft sorgen und mit dem
allgemeinen Konntee in Verbindung treten sollte. So fern lag uns damals in
Sachsen der Gedanke, daß der Gebildete um besten wehrhaft werde, wenn er
im Heere diene, denn nach der sächsischen Wehruerfassnng war das tatsächlich
unmöglich, weil das Loskaufsrecht bestand und für die besondre Stellung ge¬
bildeter junger Männer nichts vorgesehen war. Deshalb betrachtete man, wenn
ein solcher aufgehoben wurde, das nur als die lästige Verpflichtung zu einem
unter Umstünden sehr empfindlichen Geldopfer (damals dreihundert Taler); an
den Eintritt ins aktive Militär als gemeiner Soldat dachte keiner und konnte
keiner denken. Unter solchen Umständen hatte auch ich mich am 5. Dezember
zur Aushebung zu stellen, und bei den kritischen Verhältnissen, unter denen wir
soeben lebten, war es nicht unwahrscheinlich, daß ich „genommen" wurde, sei
es auch nur der Loskaufsnmme wegen, die mein Vater auch schon fürsorglich
bereit hielt. Doch kam es bei den Studenten, wie ich erst später erfuhr, viel¬
mehr ans das vertraulich gegebne Zeugnis der Professoren an, als ans die
Körperbeschaffenheit; „genommen" wurden gewöhnlich nur Korpsburschen, weil
sie für wohlhabend galten, und so kam ich als „gänzlich untüchtig" frei, obwohl
sonst die Aushebung ziemlich stark war. Täglich durchzogen Scharen von
Rekruten, mit dem schwarzrotgoldnen Bande geschmückt, singend und lärmend
die Straßen der Stadt.
Inzwischen kam auch in unser Militär Bewegung. Denn am 7. Dezember
faßte der Bundestag den Beschluß, die Exekution über den König-Herzog von
Holstein zu verhängen, und Sachsen wurde (neben Hannover) aufgefordert, dafür
eine gemischte Brigade zu stellen (vier Bataillone Infanterie, zwei Bataillone
Jäger, sechs Schwadronen Reiterei, drei Batterien, dazu die SpezialWaffen und
die Trains). Unsrer Ungeduld genügte freilich dieser Beschluß, der lange
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |