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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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westfälische Geschichten

den Leib und küßte sie, küßte sie. Mir gehörst, Rieka, mir allein gehörst in der Welt.
Kein andrer darf dich mehr ansehen, oder die Knochen im Leibe schlag ich ihm entzwei!

Sie zitterte, sie bebte an allen Gliedern, sie flüsterte ihm ins Ohr: Die
andern alle sind nichts. Nur einer ists, der Franz, der Clermonts Franz. In
der Schule schon ist er mir nachgegangen, hat er mich betrügen wollen, weil sie
uns gehaßt haben, die Clermonts, gehaßt bis ans Messer. Und als es angefangen
ist, dem Vater schlecht zu gehn, da wär es ihm leicht gewesen, Geld aufzutreiben,
wenn der Franz nicht gewesen wäre. Er hats den Leuten in die Ohren gezischelt,
daß die Verhältnisse schlecht wären in der Krone, daß man nichts mehr borgen
solle. Alle hat er sie mit seinem großen Geldsack an sich gebracht, die Schuld¬
scheine und die Wechsel, die der Vater unterschrieben hatte. Und dann -- dann . . .
-- sie stockte und konnte nicht weiter reden vor Bewegung -- da hat er gestanden,
noch keine Stund ist vergangen, und hat mir gesagt, daß er die Krone unter den
Hammer bringt, daß er ans Gericht will und alles aufrühren, was sie vom Vater
gesagt haben, vom falschen Kartenspiel, wenn ich nicht -- wieder unterbrach sie
sich, schlug beide Hände vors Gesicht --, wenn ich nicht zu ihm komm in seine
Kammer, noch diese Nacht.

Der Hinrich sagte kein Wort. Er ließ die Rieka los. Er zog die Uhr aus
der Tasche und stand ans. Es ist Zeit, ich muß fort!

War das noch der schüchterne Hinrich, der vor ihr stand, der harmlose lustige
Hinrich Dorment? Hoch aufgerichtet, flammenden Auges! Die Zornesader auf
selner Stirn trat scharf hervor. So mochte er wohl ausgesehen haben, wenn er
bei den Wettrennen über die Gräben flog und die Hindernisse nahm, ans Leben
und Tod. Noch einmal umschlang er sie: Ich brings dir in Ordnung. Mein
bist du, Rieka!




Der Franz ging aus der Krone nicht nach Hause. Ganz gegen das ent¬
schieden ansgesprochne Verbot seiner Mutter war er heute in die Krone gegangen.
wollte nicht zurück, ehe er nicht sagen konnte: Darum bin ich gegangen, das
hab ich erreicht.

Auf dem Wege, den der Hinrich nehmen mußte, wenn er nach dem Dornecks¬
hof zurückkehrte, ging der Franz langsam auf und nieder. Dort wollte er den
Hinrich erwarten.

Er fühlte sich unruhig und bedrückt. War es nicht seine Pflicht, dem Gericht
die Anzeige zu machen von dem, was er in der Krone gesehen und erlebt hatte,
auch dann, wenn die Rieka tat, was er sie geheißen hatte: wenn sie dem Hinrich
Bescheid gab? Der Herrn ins Gefängnis, die Rieka in Unehren, der Fleck blieb
auf ihr sitzen, solange sie lebte. Er hatte sie beschützen wollen, hatte die Aus¬
söhnung herbeiführen wollen zwischen denen in der Krone und seinen Eltern.
Und nun trieb er sie ins Elend hinein? Warum hatte er sie nicht laufen lassen,
die ihn haßte, warum hatte er nicht die Dinge gehn lassen, wie sie gingen?
Warum war er der Aufforderung des Hinrich folgend in die Krone gegangen?
Nicht aus Freundschaft für den Hinrich, er wußte es nur zu gut, er hatte sich
selbst belogen, die Stimme in seiner Brust zum Schweigen zu bringen, die schon
damals wie jetzt ihm die Wahrheit sagte: Weil dus mußtest, weil du die Rieka
liebst, seitdem du sie zum erstenmal gesehen hast. Weil du nicht von ihr lassen
kannst. Alles, sein Leben hätte er opfern können, um sie zu erringen: sie hatte
ihn gezwungen. ^ .




In ihrer Stube stand die Rieka und starrte die Tür an, durch die der
Hinrich hinaus gegangen war. Sie stand da, weit offnen Auges, mit geöffnetem
Munde. Sie hielt den Atem an, als lausche sie auf etwas, das sie nie vernommen
hatte, auf etwas Furchtbares, Unbegreifliches. Jetzt hatte der Hinrich das Haus ver¬
lassen. Jetzt war er draußen, wo -- sie wußte es -- der Franz ihn erwartete. Ich


Grenzboien U 1904 23
westfälische Geschichten

den Leib und küßte sie, küßte sie. Mir gehörst, Rieka, mir allein gehörst in der Welt.
Kein andrer darf dich mehr ansehen, oder die Knochen im Leibe schlag ich ihm entzwei!

Sie zitterte, sie bebte an allen Gliedern, sie flüsterte ihm ins Ohr: Die
andern alle sind nichts. Nur einer ists, der Franz, der Clermonts Franz. In
der Schule schon ist er mir nachgegangen, hat er mich betrügen wollen, weil sie
uns gehaßt haben, die Clermonts, gehaßt bis ans Messer. Und als es angefangen
ist, dem Vater schlecht zu gehn, da wär es ihm leicht gewesen, Geld aufzutreiben,
wenn der Franz nicht gewesen wäre. Er hats den Leuten in die Ohren gezischelt,
daß die Verhältnisse schlecht wären in der Krone, daß man nichts mehr borgen
solle. Alle hat er sie mit seinem großen Geldsack an sich gebracht, die Schuld¬
scheine und die Wechsel, die der Vater unterschrieben hatte. Und dann — dann . . .
— sie stockte und konnte nicht weiter reden vor Bewegung — da hat er gestanden,
noch keine Stund ist vergangen, und hat mir gesagt, daß er die Krone unter den
Hammer bringt, daß er ans Gericht will und alles aufrühren, was sie vom Vater
gesagt haben, vom falschen Kartenspiel, wenn ich nicht — wieder unterbrach sie
sich, schlug beide Hände vors Gesicht —, wenn ich nicht zu ihm komm in seine
Kammer, noch diese Nacht.

Der Hinrich sagte kein Wort. Er ließ die Rieka los. Er zog die Uhr aus
der Tasche und stand ans. Es ist Zeit, ich muß fort!

War das noch der schüchterne Hinrich, der vor ihr stand, der harmlose lustige
Hinrich Dorment? Hoch aufgerichtet, flammenden Auges! Die Zornesader auf
selner Stirn trat scharf hervor. So mochte er wohl ausgesehen haben, wenn er
bei den Wettrennen über die Gräben flog und die Hindernisse nahm, ans Leben
und Tod. Noch einmal umschlang er sie: Ich brings dir in Ordnung. Mein
bist du, Rieka!




Der Franz ging aus der Krone nicht nach Hause. Ganz gegen das ent¬
schieden ansgesprochne Verbot seiner Mutter war er heute in die Krone gegangen.
wollte nicht zurück, ehe er nicht sagen konnte: Darum bin ich gegangen, das
hab ich erreicht.

Auf dem Wege, den der Hinrich nehmen mußte, wenn er nach dem Dornecks¬
hof zurückkehrte, ging der Franz langsam auf und nieder. Dort wollte er den
Hinrich erwarten.

Er fühlte sich unruhig und bedrückt. War es nicht seine Pflicht, dem Gericht
die Anzeige zu machen von dem, was er in der Krone gesehen und erlebt hatte,
auch dann, wenn die Rieka tat, was er sie geheißen hatte: wenn sie dem Hinrich
Bescheid gab? Der Herrn ins Gefängnis, die Rieka in Unehren, der Fleck blieb
auf ihr sitzen, solange sie lebte. Er hatte sie beschützen wollen, hatte die Aus¬
söhnung herbeiführen wollen zwischen denen in der Krone und seinen Eltern.
Und nun trieb er sie ins Elend hinein? Warum hatte er sie nicht laufen lassen,
die ihn haßte, warum hatte er nicht die Dinge gehn lassen, wie sie gingen?
Warum war er der Aufforderung des Hinrich folgend in die Krone gegangen?
Nicht aus Freundschaft für den Hinrich, er wußte es nur zu gut, er hatte sich
selbst belogen, die Stimme in seiner Brust zum Schweigen zu bringen, die schon
damals wie jetzt ihm die Wahrheit sagte: Weil dus mußtest, weil du die Rieka
liebst, seitdem du sie zum erstenmal gesehen hast. Weil du nicht von ihr lassen
kannst. Alles, sein Leben hätte er opfern können, um sie zu erringen: sie hatte
ihn gezwungen. ^ .




In ihrer Stube stand die Rieka und starrte die Tür an, durch die der
Hinrich hinaus gegangen war. Sie stand da, weit offnen Auges, mit geöffnetem
Munde. Sie hielt den Atem an, als lausche sie auf etwas, das sie nie vernommen
hatte, auf etwas Furchtbares, Unbegreifliches. Jetzt hatte der Hinrich das Haus ver¬
lassen. Jetzt war er draußen, wo — sie wußte es — der Franz ihn erwartete. Ich


Grenzboien U 1904 23
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[0177] westfälische Geschichten den Leib und küßte sie, küßte sie. Mir gehörst, Rieka, mir allein gehörst in der Welt. Kein andrer darf dich mehr ansehen, oder die Knochen im Leibe schlag ich ihm entzwei! Sie zitterte, sie bebte an allen Gliedern, sie flüsterte ihm ins Ohr: Die andern alle sind nichts. Nur einer ists, der Franz, der Clermonts Franz. In der Schule schon ist er mir nachgegangen, hat er mich betrügen wollen, weil sie uns gehaßt haben, die Clermonts, gehaßt bis ans Messer. Und als es angefangen ist, dem Vater schlecht zu gehn, da wär es ihm leicht gewesen, Geld aufzutreiben, wenn der Franz nicht gewesen wäre. Er hats den Leuten in die Ohren gezischelt, daß die Verhältnisse schlecht wären in der Krone, daß man nichts mehr borgen solle. Alle hat er sie mit seinem großen Geldsack an sich gebracht, die Schuld¬ scheine und die Wechsel, die der Vater unterschrieben hatte. Und dann — dann . . . — sie stockte und konnte nicht weiter reden vor Bewegung — da hat er gestanden, noch keine Stund ist vergangen, und hat mir gesagt, daß er die Krone unter den Hammer bringt, daß er ans Gericht will und alles aufrühren, was sie vom Vater gesagt haben, vom falschen Kartenspiel, wenn ich nicht — wieder unterbrach sie sich, schlug beide Hände vors Gesicht —, wenn ich nicht zu ihm komm in seine Kammer, noch diese Nacht. Der Hinrich sagte kein Wort. Er ließ die Rieka los. Er zog die Uhr aus der Tasche und stand ans. Es ist Zeit, ich muß fort! War das noch der schüchterne Hinrich, der vor ihr stand, der harmlose lustige Hinrich Dorment? Hoch aufgerichtet, flammenden Auges! Die Zornesader auf selner Stirn trat scharf hervor. So mochte er wohl ausgesehen haben, wenn er bei den Wettrennen über die Gräben flog und die Hindernisse nahm, ans Leben und Tod. Noch einmal umschlang er sie: Ich brings dir in Ordnung. Mein bist du, Rieka! Der Franz ging aus der Krone nicht nach Hause. Ganz gegen das ent¬ schieden ansgesprochne Verbot seiner Mutter war er heute in die Krone gegangen. wollte nicht zurück, ehe er nicht sagen konnte: Darum bin ich gegangen, das hab ich erreicht. Auf dem Wege, den der Hinrich nehmen mußte, wenn er nach dem Dornecks¬ hof zurückkehrte, ging der Franz langsam auf und nieder. Dort wollte er den Hinrich erwarten. Er fühlte sich unruhig und bedrückt. War es nicht seine Pflicht, dem Gericht die Anzeige zu machen von dem, was er in der Krone gesehen und erlebt hatte, auch dann, wenn die Rieka tat, was er sie geheißen hatte: wenn sie dem Hinrich Bescheid gab? Der Herrn ins Gefängnis, die Rieka in Unehren, der Fleck blieb auf ihr sitzen, solange sie lebte. Er hatte sie beschützen wollen, hatte die Aus¬ söhnung herbeiführen wollen zwischen denen in der Krone und seinen Eltern. Und nun trieb er sie ins Elend hinein? Warum hatte er sie nicht laufen lassen, die ihn haßte, warum hatte er nicht die Dinge gehn lassen, wie sie gingen? Warum war er der Aufforderung des Hinrich folgend in die Krone gegangen? Nicht aus Freundschaft für den Hinrich, er wußte es nur zu gut, er hatte sich selbst belogen, die Stimme in seiner Brust zum Schweigen zu bringen, die schon damals wie jetzt ihm die Wahrheit sagte: Weil dus mußtest, weil du die Rieka liebst, seitdem du sie zum erstenmal gesehen hast. Weil du nicht von ihr lassen kannst. Alles, sein Leben hätte er opfern können, um sie zu erringen: sie hatte ihn gezwungen. ^ . In ihrer Stube stand die Rieka und starrte die Tür an, durch die der Hinrich hinaus gegangen war. Sie stand da, weit offnen Auges, mit geöffnetem Munde. Sie hielt den Atem an, als lausche sie auf etwas, das sie nie vernommen hatte, auf etwas Furchtbares, Unbegreifliches. Jetzt hatte der Hinrich das Haus ver¬ lassen. Jetzt war er draußen, wo — sie wußte es — der Franz ihn erwartete. Ich Grenzboien U 1904 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/177>, abgerufen am 04.07.2024.